Tag IT-Recht

„No-Reply“ Bestätigungsmails mit Werbezusätzen müssen nicht geduldet werden

Mit Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 134/15 – hat der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen,

  • dass gegen den erklärten Willen eines Verbrauchers übersandte E-Mail Schreiben mit werblichem Inhalt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen.

 

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte ein Verbraucher beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, zum Zwecke der Werbung mit ihm, dem Kläger, ohne sein Einverständnis per E-Mail Kontakt aufzunehmen oder aufnehmen zu lassen, weil er,

  • nachdem er sich ursprünglich mit der Bitte um Bestätigung einer von ihm ausgesprochenen Kündigung per E-Mail an die Beklagte gewandt,
  • von dieser eine automatisierte Antwort mit darin enthaltener Werbung erhalten,
  • daraufhin beanstandet hatte, dass die automatische Antwort Werbung enthalten habe, mit der er nicht einverstanden sei und
  • auf diese Beanstandung sowie eine nachfolgende Sachstandsanfrage hin, von der Beklagten erneut automatische Empfangsbestätigungen mit wiederum darin enthaltener Werbung bekommen hatte.

 

Der VI. Zivilsenat des BGH hat der Klage stattgegeben und dies damit begründet, dass jedenfalls die Übersendung der Bestätigungsmail mit Werbezusatz auf die Sachstandsanfrage des Klägers diesen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt habe, weil sie gegen seinen zuvor erklärten ausdrücklichen Willen erfolgt sei.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 16.12.2015 – Nr. 205/2015 – mitgeteilt.

 

Wenn Mobilfunkanbieter über Mobilfunkrechnung Leistungen von Drittanbietern abrechnen

Werden von Mobilfunkanbietern über die Mobilfunkrechnung Leistungen von sogenannten Drittanbietern abgerechnet und reklamiert ein Kunde des Mobilfunkanbieters diesem gegenüber die Abrechnung mit dem Einwand, keine Leistungen bei dem Drittanbieter bestellt zu haben,

  • darf der Mobilfunkanbieter dem Kunden gegenüber nicht durch Hinweise wie, dass der Kunde sich an den Drittanbieter halten müsse, um eine eventuelle Gutschrift zu erhalten, den Eindruck erwecken, der Kunde könne sich mit seinem Einwand gegen Forderungen von Drittanbietern nicht an ihn wenden,
  • weil der Verbraucher dadurch über das Bestehen seiner Rechte getäuscht wird, Einwendungen gegen Forderungen von Drittanbietern, wie das Nichtbestehen der Forderung, direkt gegen den Mobilfunkanbieter geltend zu machen.

 

Darauf hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam mit Urteil vom 17.09.2015 – 2 O 340/14 – hingewiesen.  

Die Möglichkeit sich wegen Einwendungen gegen Forderungen von Drittanbietern an den abrechnenden Mobilfunkanbieter zu wenden, ergibt sich nämlich, wie die Kammer ausgeführt hat, bereits aus § 404 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der bestimmt,

  • dass der Schuldner dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegenhalten kann, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren,
  • wozu auch der Einwand gehört, dass die Forderung nicht entstanden ist.

 

Ferner hat dieses Recht nach Auffassung der Kammer in § 45h Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) ihren Ausdruck gefunden, auch wenn in dieser Vorschrift nicht erwähnt ist, wem gegenüber die Einwendungen geltend gemacht werden können.
Denn Sinn und Zweck dieser Vorschrift sei es, den Verbrauchern ein direktes Zugriffsrecht auf den Telekommunikationsanbieter zu ermöglichen.

Dass Mobilfunkanbieter möglicherweise nicht in der Lage sind, die Einwendungen aufzuklären und sich deshalb selbst an den Drittanbieter wenden müssen, steht dem nicht entgegen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16.11.2006 – III ZR 58/06 –, wonach AGB, die ein solches Einwendungsrecht ausschließen, unter Berücksichtigung der in § 15 Abs. 3 Telekommunikations-Kundenverordnung (TKV) enthaltenen Wertung unwirksam sind).

