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Dieselgate: OLG Oldenburg entscheidet, dass die VW AG auch haftet für von Audi hergestellte Motoren im VW Touareg

…. und dass die VW AG sich gegen den Vorwurf durch das Inverkehrbringen dieser Fahrzeuge die Fahrzeugkäufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt zu haben, nicht damit verteidigen kann, nicht Hersteller und Entwickler des Motors zu sein. 

Mit Urteil vom 16.10.2020 – 11 U 2/20 – hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg entschieden, dass die VW AG dem Käufer eines vom amtlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes betroffenen

  • VW Touareg V6 mit der Schadstoffklasse Euro 6 W

auch dann 

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

auf Schadensersatz haftet, wenn in dem Fahrzeug ein 

  • samt Software von Audi entwickelter und hergestellter Dieselmotor (EA 897) 

verbaut ist.

Begründet hat der Senat dies damit, dass bei diesen Fahrzeugen,

  • aufgrund der durch Audi erfolgten Programmierung der Motorsteuerung des Motors EA 897,

eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt, das 

  • Inverkehrbringen

von hiermit versehenden Fahrzeugen eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellt und die VW AG deshalb (auch) selbst schadensersatzpflichtig ist, weil sie 

  • in Bezug auf die Entwicklung und Verwendung des Motors EA 897 und dessen Software 

die grundlegenden strategischen Entscheidungen mitgetroffen sowie die entsprechenden Entscheidungen der Tochtergesellschaften Audi abgesegnet hat (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

OVG Schleswig hält touristisches Beherbergungsverbot (jedenfalls vorläufig) aufrecht und lehnt eine sofortige Außervollzugsetzung

…. im Gegensatz zum Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg und dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) ab.

Das OVG für das Land Schleswig-Holstein hat mit Beschluss vom 15.10.2020 – 3 MR 45/20 –  

den Eilantrag einer Familie aus dem Kreis Recklinghausen (Nordrhein-Westfalen), 

  • die auf Sylt Urlaub machen wollten,

auf (sofortige) Aussetzung des für Schleswig-Holstein von der Landesregierung angeordneten touristischen Beherbergungsverbots 

  • für Gäste aus inländischen Risikogebieten ohne entsprechende negative Testung

abgelehnt.

Begründet hat das OVG Schleswig die Aufrechterhaltung des touristischen Beherbergungsverbots damit, dass, 

  • wenn der Vollzug des Beherbergungsverbotes jetzt ausgesetzt würde, 

Menschen aus inländischen Risikogebieten zu touristischen Zwecken unkontrolliert nach Schleswig-Holstein kommen könnten, was, 

  • in Anbetracht der heute veröffentlichten Zahlen über den Anstieg der Neuinfektionen, 

zu Gefährdungen für das öffentliche Gesundheitswesen führen könne, 

  • zumal eine Weiterverbreitung des Coronavirus oft unentdeckt und schwer kontrollierbar erfolge

und angesichts dessen bei einer Gesamtbetrachtung 

  • das Interesse der Gesamtbevölkerung am Schutz vor einer Weiterverbreitung des Coronavirus 

überwiege gegenüber

  • den Interessen der antragstellenden Familie an einer touristischen Reise, die es zudem in der Hand habe, durch den Nachweis einer entsprechenden negativen Testung den geplanten Aufenthalt auf Sylt zeitnah zu realisieren (Quelle: Pressemitteilung des Schleswig-Holsteinischen OVG).

Wann liegt ein vom Persönlichkeitsrecht umfasstes und durch das Kunsturhebergesetz geschütztes Bild(nis) einer Person vor?

Bildnisse einer Person,

  • wie beispielweise Fotografien von ihr,

dürfen nach § 22 Satz 1 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (Kunsturhebergesetz – KunstUrhG) grundsätzlich nur mit 

  • Einwilligung

des Abgebildeten 

  • verbreitet oder 
  • öffentlich zur Schau gestellt 

werden, außer, 

  • sie sind einem der Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KunstUrhG positiv zuzuordnen und
  • es werden durch die Verbreitung berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt (§ 23 Abs. 2 KunstUrhG).   

Um ein vom Persönlichkeitsrecht umfasstes Bildnis im Sinne von § 22 Satz 1 KunstUrhG handelt es sich, wenn die abgebildete Person 

  • erkennbar

ist, wozu aber 

  • weder notwendigerweise eine Abbildung der Gesichtszüge gehört,
  • noch, dass der Abgebildete schon für nur flüchtige Betrachter auf dem Bild erkennbar sein muss. 

