Wer muss beweisen, ob ein ärztlicher Fehler ursächlich für einen Gesundheitsschaden war?

Wer muss beweisen, ob ein ärztlicher Fehler ursächlich für einen Gesundheitsschaden war?

Hat es sich bei dem ärztlichen Fehler, der dem Arzt unterlaufen ist,

  • um einen groben Behandlungsfehler gehandelt und
  • war dieser geeignet bei dem behandelten Patienten einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen,

muss regelmäßig der Arzt beweisen,

  • dass der Behandlungsfehler nicht ursächlich für den Gesundheitsschaden des Patienten gewesen ist.

Ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, führt nämlich regelmäßig zur Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden (vgl. etwa Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 27.04.2004 – VI ZR 34/03 –; vom 16.11.2004 – VI ZR 328/03 –; vom 08.01.2008 – VI ZR 118/06 – und vom 10.05.2016 – VI ZR 247/15 –).

Dasselbe gilt, wenn

  • ein Befunderhebungsfehler vorgelegen hat und
  • bereits die Unterlassung einer aus medizinischer Sicht gebotenen Befunderhebung einen groben ärztlichen Fehler darstellt.

Auch dann muss der Arzt beweisen, dass der Befunderhebungsfehler nicht ursächlich für den Gesundheitsschaden gewesen ist.
Bei einem Befunderhebungsfehler tritt nämlich eine Beweislastumkehr hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität auch dann ein, wenn bereits die Unterlassung einer aus medizinischer Sicht gebotenen Befunderhebung einen groben ärztlichen Fehler darstellt (vgl. BGH, Urteile vom 13.01.1998 – VI ZR 242/96 –; vom 29.09.2009 – VI ZR 251/08 –; vom 13.09.2011 – VI ZR 144/10 –; vom 02.07.2013 – VI ZR 554/12 –; vom 21.01.2014 – VI ZR 78/13 –; vom 24.02.2015 – VI ZR 106/13 – und vom 10.05.2016 – VI ZR 247/15 –).

Aber auch in Fällen,

  • in denen die Unterlassung der Befunderhebung nicht grob fehlerhaft war,

muss der Arzt dann beweisen, dass die Unterlassung der Befunderhebung nicht ursächlich für den Gesundheitsschaden gewesen ist, wenn

  • sich bei der gebotenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt hätte,
  • sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellt und
  • diese Fehler generell geeignet sind, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen,
    • wobei der Eintritt eines solchen Gesundheitsschadens nicht wahrscheinlich zu sein braucht.
    • Nur wenn jeglicher haftungsbegründende Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist, ist nicht der Arzt, sondern der Patient beweispflichtig.

Dazu, dass auch eine nicht grob fehlerhafte Unterlassung der Befunderhebung zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden führen vgl. BGH, Urteile vom 13.02.1996 – VI ZR 402/94 –; vom 27.04.2004 – VI ZR 34/03 –; vom 13.09.2011 – VI ZR 144/10 –; vom 02.07.2013 – VI ZR 554/12 –; vom 21.01.2014 – VI ZR 78/13 –; vom 24.02.2015 – VI ZR 106/13 – und vom 10.05.2016 – VI ZR 247/15 –).

Diese Grundsätze über die Beweislastumkehr für den Kausalitätsbeweis, die von der Rechtsprechung entwickelt und vom Gesetzgeber in § 630h Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) übernommen worden sind, finden allerdings grundsätzlich nur Anwendung,

  • soweit durch den Fehler des Arztes
  • unmittelbar verursachte haftungsbegründende Gesundheitsverletzungen (Primärschäden) in Frage stehen.

Für den Kausalitätsnachweis für Folgeschäden (Sekundärschäden),

  • die erst durch die infolge des Behandlungsfehlers eingetretene Gesundheitsverletzung entstanden sein sollen,

gelten sie nur dann, wenn

  • der Sekundärschaden eine typische Folge des Primärschadens ist.

Die haftungsbegründende Kausalität betrifft

  • die Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für die Rechtsgutsverletzung,
  • also für den so genannten Primärschaden des Patienten im Sinne einer Belastung seiner gesundheitlichen Befindlichkeit.

Dagegen betrifft die haftungsausfüllende Kausalität

  • den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Rechtsgutsverletzung (dem Primärschaden) und weiteren Gesundheitsschäden.

Bei einer unterlassenen oder unzureichenden Befunderhebung ist Rechtsgutsverletzung (Primärschaden), auf die sich die haftungsbegründende Kausalität ausrichtet,

  • nicht die nicht rechtzeitige Erkennung einer bereits vorhandenen behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung,
  • sondern die infolge der unterlassenen oder unzureichenden Befunderhebung entstandene gesundheitliche Befindlichkeit in ihrer konkreten Ausprägung,
    • wobei zu dieser gesundheitlichen Befindlichkeit in ihrer konkreten Ausprägung auch ein dadurch etwa geschaffenes oder erhöhtes Risiko des Patienten einen weiteren Schaden zu erleiden, gehört (BGH, Urteil vom 02.07.2013 – VI ZR 554/12 -).

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