 

Wenn in Internetbewertungsportalen Ärzte von Patienten bewertet werden

Bringt ein Patient im Internet auf einem Bewertungsportal für Ärzte

  • seine Unzufriedenheit bezüglich einer durchgeführten Arztbehandlung
  • in Form einer Meinungsäußerung, die keine schwerwiegende Auswirkung auf das Persönlichkeitsrecht des Arztes hat, zum Ausdruck,

 

hat der Arzt keinen Anspruch darauf, dass die veröffentlichte Patientenbewertung von dem Bewertungsportal gelöscht wird.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Beschluss vom 11.08.2015 – 161 C 7001/15 – hingewiesen und entschieden, dass in einem solchen Fall

  • das Recht auf Kommunikationsfreiheit der Portalbetreiberin gemäß Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG),
  • das Recht des Arztes auf informationelle Selbstbestimmung, das heißt das Recht, selbst zu bestimmen, was über einen verbreitet wird, überwiegt.

 

Begründet hat das AG dies damit,

  • dass ein Bewertungsportal in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit im Sinne von Art. 5 GG einbezogen ist und die Pflicht zur Löschung von Einträgen dessen Tätigkeit in nicht unerheblicher Weise einschränken würde,
  • während ein Arzt
    • durch die Meinungsäußerung eines Patienten, mit der dieser seine Unzufriedenheit bezüglich einer durchgeführten Arztbehandlung zum Ausdruck bringt, nur in seiner beruflichen Sozialsphäre berührt wird,
    • in diesem Bereich sich jeder einzelne wegen der Auswirkungen, die seine Tätigkeit für andere hat, von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch die breite Öffentlichkeit und auf Kritik an seinen Leistungen einstellen muss und
    • im Rahmen der Sozialsphäre Meinungsäußerungen mit negativen Sanktionen nur im Falle von schwerwiegenden Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verknüpft werden können, wie beispielsweise im Fall von Stigmatisierung, sozialer Ausgrenzung oder wenn der Betroffene dadurch an den Pranger gestellt wird.

 

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 11.12.2015 – 84/15 – mitgeteilt.

 

Wenn Internetanschlussinhaber wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen wird

Sind über die dem beklagten Inhaber eines Internetanschlusses zugewiesenen IP-Adresse Audiodateien mit Musikstücken, für die der Kläger die Verwertungsrechte besitzt, zum Herunterladen verfügbar gehalten worden und will der Kläger den Beklagten wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch nehmen, trägt er,

  • nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind.

 

Danach ist es grundsätzlich seine Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihm behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – (Morpheus) und vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – (BearShare)).

Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten.
Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn

  • der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder
  • bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.

 

In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast.
Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO)) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.
Seiner sekundären Darlegungslast genügt der Inhaber des Internetanschlusses im Hinblick darauf, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet, sondern nur, wenn er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.
In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (vgl. BGH, Urteile vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – (BearShare) und vom 11.04.2013 – I ZR 61/12 –).

Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Klägers als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – (BearShare)).

Darauf hat der I. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 75/14 – hingewiesen.

Ebenfalls mit Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 19/14 – hat der I. Zivilsenat des BGH darauf hingewiesen, dass von dem Rechteinhaber

