Hygienemängel im Krankenhaus

Hygienemängel im Krankenhaus

Trägt ein Krankenhauspfleger bei der Eröffnung eine Abszedierung an der Hand einer Patientin Handschuhe, mit denen er zuvor die Türklinke des Krankenzimmers berührt und die er dadurch kontaminiert hatte,

  • stellt dies zwar einen Hygienemangel dar,
  • der jedoch, weil dieser Verstoß gegen den medizinischen Standard nicht als grob zu bewerten ist, zu keiner Beweislastumkehr führt,
  • so dass ein solcher Hygienemangel nur dann eine Haftung des Krankenhauses begründet, wenn die Patientin nachweisen kann, dass ihr durch den Hygienemangel ein Gesundheitsschaden entstanden ist.

 

Das hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 17.08.2015 – 3 U 28/15 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem ein Krankenhauspfleger beim Eröffnen der Abszedierung an der Hand der Klägerin Handschuhe getragen hatte, die infolge des Anfassens der Türklinke bereits als kontaminiert anzusehen waren,
  • die Klage der Klägerin auf Schadensersatz und Zahlung eines Schmerzensgeldes von 25.000 Euro abgewiesen, weil die Klägerin nicht hatte nachweisen können, dass (erst) beim Eröffnen der Abszedierung Erreger in ihren Körper gelangt seien, die dann zu einer Entzündungsreaktion und in deren Folge zu der Spondylodiszitis geführt haben.

 

In seiner Entscheidung hat der sachverständig beratene 3. Zivilsenat des OLG Hamm darauf hingewiesen,   

  • dass nicht jeder Verstoß gegen den medizinischen Hygienestandard einen groben Behandlungsfehler darstellt,
  • dass ein Hygieneverstoß umso schwerer wiegt und umso unverständlicher ist, je höher das Infektionsrisiko und je gravierender die Folgen einer möglichen Infektion sein könnten,
  • dass aus klinischer Sicht hinsichtlich der einzuhaltenden hygienischen Anforderungen in 4 Risikogruppen unterteilt sowie dementsprechend danach differenziert wird, in welche Risikogruppe die Tätigkeit fällt, die unter Verletzung des hygienischen Standards vorgenommen worden ist,
  • die Tätigkeit in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall deswegen der untersten Risikogruppe zuzuordnen ist, weil es sowohl unwahrscheinlich ist, dass gegen den bei der Eröffnung eines Abszesses ausströmenden Eiter etwas in die Wunde gelangt, als auch, dass es gravierende Folgen nach sich zieht, wenn die – von vornherein nur bakterienarmen, nicht sterilen – Handschuhe durch das Berühren der Türklinke zusätzlich kontaminiert worden sind

 

und bei dieser Sachlage der festgestellte Hygienemangel somit keinen groben Verstoß gegen medizinische Standards darstellt.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 29.09.2015 mitgeteilt.

 


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