Da das Recht am eigenen Bild schon dann beeinträchtigt wird, falls der Abgebildete begründeten Anlass hat, anzunehmen, er könne 

  • von Freunden und Bekannten anhand der Körperform und -haltung, Frisur und Gesichtsform 

als abgebildet identifiziert werden, genügt es vielmehr schon, dass der Abgebildete, 

  • mag auch sein Gesicht kaum oder gar nicht erkennbar sein, 

durch Merkmale, 

  • die sich aus dem Bild ergeben und 
  • die gerade ihm eigen sind, 

von einem mehr oder minder großen Bekanntenkreis erkennbar ist (so Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 29.09.2020 – VI ZR 449/19 –).

Übrigens:
Dazu, 

  • wonach sich beurteilt, ob eine Bildveröffentlichung beispielsweise im Rahmen einer Presseberichterstattung zulässig ist 

sowie dazu, was maßgebend dafür ist, ob 

  • ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG) und 
  • dessen Verbreitung im konkreten Fall berechtigte Interessen der abgebildeten Person verletzt (§ 23 Abs. 2 KunstUrhG),  

vgl. unseren Blog

VGH Baden-Württemberg kippt das baden-württembergische Beherbergungsverbot wegen Unverhältnismäßigkeit und

…. setzt es mit sofortiger Wirkung vorläufig außer Vollzug.   

Mit Beschluss vom 15.10.2020 – 1 S 3156/20 – hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg § 2 Abs. 1 der Corona-Verordnung Beherbergungsverbot des Wirtschafts- und Sozialministeriums, der, 

  • sofern kein negativer Coronatest vorgelegt werden kann, der nicht älter als 48 Stunden ist, 

die Beherbergung von Gästen untersagt, die sich in einem Land-, Stadtkreis oder einer kreisfreien Stadt innerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten oder darin ihren Wohnsitz haben, in dem der Schwellenwert 

  • von 50 neu gemeldeten SARS-CoV-2-Fällen pro 100.000 Einwohner in den vorangehenden sieben Tagen (7-Tage-Inzidenz) 

überschritten wurde,

  • wegen voraussichtlicher Verfassungswidrigkeit,

mit sofortiger Wirkung vorläufig außer Vollzug gesetzt.  

Begründet hat der VGH dies damit, dass das Beherbergungsverbot in unverhältnismäßiger Weise in das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eingreife, nachdem von der Landesregierung das Bestehen eines besonders hohen Infektionsrisikos im Zusammenhang mit der Beherbergung, 

  • dem mit so drastischen Maßnahmen begegnet werden müsse, 

schon nicht dargelegt worden sei und trotz steigender Fallzahlen in Deutschland Ausbruchsgeschehen in Beherbergungsbetrieben auch nicht bekannt, sondern  

  • aktuelle „Treiber“ der Pandemie 

die Feiern in größeren Gruppen oder die Aufenthalte in Bereichen seien, wo die Abstands- und Hygieneregeln aufgrund räumlicher Enge nicht eingehalten würden (Quelle: Pressemitteilung des VGH Mannheim).

Was viele Fluggäste nicht wissen, aber wissen sollten

Steht einem Fluggast

  • wegen Beförderungsverweigerung, 
  • Flugannullierung oder
  • weil sein Flug das Endziel erst verspätet um drei oder mehr Stunden nach der vorgesehenen Ankuftszeit erreicht hat und
  • von dem Luftfahrtunternehmen nicht nachgewiesen werden kann, dass dies auf außergewöhnliche Umstände zurückgegangen ist, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären,

ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 – FluggastrechteVO) gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen zu 

muss ihm das Luftfahrtunternehmen,

  • wenn dieses die ihm gemäß Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO obliegende Informationspflicht verletzt hat,

grundsätzlich auch die Kosten für die 

  • vorgerichtliche Geltendmachung des Anspruchs durch einen Rechtsanwalt 

ersetzen, d.h., der Fluggast 

  • darf dann grundsätzlich die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für erforderlich halten und
  • kann die ihm durch die vorgerichtliche Geltendmachung der Ausgleichszahlung entstandenen Anwaltskosten erstattet verlangen.