  • der Beweis, dass unter einer IP-Adresse während eines bestimmten Zeitraums Musikdateien öffentlich zugänglich gemacht worden sind, dadurch geführt werden kann, dass ein durch Screenshots dokumentierter Ermittlungsvorgang des vom klagenden Tonträgerhersteller beauftragten Unternehmens vorgelegt und der regelmäßige Ablauf des Ermittlungsvorgangs durch einen Mitarbeiter des Unternehmens erläutert wird sowie
  • der Beweis, dass eine durch das mit den Nachforschungen beauftragte Unternehmen ermittelte IP-Adresse zum Tatzeitpunkt einem konkreten Internetanschluss zugeordnet war, regelmäßig durch die vom Internetprovider im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen zur Aufklärung von Urheberrechtsverletzungen im Wege des Filesharing durchgeführte Zuordnung geführt werden kann.
    Fehlt es an konkreten Anhaltspunkten für eine Fehlzuordnung, ist es nicht erforderlich, dass ein Tonträgerhersteller nachweist, dass die durch den Internetprovider vorgenommenen Zuordnungen stets absolut fehlerfrei sind.

 

Haben minderjährige Kinder den Internetanschluss ihrer Eltern benutzt und die Rechtsverletzung, beispielsweise durch die Teilnahme an Internettauschbörsen, begangen und werden deren Eltern von dem Rechteinhaber wegen Verletzung der Aufsichtspflicht nach § 832 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf Ersatz des ihm von den Kindern der Internetanschlussinhaber widerrechtlich zugefügten und nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechneten Schadens in Anspruch genommen, gilt, wie der BGH mit Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 7/14 – entschieden hat, Folgendes:

  • Eltern sind verpflichtet, die Internetnutzung ihres minderjährigen Kindes zu beaufsichtigen, um eine Schädigung Dritter durch eine Urheberrechte verletzende Teilnahme des Kindes an Tauschbörsen zu verhindern.
  • Allerdings genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass
    • sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und
    • ihm eine Teilnahme daran verbieten.
    • Nicht ausreichend ist es insoweit, dem Kind nur die Einhaltung allgemeiner Regeln zu einem ordentlichen Verhalten aufzugeben (Fortführung von BGH, Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 –).

 

Wenn Internet wegen Störung beim Anbieter ausfällt

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 24.01.2013 – III ZR 98/12 – in einem Fall

  • in dem der Kläger, der mit dem Beklagten, einem Telekommunikationsunternehmen, einen Vertrag über die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses geschlossen hatte, über den er auch seinen Telefon- und Telefaxverkehr abwickelte,
  • von dem Beklagten, weil er seinen Internetanschluss für längere Zeit nicht nutzen konnte, Schadensersatz verlangt hatte,

entschieden, dass es einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen kann, wenn dem Inhaber eines DSL-Anschlusses die Möglichkeit genommen wird, seinen Zugang zum Internet zu nutzen, ohne dass ihm hierdurch Mehraufwendungen entstanden oder Einnahmen entgangen sind und in dieser Entscheidung u. a. darauf hingewiesen,

  • dass beim Internet sich eine Funktionsstörung als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt,
  • eine Ersatzpflicht für die entgangene Möglichkeit, Nutzungsvorteile daraus zu ziehen, deshalb grundsätzlich besteht,
  • eine Ersatzpflicht allerdings dann entfällt, wenn dem Geschädigten ein im Wesentlichen gleichwertiger Ersatz für die Unterbrechung der Festnetztelefon- und Internetverbindung zur Verfügung steht (beispielsweise ein Mobilfunkgerät bzw. wenn es um den Ausfall von Festnetztelefon und Internet geht, ein internetfähiges so genanntes Smartphone, das den unterbrochenen Festnetzzugang ersetzen kann, weil mit ihm auch eine einigermaßen komfortable Internetnutzung möglich ist und wenn dem Geschädigten die jeweils gegebenenfalls entstehenden Kosten für die Anmietung ersetzt werden) und
  • wenn eine Ersatzpflicht besteht, als ersatzfähiger Vermögensschaden für den Ausfall des Internetzugangs ein Betrag verlangt werden kann,
    • der sich nach den marktüblichen, durchschnittlichen Kosten richtet, die für die Bereitstellung eines solchen Anschlusses mit der vereinbarten Kapazität – ohne Fax- und Telefonnutzung, sofern ein Mobiltelefon als Ersatz für den Ausfall der Festnetztelefonverbindung zur Verfügung steht – für den betreffenden Zeitraum angefallen wären,
    • abzüglich aller auf Gewinnerzielung gerichteten und sonstigen, eine erwerbswirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren.
    • Gegenzurechnen ist das Entgelt, das während des Ausfalls des Anschlusses gemäß § 326 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht geleistet werden muss, wobei bei der Berechnung der Differenz zu beachten sein wird, dass die Tarife für einen lediglich kurzzeitig bereit gestellten DSL-Anschluss pro Tag regelmäßig erheblich über denjenigen liegen, die bei einer langfristigen Vertragsbindung vereinbart werden.

