Was getrennt lebende, gemeinsam sorgeberechtigte Eltern wissen sollten, wenn sie die Übertragung des alleinigen Sorgerechts für ihr gemeinsames Kind beantragen

Was getrennt lebende, gemeinsam sorgeberechtigte Eltern wissen sollten, wenn sie die Übertragung des alleinigen Sorgerechts für ihr gemeinsames Kind beantragen

Leben Eltern,

  • denen die elterliche Sorge für ihr Kind gemeinsam zusteht,
  • nicht nur vorübergehend getrennt,

so kann gemäß § 1671 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) jeder Elternteil beantragen,

  • dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt.

Dem Antrag ist, sofern nicht die Voraussetzungen des § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB vorliegen, stattzugeben, soweit zu erwarten ist, dass

  • die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und
  • die Übertragung auf den Antragsteller

dem Wohl des Kindes am besten entspricht, § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB.

Vor diesem Hintergrund ist eine doppelte Kindeswohlprüfung durchzuführen,

  • die zunächst dahin geht festzustellen, ob die Aufhebung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl am besten entspricht.
  • Bejahendenfalls ist zu prüfen, ob die Übertragung gerade auf den Antrag stellenden Elternteil dem Kindeswohl am besten entspricht.

Der Fortbestand der gemeinsamen elterlichen Sorge setzt voraus, dass

  • zwischen den Eltern eine tragfähige soziale Beziehung und
  • in den wesentlichen Sorgerechtsbereichen ein Mindestmaß an Übereinstimmung besteht (Bundesgerichtshof (BGH), Beschlüsse vom 12.12.2007 – XII ZB 158/05 – und vom 16.03.2011 – XII ZB 407/10 –).

Letztlich kommt es entscheidend darauf an, ob

  • die Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge voraussichtlich nachteiligere Folgen für das Kind hat
  • als die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge (Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken, Beschluss vom 11.05.2015 – 6 UF 18/15 –).

Entspricht danach die Aufhebung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl am besten, ist zur Beantwortung der Frage, ob die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf den einen oder den anderen Elternteil dem Kindeswohl am besten entspricht, eine Abwägung nachfolgender Gesichtspunkte vorzunehmen, wobei deren Reihenfolge im Hinblick auf ihren Stellenwert keine Bedeutung zukommt:

  • Für welchen Elternteil spricht der Kontinuitätsgrundsatz, der auf die Einheitlichkeit, Gleichmäßigkeit und Stabilität der Erziehungsverhältnisse abstellt oder lässt sich diesbezüglich kein Vorrang zugunsten eines Elternteils feststellen?
  • Lässt sich unter dem Gesichtspunkt der Bindungen des Kindes an beide Elternteile und etwa vorhandene Geschwister ein Vorrang zugunsten eines Elternteils feststellen oder ist von gleichwertigen, sicheren Bindungen des Kindes an beide Eltern auszugehen?
  • Was will das Kind? (sofern der Wille des Kindes mit seinem Wohl vereinbar ist, das Kind nach Alter und Reife zu einer Willensbildung im natürlichen Sinne in der Lage ist und seinen Äußerungen nicht eine Willensbeeinflussung durch einen Elternteil zugrunde liegt)
  • Ist einem Elternteil und ggf. welchem, unter dem Gesichtspunkt des Förderungsgrundsatzes, nämlich der Eignung, Bereitschaft und Möglichkeit zur Übernahme der für das Kindeswohl maßgeblichen Erziehung und Betreuung der Vorrang zu geben?

Darauf hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen OLG mit Beschluss vom 19.07.2016 – 10 UF 8/16 – hingewiesen.


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