Versicherungsvertragsgesetz (VVG ) – Anforderungen an die Belehrung des Versicherungsnehmers über die Leistungsfreiheit bei Obliegenheitsverletzung.

Versicherungsvertragsgesetz (VVG ) – Anforderungen an die Belehrung des Versicherungsnehmers über die Leistungsfreiheit bei Obliegenheitsverletzung.

Ist in einem Versicherungsvertrag bestimmt, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er gemäß § 28 Abs. 2 S. 1 VVG leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat.

Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer nach Satz 2 dieser Vorschrift berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.
Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 28 Abs. 2 VVG hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit nach § 28 Abs. 4 VVG aber auch zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

Wann und wie diese Belehrung zu erfolgen hat, darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 09.01.2013 – IV ZR 197/11 – hingewiesen und dazu u. a. ausgeführt:

Die nach § 28 Abs. 4 VVG gebotene Belehrung über die im Falle der Verletzung einer Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit drohenden Rechtsfolgen soll dem Versicherungsnehmer vor der Beantwortung entsprechender Fragen des Versicherers eindringlich vor Augen führen, welche Bedeutung die vollständige, rechtzeitige und wahrheitsgemäße Information des Versicherers für dessen Leistungsverpflichtung hat. Der Versicherungsnehmer soll damit zu einer ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheiten angehalten, aus Gründen der Fairness zugleich aber auch vor den ihm anderenfalls drohenden Rechtsnachteilen gewarnt werden. Aus dieser Zielsetzung ergibt sich die Notwendigkeit, erst dann zu belehren, wenn von dem Versicherungsnehmer Angaben zu einem konkreten Versicherungsfall erwartet werden. Erst zu diesem Zeitpunkt ist es zweckmäßig, dass ihm die Belehrung vor Augen steht. Das wäre nicht gewährleistet, wenn die Belehrung bereits vorsorglich für künftige Versicherungsfälle im Versichersicherungsschein, den Versicherungsbedingungen, sonstigen Vertragsunterlagen oder Vertragsinformationen im Sinne des § 7 VVG wirksam erteilt werden könnte. Diese Belehrung muss von den letztgenannten Dokumenten getrennt und erst dann erfolgen, wenn die Erfüllung eines Aufklärungs- oder Auskunftsverlangens des Versicherers ansteht.

Erteilt werden kann eine solche anlassbezogene Belehrung sowohl mittels eines eigens für die Belehrung erstellten Dokuments („Extrablattes“), als auch auf dem Schadenmeldungsfragebogen oder in dem Schreiben, in welchem der Versicherer Fragen zur Aufklärung des Versicherungsfalles stellt.

Wird kein eigenes Dokument eigens für die Belehrung erstellt, sondern die Belehrung in ein Fragebogenformular oder ein anderes – Fragen des Versicherers enthaltendes – Schreiben mit aufgenommen, muss die Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet sein, dass sie sich deutlich vom übrigen Text desselben Dokuments abhebt – beispielsweise in der Schriftart oder -größe oder in Bezug auf Fett-, Kursiv- oder Normaldruck, Zeilenabstand, Zeilen- oder Absatzeinzügen oder Schriftfarbe bzw. durch Verwendung anderer graphischer Mittel zur Hervorhebung von Text, wie Balken, Kästen, Pfeile oder eine besondere Hintergrundfärbung – und vom Versicherer nicht übersehen werden kann.
Genügt die einem Versicherungsnehmer erteilte Belehrung diesen Anforderungen nicht, tritt eine vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nicht ein.

 

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