…. streitig ist, ob die von der Werkstatt für die Reparatur in Rechnung gestellten Kosten angemessen, mithin erforderlich waren, das
trägt bzw. sich auf dieses – nicht – berufen kann und dadurch die diesbezüglichen bisherigen Irrtümer vieler Instanzgerichte aufgedeckt.
Da der Geschädigte eines Verkehrsunfalls berechtigt ist
- sein beschädigtes Fahrzeug zur Reparatur in eine Werkstatt zu geben
und
- vom Unfallverursacher den hierfür erforderlichen Geldbetrag zu verlangen (§ 249 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),
sind, wenn der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine
zur Instandsetzung gibt,
- ohne dass ihn insoweit ein (insbesondere Auswahl- oder Überwachungs-) Verschulden trifft,
die dadurch anfallenden Reparaturkosten
- im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger
grundsätzlich auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie aufgrund
- unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher
Arbeitsweise der Werkstatt unangemessen,
- mithin nicht erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB
waren und spielen gegebenenfalls bestehende
- Ansprüche des Geschädigten gegen den Werkstattbetreiber
grundsätzlich nur insoweit eine Rolle, als der Schädiger
- im Rahmen des Vorteilsausgleichs
deren
verlangen kann.
Nicht erfasst von diesem
- vom Schädiger grundsätzlich zu tragendem
Werkstattrisiko sind allerdings
die nur bei
- Gelegenheit der Instandsetzungsarbeiten
mitausgeführt worden sind und der Geschädigte trägt daher die
- Darlegungs- und Beweislast
für
- das Vorhandensein und
- die Unfallbedingtheit
der jeweiligen Fahrzeugschäden.
Ausgehend davon hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH)
- mit Urteilen vom 16.01.2024 – VI ZR 38/22, VI ZR 239/22, VI ZR 253/22, VI ZR 266/22 und VI ZR 51/23 –
nunmehr entschieden, dass das Werkstattrisiko nicht nur für solche Rechnungspositionen greift, die
- ohne Schuld des Geschädigten
etwa wegen
- unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Ansätze von Material oder Arbeitszeit
überhöht sind, vielmehr ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger auch
- diejenigen Rechnungspositionen
sind, die sich auf
- – für den Geschädigten nicht erkennbar –
tatsächlich nicht durchgeführte
- einzelne Reparaturschritte und -maßnahmen
beziehen, weil auch insofern die Schadensbeseitigung
- in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre
stattfindet und dass sich,
- soweit der Schädiger das Werkstattrisiko trägt,
im Schadensersatzprozess zwischen
- Geschädigtem und Schädiger
mangels Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme über die
- objektive Erforderlichkeit
der in Rechnung gestellten Reparaturkosten verbietet.
Entschieden hat der Senat ferner (VI ZR 51/23), dass der Geschädigte bei Beauftragung einer
grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass diese
unwirtschaftlichen Weg für die Schadensbeseitigung wählt und er daher nicht gehalten ist, vor der Beauftragung der Fachwerkstatt
- zunächst ein Sachverständigengutachten einzuholen und
- den Reparaturauftrag auf dieser Grundlage zu erteilen,
dass auch wenn
- der Geschädigte ein Sachverständigengutachten einholt und
- die Auswahl des Sachverständigen der Werkstatt überlässt („Schadensservice aus einer Hand“),
allein dies nicht zur Annahme eines
- Auswahl- oder Überwachungsverschuldens.
führt, dass die Anwendung der Grundsätze zum Werkstattrisiko
voraussetzt, dass der Geschädigte die
bereits
hat, dass aber, soweit der Geschädigte die
- Reparaturrechnung nicht beglichen
hat und er das Werkstattrisiko nicht selbst tragen will, die
- Zahlung der Reparaturkosten
allerdings
nur an die Werkstatt verlangen kann.
