Mit Urteil vom 08.09.2022 – 2 Sa 490/21 – hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz im Fall einer Angestellten, die, weil sie unter einer
- posttraumatischen Belastungsstörung
litt, sich einen Hund
angeschafft hatte und der vom Arbeitgeber untersagt worden war, den Hund
mitzubringen, entschieden, dass dieses Verbot seitens des Arbeitgebers zulässig ist, wenn der Hund
- andere Mitarbeiter anbellt bzw. anknurrt, also nicht „sozial kompatibel“ und
- arbeitsvertraglich nicht grundsätzlich erlaubt
ist.
Danach ist eine vom Arbeitgeber erteilte Weisung, nach der ein Hund nicht mehr
mitgebracht werden darf, auch gegenüber einem Arbeitnehmer, bei dem,
- beispielsweise aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung
eine Behinderung vorliegt, grundsätzlich dann vom
- Direktionsrecht des Arbeitgebers
gedeckt, ohne dass eine
- verbotene Benachteiligung aufgrund der Behinderung
vorliegt und die
- Grenzen des billigen Ermessens
überschritten werden (vgl. § 106 Satz 3 Gewerbeordnung (GewO)), wenn
- eine einzelvertragliche Vereinbarung über eine Mitnahme eines Hundes an den Arbeitsplatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht getroffen worden ist,
- es also auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Arbeitgeber durch eine ausdrückliche Erklärung oder durch schlüssiges Verhalten dem Arbeitnehmer rechtlich verbindlich die Mitnahme seines Hundes an den Arbeitsplatz dauerhaft gestatten wollte,
von anderen Mitarbeitern,
- beispielsweise wegen des Anbellens und Anknurrens,
das Verhalten des Hundes berechtigterweise als bedrohlich empfunden wird und der Arbeitgeber mit dem
künftige Beeinträchtigungen
- zum Schutze der anderen Mitarbeiter im Interesse eines geordneten Arbeitsablaufs
ausschließen will.
Übrigens:
Allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmer
einen Hund zur Arbeit mitnehmen durfte, ermöglicht nicht den rechtlichen Schluss, dass der Arbeitgeber
- über eine bloße Gestattung hinaus
eine rechtsgeschäftliche Erklärung mit einem entsprechenden Rechtsbindungswillen abgegeben hat und allein aus der
- Beibehaltung einer betrieblichen Praxis über einen längeren Zeitraum hinweg
kann noch nicht geschlossen werden, der Arbeitgeber werde
- diese Praxis auch künftig beibehalten und
- sein Weisungsrecht nicht mehr anders ausüben.
Hinweis:
Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch
- den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften
festgelegt sind, nach billigem Ermessen,
- d.h. nach einer Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit,
näher bestimmen
Dies gilt gemäß § 106 Satz 2 GewO auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb.
Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber nach § 106 Satz 3 GewO auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
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