Dürfen Wohnungseigentümer mehrheitlich beschließen, dass die Haustür der Wohnanlage während der Nachtzeiten verschlossen zu halten ist?

Dürfen Wohnungseigentümer mehrheitlich beschließen, dass die Haustür der Wohnanlage während der Nachtzeiten verschlossen zu halten ist?

Die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankfurt hat mit Urteil vom 12.05.2015 – 2-13 S 127/12 – auf die Anfechtungsklage eines Wohnungseigentümers

  • den Beschluss einer Eigentümerversammlung, die mehrheitlich in Abänderung der bestehenden Hausordnung beschlossen hatte, „dass die Haustür in der Zeit von 22.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens verschlossen zu halten ist“,
  • mit der Begründung für ungültig erklärt, dass diese Regelung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

 

Wie die 13. Zivilkammer des LG Frankfurt ausgeführt hat, enthält eine Hausordnung im Wesentlichen Verhaltensvorschriften, mit denen

  • der Schutz des Gebäudes,
  • die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung und
  • die Erhaltung des Hausfriedens sichergestellt werden soll,
  • wobei insbesondere die §§ 13, 14 WEG,
  • das öffentliche Recht und
  • die Verkehrssicherungspflichten zu beachten sind.

 

Dabei müssen die Regelungen der Hausordnung

  • ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 3 WEG und
  • einem ordnungsgemäßen Gebrauch im Sinne des § 15 Abs. 2 WEG entsprechen (vgl. nur LG München, Urteil vom 10.01.2013 – 36 S 8058/12 – zur Wirksamkeit eines Beschlusses über ein Grillverbot in der Wohnanlage).

 

Nach Ansicht der Kammer führt die Abwägung der schutzwürdigen Belange der Wohnungseigentümer dazu, dass auch unter Berücksichtigung des Sicherungsbedürfnisses der beklagten übrigen Wohnungseigentümer die Regelung, die Haustür während der Nachtstunde verschlossen zu halten, nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
Denn das Abschließen der Hauseingangstür führt bei dem bestehenden Haustürschließungssystem zu einer erheblichen Gefährdung der Wohnungseigentümer und ihrer Besucher.
Durch das Abschließen der Haustür ist ein Verlassen des Gebäudes im Brandfalle oder in einer anderen Notsituation nämlich nur möglich, wenn ein Schlüssel mitgeführt wird. Dieses schränkt die Fluchtmöglichkeit erheblich ein, da es auf der Hand liegt, dass gerade in Paniksituationen nicht sichergestellt ist, dass jeder Hauseigentümer und jeder Besucher der Wohnungseigentumsanlage bei der Flucht einen Haustürschlüssel griffbereit mit sich führt, so dass sich eine abgeschlossene Haustür im Brand oder in einem sonstigen Notfall als tödliches Hindernis erweisen kann.
Da es Haustürschließungssysteme gibt, welche einen Verschluss des Hauseingangs zulassen, auf der anderen Seite ein Öffnen durch flüchtende Bewohner aber ohne einen Schlüssel ermöglichen und durch ein solches Haustürschließungssystem auch dem Interesse der übrigen Wohnungseigentümer, aus Sicherheitsgründen die Haustür geschlossen zu halten, Rechnung getragen werden könnte, entspricht es jedenfalls nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft

  • bei einem Haustürschließungssystem, das diese Möglichkeit nicht bietet, beschließt, in den Nachtstunden die Haustür verschlossen zu halten und
  • dadurch in Notsituationen Fluchtmöglichkeiten – mit gegebenenfalls tödlichem Risiko – erschwert.

 

Ein derartiger Beschluss überschreitet das Ermessen der Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über die Hausordnung deutlich, so dass auf die Anfechtung der angefochtene Beschluss für ungültig zu erklären ist.

 


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