Das hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) 

entschieden und darauf hingewiesen, dass nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO das ausführende Luftfahrtunternehmen jedem von einer großen Verspätung betroffenen Fluggast einen 

  • schriftlichen Hinweis 

auszuhändigen hat, in dem die 

dargelegt werden und dass Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO

  • dann, falls das Luftfahrtunternehmen nicht darlegen kann, dass und aus welchen Gründen der Fluggast im Einzelfall über seine Rechte bereits soweit unterrichtet war, dass er dieses Hinweises nicht bedurfte, 

verletzt ist, wenn 

  • ein entsprechender schriftlicher Hinweis nicht erteilt worden ist oder 

einem erteilten Hinweis, 

  • der dem Zweck dient, den Fluggast in die Lage zu versetzen, 
    • ohne Einholung von Rechtsrat eine summarische Antwort auf die Frage zu finden, ob Ausgleichsansprüche in seinem Fall in Betracht kommen sowie 
    • seine diesbezüglichen Rechte wahrnehmen zu können, 

nicht klar entnommen werden kann, 

  • unter welchen Voraussetzungen dem Fluggast grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch in welcher Höhe zusteht, 
  • unter welchen Voraussetzungen das ausführende Luftverkehrsunternehmen nach Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO von der Verpflichtung zur Ausgleichsleistung frei wird,
  • gegenüber wem ein Ausgleichsanspruch geltend zu machen ist und
  • der Kommunikationsweg, den der Fluggast dazu gegenüber dem Luftfahrtunternehmen nutzen kann.

Übrigens:
Behauptet der Fluggast nicht (ordnungsgemäß bzw. unvollständig) belehrt worden zu sein, trifft das Luftfahrtunternehmen im Streitfall eine sekundäre Darlegungslast, so dass dieses vortragen muss, ob und mit welchem genauen Inhalt der Hinweis erteilt worden ist,

Beachte aber:
Ist das Luftfahrtunternehmen seiner Verpflichtung, Fluggäste nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO auf ihre Rechte hinzuweisen, 

  • vollständig und unmissverständlich nachgekommen, 

besteht ein Anspruch 

  • auf Erstattung der Anwaltskosten, die einem Fluggast durch die außergerichtliche Geltendmachung eines Ausgleichsanspruchs nach der FluggastrechteVO entstanden sind, 

nur, wenn 

  • sich das Luftfahrtunternehmen bei der Beauftragung des Rechtsanwalts mit der Erfüllung der Ausgleichsleistung in Verzug nach § 286 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befunden hat,
  • von dem Fluggast also bei dem Luftfahrtunternehmen vor der Beauftragung des Rechtsanwalts die Zahlung (mit einem Zahlungsziel) erfolglos angemahnt worden war (BGH, Urteil vom 25.02.2016 – X ZR 35/15 –).

Wichtig zu wissen für Patienten, die eine von der gesetzlichen Krankenversicherung bewilligte Kur vorzeitig abbrechen

Mit Urteil vom 08.10.2020 – III ZR 80/20 – hat der unter anderem für das Dienstvertragsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem von der gesetzlichen Krankenversicherung einer Mutter von vier minderjährigen Kindern eine dreiwöchige medizinische Vorsorgemaßnahme 

  • in Form einer Mutter-Kind-Kur in einer Klinik 

bewilligt worden war, die Mutter die Kur 

  • mit ihren Kindern zehn Tage vor dem regulären Ende 

abgebrochen hatte und der Klinikträger sie daraufhin, 

  • gestützt auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die vorsahen, dass der Einrichtungsträger bei einem vorzeitigen Kurabbruch, 
    • vorbehaltlich des Nachweises durch den Patienten, dass kein oder ein geringerer Schaden entstanden ist, 
    • als Ersatz für den erlittenen Schaden, unter Berücksichtigung der gewöhnlich ersparten Aufwendungen und möglichen anderweitigen Verwendungen, pauschaliert 80 % des Tagessatzes für jeden vorzeitig abgereisten Tag verlangen kann, 

auf Schadensersatz in Höhe von 3.011,20 € in Anspruch nehmen wollte, entschieden, dass der Klinikträger 

  • keinen Anspruch auf die verlangte Zahlung hat.

