Sind über die dem beklagten Inhaber eines Internetanschlusses zugewiesenen IP-Adresse Audiodateien mit Musikstücken, für die der Kläger die Verwertungsrechte besitzt, zum Herunterladen verfügbar gehalten worden und will der Kläger den Beklagten wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch nehmen, trägt er,
- nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind.
Danach ist es grundsätzlich seine Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihm behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – (Morpheus) und vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – (BearShare)).
Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten.
Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn
- der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder
- bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.
In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast.
Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO)) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.
Seiner sekundären Darlegungslast genügt der Inhaber des Internetanschlusses im Hinblick darauf, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet, sondern nur, wenn er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.
In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (vgl. BGH, Urteile vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – (BearShare) und vom 11.04.2013 – I ZR 61/12 –).
Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Klägers als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – (BearShare)).
Darauf hat der I. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 75/14 – hingewiesen.
Ebenfalls mit Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 19/14 – hat der I. Zivilsenat des BGH darauf hingewiesen, dass von dem Rechteinhaber
- der Beweis, dass unter einer IP-Adresse während eines bestimmten Zeitraums Musikdateien öffentlich zugänglich gemacht worden sind, dadurch geführt werden kann, dass ein durch Screenshots dokumentierter Ermittlungsvorgang des vom klagenden Tonträgerhersteller beauftragten Unternehmens vorgelegt und der regelmäßige Ablauf des Ermittlungsvorgangs durch einen Mitarbeiter des Unternehmens erläutert wird sowie
- der Beweis, dass eine durch das mit den Nachforschungen beauftragte Unternehmen ermittelte IP-Adresse zum Tatzeitpunkt einem konkreten Internetanschluss zugeordnet war, regelmäßig durch die vom Internetprovider im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen zur Aufklärung von Urheberrechtsverletzungen im Wege des Filesharing durchgeführte Zuordnung geführt werden kann.
Fehlt es an konkreten Anhaltspunkten für eine Fehlzuordnung, ist es nicht erforderlich, dass ein Tonträgerhersteller nachweist, dass die durch den Internetprovider vorgenommenen Zuordnungen stets absolut fehlerfrei sind.
Haben minderjährige Kinder den Internetanschluss ihrer Eltern benutzt und die Rechtsverletzung, beispielsweise durch die Teilnahme an Internettauschbörsen, begangen und werden deren Eltern von dem Rechteinhaber wegen Verletzung der Aufsichtspflicht nach § 832 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf Ersatz des ihm von den Kindern der Internetanschlussinhaber widerrechtlich zugefügten und nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechneten Schadens in Anspruch genommen, gilt, wie der BGH mit Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 7/14 – entschieden hat, Folgendes:
- Eltern sind verpflichtet, die Internetnutzung ihres minderjährigen Kindes zu beaufsichtigen, um eine Schädigung Dritter durch eine Urheberrechte verletzende Teilnahme des Kindes an Tauschbörsen zu verhindern.
- Allerdings genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass
- sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und
- ihm eine Teilnahme daran verbieten.
- Nicht ausreichend ist es insoweit, dem Kind nur die Einhaltung allgemeiner Regeln zu einem ordentlichen Verhalten aufzugeben (Fortführung von BGH, Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 –).