…. Ersatzlieferung (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) anstelle des ursprünglich gelieferten mangelhaften Fahrzeugs,
- also Lieferung eines mangelfreien, im Übrigen aber gleichartigen und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertigen Fahrzeugs,
verlangen.
Mit Urteil vom 04.05.2022 – VIII ZR 50/20 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem ein Fahrzeugkäufer,
- weil in dem von ihm erworbenen Neufahrzeug mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 vom Hersteller eine unzulässige Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung verbaut und
- deshalb bereits bei Gefahrübergang seiner Auffassung nach mangelhaft war,
den Verkäufer,
- einen nicht markengebundenen Fahrzeughändler,
gemäß § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB auf kaufrechtliche Nacherfüllung
- durch Lieferung eines mangelfreien, im Übrigen aber gleichartigen und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertigen Fahrzeugs, Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs,
in Anspruch nimmt, auf Folgendes hingewiesen:
Ein Fahrzeug, das vom Hersteller mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung
- im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. Nr. L 171, S. 1)
ausgestattet worden ist, weist,
- wegen der deshalb latent drohenden Gefahr einer Betriebsuntersagung (§ 5 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV)),
ein Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auf.
Weder für das
- Vorliegen eines Sachmangels
noch für das
- Bestehen eines hierauf gestützten kaurechtlichen Nacherfüllungsanspruchs durch Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs,
kommt es darauf an,
- ob der Verkäufer im Zeitpunkt des Verkaufs von der Betroffenheit des Fahrzeugs von dem sog. Dieselskandal wusste oder
- ob er in einer vertraglichen Beziehung zum Fahrzeughersteller stand.
Rechtlich unerheblich
- für den kaurechtlichen Nacherfüllungsanspruchs durch Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs
ist, ob der Käufer
- nach seinem (ersten) Ersatzlieferungsverlangen
zwischenzeitlich das vom Fahrzeughersteller angebotene Software-Update hat aufspielen lassen, weil,
- wenn ein Käufer sein Wahlrecht nach § 439 Abs. 1 BGB zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung wirksam zu Gunsten der Ersatzlieferung ausgeübt hat,
ein späteres Aufspielen des Updates an dem Fortbestand des Anspruchs auf Ersatzlieferung grundsätzlich nichts ändert.
Bei einem Käufer, der
- grundsätzliche Bedenken gegen das Software-Update und dessen Eignung zur Mängelbeseitigung
erhoben hat, kann jedenfalls sein
- Einverständnis mit einer – etwa erfolgten – Mängelbeseitigung durch Aufspielen des Updates
nicht angenommen werden, so dass er auch unter dem
- Gesichtspunkt treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB)
nicht daran gehindert ist, an seiner durch das wirksam ausgeübte Verlangen nach
- Lieferung einer mangelfreien Sache
erlangten Rechtsposition festzuhalten.
Auch schadet es dem Verlangen des Käufers auf
- Nacherfüllung durch Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs
nicht, wenn von ihm das
- Aufspielen des vom Fahrzeughersteller angebotenen Software-Updates
abgelehnt worden ist, weil ein Käufer
- entscheiden darf, auf welche Weise er das Vertragsziel der Lieferung einer mangelfreien Sache erreichen möchte und
- er das Wahlrecht nach § 439 Abs. 1 BGB zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung grundsätzlich nach seinem Interesse ausüben kann, ohne das des Verkäufers in den Vordergrund stellen zu müssen.
Ein nach
- Vertragsschluss bzw.
- Übergabe
erfolgter Modellwechsel allein schließt den Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB)
- durch Lieferung eines mangelfreien, fabrikneuen und typengleichen Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers
nicht generell gemäß § 275 Abs. 1 BGB, aber jedenfalls solange aus, wie ein dem
- ursprünglich gelieferten Fahrzeug und
- der Vereinbarung im Kaufvertrag vollständig entsprechendes (mangelfreies) Neufahrzeug
von dem Verkäufer noch nachgeliefert werden kann.
Wird zum Zeitpunkt des Nachlieferungsbegehrens das bei Vertragsschluss maßgebliche Fahrzeugmodell nicht mehr hergestellt und ist ein dem Kaufgegenstand
- vollständig entsprechendes (mangelfreies) Neufahrzeug
auch nicht mehr verfügbar und dem Verkäufer eine
somit nicht mehr möglich, umfasst die Beschaffungspflicht des Verkäufers grundsätzlich auch das
- zwischenzeitlich auf den Markt getretene und
- das Vorgängermodell ersetzende
Nachfolgemodell aus der aktuellen Serienproduktion des Fahrzeugherstellers, allerdings
- zeitlich nicht uneingeschränkt,
sondern nur dann, wenn der Nachlieferungsanspruch
- innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren ab Vertragsabschluss
geltend gemacht worden ist (zum Nachlieferungsanspruch wenn das als Ersatz zu liefernde Nachfolgemodell einen erheblichen Mehrwert gegenüber dem ursprünglich erworbenen Modell aufweist vgl. BGH, Urteil vom 08.12.2021 – VIII ZR 190/19 –).
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