…. insbesondere in Folge der Corona-Pandemie.
Nach § 651h Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann,
- wer mit einem Reiseveranstalter einen Pauschalreisevertrag (§ 651a Abs. 1 – 3 BGB) geschlossen hat,
vor Beginn von der gebuchten Reise
dann zurücktreten und den vollen schon (an)gezahlten Reisepreis vom Reiseveranstalter zurückverlangen, wenn
- am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe
unvermeidbare, außergewöhnliche
auftreten, die
- die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen.
Gemäß Erwägungsgrund 31 der auf Vollharmonisierung zielenden Richtlinie (EU) 2015/2302 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen liegen derartige Umstände,
- welche es dem Reisenden ermöglichen sollen, ohne Zahlung einer Rücktrittsgebühr vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten,
zum Beispiel dann vor, wenn etwa
- wegen des Ausbruchs einer schweren Krankheit am Reiseziel erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit bestehen.
Ob dies, wie erforderlich,
- zum Zeitpunkt der gebuchten Reise der Fall sein wird,
ist bei einer vor Reiseantritt abgegebenen Rücktrittserklärung durch eine
zu beurteilen, im Rahmen welcher danach zu fragen ist,
- ob die konkrete Reise aus einer ex-ante-Betrachtung heraus erheblich beeinträchtigt sein wird.
Die Frage,
- von welchem Gefährdungsgrad an insoweit eine erhebliche Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist,
lässt sich dabei
- nicht in Form einer festen Größe, sondern
nur fallweise unter Berücksichtigung des konkreten Inhalts des Reisevertrags beantworten, wobei zu berücksichtigen ist, zum einen
- mit welcher Wahrscheinlichkeit, für welche Rechtsgüter Gefahren drohen
und zum anderen auch
- ob der konkreten Reise, wie etwa im Falle von Abenteuerreisen, ein gewisses Gefahrenpotential bereits immanent ist.
Im Falle einer Gefahr für Leib und Leben
- wegen des Auftretens eines Hurrikans
reicht jedenfalls eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 25% aus.
Für eine Beeinträchtigung der Reise
- durch die COVID-19-Pandemie,
wird es insoweit,
- jedenfalls solange es noch keinen effektiven Schutz gegen das Virus gibt,
für eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB ausreichen, wenn ein
- konkretes Risiko für einen erheblichen Gesundheitsschaden
besteht, weil am Reiseort im Vergleich
- zum Wohnort des Reisenden und
- der Zeit der Reisebuchung
ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht.
Handelt es sich bei der gebuchten Reise beispielsweise um eine Kreuzfahrt,
- bei welcher eine große Anzahl Menschen eng miteinander in Berührung kommen,
besteht die konkrete,
- letztlich vom Zufall abhängige
Gefahr, dass es an Bord zu einem Infektionsgeschehen kommt und damit zugleich
- nicht nur die konkrete Gefahr einer eigenen Gesundheitsgefährdung,
- sondern – auch für nicht infizierte Passagiere – darüber hinaus die Gefahr, dass das ganze Schiff unter Quarantäne gestellt würde, Landgänge untersagt würden und Passagiere unter Quarantänebedingungen auf dem Schiff festsitzen,
so dass auch infolgedessen eine erhebliche Beeinträchtigung der geplanten Reise konkret zu befürchten sein kann (so Amtsgericht (AG) Stuttgart, Urteil vom 13.10.2020 – 3 C 2559/20 –).
Übrigens:
Eine für den Reisezeitraum geltende Reisewarnung des Auswärtigen Amtes ist keine Voraussetzungen für einen Rücktritt gem. § 651h Abs. 3 BGB, stellt aber ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände dar (AG Frankfurt, Urteil vom 11.08.2020 – 32 C 2136/20 (18) –).
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