Denn:
Hat der Geschädigte die Rechnung der Werkstatt
- nicht (vollständig) beglichen,
ist nämlich zu berücksichtigen, dass ein Vorteilsausgleich
- durch Abtretung etwaiger Gegenansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt an den Schädiger
aus Rechtsgründen nicht gelingen kann, wenn der Geschädigte
- auch nach Erhalt der Schadensersatzleistung vom Schädiger
von der (Rest-)Zahlung an die Werkstatt absieht.
Zugleich wäre der Geschädigte durch den Schadensersatz bereichert, wenn er vom Schädiger
- den vollen von der Werkstatt in Rechnung gestellten Betrag erhielte,
gegenüber der Werkstatt
- aber die Zahlung eines Teilbetrages unter Berufung auf den insoweit fehlenden Vergütungsanspruch oder auf einen auf Freistellung gerichteten Gegenanspruch verweigerte.
Demgegenüber wäre der Schädiger schlechter gestellt, als wenn er die Reparatur der beschädigten Sache
veranlasst hätte; denn im letzteren Fall hätte er als Vertragspartner der Werkstatt die Zahlung der zu hoch berechneten Vergütung verweigern können.
Aus diesem Grund kann der Geschädigte,
- der sich auf das Werkstattrisiko beruft,
- aber die Rechnung der Werkstatt noch nicht (vollständig) bezahlt hat,
von dem Schädiger Zahlung des von der Werkstatt in Rechnung gestellten (Rest-)Honorars
- nur an die Werkstatt und
- nicht an sich selbst
verlangen, Zug um Zug gegen
- Abtretung etwaiger (das Werkstattrisiko betreffender) Ansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt.
Wählt der Geschädigte bei
hingegen Zahlung an sich selbst,
- so trägt er und
- nicht der Schädiger
das Werkstattrisiko.
Er hat dann im Schadensersatzprozess gegen
- den Schädiger oder
- dessen Haftpflichtversicherer
gegebenenfalls zu beweisen,
- dass die abgerechneten Reparaturmaßnahmen tatsächlich durchgeführt wurden
und dass die Reparaturkosten
- nicht etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt
nicht erforderlich sind.
Schließlich steht es dem Geschädigten im Rahmen von § 308 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) frei, vom Schädiger
- statt Zahlung
- Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber der Werkstatt
zu verlangen.
In diesem Fall richtet sich sein Anspruch
- grundsätzlich und
- bis zur Grenze des Auswahl- und Überwachungsverschuldens
danach, ob und in welcher Höhe er mit der Verbindlichkeit,
- die er gegenüber der Werkstatt eingegangen ist,
beschwert ist.
Es ist also die
- Berechtigung der Forderung,
von der freizustellen ist, und damit die
- werkvertragliche Beziehung zwischen Geschädigtem und Werkstatt
maßgeblich.
Schließlich hat der Senat entschieden, dass sich die
sich auch
- bei unbeglichener Rechnung
auf das Werkstattrisiko zu berufen, nicht
auf Dritte übertragen lässt (Rechtsgedanke des § 399 BGB).
Der Schädiger hat insoweit nämlich ein besonders schutzwürdiges Interesse daran, dass der
sein
bleibt.
Allein im Verhältnis zu diesem ist nämlich die Durchführung des Vorteilsausgleichs
möglich, weil
- der Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger und
- die im Wege des Vorteilsausgleichs abzutretenden (etwaigen) Ansprüche gegen die Werkstatt
in einer Hand (beim Geschädigten) liegen.
- Im Ergebnis trägt daher bei Geltendmachung des Anspruchs aus abgetretenem Recht stets der Zessionar das Werkstattrisiko.
Für die der Entscheidung zugrundeliegenden Verfahren bedeutete dies:
In der Sache
in der die Werkstatt,
- die von dem Geschädigten mit der Reparatur beauftragt worden war,
dafür 3.000,16 € brutto berechnet hatte,
- wovon ein Teil in Höhe von 1.164,80 € netto auf Fremdleistungen für Lackierarbeiten entfiel,
vom Schädiger
- die Reparaturrechnung bis auf einen Restbetrag von 1.188,32 € beglichen sowie
- die in Ansatz gebrachten Lackierkosten für überhöht erachtet
worden waren und der Geschädigte
- seine Ansprüche aus dem Verkehrsunfall an die Werkstatt abgetreten
hatte, hat der Senat entschieden, dass
- die Werkstatt sich als Zessionarin nicht auf das Werkstattrisiko berufen kann und deswegen
vom Gericht,
die Kosten der Lackierarbeiten auf ihre Angemessenheit hätten überprüft werden müssen.
