Wer aus einer Grundstücksausfahrt auf die Fahrbahn ein- und unmittelbar danach links abbiegt, muss besonders auf den nachfolgenden Verkehr achten.

Wer aus einer Grundstücksausfahrt auf die Fahrbahn ein- und unmittelbar danach links abbiegt, muss besonders auf den nachfolgenden Verkehr achten.

Wer trotz eines herannahenden Fahrzeugs mit seinem Fahrzeug aus einer Grundstücksausfahrt auf die Fahrbahn einbiegt, um unmittelbar danach links abzubiegen, vollzieht ein besonders gefährliches Fahrmanöver und kann (auch nach Beendigung der Grundstücksauffahrt) für einen Zusammenstoß mit dem herannahenden und zum Überholen ansetzenden Fahrzeug allein verantwortlich sein.

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 07.03.2014 – 9 U 210/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall bog die Beklagte innerorts mit ihrem Pkw aus einer Grundstücksausfahrt nach links (stadteinwärts) auf die R. Straße ab, um nach etwa 14m erneut nach links in die Straße „A. W.“ abzubiegen.
Im Einmündungsbereich der Straße „A. W.“ kam es zur Kollision mit dem herannahenden auf der bevorrechtigten R. Straße (ebenfalls) stadteinwärts fahrenden Pkw des Klägers, der zum Überholen des Fahrzeugs der Beklagten angesetzt hatte.
Unter Hinweis auf den aus seiner Sicht allein von der Beklagten verursachten Unfall verlangte der Kläger seinen Gesamtschaden von ca. 6.500 Euro ersetzt.

Der 9. Zivilsenat des OLG Hamm hat eine alleinige Haftung der Beklagten für den Verkehrsunfall bejaht.
Er sah auf Seiten des Klägers nur die von dessen Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr, auf Seiten der Beklagten aber ein erhebliches unfallursächliches Verschulden, das bei der Abwägung der beiderseitigen Schadensverursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) zu berücksichtigen war.
Weil sich der Unfall noch im engen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Einfahren in den fließenden Verkehr ereignet habe, sei der Beklagten vorzuwerfen die erhöhten Sorgfaltsanforderungen nach § 10 Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht beachtet zu haben.
Auch habe die Beklagte es nach § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO unterlassen, sich durch die zweite Rückschau unmittelbar vor Beginn des Abbiegevorgangs über den rückwärtigen Verkehr zu vergewissern.
Angesichts dessen sei es – wie der 9. Zivilsenat des OLG Hamm ausführte – gerechtfertigt, die vom Fahrzeug des Klägers ausgehende Betriebsgefahr unberücksichtigt zu lassen.
Die Beklagte habe die beim Einfahren aus einer Grundstücksausfahrt auf die Fahrbahn gem. § 10 StVO geltenden erhöhten Sorgfaltsanforderungen verletzt. Diese mit dem Einfahren aus der Grundstückseinfahrt auf die Fahrbahn regelmäßig verbundenen besonderen Gefahren, denen durch die erhöhten Sorgfaltsanforderungen nach § 10 StVO Rechnung zu tragen ist, wirkten hier über die Beendigung des eigentlichen Einbiegevorgangs durch Wiederaufnahme der Geradeausfahrt weiter fort.
Die besondere und anhaltende Gefährlichkeit des Fahrmanövers der Beklagten ergebe sich dabei daraus, dass die Beklagte – obwohl sie den herannahenden Kläger bemerkt hatte – mit entsprechend geringer Geschwindigkeit aus einer Grundstückseinfahrt in die Fahrbahn eingebogen sei, um unmittelbar danach nach links abzubiegen.
Ihr Einbiegevorgang sei – den Angaben des Sachverständigen zufolge – nach etwa 14m Wegstrecke abgeschlossen gewesen. Nach einer Wegstrecke von nur 2m habe die Beklagte den Abbiegevorgang nach links eingeleitet, der nach weiteren 12m Fahrtstrecke durch die Kollision mit dem Fahrzeug des Klägers endete.
Da für den nachfolgenden Verkehr diese Abbiegeabsicht nicht ohne Weiteres zu erkennen gewesen sei, und die verlangsamte Fahrweise auch auf eine gemächliche Beschleunigung zwecks Einordnung in den fließenden Verkehr habe hinweisen können, hätte die Beklagte ihre Einfahrt auf die Fahrbahn zurückstellen bzw. sich besonders darüber vergewissern müssen, dass der nachfolgende Verkehr ihre Linksabbiegeabsicht erkannt habe.
Angesichts dessen und nachdem die hierfür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte schon nicht substantiiert darlegen konnte, ihre Linksabbiegeabsicht entsprechend den Vorgaben des § 9 Abs. 1 StVO rechtzeitig und deutlich angekündigt zu haben, konnte vorliegend auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO bei unklarer Verkehrslage überholt hat. 

 


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