Begründet worden ist dies vom Senat damit worden, dass ein Vertrag über die Durchführung einer Mutter-Kind-Kur (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)) mit einem Klinikträger, 

  • jedenfalls nach seinem inhaltlichen Schwerpunkt, 

als Behandlungsvertrag im Sinne des § 630a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und damit als besonderes Dienstverhältnis zu qualifizieren ist, ein solcher Vertrag, 

  • da die von der Klinik geschuldeten Leistungen im Sinne des § 627 Abs. 1 BGB Dienste höherer Art sind, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen,

jederzeit von dem Patienten 

  • auch ohne besonderen Grund 

gekündigt werden kann, der Klinikträger dann nach § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB nur Anspruch auf Vergütung der 

  • bis zum Abbruch 

erbrachten Leistungen hat und hiervon abweichende Klauseln in AGB, die

  • ohne Einschränkung auf Fälle von von Patienten zu vertretenden Pflichtverletzungen,   

eine Schadensersatzpflicht für Patienten bei einem vorzeitigen Kurabbruch vorsehen, nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB,

  • wegen Unvereinbarkeit mit den obigen wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung,

unwirksam sind (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Wichtige BGH-Entscheidung, die, sollte sich eine gekaufte Sache nach der Übergabe als mangelhaft erweisen

…. sowohl Käufer als auch Verkäufer kennen sollten.

Mit Urteil vom 26.08.2020 – VIII ZR 351/19 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn ein Käufer, 

  • der nach der Übergabe der Kaufsache feststellt, dass diese einen bei der Übergabe bereits vorhanden gewesenen Mangel (§ 434 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) aufweist und weil 
    • dieses Recht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist, 
    • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB vereinbart wurde und 
    • die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. § 438 BGB),, 

dem Verkäufer zur Nacherfüllung nach §§ 437 Nr.1, 439 Abs. 1 BGB

  • eine angemessene Frist nach §§ 323 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB

setzt, d.h.,

  • einen Mangel rügt und 
  • binnen einer dafür angemessenen Frist,
    • entweder (was der Käufer frei wählen kann, solange der Verkäufer nicht nachweisen kann, dass er die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 4 BGB verweigern kann) die Beseitigung des gerügten Mangels
    • oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangt,

die Nacherfüllungsfrist vom Verkäufer  

  • nicht bereits dann gewahrt ist, wenn dieser innerhalb der Frist die Leistungshandlung erbracht hat,
  • sondern nur, wenn auch der Leistungserfolg eingetreten ist,
    • also bei dem Verlangen einen Mangel zu beseitigen, dieser Mangel innerhalb der Frist auch vollständig beseitigt und die erfolgte Mangelbeseitigung fachgerecht ausgeführt worden ist.  

Ist die Nacherfüllungsfrist so bemessen, dass der Verkäufer 

  • bei ordnungsgemäßem Vorgehen vor Fristablauf voraussichtlich nicht nur die Leistungshandlung vornehmen, 
  • sondern auch den Leistungserfolg herbeiführen kann, 

kann der Käufer 

  • nach erfolglosem Fristablauf 

sekundäre Gewährleistungsrechte (Rücktritt, Minderung, Schadens- oder Aufwendungsersatz) geltend machen, also beispielsweise

  • nach § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 323 Abs. 1, §§ 346 ff. BGB 

vom Kaufvertrag zurücktreten, 

  • sofern der verbliebene Mangel nicht als unerheblich bzw. geringfügig im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB einzustufen ist,

ohne dass er gehalten ist, 

  • zuvor dem Verkäufer eine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung einzuräumen.

Allerdings kann ein Käufer, der eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte, dann, wenn er

  • die Frist nach erfolglosem Ablauf verlängert oder
  • sein Einverständnis damit erklärt hat, dass die Mangelbeseitigung erst später vorgenommen wird,

den Rücktritt vom Vertrag nachfolgend nicht mehr darauf stützen, dass der Mangel nicht innerhalb der ursprünglich vorgesehenen Frist beseitigt worden ist.

Fazit:
Ein 

  • zweimaliges

Fehlschlagen der Nachbesserung, 

  • wie es § 440 Satz 2 BGB vorsieht,

ist danach  

  • nur (noch) Rücktrittvoraussetzung, 

wenn der Käufer 

  • sein Nachbesserungsverlangen nicht mit einer Fristsetzung verbunden hatte (beispielsweise weil ihm zunächst allein an einer Nacherfüllung gelegen war) und
  • er sich auch nicht mit Erfolg auf die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung nach §§ 323 Abs. 2, 281 Abs. 2 BGB berufen kann.