In der Sache
in der der Geschädigte sein beschädigtes Fahrzeug
- auf der Grundlage eines zuvor eingeholten Sachverständigengutachtens
in einer Werkstatt hatte reparieren lassen,
- diese dem Geschädigten 5.067,15 € in Rechnung gestellt,
- der Geschädigte nach Rechnungstellung seinen Ersatzanspruch gegen den Unfallverursacher erfüllungshalber an den Inhaber der Kfz-Werkstatt abgetreten
und der Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers die Kosten der Reparatur
- bis auf die Position „Arbeitsplatzwechsel“ iHv 227,31 €
erstattet und gegen die Position „Arbeitsplatzwechsel“ iHv 227,31 € eingewandt hatte, dass ein Arbeitsplatzwechsel tatsächlich nicht durchgeführt worden sei, weil
- die Werkstatt selbst über eine Lackiererei verfüge und
- deshalb Verbringungskosten nicht angefallen seien,
hat der Senat entschieden, dass
- die die Werkstatt sich als Zessionarin nicht auf das Werkstattrisiko berufen kann und deswegen
hätte beweisen müssen,
ob der abgerechnete „Arbeitsplatzwechsel“ tatsächlich durchgeführt wurde.
In der Sache
in der der Geschädigte sein beschädigtes Fahrzeug
hatte instandsetzen lassen, von dem Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers dem Geschädigten der von dem Autohaus in Rechnung gestellte Betrag
- unter Verweis auf einen Prüfbericht eines Drittunternehmens, der einen geringer Reparaturkosten auswies,
nur bis auf 1.054,46 € erstattet worden war, hat der Senat entschieden, dass das Gericht, wenn der Geschädigte
- Zahlung an die Werkstatt verlangt,
der Frage nachzugehen hat,
- inwieweit die reparierten Fahrzeugschäden nicht unfallbedingt bzw. die durchgeführten Instandsetzungsarbeiten nicht Teil der Reparatur der Unfallschäden sind,
weil sich der Geschädigte insoweit nicht auf das Werkstattrisiko berufen kann.
In der Sache
in der der Geschädigte sein beschädigtes Fahrzeug in einer Werkstatt hatte reparieren lassen, die Reparaturkosten höher ausgefallen waren,
- als die Kosten, die zuvor ein vom Geschädigten beauftragter Sachverständiger ermittelt hatte,
der Geschädigte die Reparaturkostenrechnung
beglichen hatte und der ersatzpflichtige Unfallverursacher mit dem Hinweis,
- dass der Reparaturrechung der Werkstatt Arbeiten zugrunde lägen, die für die Reparatur des Fahrzeugs nicht erforderlich gewesen seien,
den Reparaturkostenrechnungsbetrag nur zum Teil erstattet hatte, hat der Senat entschieden, dass der Geschädigte,
- wenn er Zahlung an die Werkstatt verlangt,
sich auf das Werkstattrisiko berufen kann.
In der Sache
in der dem Geschädigten
- Kosten einer COVID-19-Desinfektion
im Zusammenhang mit der Reparatur seines verunfallten Pkws
- von der von ihm beauftragten Werkstatt
in Rechnung gestellt worden waren, hat der Senat entschieden, dass das Gericht nicht hätte offenlassen dürfen, ob von dem Geschädigten,
- der Zahlung an sich verlangt hatte,
die Rechnung vollständig beglichen worden war,
- weil nur dann er sich für den gestellten Antrag auf Zahlung an sich selbst auf das Werkstattrisiko berufen kann (Quelle: Pressemitteilung des BGH).
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