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Was man wissen sollte, wenn nach dem Tod des Erblasser ein von ihm eigenhändig errichtetes Testament

…. nicht (mehr) auffindbar ist.

Ein nicht mehr vorhandenes Testament ist nicht allein wegen seiner Unauffindbarkeit ungültig.

Auch besteht im Falle der Unauffindbarkeit eines Testamentes keine Vermutung dafür, dass es

  • vom Erblasser vernichtet worden und deshalb gem. § 2255 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

als widerrufen anzusehen ist

  • Denn auch (Original-) Testamente werden unbeabsichtigt verlegt oder entsorgt und es ist auch nicht lebensfremd, dass Testamente oder Kopien von Testamenten auch bei sorgfältiger Suche nach dem Tod einer Person zunächst nicht, später aber zufällig an einem Ort gefunden werden, wo mit einem Testament oder einer Kopie eines Testamentes nicht unbedingt zu rechnen war.

Demzufolge gilt:

Ist ein Testament nicht mehr auffindbar, muss derjenige, der sich auf dieses unauffindbare Testament beruft,

  • die formgültige Errichtung (§§ 2247 Abs. 1, 2265 BGB) und den Inhalt des Testaments beweisen

und

  • trägt insoweit im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins die Feststellungslast.

Bewiesen werden kann die formgerechte Errichtung des Testaments und dessen Inhalt

  • mit allen zulässigen Beweismitteln,

wobei allerdings an diesen Nachweis,

  • wegen der für die Errichtung des Testaments geltenden Formvorschriften,

strenge Anforderungen zu stellen sind.

Ausreichen als Nachweis kann

  • eine Kopie des Originaltestamentes,

wenn mit ihr

  • und ggf. einem graphologischem Gutachten

die formgerechte Errichtung des Originaltestamentes nachgewiesen werden kann.

Ist nachgewiesen, dass

  • ein Testament ursprünglich wirksam in der Form der §§ 2247 Abs. 1, 2265 BGB errichtet wurde,

hat derjenige,

  • der aus dem Widerruf des Testaments Rechte herleiten will,

diesen Widerruf zu beweisen,

  • entweder mit Beweismitteln, mit denen sich der Widerruf direkt beweisen lassen kann, wie insbesondere etwa die zerstörte Urkunde
  • oder mittels Indizien, die den Schluss auf einen Widerruf zulassen.

Die bloße Tatsache der Unauffindbarkeit des Originaltestaments besagt für sich allein nämlich noch nicht und begründet insbesondere

  • keine tatsächliche Vermutung oder
  • einen Erfahrungssatz,

dass das Testament durch den Erblasser vernichtet worden ist.

Denn die Vermutung,

  • dass mit der Vernichtung eines Testaments dessen Aufhebung beabsichtigt ist (§ 2255 S. 2 BGB),

setzt ihrerseits voraus, dass

  • eine Vernichtung des Testaments festgestellt ist.

Übrigens:
Auch bei einem gemeinschaftlichen Testament steht den Testatoren für den Widerruf ihres Testaments die Form des § 2255 BGB zur Verfügung, so dass ein gemeinschaftliches Testament grundsätzlich auch durch Vernichtung aufgehoben werden kann.

Allerdings gilt dabei Folgendes:

Der Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen in einem Ehegattentestament (§ 2271 BGB) durch Vernichtung der Urkunde gemäß § 2255 BGB setzt voraus, dass

  • beide Ehegatten mit Testier- und Widerrufswillen an der Vernichtung der Urkunde mitgewirkt haben.

Da somit

  • eine einseitige Aufhebung wechselbezüglicher Verfügungen in der Form des § 2255 BGB oder
  • eine spätere „Genehmigung“ einer einseitigen Zerstörung

nicht möglich sind, setzt der Nachweis des Widerrufs insbesondere voraus, dass die Möglichkeit,

  • dass ein Ehegatte die Urkunde ohne Kenntnis und Mitwirkung des anderen vernichtet hat,

ausgeschlossen werden kann (Oberlandesgericht (OLG) München, Beschluss vom 31.10.2019 – 31 Wx 398/17 –, OLG Köln, Beschluss vom 02.12.2016 – 2 Wx 550/16 –).

