Filesharing – Haftung für aus der Familie heraus begangene Urheberrechtsverletzungen?

Filesharing – Haftung für aus der Familie heraus begangene Urheberrechtsverletzungen?

Behauptet ein Rechteinhaber, beispielsweise von Musiktiteln, dass die Musiktitel über den Internetanschluss eines Ehepaars mittels einer Filesharing-Software im Rahmen einer Internettauschbörse unberechtigt zum Herunterladen angeboten worden sind und verlangt er von dem Ehepaar deshalb Schadensersatz sowie Ersatz der Abmahnkosten, muss der Rechteinhaber als Anspruchstellers, nachzuweisen, dass das von ihm auf Schadensersatz in Anspruch genommene Ehepaar für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) verantwortlich ist.

Allerdings spricht dann, wenn feststeht, dass ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, eine tatsächliche Vermutung, die einen sogenannten Anscheinsbeweis begründet, zu dessen Erschütterung nicht allein der Hinweis auf die Möglichkeit eines anderen Verlaufs genügt,

  • für eine Täterschaft des Anschlussinhabers und
  • wenn mehrere Personen, wie beispielsweise ein Ehepaar den Internetanschluss mit der betreffenden IP-Adresse gemeinsam halten, für die Täterschaft aller Anschlussmitinhaber,

 

wenn – im Fall der hinreichenden Sicherung des Anschlusses – der Anschluss nicht bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen worden war,

  • was der Anspruchsteller, der sich auf die tatsächliche Vermutung stützen will, grundsätzlich darzulegen und nötigenfalls zu beweisen hat.

 

Beweisen muss der Rechteinhaber seine Darlegung, dass der Anschluss von den in Anspruch genommenen Eheleuten nicht bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen worden ist, jedoch erst dann,

  • wenn die Eheleute dieser Darlegung mit konkreten Angaben entgegentreten und sie nicht nur pauschal bestreiten, wobei
  • der Anschlussinhaber dieser sogenannten sekundären Darlegungslast nur dann genügt, wenn er vorträgt,
    • ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen.
      In diesem Umfang ist er im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat.

 

Entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast,

  • ist es wieder Sache des Anspruchstellers, die für eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.

 

Entspricht der Anschlussinhaber dagegen seiner sekundären Darlegungslast nicht,

  • so ist zugunsten des Anspruchstellers dessen Vorbringen zugrunde zu legen und
  • der Anschlussinhaber muss in diesem Fall zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen.

 

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) München mit Urteil vom 14.02.2016 – 29 U 2593/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem sich ein von einem Rechteinhaber wegen Urheberrechtsverletzung auf Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten in Anspruch genommenes Ehepaar gegen diese Forderungen damit verteidigt hatte, dass, was von dem Rechteinhaber bestritten worden war, Zugang zu ihrem Internetanschluss auch ihre drei volljährigen Kinder gehabt haben, die Verletzungshandlung von einem der Kinder vorgenommen worden sein soll, sie auch wüssten von welchem, den Namen jedoch nicht benennen wollen,

 

entschieden,

  • dass das Ehepaar als Täter der begangenen Rechtsverletzung gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) anzusehen ist und auf Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten haftet.

 

Begründet hat das OLG seine Entscheidung damit, dass die Eheleute ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt hätten,  

  • da es ihnen oblag mitzuteilen, welche Kenntnisse sie über die Umstände der Verletzungshandlung gewonnen haben,
  • sie sich trotz ihrer Kenntnis jedoch geweigert hätten den Namen des Kindes zu nennen, das die Verletzungshandlung begangen haben soll und
  • die Eheleute sich damit lediglich pauschal, ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung zu machen, auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit ihrer drei Kinder auf den Internetanschluss berufen hätten.

 

Nachdem die Eheleute ihrer sekundären Darlegungslast nicht entsprochen haben, ist das OLG von der tatsächlichen Vermutung ausgegangen, dass sie als Inhaber des Anschlusses auch die Täter der Rechtsverletzung waren.
Diese tatsachliche Vermutung war von den Eheleuten nämlich nicht widerlegt worden.
Denn die Eheleute waren diesbezüglich, da sich ihre als Zeugen benannten Kinder auf ihr ihnen jeweils gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zustehendes Zeugnisverweigerungsrecht berufen haben, beweisfällig geblieben.  

Nach Auffassung des OLG steht Art. 6 Abs.1 Grundgesetz (GG) der sekundären Darlegungslast mit der obigen Verpflichtung nicht entgegen, weil auch die gegenläufigen Belange der Inhaber urheberrechtlich geschützter Nutzungsrechte, deren Ansprüche ihrerseits den Schutz der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG genießen würden, zu berücksichtigen seien und diese ihre Ansprüche bei Rechtsverletzungen vermittels von Familien genutzter Internetanschlüsse regelmäßig nicht durchsetzen könnten, wenn sich Eltern als Internetanschlussinhaber nicht im Einzelnen dazu erklären muss, wie es über ihren Internetanschluss erfolgten Rechtsverletzungen aus der Familie heraus gekommen ist.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts München am 14.02.2016 – 2/16 – mitgeteilt.

 


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