Wann ist im Strafprozess eine zur Entlastung eines Angeklagten behauptete und unter Beweis gestellte Tatsache aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos?

Wann ist im Strafprozess eine zur Entlastung eines Angeklagten behauptete und unter Beweis gestellte Tatsache aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos?

Aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos nach § 244 Abs. 3 S. 2 Strafprozessordnung (StPO) sind Tatsachen, wenn

  • der Nachweis ihres Vorliegens im Ergebnis nichts erbringen kann,
  • weil er die Beweiswürdigung nicht zu beeinflussen vermag.

Zur Prüfung der Erheblichkeit

  • ist die unter Beweis gestellte Tatsache wie eine erwiesene Tatsache in die konkrete Beweislage, also das bisherige Beweisergebnis einzufügen;
  • es ist im Wege einer prognostischen Betrachtung zu fragen, ob hierdurch die Beweislage in einer für den Urteilsspruch relevanten Weise beeinflusst, d. h. die bisherige Überzeugung des Gerichts – gegebenenfalls in Anwendung des Zweifelssatzes – in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde.

Dabei ist die unter Beweis gestellte Tatsache so, als sei sie bewiesen, in das bisherige gewonnene Beweisergebnis einzustellen und als Teil des Gesamtergebnisses in seiner indiziellen Bedeutung zu würdigen (Bundesgerichtshofs (BGH), Beschluss vom 18.03.2015 – 2 StR 462/14 –).

Lehnt das Tatgericht die Erhebung eines Beweises wegen Bedeutungslosigkeit einer Beweistatsache ab, muss der Ablehnungsbeschluss nach § 244 Abs. 6 StPO,

  • zum einen den Antragsteller sowie die weiteren Prozessbeteiligten so weit über die Auffassung des Gerichts zu unterrichten, dass diese sich auf die neue Verfahrenslage einstellen und gegebenenfalls noch in der Hauptverhandlung das Gericht von der Erheblichkeit der Beweistatsache überzeugen oder aber neue Anträge mit demselben Beweisziel stellen können sowie
  • zum anderen dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen, ob der Beweisantrag rechtsfehlerfrei zurückgewiesen worden ist und ob die Feststellungen und Erwägungen des Ablehnungsbeschlusses mit denjenigen des Urteils übereinstimmen.

Deshalb muss das Tatgericht mit konkreten Erwägungen zu begründen, warum es aus einer Beweistatsache keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen will.
Die Anforderungen an diese Begründung entsprechen grundsätzlich denjenigen, denen das Tatgericht genügen müsste, wenn es die Indiz- oder Hilfstatsache durch Beweiserhebung festgestellt und sodann in den schriftlichen Urteilsgründen darzulegen hätte, warum sie auf seine Überzeugungsbildung ohne Einfluss geblieben ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 01.10.2013 – 3 StR 135/13 –; vom 15.01.2014 – 1 StR 379/13 – und vom 22.07.2014 – 2 StR 17/14 –). 

 


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