Krankenhausbetreiber muss einem infolge Sauerstoffunterversorgung während der Vollnarkose hirngeschädigten

…. Patienten 800.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Mit Urteil vom 06.11.2019 – 5 O 376/18 – hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Gießen in einem Fall, in dem es bei einem 17-jährigen Krankenhauspatienten

  • bei der Operation eines Nasenbeinbruchs,

während der Vollnarkose,

  • infolge eines fehlerhaften Anschlusses der Schläuche des verwendeten Beatmungsgeräts,

zu einer etwa 25-minütigen Sauerstoffunterversorgung gekommen war, die

  • bei dem Patienten

zu einem schweren hypoxischen Hirnschaden mit apallischem Syndrom und spastischer Tetraparese geführt hatte, den Krankenhausbetreiber zur Zahlung eines

  • Schmerzensgeldes in Höhe von 800.000 Euro

an den Patienten verurteilt.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigte die Kammer insbesondere,

  • den Grad der Schädigungen des Patienten,
  • dessen noch junges Alter,
  • dass der Patient aufgrund der Schädigungen zu einem selbstbestimmten Leben nicht mehr in der Lage sein wird,

sowie,

  • dass die Schädigungen aus einer fehlerhaften Bedienung des Beatmungsgeräts und damit aus dem Bereich eines voll beherrschbaren Risikos resultierten (Quelle: juris Das Rechtsportal).

Hinweis:
Wer von einem anderen

  • wegen der Verletzung seines Körpers, seiner Gesundheit, seiner Freiheit oder seiner sexuellen Selbstbestimmung

Schadensersatz verlangen kann, kann nach § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist,

eine billige Entschädigung in Geld (Schmerzensgeld) fordern.

Dieses einem Geschädigten in einem solchen Fall neben dem Anspruch auf Schadensersatz zustehende Schmerzensgeld hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 16.09.2016 – VGS 1/16 –) rechtlich eine doppelte Funktion.

  • Es soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich bieten für diejenigen Schäden, für diejenige Lebenshemmung, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion).
  • Zugleich soll es aber dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet (Genugtuungsfunktion).

Der Entschädigungs- oder Ausgleichsgedanke steht dabei im Vordergrund.

Im Hinblick auf diese Zweckbestimmung des Schmerzensgeldes bildet die Rücksicht auf

  • Größe,
  • Heftigkeit und
  • Dauer der Schmerzen,
  • Leiden und
  • Entstellungen

die wesentlichste Grundlage bei der Bemessung.

  • Für bestimmte Gruppen von immateriellen Schäden, insbesondere wenn diese Folge eines vorsätzlichen Handeln sind, hat aber auch die Genugtuungsfunktion, eine besondere Bedeutung.

Ganz im Vordergrund stehen der Bemessung der billigen Entschädigung in Geld,

  • die Höhe und
  • das Maß der Lebensbeeinträchtigung.

Daneben können aber auch alle anderen Umstände (mit) berücksichtigt werden, die dem einzelnen Schadensfall

  • sein besonderes Gepräge geben,

wie etwa

  • der Grad des Verschuldens des Schädigers,
  • im Einzelfall auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten und diejenigen des Schädigers,
    • sofern ein außergewöhnliches Gefälle zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Täter und Opfer und damit ein Fall vorliegt, in dem die wirtschaftliche Situation der Sache ein besonderes Gepräge gibt,
    • wie bei der Verletzung einer „armen“ Partei durch einen vermögenden Schädiger (BGH, Beschluss vom 11.05.2017 – 2 StR 550/15 –).

