Blog

Wann ist der Tatbestand der unerlaubten Handynutzung nicht erfüllt?

Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart spricht Autofahrer vom Vorwurf der verbotswidrigen Benutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt frei.

Das OLG Stuttgart hat mit Beschluss vom 25.04.2016 – 4 Ss 212/16 – entschieden, dass ein Autofahrer den Tatbestand der unerlaubten Handynutzung nach § 23 Abs. 1a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) dann nicht erfüllt und deshalb auch nicht mit einem Bußgeld belegt werden kann, wenn er

  • als Führer eines Pkws im Straßenverkehr sein Handy während des Telefonierens über die Freisprechanlage des Fahrzeugs in der Hand gehalten hat,

ihm aber nicht widerlegt werden kann, dass

  • er das Telefonat schon vor Fahrtantritt begonnen,
  • das Handy nach dem Starten des Motors (selbsttätig) über Bluetooth eine Verbindung mit der Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs hergestellt hat und
  • das Telefonat sodann von ihm über diese Anlage fortgeführt worden ist.

Begründet hat das OLG seine Auffassung damit, dass

  • nach § 23 Abs. 1a StVO derjenige der ein Fahrzeug führt, ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen darf, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss,
  • für die Erfüllung des Tatbestandes, wie sich aus dem Wort „muss“ ergibt, somit das Bestehen eines innerer Zusammenhanges zwischen dem Aufnehmen oder Halten des Telefons und der Telefonnutzung erforderlich ist, also das Telefon gerade deswegen gehalten wird, um die betreffende Funktion nutzen zu können und
  • es folglich nicht ausreicht, wenn das Handy, ohne dass sich dies auf den Kommunikationsvorgang auswirkt oder weitere Funktionen des Geräts genutzt werden, lediglich in der Hand gehalten wird.

Darf ein Wohnungsmieter auf dem Balkon der Wohnung eine Parabolantenne installieren?

Das Amtsgericht (AG) München hat mit Urteil vom 22.10.2015 – 412 C 11331/15 – darauf hingewiesen, dass

  • das Aufstellen einer Parabolantenne auf dem Balkon ein zulässiger Mietgebrauch ist, wenn dadurch die Rechte des Vermieters nicht nennenswert beeinträchtigt werden und

in einem Fall,

  • in dem ein Wohnungsmieter auf dem Balkon der im 5. Stock eines Hochhauses gelegenen Wohnung eine Parabolantenne installiert und
  • der Vermieter vom Mieter mit der Begründung, dass er das Breitbandkabelnetz benutzen, über das Internet ausländische Sender empfangen sowie sein Informationsbedürfnis ausreichend über andere Informationsmedien abdecken könne und durch die Parabolantenne das Haus baulich und optisch beeinträchtige werde, die Entfernung der Parabolantenne verlangt hatte,

die Klage des Vermieters abgewiesen, nachdem das AG durch die Inaugenscheinnahme von Fotos festgestellt hatte,

  • dass die Antenne ohne Substanzverletzung nach innen in den Balkon hinein in der Art von Blumenkästen befestigt worden war,
  • die Antennenschüssel in der Fassadenfront nur mit Mühe wahrnehmbar ist und
  • der Gesamteindruck der Fassade durch die Parabolantenne für den Betrachter nur in vernachlässigender Weise gestört wird.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 06.05.2016 – 36/16 – mitgeteilt.

Streit wegen Kündigung eines zuteilungsreifen Bausparvertrages durch Bausparkasse

Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entscheidet erneut zugunsten des Bausparers.

Der u. a. für Bankrecht zuständige 9. Zivilsenat des OLG Stuttgart hat erneut, wie schon im Verfahren 9 U 171/15, diesmal im Verfahren 9 U 230/15, im Fall eines 1999 abgeschlossenen Bausparvertrags,

  • bei dem der Zinssatzsatz für das Bausparguthaben 2,5 % p.a. betrug,
  • der seit 10 Jahren zuteilungsreif,
  • zu Dreiviertel angespart,
  • aber das Bauspardarlehen nicht abgerufen worden und
  • bei dem der Bausparer nach den zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) nur bis zum Erreichen eines Mindestsparguthabens von 50% der Bausparsumme zur Ansparung verpflichtet war,

entschieden,

  • dass der Bausparvertrag von der Bausparkasse nicht unter Berufung auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gekündigt werden kann.

