Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat in einem Fall, in dem ein Landwirt, der
- nach dem Entzug der Fahrerlaubnis mit seinem PKW immer mal auf dem Gelände seines Hofs herumfahren pflegte,
bei einer Polizeikontrolle vor seinem Anwesen den Beamten zweimal den sogenannten Scheibenwischer
- – eine wischende Bewegung mit der offenen Hand vor dem Gesicht –
gezeigt sowie sich mit den Worten
- „Seids ihr no ganz dicht?“
geäußert hatte und deswegen jeweils
- in I. Instanz vom Amtsgericht (AG) sowie
- nachfolgend in II. Instanz vom Landgericht (LG)
wegen
verurteilt worden war,
- auf die Revision des Landwirts hin,
mit Beschluss
die durch das AG sowie das LG erfolgten Verurteilungen
aufgehoben und den Landwirt
- vom Vorwurf der Beleidigung
freigesprochen.
Das BayObLG begründete die Aufhebung der Verurteilungen und den Freispruch damit, dass
- AG sowie LG übersehen hatten, dass
es sich bei den
- vermeintlich herabsetzenden Äußerungen des Landwirts
um
handelte, die
- den Polizeibeamten selbst oder
- der Vorgehensweise der Polizei generell
gegolten haben konnten, somit auch ein – strafloser – Aussagegehalt in Betracht kommt,
- nämlich eine Kritik an polizeilichen Anordnungen und Maßnahmen ohne Herabwürdigung der handelnden Beamten
und vorliegend möglich und nicht auszuschließen ist, dass der Landwirt damit, entsprechend seiner Einlassung,
- nicht die Beamten verächtlich machen wollte,
sondern, was von der allgemeinen Meinungsfreiheit gedeckt ist,
- seinen allgemeinen Unmut über das polizeiliche Vorgehen als solches zum Ausdruck brachte.
Das bedeutet:
Voraussetzung jeder
von Meinungsäußerungen ist zunächst,
- ausgehend vom Wortlaut der Äußerung,
die zutreffende Erfassung
dafür maßgebend
- weder die subjektive Absicht des sich Äußernden
- noch das subjektive Verständnis des Betroffenen
sondern der Sinn ist, den die Äußerung
- unter Berücksichtigung aller sprachlichen und sonstigen Begleitumstände
nach dem
- Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums
hatte und sofern
in Betracht kommen, das Gericht sich nur dann für die
entscheiden darf, wenn es eine
- straflose Deutungsvariante
mit überzeugenden Gründen ausschließt.
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