Dieselgate: OLG Karlsruhe entscheidet in weiteren Fällen, dass die VW AG die Käufer von vom Abgasskandal

…. betroffenen Fahrzeugen vorsätzlich sittenwidrig nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geschädigt hat und deswegen den Fahrzeugkäufern

  • den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung,
  • Zug um Zug gegen Übereignung des erworbenen Fahrzeuges

erstatten muss.

Mit weiteren fünf Urteilen vom 06.11.2019 – 13U 37/19, 13 U 12/19 – hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe entschieden, dass die VW AG durch das Inverkehrbringen von Fahrzeugen, die mit dem von ihr hergestellten

  • und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen

Motor (EA 189) ausgestattet waren, die Fahrzeugkäufer in sittenwidriger Weise konkludent darüber getäuscht hat, dass die Verwendung der erworbenen Fahrzeuge im Straßenverkehr

  • uneingeschränkt

zulässig ist, obwohl die Fahrzeuge,

  • aufgrund der eingebauten unzulässige Abschalteinrichtung,

nicht über eine

  • dauerhaft ungefährdete

Betriebserlaubnis verfügten und dass infolge dieser vorsätzlichen Täuschung den Fahrzeugkäufern ein

  • im Abschluss des Kaufvertrages über das Fahrzeug liegender

Schaden entstanden ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe).

Übrigens:
Der Auffassung, dass die Käufer der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge von den Fahrzeugherstellern vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden und die Fahrzeughersteller deswegen nach § 826 BGB schadensersatzpflichtig sind, sind

ebenfalls,

Dieselgate: Opel muss zur Umrüstung der Software zur Steuerung der Abschalteinrichtungen drei Fahrzeugmodelle

…. zurückrufen.

Mit Beschluss vom 07.11.2019 – 5 MB 3/19 – hat der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) im vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass

  • die Opel Automobile GmbH

verpflichtet ist, der Anordnung des Kraftfahrbundesamtes (KFB), die Fahrzeugmodelle

  • Opel Zafira 1.6 und 2.0 CDTi,
  • Opel Cascada 2.0 CDTi und
  • Opel Insignia 2.0 CDTi

aus den Jahren 2013 bis 2016 zurückzurufen, nachkommen muss,

  • um deren Software zur Steuerung der Abschalteinrichtungen umzurüsten.

Der sofortige Rückruf war vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) mit der Begründung angeordnet worden, dass

  • die in den obigen Fahrzeugmodellen eingebauten Systeme zur Reduzierung der Stickoxide in den Abgasen u.a. schon bei Außentemperaturen unter 17°C in ihrer Wirksamkeit gedrosselt (sog. Thermofenster) und
  • mit solchen Abschalteinrichtungen mehr Stickstoffoxide als nach EU-Recht zulässig emittiert würden.

Der Senat hat jetzt diese Anordnung des KBA deswegen,

  • weil durch das Software-Update die Stickoxid-Emissionen der verbliebenen Fahrzeuge auf jeden Fall erheblich reduziert würden,

bestätigt, lies es dabei aber,

  • unter Hinweis, dass diese Fragen dem Hauptverfahren vorbehalten bleiben müssten,

offen,

  • ob das KBA zu Recht von einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgegangen oder
  • ob diese notwendig sei, um den Motor vor Beschädigung zu schützen und den sicheren Betrieb der Fahrzeuge zu gewährleisten (Quelle: Pressemitteilung des Schleswig-Holsteinischen OVG).

Was bei von Wohnungseigentümern oder von Dritten rechtswidrig herbeigeführten baulichen Veränderungen

…. des gemeinschaftlichen Eigentums

  • die anderen Wohnungseigentümer und/oder
  • die Wohnungseigentümergemeinschaft

unternehmen können.