Begründet hat der Senat seine Entscheidung wiederum damit, dass § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wonach ein Darlehensnehmer das Darlehen zehn Jahre nach dessen vollständigem Empfang kündigen könne, auf Bausparverträge in der so genannten Ansparphase, bei denen der Bausparer der Bausparkasse ein Darlehen gewährt, nicht anwendbar ist, weil das Gesetz den Schutz von Darlehensnehmern, die dem Zinsbestimmungsrecht der Darlehensgeber ausgesetzt seien, bezwecke, dieser Schutzzweck auf das so genannte Passivgeschäft der Bausparkassen nicht zutreffe,

  • da sie, nachdem sie als gewerbliche Kreditinstitute die Zinssätze und die maximale Laufzeit der Verträge in ihren ABB selbst bestimmen und sie es bei der Zinsfestlegung versäumt hätten, durch geeignete Bedingungen eine unerwünscht lange Laufzeit auszuschließen,
  • als Darlehensnehmer in der Ansparphase nicht schutzbedürftig seien und
  • sie daher das freiwillig übernommene Zinsrisiko nicht unter Berufung auf gesetzliche Kündigungsvorschriften auf die Bausparer abgewälzt werden könne.

Das und dass, weil die Frage der Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf zuteilungsreife Bausparverträge grundsätzliche Bedeutung hat, die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen worden ist, hat die Pressestelle des OLG Stuttgart mitgeteilt.

Endgültig klären, ob die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf Bausparverträge anwendbar ist oder nicht, wird deshalb erst der BGH.

Kann Bank bei der der Erblasser ein Konto hatte, vom Erben stets einen Erbschein verlangen?

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) sagt „nein“ und hat mit Urteil vom 05.04.2016 – XI ZR 440/15 – in einem Fall,

  • in dem nach dem Tod des Erblassers sowie der Eröffnung seines handschriftlichen Testaments der darin eindeutig als Erbe Eingesetzte unter Vorlage einer beglaubigten Ablichtung des eigenhändigen Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls die Sparkasse zur Freigabe des dort vom Erblasser unterhaltenen Sparkontos aufgefordert hatte,
  • dies von der Sparkasse abgelehnt und die Vorlage eines Erbscheins verlangt worden war,

die Sparkasse verurteilt,

  • dem gemäß § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in die Kontoverträge mit ihr eingetreten Erben wegen schuldhaften Verstoßes gegen die ihr obliegende vertragliche Leistungstreuepflicht aus § 280 Abs. 1 BGB die Gerichtskosten in Höhe von 1.770 € zu erstatten,
  • die dieser für die Erwirkung des Erbscheins bei dem zuständigen Amtsgericht hatte aufwenden müssen und die von der von der Bank wegen der Eindeutigkeit der Erbfolge unnötigerweise verursacht worden waren.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat der Senat ausgeführt, dass, abgesehen von den gesetzlich gesondert geregelten Fällen, in denen der Erbe die Rechtsnachfolge grundsätzlich durch einen Erbschein nachzuweisen hat (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Grundbuchordnung (GBO), § 41 Abs. 1 Satz 1 Schiffsregisterordnung (SchRegO), § 86 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen (LuftFzgG)), der Erbe nicht verpflichtet ist, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen.
Vielmehr hat ein Erbe auch die Möglichkeit, diesen Nachweis in anderer Form zu erbringen (BGH, Urteile vom 10.12.2004 – V ZR 120/04 – und vom 07.06.2005 – XI ZR 311/04 –).

  • Dazu gehören neben dem öffentlichen Testament auch das eigenhändige Testament oder im Falle gesetzlicher Erbfolge Urkunden, aus denen sich diese ergibt.
  • Eine Bank oder Sparkasse bei der der Erblasser ein Konto hatte, kann deshalb bei einem eigenhändigen Testament auch nicht regelmäßig auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen.

Zwar hat die Bank bzw. Sparkasse ein berechtigtes Interesse daran, in den Genuss der Rechtswirkungen der §§ 2366, 2367 BGB zu kommen und so der aus der Risikosphäre des Gläubigers stammenden Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme zu entgehen.
Daraus folgt aber nicht, dass sie einschränkungslos oder auch nur im Regelfall die Vorlegung eines Erbscheins verlangen kann (vgl. BGH, Urteile vom 07.06.2005 – XI ZR 311/04 – vom 08.10.2013 – XI ZR 401/12 –), weil

  • eine solche Sichtweise die Interessen des (wahren) Erben, der im Wege der Universalsukzession (§ 922 BGB) in die Stellung des Erblassers als Vertragspartner der Bank eingerückt ist, über Gebühr vernachlässigen würde.