 

Wann haften Access-Provider für Urheberrechtsverletzungen Dritter?

Telekommunikationsunternehmen die ihren Kunden den Zugang zum Internet vermitteln (Access-Provider) sowie zu Webseiten, über die auf eine Sammlung von Links und URLs zugegriffen werden kann, die das Herunterladen urheberrechtlich geschützter Musikwerke ermöglicht,

  • kann von einem Rechteinhaber grundsätzlich als Störer darauf in Anspruch genommen werden,
  • den Zugang zu Internetseiten zu unterbinden, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden.

 

Eine solche Sperrung ist einem Telekommunikationsunternehmen nicht nur dann zumutbar,

  • wenn ausschließlich rechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite bereitgehalten werden,
  • sondern bereits dann, wenn nach dem Gesamtverhältnis rechtmäßige gegenüber rechtswidrigen Inhalten nicht ins Gewicht fallen.
     

Die aufgrund der technischen Struktur des Internet bestehenden Umgehungsmöglichkeiten

  • stehen der Zumutbarkeit einer Sperranordnung nicht entgegen,
  • sofern die Sperren den Zugriff auf rechtsverletzende Inhalte verhindern oder zumindest erschweren.

 

Allerdings kommt eine Störerhaftung des Unternehmens, das den Zugang zum Internet vermittelt (Access-Provider), unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nur in Betracht,

  • wenn der Rechteinhaber zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen hat,
  • gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die – wie der Betreiber der Internetseite – die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder – wie der Host-Provider – zur Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben.

 

Nur wenn die Inanspruchnahme dieser Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde, ist die Inanspruchnahme des Access-Providers als Störer zumutbar.
Betreiber und Host-Provider sind nämlich wesentlich näher an der Rechtsverletzung als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt.

  • Bei der Ermittlung der vorrangig in Anspruch zu nehmenden Beteiligten hat der Rechtsinhaber in zumutbarem Umfang – etwa durch Beauftragung einer Detektei, eines Unternehmens, das Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführt, oder Einschaltung der staatlichen Ermittlungsbehörden – Nachforschungen vorzunehmen.

 

Da es an diesen Voraussetzungen in den beiden, vom für das Urheberrecht zuständigen I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteilen vom 26.11.2015 – I ZR 3/14 – und – I ZR 174/14 – entschiedenen Fällen fehlte, wurden die Klagen von zwei Rechteinhabern,

  • die Betreiber von Telekommunikationsnetzen auf Unterlassung in Anspruch genommen hatten, über von ihnen bereitgestellte Internetzugänge Dritten den Zugriff auf Links zu ihren Werken über bestimmte Webseiten zu ermöglichen,

 

abgewiesen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 26.11.2015 – Nr. 194/2015 – mitgeteilt. 

 

Wegen Veröffentlichung von pornografischen Fotomontagen im Internet

Ein Mann muss seiner Schwägerin, wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts, 15.000,- € Schmerzensgeld zahlen, weil er im Internet Fotomontagen veröffentlicht hatte, auf denen das Gesicht seiner Schwägerin und die teil- oder vollständig entblößten Körper nackter Frauen in pornografischen Posen zu sehen waren.