Da die einzelnen Wohnungseigentümer Inhaber

  • der sich aus ihrem Miteigentum an dem Grundstück ergebenden Rechte sowie
  • der Ansprüche, die sich aus Störungen des Miteigentums ergeben,

sind, können sie solche Ansprüche, insbesondere also auch Ansprüche auf

  • Beseitigung von rechtswidrig herbeigeführten baulichen Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums und
  • Wiederherstellung des vorherigen Zustands gemäß § 1004 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

selbst, ggf. auch klageweise, geltend machen, solange

  • die Wohnungseigentümergemeinschaft die Ansprüche nicht durch Mehrheitsbeschluss gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) an sich gezogen,
    • d.h. durch einen solchen Beschluss ihre alleinige Zuständigkeit für die gerichtliche Geltendmachung begründet hat und
    • der Beschluss weder nichtig, noch rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist (dazu wann ein solcher Beschluss nichtig sein kann vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 26.10.2018 – V ZR 328/17 –).

Ist der Anspruch auf Beseitigung der baulichen Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß § 1004 BGB verjährt,

  • können die Wohnungseigentümer auf der Grundlage der in § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG eingeräumten Beschlusskompetenz beschließen,

eine rechtswidrige bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums

  • auf Kosten aller Wohnungseigentümer

zu beseitigen und das gemeinschaftliche Eigentum in einen ordnungsmäßigen Zustand zu versetzen.

  • Befindet sich die Quelle der Störung im Bereich des Sondereigentums oder einer Sondernutzungsfläche, kann der betroffene Wohnungseigentümer gemäß § 14 Nr. 4 Halbsatz 1 WEG bzw. § 14 Nr. 4 Halbsatz 1 WEG analog bei Sondernutzungsflächen, verpflichtet sein, die Maßnahme zu dulden.

Falls die Wohnungseigentümergemeinschaft die Beseitigung

  • der rechtswidrigen baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums auf Kosten aller Wohnungseigentümer

nicht beschließt, bleibt einem Wohnungseigentümer,

  • der den ihm zustehenden Beseitigungsanspruch der rechtswidrigen baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß § 1004 BGB, wegen eingetretener Verjährung, nicht (mehr) erfolgversprechend durchsetzen kann,
  • aber erreichen will, dass die rechtswidrige bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums (durch die Wohnungseigentümergemeinschaft) beseitigt wird,

nur die Möglichkeit Beschlussersetzungsklage zu erheben.

Erfolg hat eine solche Beschlussersetzungsklage allerdings nur dann, wenn

  • allein die Beseitigung und Wiederherstellung eines ordnungsmäßigen Zustands ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und
  • hierauf gemäß § 21 Abs. 4 WEG ein Anspruch besteht,

wovon nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann, weil

  • es je nach den Umständen des Einzelfalls (auch) ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann, von der Beseitigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft auf eigene Kosten abzusehen (BGH, Urteil vom 05.07.2019 – V ZR 149/18 –).

Übrigens:
Das oben Ausgeführte gilt

  • auch in einer Zweierwohnungseigentümergemeinschaft sowie
  • bei einer von einem Wohnungseigentümer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehenden Inanspruchnahme (Gebrauch) des gemeinschaftlichen Eigentums.

Bewohner eines Heims sowie Angehörige und Betreuer von Heimbewohnern sollten wissen, wann wegen einer Körperverletzung, die

…. ein Heimbewohner in dem Heim erlitten hat,

  • beispielsweise wegen einer erlittenen Verbrühung infolge zu heißen Wassers in der Badewanne,

Schadensersatz- sowie Schmerzensgeldansprüche gegen den Heimträger in Betracht kommen.

Durch einen Heimvertrag

  • werden Obhutspflichten des Heimträgers gemäß § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der ihm anvertrauten Heimbewohner begründet

und aufgrund eines Heimvertrages

  • besteht eine inhaltsgleiche allgemeine Verkehrssicherungspflicht zum Schutz der Bewohner vor Schädigungen, die ihnen wegen Krankheit oder sonstiger körperlicher oder geistiger Einschränkungen durch sie selbst oder durch die Einrichtung und bauliche Gestaltung des Heims drohen.

