Mit Beschluss vom 14.08.2024 – 8 W 102/23 – hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken in einem Fall, in dem ein Erbe die Erbschaft,
- weil er von der Überschuldung des Nachlasses ausging,
ausgeschlagen, nachfolgend die
- erklärte Ausschlagung aber wegen Irrtums angefochten
hatte, darauf hingewiesen, dass
- nach § 119 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
eine Anfechtung der erklärten Ausschlagung einer Erbschaft
- wegen eines Irrtums über eine Eigenschaft des Nachlasses, die im Verkehr als wesentlich angesehen wird,
möglich ist, ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum
- über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses
allerdings nur vorliegt, wenn sich der Anfechtende
- über die Zusammensetzung des Nachlasses (Zugehörigkeit bestimmter Aktiva oder Passiva zum Nachlass) geirrt hat,
- nicht hingegen bei bloßen Fehlvorstellungen über den Wert einzelner Nachlassgegenstände oder -verbindlichkeiten
und dass jedoch auch ein grundsätzlich beachtlicher Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses nur zu einer wirksamen Anfechtung führt, wenn
- er für letztere bei wirtschaftlicher Betrachtung kausal war,
d.h. wenn
- der Erbe die Ausschlagung bei Kenntnis der Sachlage nicht erklärt hätte,
woran es dann fehlt, wenn
- die Ausschlagung im Hinblick auf eine (mutmaßliche) Überschuldung erklärt wurde und
- der einzig beachtliche Irrtum sich auf die Existenz eines Guthabens bezog, welches bei Berücksichtigung durch den Erben an dessen (Fehl-)Vorstellung hinsichtlich der Überschuldung des Nachlasses nichts geändert hätte.
Das bedeutet:
Bei einem Erben, der sich
- bei der Erklärung der Erbausschlagung
über die
- Zusammensetzung des Nachlasses
in einem Irrtum befunden hat und deshalb davon ausging, dass die
- Verbindlichkeiten den Wert des Nachlasses
übersteigen, hat ein
- Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses
vorgelegen.
Beruft sich ein seine Erbschaftsausschlagungserklärung Anfechtender in der Anfechtungserklärung somit beispielsweise darauf,
- dass ihm erst im Nachhinein bekannt geworden sei,
dass zum Nachlass (auch) ein
- Bankkonto mit einem vierstelligen Guthaben
gehört, läge somit ein
- beachtlicher Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses
vor, zumal Erben nicht verpflichtet sind, bei allen möglichen Banken nachzufragen, ob
- der Erblasser dort ein Konto geführt hat und
- ein Guthaben besteht.
Kausal für die erfolgte Ausschlagung der Erbschaft wäre dieser beachtliche Irrtum
- hinsichtlich des Bankkontos mit einem vierstelligen Guthabenbetrag
allerdings dann nicht, wenn sich
- unter Berücksichtigung des vierstelligen Guthabenbetrags
nach der Fehlvorstellung des Anfechtenden bei der Anfechtung
- immer noch eine Überschuldung
vorgelegen hätte, weil dann als sicher angenommen werden kann, dass auch ohne diesen Irrtum
- über das Vorhandensein des Bankkontos
die Ausschlagung der Erbschaft erklärt worden wäre.
Übrigens:
Kein beachtlicher Irrtum i.S.v. § 119 Abs. 2 BGB über die Zusammensetzung des Nachlasses,
- sondern nur ein unbeachtlicher Motivirrtum
liegt bei einer lediglich
- falschen Einschätzung der Werthaltigkeit von bekannten Nachlassgegenständen
vor, also wenn diese nicht für
gehalten wurden.
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