Dieselgate: BGH hat Verhandlungstermin vom 27.10.2020 im Dieselverfahren gegen die Daimler AG aufgehoben und

…. in einem anderen Verfahren mit ähnlicher rechtlicher Problematik Verhandlungstermin auf 14.12.2020 bestimmt. 

Der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat den Termin vom 27.10.2020 aufgehoben, in dem er über eine Klage 

  • gegen die Daimler AG auf Schadensersatz 

wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verhandeln wollte, die 

  • von einem Fahrzeugkäufer  

mit der Begründung erhoben worden war, dass der von ihm am 04.02.2017 von einem privaten Verkäufer zu einem Preis von 13.000,- € erworbene, gebrauchte Mercedes-Benz C 220 CDI von der Fahrzeugherstellerin, der Daimler AG,

  • mit eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt eines sog. Thermofensters ausgestattet worden sei. 

Termin zur Verhandlung in einem anderen Verfahren mit ähnlicher rechtlicher Problematik hat der BGH anberaumt auf 14.12.2020.

In diesem Verfahren verlangt der Käufer, 

  • der am 11.02.2016 von einem Vertragshändler der beklagten Daimler AG ein gebrauchtes Kraftfahrzeug vom Typ Mercedes-Benz E 350 CDI erworben hat, 

von der Daimler AG 

  • die Erstattung des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs,

mit der Begründung, dass das Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt eines sog. Thermofensters verfüge, die durch eine Reduzierung der Abgasrückführung bei kühleren Temperaturen bewirke, dass  

  • die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte zwar auf dem Prüfstand, nicht aber im normalen Fahrbetrieb eingehalten würden (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Besitzer eines PKW Mercedes Benz mit Dieselmotor, 

  • die ebenfalls Schadensersatzansprüche gegen die Daimler AG gerichtlich geltend machen möchten, 

beraten wir über das mögliche Vorgehen gern.

Wer einen abgeschlossenen Mitgliedsvertrag bei der Online-Partnervermittlung Parship fristgerecht widerrufen und

…. vor dem Widerruf Leistungen gewünscht und erhalten hat, sollte wissen, was ihm hierfür von Parship in Rechnung gestellt werden darf. 

Ist mit der die 

  • Partnervermittlungs-Website Parship 

betreibenden PE Digital GmbH ein Vertrag abgeschlossen worden, beispielsweise über eine, 

  • die automatisierte Erstellung einer Auswahl von Partnervorschlägen aus demselben Bundesland, ausgehend von einem etwa 30-minütigen Persönlichkeitstest zu partnerschaftsrelevanten Eigenschaften, Gewohnheiten sowie Interessen und 
  • das Zustandekommen einer bestimmten Anzahl von Kontakten zu anderen Nutzern beinhaltende,

Premium-Mitgliedschaft für zwölf Monate zu einem Preis von 523,95 Euro und wird der Vertragsschluss nachfolgend fristgerecht 

  • beispielsweise nach vier Tagen,

widerrufen, gilt, wenn der Kunde den Beginn der Ausführung des geschlossenen Vertrages 

  • bereits während der Widerrufsfrist 

gewünscht hatte, für den Wertersatz, den die PE Digital GmbH für 

  • schon vor dem Widerruf 

erbrachte Leistungen verlangen kann

aufgrund der Richtlinie 2011/83/EU Folgendes: 

Die PE Digital GmbH darf 

  • für vor dem Widerruf gewünschte und erbrachte Leistungen 

grundsätzlich lediglich den, 

  • unter Berücksichtigung der für die vertragliche Hauptleistung und die Nebenleistungen vereinbarten Preise bzw. des für alle dieser Leistungen vereinbarten Gesamtpreises zu ermittelnden,  

zeitanteiligen Betrag in Rechnung stellen,

  • in dem obigen Beispielsfall wäre das, ausgehend von dem vereinbarten Gesamtpreis von 523,95 Euro für zwölf Monate, der davon auf vier Tage entfallende Betrag (523,95 Euro : 365 Tage x 4 Tage = 5,74 Euro),

und kann nur dann, 

  • wenn in dem geschlossenen Vertrag ausdrücklich vorgesehen war, dass 
    • eine oder mehrere der Leistungen gleich zu Beginn der Vertragsausführung vollständig und 
    • gesondert zu einem getrennt zu zahlenden Preis erbracht werden, 

den vollen für eine solche Leistung vorgesehenen Betrag verlangen. 