Danach können Heimbewohner,

  • die einem Heimträger zum Schutz ihrer körperlichen Unversehrtheit anvertraut sind,

erwarten, dass der Heimträger sie vor einer – gegebenfalls in einer DIN-Norm beschriebenen – Gefahrenlage schützt, wenn

  • sie selbst auf Grund körperlicher oder geistiger Einschränkungen nicht in der Lage sind, die Gefahr eigenverantwortlich zu erkennen und angemessen auf sie zu reagieren.

Um die daraus folgende Obhutspflicht zu erfüllen, muss der Heimträger,

  • soweit dies mit einem vernünftigen finanziellen und personellen Aufwand möglich und
  • für die Heimbewohner sowie das Pflege- und Betreuungspersonal zumutbar ist,

nach seinem Ermessen

  • entweder die Empfehlungen der DIN-Norm umsetzen
  • oder aber die erforderliche Sicherheit gegenüber der dieser Norm zugrunde liegenden Gefahr auf andere Weise gewährleisten, um Schäden der Heimbewohner zu vermeiden

Eine schuldhafte Verletzung dieser Verpflichtung ist geeignet Schadensersatzansprüche

  • sowohl wegen vertraglicher Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1, § 278 Satz 1 BGB),
  • als auch aus Delikt gemäß §§ 823, 831 BGB

zu begründen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 22.08.2019 – III ZR 113/18 –).

Was Fahrzeugführer, die wegen starken Drangs zur Verrichtung der Notdurft einen Geschwindigkeitsverstoß

…. begangen haben, wissen sollten.

Mit Beschluss vom 25.02.2019 – (1 B) 53 Ss-OWi 41/19 (45/19) – hat das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) darauf hingewiesen, dass, wenn ein Autofahrer deswegen,

  • weil er dringend auf die Toilette muss,

die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet, ohne weiteres

  • weder davon ausgegangen werden kann,
    • dass die Geschwindigkeitsüberschreitung durch einen Notstand (§ 16 OWiG), der im Ergebnis einen Freispruch zur Folge hätte, gerechtfertigt war,
  • noch davon,
    • dass eine notstandsähnliche Lage vorgelegen hat, die ein Absehen von einem verwirkten Regelfahrverbot rechtfertigt.

Ob in einem solchen Fall

  • ein Notstand oder
  • zumindest eine notstandsähnliche Lage

vorgelegen hat, hängt danach vielmehr ab,

  • zum einen, dass die Angabe des Fahrzeugführers, dass er infolge einer dringenden Notdurft selber zu einer Toilette gelangen wollte, glaubhaft sind

sowie zum anderen auch u.a. davon,

  • wann und wo der Fahrzeugführer die Fahrt angetreten hat, wie lange er bereits unterwegs gewesen war und
  • ob es ihm möglich gewesen wäre,
    • seine Notdurft bereits vor Fahrtantritt oder während der Fahrt zu einem früheren Zeitpunkt zu verrichten bzw.
    • einen Ort zur Verrichtung der Notdurft mit angemessener Geschwindigkeit zu erreichen (vgl. dazu, wannein Absehen von einem verwirkten Regelfahrverbot bei nur noch eingeschränkter Kontinenz oder einer schwache Blase in Betracht kommen kann, auch OLG Hamm, Beschluss vom 10.10.2017 – 4 RBs 326/17 –).

LG Köln spricht Friseurkundin wegen Hautverätzungen nach Friseurbesuch 4.000 Euro Schmerzensgeld zu

Mit Urteil vom 11.10.2019 – 7 O 216/17 – hat das Landgericht (LG) Köln in einem Fall, in dem es bei einer Friseurkundin,

  • die sich in einem Friseursalon hatte blonde Haarsträhnen färben lassen wollen,

nach der von einer Mitarbeiterin des Salons

  • – mittels einer auf das Haar aufgetragenen Blondiercreme –

durchgeführten Blondierungsmaßnahme,

  • aufgrund zu langer Einwirkzeit der Blondiercreme,

im Bereich des Hinterkopfes zu handtellergroßen Verbrennungen bzw. Verätzungen 1. bis 2. Grades gekommen war,

  • die monatelang Schmerzen verursachten und mit verschiedenen Medikamenten behandelt werden mussten,

entschieden, dass die Inhaberin des Friseursalons

  • der Kundin ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 Euro zahlen und
  • ihr, im Falle weiterer durch die Verletzung eintretender Schäden, diese ersetzen muss.