Das hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Urteil vom 02.03.2015 – 5 O 3400/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte die Klägerin, nachdem sie darauf aufmerksam gemacht worden war, dass pornografische Darstellungen ihrer Person auf verschiedenen Websites im Internet veröffentlicht seien, ihren Schwager, den Beklagten, verdächtigt und gegen ihn Strafanzeige erstattet sowie Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes erhoben.

Konkrete Beeinträchtigungen infolge der pornografischen Internetveröffentlichung  (z.B. Telefonanrufe oder Klingeln an der Haustür), die ein 15.000,- € übersteigendes Schmerzensgeld hätten rechtfertigen können, waren der Klägerin (glücklicherweise) erspart geblieben.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Oldenburg am 19.10.2015 mitgeteilt.

 

Zahlungsverlangen unter Hinweis auf die Übermittlung der Schuldnerdaten an die SCHUFA

Ein in der Mahnung eines Mobilfunkunternehmens erfolgter Hinweis auf die bevorstehende Übermittlung der Daten des Schuldners an die SCHUFA steht nur dann im Einklang mit der Bestimmung des § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG),

  • wenn nicht verschleiert wird,
  • dass ein Bestreiten der Forderung durch den Schuldner selbst ausreicht, um eine Übermittlung der Schuldnerdaten zu verhindern.

 

Darauf hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 19.03.2015 – I ZR 157/13 – hingewiesen und

  • ein Telekommunikationsunternehmen, das Verbrauchern entgeltlich den Zugang zu ihrem Mobilfunknetz anbot, auf eine Klage der Verbraucherzentrale Hamburg e.V. hin, verurteilt, es zu unterlassen,
  • Verbraucher mit dem folgenden Hinweis an den Ausgleich einer angeblichen Forderung von einem Inkassoinstitut erinnern zu lassen:
    „ …….. Als Partner der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA) sind wir verpflichtet, die unbestrittene Forderung der SCHUFA mitzuteilen, sofern nicht eine noch durchzuführende Interessenabwägung in Ihrem Fall etwas anderes ergibt. Ein SCHUFA-Eintrag kann Sie bei Ihren finanziellen Angelegenheiten, z.B. der Aufnahme eines Kredits, erheblich behindern. Auch Dienstleistungen anderer Unternehmen können Sie dann unter Umständen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt in Anspruch nehmen ……..“,

 

Diese von der Verbraucherzentrale Hamburg e.V. beanstandete Ankündigung der Übermittlung der Schuldnerdaten an die SCHUFA entspricht, wie der I. Zivilsenat des BGH ausgeführt hat, nicht den Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDSG.
Denn nach dieser Vorschrift ist die Übermittlung personenbezogener Daten über eine Forderung an Auskunfteien nur zulässig, soweit

  • die geschuldete Leistung trotz Fälligkeit nicht erbracht ist,
  • die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten erforderlich ist,
  • der Betroffene nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist (Nr. 4 Buchst. a),
  • zwischen der ersten Mahnung und der Übermittlung mindestens vier Wochen liegen (Nr. 4 Buchst. b),
  • die verantwortliche Stelle den Betroffenen rechtzeitig vor der Übermittlung der Angaben, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung über die bevorstehende Übermittlung unterrichtet hat (Nr. 4 Buchst. c) und
  • der Betroffene die Forderung nicht bestritten hat (Nr. 4 Buchst. d),

 

hier aber, durch das Fehlen eines hinreichend klaren Hinweises, dass der Verbraucher mit dem bloßen Bestreiten der Forderung eine Mitteilung an die SCHUFA verhindern könne, der unzutreffende Eindruck erweckt wird, die Mitteilung erfolge im Falle der Nichtzahlung zwangsläufig oder liege allein im Ermessen der Beklagten.
Um einem in der Regel juristisch nicht vorgebildeten Adressaten zu verdeutlichen, dass er es in der Hand habe, durch ein einfaches Bestreiten der Forderung den angedrohten SCHUFA-Eintrag zumindest zunächst abzuwenden, sei die in dem Mahnschreiben verwendete Formulierung, wonach die Beklagte verpflichtet sei, der SCHUFA „die unbestrittene Forderung“ mitzuteilen, nicht ausreichend.

