Muss der, der für die Verletzung eines Tieres haftet, tierärztliche Behandlungskosten in unbegrenzter Höhe erstatten?

Muss der, der für die Verletzung eines Tieres haftet, tierärztliche Behandlungskosten in unbegrenzter Höhe erstatten?

Im Fall der Verletzung eines Tieres bestimmt § 251 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) angesichts der herausgehobenen Anerkennung des Tierschutzes durch die Rechtsordnung (Art. 20a Grundgesetz (GG), § 1 Tierschutzgesetz (TierSchG)),

  • dass die aus der Heilbehandlung des Tieres entstandenen Aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig sind,
  • wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

 

Ausgehend von der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf und schmerzempfindliches Lebewesen verbietet diese Vorschrift bei der Schadensbemessung eine streng wirtschaftliche Betrachtungsweise.
Das bedeutet zwar nicht, dass eine Verpflichtung zum Schadensersatz in unbegrenzter Höhe besteht.

Unter der Voraussetzung, dass eine Heilbehandlung tatsächlich durchgeführt wurde, verlangt § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB aber, dass dem Interesse des Schädigers, nicht mit den Behandlungskosten belastet zu werden, bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung

  • nicht nur der Wert des Tieres gegenüber gestellt wird,
  • sondern auch das aus der Verantwortung für das Tier folgende immaterielle Interesse an der Wiederherstellung seiner Gesundheit und seiner körperlichen Integrität.

 

So können bei Tieren mit einem geringen materiellen Wert

 

Für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze kommt es

  • auf das Maß des Verschuldens des Schädigers,
  • das individuelle Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem verletzten Tier (z. B. „durchschnittlicher Familienhund“) sowie
  • darauf an, ob die aufgewendeten Heilbehandlungskosten aus tiermedizinischer Sicht vertretbar gewesen sind (Erfolgsaussichten der Behandlung),

 

wobei diese Aufzählung weitere dem Normziel dienende Kriterien im Einzelfall nicht ausschließt.

Waren tierärztliche Heilbehandlungskosten unverhältnismäßig hoch kann der Schädiger den Geschädigten nicht gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB auf Wertersatz in Geld verweisen; der Schädiger schuldet dem Geschädigten vielmehr dann – in Ausnahme von dieser Vorschrift – Ersatz der noch als verhältnismäßig zu erachtenden Tierbehandlungskosten.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 27.10.2015 – VI ZR 23/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem der Hund des Klägers, ein Jack-Russel-Mischling, durch schuldhaftes Verhalten des Beklagten erheblich verletzt worden war und
  • der Kläger die tierärztlichen Behandlungskosten für seinen Hund in Höhe von 4.177,59 € erstattet haben wollte,

 

entschieden,

  • dass der Kläger vom Beklagten gemäß § 249 Abs. 2, § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB die hier als verhältnismäßig erachteten Heilbehandlungskosten seines Hundes in Höhe von 3.000 € verlangen kann.

 


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