Bei den Anforderungen an den Nachweis der Rechtsnachfolge ist nämlich auch den berechtigten Interessen des oder der Erben an einer möglichst raschen und kostengünstigen Abwicklung des Nachlasses Rechnung zu tragen.
Ihnen ist regelmäßig nicht daran gelegen, in Fällen, in denen das Erbrecht unproblematisch anders als durch Vorlage eines Erbscheins nachgewiesen werden kann, das unnütze Kosten verursachende und zu einer Verzögerung der Nachlassregulierung führende Erbscheinsverfahren anstrengen zu müssen.
Daran, auch in klaren Erbfolgefällen allein zur Erlangung des Gutglaubensschutzes der §§ 2366, 2367 BGB regelmäßig auf einem Erbschein bestehen zu können, hat die Bank kein schutzwürdiges Interesse (vgl. BGH, Urteile vom 07.06.2005 – XI ZR 311/04 – und vom 08.10.2013 – XI ZR 401/12 –).

Aufgrund dessen ist die Bank

  • in Fällen, in denen ein eröffnetes eigenhändiges Testament mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit das Erbrecht des Erben nachweist, nicht,
  • sondern nur bei konkreten und begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der durch das eigenhändige Testament belegten Erbfolge berechtigt, ergänzende Erklärungen des oder der Erbprätendenten einzuholen oder sich weitere Unterlagen, wie z.B. das Familienstammbuch oder einen Erbschein vorlegen zu lassen.

Was Jeder der ein Auto leasen will oder schon geleast hat, wissen sollte

Wird ein geleaster Pkw nach Ablauf der Vertragsdauer zurückgegeben kommt es oft deshalb zu Streitigkeiten, weil vom Leasinggeber Beschädigungen am Leasingfahrzeug geltend gemacht werden und er dafür vom Leasingnehmer ein Minderwertausgleich begehrt.
Dabei beruft der Leasinggeber sich zur Begründung dieses Begehrens gewöhnlich auf eine, in Kraftfahrzeug-Leasingverträgen mit Kilometerabrechnung in der Regel enthaltene Vertragsklausel, nach der

  • der Leasingnehmer zum Ersatz des Schadens – ausgenommen die normalen Verschleißspuren – verpflichtet ist,
  • wenn das Fahrzeug bei Vertragsende nicht in einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand frei von Schäden, verkehrs- und betriebssicher zurückgegeben wird.

Aufgrund dieser Vertragsklausel,

  • die als Regelung über einen der regelmäßigen Verjährung unterliegenden leasingtypischen Minderwertausgleich mit Amortisationsfunktion höchstrichterlich akzeptiert ist,

hat der Leasinggeber

  • Anspruch auf Ersatz des konkreten Wertverlusts,
  • der auf die über einen normalen Verschleiß hinausgehende Verschlechterung des geleasten Fahrzeugs zurückzuführen ist.

Der Minderwertausgleich tritt wirtschaftlich und rechtlich an die Stelle des ursprünglichen Anspruchs des Leasinggebers auf Rückgabe des Fahrzeugs im vertragsgerechten Erhaltungszustand.

  • Das bedeutet, dass dem Leasinggeber im Grundsatz der Zeitwert zuzufließen hat und
  • nicht, dass der Leasinggeber als eine Art Sanktion vertragsrechtlich Anspruch auf einen Mehrwertzufluss im Sinne eines Neuwertausgleichs hat.

Sind am Leasingfahrzeug Schäden vorhanden, die einen Anspruch auf Geldausgleich rechtfertigen, hängt die Höhe des Geldausgleichs mithin ab von dem Gegenstand und seinem Wert, den der Leasinggeber beanspruchen kann und den er nicht (zurück-) bekommt, wobei darauf zu achten ist, um welche Teile (Reifen, Felgen, Fahrzeugteppich usw.) es im Einzelfall geht.

Darauf hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Braunschweig mit Urteil vom 19.04.2016 – 7 S 374/15 – hingewiesen.

Wann kann ein langfristiger Fitness-Studiovertrag vom Kunden vorzeitig gekündigt werden?

Der u.a. für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 04.05.2016 – XII ZR 62/15 – darauf hingewiesen,

  • dass ein langfristiger Fitnessstudio-Vertrag zwar von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund, d.h., wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann,
  • dass jedoch ein berufsbedingter Wohnortwechsel eines Kunden grundsätzlich keinen solchen zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigenden Grund i.S.v. §§ 314 Abs. 1, 543 Abs. 1, 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für eine außerordentliche Kündigung eines Fitness-Studiovertrags darstellt, weil
    • die Gründe für einen Wohnsitzwechsel – sei er auch berufs- oder familienbedingt – in aller Regel allein in der Sphäre des Kunden liegen sowie von ihm beeinflussbar sind und
    • das Risiko, die vereinbarte Leistung des Vertragspartners aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können, grundsätzlich der Kunde trägt.