Begründet hat das LG dies damit, dass für die Verletzungen der Kundin die Mitarbeiterin der Inhaberin des Friseursalons verantwortlich sei, da diese,

  • obwohl von der Kundin auf ein Brennen auf ihrer Haut hingewiesen worden war,

ohne dem nachzugehen, den Blondierungsvorgang fortgesetzt und die Creme weitere ca. 30 Minuten hatte einwirken lassen,

Vergleiche dazu,

  • wann Friseurkunden welche Ansprüche haben können, wenn ein Friseurbesuch nicht zur Zufriedenheit verlaufen ist,

auch die Urteile

Dieselgate: Erneut entscheiden zwei Oberlandesgerichte, dass die VW AG Käufern von vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen

…. Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) leisten muss.

Entschieden worden ist das nunmehr auch,

sowie

  • von dem 13. Zivilsenat des OLG Oldenburg mit Urteil vom 21.10.2019 – 13 U 73/19 – in einem Fall, in dem
    • der Kläger bei einem Händler zu einem Preis von 24.400 Euro einen gebrauchten VW Tiguan erworben hatte,
    • der von der VW AG mit einem von ihr hergestellten und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Dieselmotor aus der Baureihe EA 189 ausgestattet worden war.

Die Kläger,

  • deren Fahrzeuge, wegen der installierten unzulässigen Abschalteinrichtung, auf Anordnung des Kraftfahrtbundesamt (KBA) mittels eines ein Software-Updates technisch überarbeitet werden mussten,
  • weil ansonsten die Stilllegung des Fahrzeugs angeordnet worden wäre,

können danach von der VW AG,

  • gegen Übereignung und Herausgabe des gekauften Fahrzeuges,

die Erstattung des Kaufpreises verlangen,

  • allerdings unter Abzug der von den Fahrzeugkäufern gezogenen Nutzungen, die ermittelt werden, indem
    • der Bruttokaufpreis durch die unter gewöhnlichen Umständen zu erwartende Gesamtkilometerlaufleistung des Fahrzeugs dividiert und
    • das Ergebnis dann mit der Anzahl der Kilometer, die der Käufer mit dem Fahrzeug zurückgelegt hat, multipliziert wird.

Übrigens:
Der Auffassung, dass die Käufer der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge von den Fahrzeugherstellern vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden und die Fahrzeughersteller deswegen nach § 826 BGB schadensersatzpflichtig sind, sind ebenfalls,

Wichtig zu wissen für Betriebsratsmitglieder, die für Schulungen freigestellt werden wollen und für deren Arbeitgeber

Mit Urteil vom 25.02.2017 – 8 BVGa 3/19 – hat das Arbeitsgericht (ArbG) Aachen in einem Fall, in dem ein Betriebsratsmitglied

  • an einer mehrtägigen Schulung für betriebliches Eingliederungsmanagement teilnehmen,
  • der Arbeitgeber ihn aber nur für ein alternatives eintägiges Seminar für lediglich 385 Euro freistellen wollte,

entschieden, dass das Betriebsratsmitglied

  • Anspruch auf Freistellung und Kostenübernahme für die beantragte Fortbildung hat.

Danach haben Betriebsratsmitglieder

  • auch bezüglich mehrtägiger

Fortbildungsmaßnahmen

  • einen Anspruch auf
    • Freistellung und
    • Kostenübernahme

und darüber hinaus bei der Entscheidung über die Schulungsmaßnahme

  • einen eigenen breiten Beurteilungsspielraum haben u.a. hinsichtlich Art der Veranstaltung, Inhalt und Anbieter (Quelle: juris Das Rechtsportal).