Was in einem gemeinschaftlichen Testament von den Ehegatten als Schlusserben Eingesetzte wissen sollten

Was in einem gemeinschaftlichen Testament von den Ehegatten als Schlusserben Eingesetzte wissen sollten

Ist von Ehegatten ein wirksames 

  • gemeinschaftliches Testament 

errichtet worden, in dem

  • sie sich gegenseitig zu Erben und 
  • wechselbezüglich zu Erben des Längstlebenden einen Dritten oder mehrere als Schlusserben 

eingesetzt haben (§§ 2269, 2270 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) und hat 

  • nach dem Tod des erstverstorbenen Ehegatten 

der überlebende Ehegatte 

  • in der Absicht den bzw. die Schlusserben zu beeinträchtigen, 

eine Schenkung gemacht, kann der Schlusserbe bzw. können die Schlusserben, 

  • nachdem ihm bzw. ihnen die Erbschaft angefallen ist, 

in entsprechender Anwendung von § 2287 BGB (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 26.10.2011 – IV ZR 72/11 –) von dem Beschenkten die 

  • Herausgabe des Geschenks 

nach den Vorschriften über die 

  • Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gemäß §§ 818 ff. BGB 

fordern.

Voraussetzung für diesen Anspruch aus § 2287 Abs. 1 BGB ist 

  • zunächst 

das Vorliegen einer 

  • (zumindest gemischten) Schenkung im Sinne von § 516 BGB, 

d.h., es ist beispielsweise im Fall einer Grundstücksübertragung 

  • bei der Prüfung, ob es sich hierbei um eine (gemischte) Schenkung gehandelt hat, 

zu berücksichtigen,

  • bei einem Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchrechts,
    • der kapitalisierte Wert der hieraus zu ziehenden Nutzungen im Zeitpunkt der Grundstücksübertragung,  
  • bei einer im Grundstücksüberlassungsvertrag übernommenen Pflegeverpflichtung, 
    • der anhand einer subjektiven Bewertung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu berechnende Wert dieser vertraglich versprochenen Pflegeleistungen, 

oder

  • bei einem vorbehaltenem Rücktrittsrecht vom Grundstücksübertragungsvertrag, 
    • ob und inwieweit dieses als wirtschaftlicher Nachteil wertmindernd in Rechnung zu stellen ist.

Liegt danach zumindest eine gemischte Schenkung im Sinne des § 2287 BGB vor, ist darüber hinaus 

  • weitere 

Voraussetzung für den Anspruch aus § 2287 Abs. 1 BGB, dass der überlebende Ehegatte bei dieser Schenkung 

  • in der Absicht gehandelt hat, den bzw. die Schlusserben zu beeinträchtigen,

wofür erforderlich ist, dass er

  • das ihm verbliebene Recht zu lebzeitigen Verfügungen missbraucht hat.

Kein solcher Missbrauch liegt vor, wenn der überlebende Ehegatte an der

  • von ihm vorgenommenen Schenkung 

ein 

  • lebzeitiges (anerkennenswertes) Eigeninteresse 

hatte, was dann anzunehmen ist, wenn 

  • nach dem Urteil eines objektiven Beobachters die Verfügung in Anbetracht der gegebenen Umstände auch unter Berücksichtigung der erbvertraglichen Bindung als billigenswert und gerechtfertigt erscheint 

und was etwa dann in Betracht kommt, wenn 

  • es dem überlebenden Ehegatten im Alter um seine Versorgung und gegebenenfalls auch Pflege geht oder 
  • der überlebende Ehegatte in der Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung handelt, er etwa mit dem Geschenk einer Person, die ihm in besonderem Maße geholfen hat, seinen Dank abstatten will oder
  • der überlebende Ehegatte ein Interesse daran hat im eigenen Haus wohnen bleiben zu können und der Beschenkte ihm dies, ohne rechtliche Verpflichtung dadurch ermöglicht, dass er sich um Haus, Garten, Einkäufe, Reinigung etc. kümmert oder
  • der überlebende Ehegatte durch das Geschenk eine ihm nahestehende Person an sich zu binden versucht (Landgericht (LG) Koblenz, Urteil vom 18.11.2021 – 1 O 222/18 –).

wobei ein lebzeitiges Eigeninteresse 

  • nicht zwingend für den gesamten Schenkungsgegenstand angenommen werden muss, 
  • sondern auch lediglich einen Teil der Schenkung zu rechtfertigen und insoweit einen Missbrauch der lebzeitigen Verfügungsmacht auszuschließen vermag (BGH, Urteil vom 28.09.2016 – IV ZR 513/15 –).

Übrigens:
Beweispflichtig für eine Schenkung des überlebenden Ehegatten ohne rechtfertigendes lebzeitiges Eigeninteresse ist der Schlusserbe.


Warning: Undefined variable $user_ID in /is/htdocs/wp1087826_EK6QR6X9JJ/www/haerlein.de/wordpress/wp-content/themes/arilewp-pro/comments.php on line 45

You must be <a href="https://www.haerlein.de/wp-login.php?redirect_to=https%3A%2F%2Fwww.haerlein.de%2Fwas-in-einem-gemeinschaftlichen-testament-von-den-ehegatten-als-schlusserben-eingesetzte-wissen-sollten%2F">logged in</a> to post a comment