Etwas anderes gilt danach nur dann, wenn dem Kunden aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, eine weitere Nutzung der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist, wie das beispielsweise bei einer die Nutzung ausschließenden Erkrankung der Fall sein kann oder einer Schwangerschaft, wenn diese die weitere Nutzung der Leistungen des Studiobetreibers bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar macht.

Auf die Kündigung eines Fitnessstudio-Vertrags die Vorschrift des § 46 Abs. 8 Satz 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) entsprechend anzuwenden, die dem Nutzer einer Telekommunikations-Leistung (etwa DSL) ein Sonderkündigungsrecht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten einräumt, hat der Senat abgelehnt.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 04.05.2016 – Nr. 79/2016 – mitgeteilt.

Wann kann Umkleidezeit zu der dem Arbeitnehmer zu vergütenden Arbeitszeit zählen?

Umkleidezeiten sind grundsätzlich nicht nur dann als Arbeitszeit vergütungspflichtig,

  • wenn das Tragen von Arbeitskleidung Pflicht ist und diese erst im Betrieb angelegt werden darf, sondern auch,
  • wenn das Tragen von Schutzkleidung, nicht aber die Nutzung der betrieblichen Umkleidestelle vorgeschrieben, die Arbeitskleidung regelmäßig stark verschmutzt und es den Arbeitnehmern deshalb unzumutbar ist, den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz – sei es im eigenen PKW, sei es in öffentlichen Verkehrsmitteln – in dieser Kleidung zurückzulegen.

Darauf hat das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) Frankfurt mit Urteil vom 23.11.2015 – 16 Sa 494/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem ein Mitarbeiter eines Müllheizkraftwerks, weil der auf sein Arbeitsverhältnis anzuwendende Tarifvertrag keine Regelung zur Bezahlung von Umkleidezeiten enthielt, auf Bezahlung der Umkleidezeiten geklagte hatte,

entschieden,

  • dass die Zeiten, die für das An- und Ausziehen der Arbeitskleidung auf dem Werksgelände und den Weg zwischen Umkleidestelle und Arbeitsplatz anfallen, vom Arbeitgeber als Arbeitszeit vergütet werden müssen.

Begründet hat das LAG dies damit, dass, wenn die Arbeitskleidung bei der Arbeit regelmäßig stark verschmutzt wird und es deswegen einem Arbeitnehmer aus hygienischen Gründen weder ihm selbst, noch Mitreisenden in Bussen und Bahnen zuzumuten ist, sich in der Arbeitskleidung auf den Weg nach Hause zu begeben, die Arbeitskleidung faktisch nur im Betrieb an- und ausgezogen werden kann (Quelle: Pressemitteilung des Hessischen LAG vom 03.05.2016 – Nr. 02/2016 –).

Wer während des Urlaubs eines Bekannten dessen Hund betreut ist nicht gesetzlich unfallversichert

Betreut man den Hund eines Bekannten wird man regelmäßig nicht wie ein Beschäftigter tätig und ist man demzufolge auch nicht gesetzlich unfallversichert.

Darauf hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 12.04.2016 – L 3 U 171/13 – hingewiesen und entschieden, dass kein gesetzlich versicherter Arbeitsunfall vorliegt, wenn

  • eine Person auf Bitte eines Bekannten die Betreuung des Hundes des Bekannten während des mehrwöchigen Urlaubs des Bekannten übernimmt und
  • von dem Hund beim Spielen mit dem Tier gebissen wird.

Danach handelt es sich in einem solchen Fall, so das LSG, jedenfalls dann, wenn dem Hundebetreuer bei der Betreuung des Tieres weitgehend freie Hand gelassen wird,

  • nicht um eine abhängige Beschäftigung oder eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit, so dass der Hundebetreuer weder als Beschäftigter des Hundebesitzers noch als sog. Wie-Beschäftigter gesetzlich unfallversichert ist, sondern

um eine selbstständige Geschäftsbesorgung oder selbstständige Dienstleistung (Quelle: Pressemitteilung des LSG Darmstadt vom 03.05.2016 – Nr. 6/2016 –).

Wissenswertes für zahlungspflichtige Verbraucher die eine Lastschriftabrede vereinbaren

Erteilt ein Schuldner einem Gläubiger eine Einzugsermächtigung und ermächtigt diesen damit, zu leistende Zahlungen mittels Lastschrift von seinem Konto einzuziehen, wird durch die Lastschriftabrede die Zahlungsverpflichtung des Schuldners zu einer Holschuld (§ 269 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).