Übrigens:
War der Gesamtpreis für eine Mitgliedschaft überhöht, was, so der EuGH, unter Berücksichtigung

  • des Preises für die Dienstleistung, den die PE Digital GmbH anderen unter den gleichen Bedingungen anbietet und 
  • des Preises einer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von anderen Unternehmern erbrachten gleichwertigen Dienstleistung

zu beurteilen ist, ist, 

  • statt des überhöhten Gesamtpreises 

als Grundlage für die Ermittlung des Wertersatzes der Marktwert heranzuziehen. 

Dieselgate: BGH hat Termin anberaumt zur Verhandlung darüber, ob die dreijährige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche

…. von Fahrzeugkäufern gegen die VW AG bereits mit Schluss des Jahres 2015 begonnen hat.  

Am 14.12.2020 – VI ZR 739/20 – wird der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) über einen Fall verhandeln, in dem von einem Käufer, der im April 2013 einen 

  • mit einem Dieselmotor vom Typ EA189 und 
  • einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten 

VW Touran erworben und nachfolgend im April 2015 Kenntnis erlangt hatte, 

  • von dem damals aufgedeckten sogenannten Dieselskandal sowie 
  • dass sein Fahrzeug hiervon betroffen war, 

im Jahr 2019 Klage gegen die VW AG

  • auf Schadensersatz aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 
  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung  

eingereicht und von der VW AG 

  • die Einrede der Verjährung 

erhoben worden war.

Entscheiden muss der BGH, ob die Einrede der Verjährung nach § 214 Abs. 1 BGB durchgreift, also ob 

  • die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB)   

für den Schadensersatzanspruch des Fahrzeugkäufers gegen die VW AG 

  • bereits mit Schluss des Jahres 2015 begonnen hatte und Verjährung somit mit Ablauf des Jahres 2018 eingetreten ist oder 
  • ob das nicht der Fall war. 

Diese Entscheidung wird,

  • da nach § 199 BGB die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem
    • der Anspruch entstanden ist und
    • der Fahrzeugkäufer von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste,

davon abhängen, ob schon im Jahr 2015 für den Fahrzeugkäufer, 

  • aufgrund der ihm damals bekannten Umstände

eine hinreichend aussichtsreiche Klageerhebung gegen die VW AG zumutbar war (Quelle: Pressemitteilung des BGH).   

Übrigens:
Ob bereits mit Schluss des Jahres 2015 die dreijährige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche von Fahrzeugkäufern gegen die VW AG begonnen hat, wird von den Gerichten bisher unterschiedlich beurteilt.  

So ist der Schadensersatzanspruch in obiger Sache 

  • in I. Instanz vom Landgericht (LG) Stuttgart für nicht verjährt, 
  • in II. Instanz vom Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart aber für verjährt

erachtet worden und das OLG Oldenburg hat mit Urteil vom 30.01.2020 – 1 U 131/19, 1 U 137/19 – entschieden, dass die dreijährige Verjährungsfrist 

  • für Schadensersatzansprüche von Käufern von vom Abgas-Skandal betroffenen Dieselfahrzeugen gegen die VW AG 

erst mit Ablauf des Jahres 2016 begonnen hat, da die Fahrzeugkäufer Kenntnis erlangt haben 

  • von der Mangelhaftigkeit ihrer Fahrzeuge zwar schon im Jahr 2015, nachdem 
    • von VW im September 2015 mitgeteilt worden war, dass es bei dem Motor EA 189 „eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb“ gebe,
  • von den Umständen, aufgrund derer eine hinreichend aussichtsreiche Klageerhebung wegen vorsätzlicher sittenwidrigen Schädigung zumutbar war, jedoch erst im Jahr 2016, weil
    • der Konzern bestritten habe, dass der VW-Vorstand oder andere Personen in verantwortlicher Stellung davon gewusst hätten und
    • der Umfang des Gesamtkomplexes erst im Laufe des Jahre 2016 durch die Medien, Staatsanwaltschaften und Rechtsanwälte aufgeklärt worden sei,

somit also Schadensersatzansprüche erst mit Ablauf des Jahres 2019 verjährt sind.