 

Wenn eBay-Aktion vorzeitig abgebrochen wird

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 23.09.2015 – VIII ZR 284/14 – entschieden,

  • dass das Angebot eines eBay-Anbieters dahin auszulegen ist, dass es (auch) unter dem Vorbehalt steht, unter bestimmten Voraussetzungen ein einzelnes Gebot eines potentiellen Käufers zu streichen und so einen Vertragsschluss mit diesem Interessenten zu verhindern,
  • was – neben den in den Auktionsbedingungen ausdrücklich genannten Beispielen – auch dann in Betracht kommt, wenn gewichtige Umstände vorliegen, die einem gesetzlichen Grund für die Lösung vom Vertrag (etwa Anfechtung oder Rücktritt) entsprechen.

 

Ein derartiger berechtigter Grund für das Streichen eines Angebots während der laufenden Auktion muss allerdings nach der Entscheidung des BGH

  • nicht nur vorliegen, d.h. vorhanden sein,
  • sondern für die Streichung auch ursächlich geworden sein.

 

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 23.09.2015 – Nr. 162/2015 . mitgeteilt.

 

Wenn von einer Gemeinschaftsantenne empfangene Sendesignale über ein Kabelnetz weitergeleitet werden

Werden von einer Wohnungseigentümergemeinschaft die von einer Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage per Satellit empfangenen Fernseh- und Hörfunksignale mit einem Kabelnetz weitergeleitet an die Empfangsgeräte in den Wohnungen der einzelnen Wohnungseigentümer, schuldet die Wohnungseigentümergemeinschaft für diese Weiterübertragung keine Vergütung.

Das hat der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 17.09.2015 – I ZR 228/14 – auf eine Schadensersatzklage hin entschieden,

  • die die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) erhoben hatte,
  • weil sie der Meinung war, dass mit der Weiterleitung der Sendesignale das Kabelweitersenderecht der von ihr vertretenen Urheber und Leistungsschutzberechtigten verletzt würde.

Die Klage der GEMA hatte keinen Erfolg.

Nach der Entscheidung des I. Zivilsenat des BGH verletzt eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Betrieb einer Kabelanlage über die von einer  Gemeinschaftsantenne empfangene Sendesignale in die Wohnungen der Miteigentümer weitergeleitet werden, deshalb nicht das von der Klägerin wahrgenommene ausschließliche Recht von Urhebern, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen und Filmherstellern zur Kabelweitersendung, weil

  • eine Kabelweitersendung eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 Urheberrechtsgesetz (UrhG) voraussetzt,
  • die Öffentlichkeit einer Wiedergabe wiederum voraussetzt, dass einer „unbestimmten Zahl potentieller Adressaten“ der Zugang zu denselben Werken und Leistungen eröffnet wird und
  • diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, wenn die Wiedergabe für einen begrenzten Personenkreis vorgenommen wird, so wie es sich bei den einer Wohnungseigentümergemeinschaft angehörenden Wohnungseigentümern verhält, die in ihrer Eigenschaft als Bewohner der Wohnanlage von anderen Personenkreisen abgegrenzt sind.

 

Installiert die Gesamtheit einer Wohnungseigentümer anstelle zahlreicher Einzelantennen eine Gemeinschaftsantenne und leitet sie die empfangenen Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungen weiter, ist das als eine Wiedergabe anzusehen, die auf „besondere Personen“ beschränkt ist, die einer „privaten Gruppe“ angehören. Die einzelnen Eigentümer leiten im Ergebnis nämlich die Sendungen nur an sich selbst weiter.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 17.09.2015 – Nr. 158/2015 – mitgeteilt.