In einem solchen Fall hat der Schuldner das aus seiner Sicht zur Erfüllung Erforderliche getan, wenn

  • er den Leistungsgegenstand zur Abholung durch den Gläubiger bereithält,
  • h. im Lastschriftverfahren dafür sorgt, dass ausreichend Deckung auf seinem Konto vorhanden ist (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 20.07.2010 – XI ZR 236/07 – und vom 10.06.2008 – XI ZR 283/07 –).

Die Einziehung ist Sache des Gläubigers, der verpflichtet ist von der Ermächtigung zum Einzug (rechtzeitig) Gebrauch zu machen.

Beim Einzug im SEPA-Basis-Lastschriftverfahren wird durch die erteilte Einziehungsermächtigung (d.h. das SEPA-Lastschriftmandat) der Gläubiger nicht nur ermächtigt die Zahlungen vom Konto des Schuldners mittels Lastschrift einzuziehen, sondern zugleich die Bank vom Schuldner angewiesen, die vom Gläubiger auf sein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen (§ 675j Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Zahlungsauftrag an die Schuldnerbank wird dabei durch den Gläubiger (Zahlungsempfänger) als Erklärungsboten (vgl. § 120 BGB) über sein Kreditinstitut übermittelt.
Geht der Zahlungsauftrag der Schuldnerbank auf diesem Wege zu, wird er wirksam (§ 675n Abs. 1 Satz 1 BGB).
Die dem Einzug zugrunde liegende Forderung ist mit der vorbehaltlosen Gutschrift auf dem Gläubigerkonto erfüllt, allerdings auflösend bedingt, da der Schuldner gemäß § 675x Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 BGB das Recht hat, binnen acht Wochen ab Belastungsbuchung von seiner Bank Erstattung des Zahlbetrages zu verlangen und der Gläubiger somit erst acht Wochen nach der Belastungsbuchung eine endgültig gesicherte Rechtsposition erlangt (BGH, Urteil vom 20.07.2010 – XI ZR 236/07 –).

Ob der Gläubiger eine Lastschriftabrede jederzeit und ohne besonderen Grund kündigen kann ist streitig.
Ein Recht des Gläubigers zur Kündigung der Lastschriftabrede besteht aber jedenfalls dann, wenn

  • ein sachlicher Grund besteht und
  • die berechtigten Interessen des Schuldners an dem Fortbestand der Lastschriftabrede dem Interesse des Gläubigers, sich von der Lastschriftabrede zu lösen, nicht entgegenstehen.

Liegen die Voraussetzen für eine Kündigung vor, genügt es, wenn der Gläubiger dem Schuldner unmissverständlich mitteilt, von der Einziehungsermächtigung keinen Gebrauch mehr zu machen.
Der Schuldner erhält damit Gelegenheit, sich darauf einzustellen, die künftig fällig werdenden Beträge zu überweisen oder einen Dauerauftrag einzurichten (BGH, Urteil vom 29.01.2016 – V ZR 97/15 –).

Aufnahmen der Fußballstadionkamera können Angeklagten auch entlasten

Ein 20-jähriger Fußballfan des TSV 1860 München, dem die Staatsanwaltschaft zur Last gelegt hatte,

  • nach Ende eines Spiels des TSV 1860 München gegen den Karlsruher SC in der Nordkurve der Allianz Arena einen unbekannten Mann mit der Hand ins Gesicht geschlagen und
  • sich damit der Körperverletzung schuldig gemacht zu haben,

ist mit Urteil des Amtsgerichts (AG) München vom 22.02.2016 – 1031 Ds 467 Js 203867/15 jug –

  • nach Inaugenscheinnahme der von einer Stadionkamera aufgenommenen Videosequenzen freigesprochen worden.

Dies deshalb, weil die Videoaufnahmen zeigten,

  • dass die Aggression zunächst eindeutig nicht von dem Angeklagten, sondern von dem unbekannten Geschädigten ausgegangen war,
  • dieser dem Angeklagten einen Schlag, vermutlich mit der Faust, ins Gesicht versetzt,
  • erst darauf hin der Angeklagte mit einem reflexartigen Schlag mit der offenen Hand reagiert hatte und

dieses Verhalten des Angeklagten somit durch Notwehr gerechtfertigt und nicht strafbar war.
Denn, so das AG, aufgrund des aggressiven Verhaltens des Geschädigten habe der Angeklagte sich der Gefahr ausgesetzt gesehen, weiter körperlich angegriffen sowie möglicherweise verletzt zu werden und sich gegen die Fortsetzung des körperlichen Angriffs des Geschädigten auf die erfolgte Art und Weise zur Wehr setzen dürfen.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 02.05.2016 – 35/16 – mitgeteilt.