Oberlandesgericht Dresden entscheidet: Geht es darum potentielle Störer auszuschließen, genügt es, dass deren bisheriges Verhalten besorgen lässt, dass sie bei künftigen Spielen sicherheitsrelevante Störungen verursachen werden.
Bei Fußballspielen gewährt der Veranstalter in Ausübung der in Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) garantierten Vertragsfreiheit grundsätzlich jedermann (gegen Bezahlung) den Zutritt zum Stadion.
- Will der Veranstalter bestimmte Personen davon ausschließen, so muss er deren mittelbar in das Zivilrecht einwirkende Grundrechte beachten.
- Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) eines Betroffenen und das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot der Gleichbehandlung lassen es nicht zu, einen einzelnen Zuschauer willkürlich auszuschließen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20.10.2009 – V ZR 253/08 – zum bundesweiten Stadionverbot).
Ein derartiges Willkürverbot gilt ganz allgemein bei Hausverboten, wenn eine zuvor erfolgte Publikumsöffnung die Privatautonomie des Hausrechtsinhabers beschränkt (so für ein Hotel BGH, Urteil vom 09.03.2012 – V ZR 115/11 –).
Geht es darum,
- potentielle Störer auszuschließen, welche die Sicherheit und den reibungslosen Ablauf von Großveranstaltungen wie einem Liga-Fußballspiel gefährden können,
setzt die Verhängung eines Hausverbots, das seine Grundlage in einem solchen Fall in einem Unterlassungsanspruch nach §§ 862 Abs. 1 Satz 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat, voraus,
- dass eine künftige Störung zu besorgen ist.
Daran, potentielle Störer auszuschließen, hat der Veranstalter ein schützenswertes Interesse, weil ihn gegenüber allen Besuchern Schutzpflichten treffen, sie vor Übergriffen randalierender und gewaltbereiter „Fans“ zu bewahren.
Solche Schutzpflichten bestehen
- entweder aufgrund Vertrages mit den Besuchern der Veranstaltung oder
- unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Verkehrssicherungspflichten.
Ein sachlicher Grund für ein Stadionverbot besteht daher, wenn
- aufgrund von objektiven Tatsachen,
- nicht aufgrund bloßer subjektiver Befürchtungen,
die Gefahr besteht, dass künftige Störungen durch die betreffenden Personen zu besorgen sind.
Bei vorangegangenen rechtswidrigen Beeinträchtigungen wird eine derartige Gefahr schon regelmäßig vermutet.
Das ergibt sich aus den Besonderheiten sportlicher Großveranstaltungen, insbesondere von Fußballgroßereignissen. Diese werden häufig zum Anlass für Ausschreitungen genommen.
- Dabei sind an die Annahme einer Gefahr von Störungen keine überhöhten Anforderungen zu stellen.
- Insofern sind andere Maßstäbe anzuwenden als bei der strafrechtlichen Sanktionierung von Störungen bei früheren Spielen.
Denn Stadionverbote können eine nennenswerte präventive Wirkung nur dann erzielen, wenn
- sie auch gegen solche Besucher ausgesprochen werden, die zwar nicht wegen einer Straftat belangt werden,
- deren bisheriges Verhalten aber besorgen lässt, dass sie bei künftigen Spielen sicherheitsrelevante Störungen verursachen werden.
Ein unter Beachtung der obigen Voraussetzungen erteiltes Hausverbot ist wirksam und kann, solange es nicht aufgehoben ist, bei Missachtung als Haufriedensbruch nach § 123 Strafgesetzbuch (StGB) geahndet werden.
Darauf hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden mit Urteil vom 11.03.2016 – 2 OLG 21 Ss 506/15 – hingewiesen.
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