Radfahrer und Auto am Kreisverkehr – Wer hat wann gegenüber wem Vorfahrt?

Radfahrer und Auto am Kreisverkehr – Wer hat wann gegenüber wem Vorfahrt?

Hat ein Radfahrer auf einem neben einem Kreisverkehr geführten Radweg das Verkehrszeichen „Vorfahrt gewähren“ zu beachten, wenn er eine Zufahrtsstraße zum Kreisverkehr queren will, ist der Radfahrer gegenüber den Autos, die über die Zufahrtsstraße in den Kreisverkehr einfahren wollen, wartepflichtig.
Das gilt auch dann, wenn die Autofahrer vor dem Radweg und dem Erreichen des Kreisverkehrs selbst das Zeichen „Vorfahrt gewähren“ in Kombination mit dem Zeichen „Kreisverkehr“ passieren müssen.

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 17.07.2012 – 9 U 200/11 – entschieden.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall erlitt die Klägerin einen Verkehrsunfall, als sie mit ihrem Elektrofahrrad auf dem neben einer Kreisfahrbahn geführten Radweg am Kreisverkehr die Einmündung einer Straße querte. Sie stieß im Einmündungsbereich mit dem Auto der Beklagten zusammen, die von der einmündenden Straße kommend in den Kreisverkehr einfahren wollte.
Vor dem Queren der Straße haben Radfahrer das Verkehrszeichen „Vorfahrt gewähren“ (Zeichen 205 der Straßenverkehrsordnung) zu beachten.
Die in den Kreisverkehr einfahrenden Autofahrer passieren vor dem Radweg und dem Kreisverkehr ebenfalls das Zeichen „Vorfahrt gewähren“ in Kombination mit dem Zeichen „Kreisverkehr“ (Zeichen 215 der Straßenverkehrsordnung).

Die Klägerin hat von der Beklagten Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 €. Sie ist der Meinung, die Beklagte habe ihr Vorfahrtsrecht verletzt. Sie hätte sie vor der Einfahrt in den Kreisverkehr passieren lassen müssen.

Der 9. Zivilsenat des OLG Hamm hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin ein erhebliches, eine Mithaftung der Beklagten ausschließendes Eigenverschulden an dem Unfall treffe.
Die Beklagte habe kein Vorfahrtsrecht verletzt. Aufgrund der von ihr zu passierenden Verkehrszeichen sei sie lediglich gegenüber dem auf der eigentlichen Kreisbahn befindlichen Verkehr wartepflichtig gewesen und nicht auch gegenüber Radfahrern, die den neben der Kreisbahn befindlichen Radweg benutzten.
Demgegenüber habe die Klägerin der Beklagten Vorfahrt gewähren müssen. Ihre Wartepflicht gelte nicht nur gegenüber Fahrzeugen, die vom Kreisverkehr in die Zufahrtsstraße abbiegen, sondern auch gegenüber den Fahrzeugen, die über die Zufahrtsstraße in den Kreisverkehr einfahren wollten.
Nur so verstanden ergebe die vorhandene Beschilderung einen Sinn.
Hinzu komme, dass die Klägerin vorliegend über einen abgesenkten Bordstein vom Radweg auf die Fahrbahn der Zufahrtstraße gefahren sei.
Nach der Straßenverkehrsordnung habe sich derjenige, der über einen abgesenkten Bordstein auf eine Fahrbahn einfahre, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Daraus folge, dass ihm insoweit auch kein Vorfahrtsrecht zustehen könne.
Ihm Übrigen fehlten auf der Fahrbahn der Zufahrtsstraße hier auch Markierungen für einen querenden Radweg, was ebenfalls ein Anhaltspunkt dafür sei, dass ein querender Radfahrer wartepflichtig sei.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 06.11.2013 mitgeteilt.

 

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