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Geblitzt! – Reicht es wenn ein Polizist die Geschwindigkeit abliest? (Riegl FG 21-P)

Geschwindigkeitsmessung mit dem Lasermessgerät Riegl FG 21-P – Feststellung des Messwertes, wenn bei einem Messgerät keine von dem technischen Messsystem selbst hergestellte fotografisch-schriftliche Dokumentation des Messergebnisses existiert. Mit anderen Worten: Was ist wenn der Polizeibeamte die Geschwindigkeit nur ablieset und keine schriftliche oder photographische Dokumentation besteht?

Den Einwand eines Betroffenen, eine von einem Polizeibeamten mit dem Lasermessgerät Riegl FG 21 – P durchgeführte Geschwindigkeitsmessung sei nicht verwertbar, weil das „Vier-Augen-Prinzip“ nicht eingehalten worden sei, hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf mit Beschluss vom 13.09.2012 – IV – 2 RBs 129/12 – zurückgewiesen und hierzu u. a. ausgeführt:

Es existiert keine verfahrensrechtliche Vorschrift, welche die Verwertung eines Messwertes untersagt, der an dem Lasermessgerät allein von einem Polizeibeamten abgelesen und nach dessen mündlicher Angabe von dem Protokollführer in das Messprotokoll eingetragen worden ist. Der Verwertung eines auf diese Weise festgestellten Messwertes steht kein Beweisverwertungsverbot – weder ein Beweismittel- noch ein Beweismethodenverbot – entgegen. Gleiches gilt mangels Verfahrensverstoßes, wenn der Messbeamte die von dem Protokollführer vorgenommene Eintragung nicht auf ihre Richtigkeit überprüft hat.
Vielmehr ist das Messergebnis bei Fehlen einer von dem technischen Messsystem selbst hergestellten fotografisch-schriftlichen Dokumentation vom Gericht unter Heranziehung der hierfür im jeweiligen Einzelfall vorhandenen Beweismittel (Zeugenaussagen des Messbeamten und des Protokollführers, Messprotokoll) nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 71 Abs. 1 OWiG, § 261 StPO) zu klären.

Anmerkung hierzu:
Die Überzeugung, dass das Lasermessgerät den Pkw eines Betroffenen mit einer Geschwindigkeit von xxx km/h erfasst hat, kann sich der Richter folglich aufgrund der Bekundungen des Messbeamten und des Protokollführers sowie der Eintragungen im Messprotokoll bilden.

 

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Einspruch gegen Bußgeldbescheid – Wann wird ein zulässiger Einspruch ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil verworfen?

Wird gegen einen Bußgeldbescheid ein zulässiger Einspruch eingelegt und vom Richter eine Hauptverhandlung anberaumt, ist der Betroffene nach § 73 Abs. 1 OWiG zum Erscheinen in der Hauptverhandlung verpflichtet.
Er kann aber nach § 73 Abs. 2 OWiG auf seinen Antrag von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden werden, wenn er sich geäußert oder erklärt hat, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werde, und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist.

Bleibt ein Betroffener ohne genügende Entschuldigung aus, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war, hat das Gericht den Einspruch ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil zu verwerfen (§ 74 Abs. 2 OWiG).

Dass die Verwerfung des Einspruchs bei unentschuldigtem Ausbleiben eines Betroffenen auch dann zu erfolgen hat, wenn nach einer vorausgegangenen Rechtsbeschwerde eines Betroffenen das Rechtsbeschwerdegericht die Sache nur im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und an das Amtsgericht zurückverwiesen hat, darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 18.07.2012 – 4 StR 603/11 – entschieden.

 

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Prozess- und Verfahrenskostenhilfe – Vermögen, das aus Schmerzensgeldzahlungen stammt, muss zur Finanzierung der Verfahrenskosten nicht eingesetzt werden.

Bei der Prüfung, ob bei einem Antragsteller die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe vorliegen (§§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO)), bleibt Vermögen, das aus Schmerzensgeldzahlungen stammt, außer Ansatz.

Schmerzensgeld soll erlittene Beeinträchtigungen der physischen oder psychischen Integrität eines Opfers ausgleichen und ihm Genugtuung leisten, was nur gewährleistet ist, wenn das Opfer das Schmerzensgeld in seiner gesamten noch vorhandenen Höhe zur freien Verfügung behält. Der Einsatz eines aus Schmerzensgeldzahlungen stammenden Vermögens zur Finanzierung der Verfahrenskosten würde somit eine Härte bedeuten und ist demzufolge nicht zumutbar (§ 115 Abs. 3 Sätze 1 und 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 3 Satz 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) entsprechend).

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg mit Beschluss vom 01.10.2012 – 9 WF 1092/12 – entschieden und ist damit der vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Beschluss vom 26.05.2011 – 5 B 26/11 – vertretenen Auffassung gefolgt.
Einzusetzen als Einkommen nach § 115 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ZPO sind Ansicht des OLG Nürnberg aber Zinseinnahmen aus angelegtem Schmerzensgeld.

 

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Eingetragener Verein – Anforderungen an Anmeldung einer Satzungsänderung.

Ändert ein eingetragener Verein seine Satzung bedürfen die Änderungen der Satzung zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )). Der Anmeldung zur Änderung sind

  • eine Abschrift des die Änderung enthaltenen Beschlusses und
  • der Wortlaut der Satzung

beizufügen (§ 71 Abs. 1 Satz 3 BGB ).
In dem Wortlaut der Satzung müssen die geänderten Bestimmungen mit dem Beschluss über die Satzungsänderung, die unveränderten Bestimmungen mit dem zuletzt eingereichten vollständigen Wortlaut der Satzung und, wenn die Satzung geändert worden ist, ohne dass der vollständige Wortlaut der Satzung eingereicht wurde, auch mit den zuvor eingetragenen Änderungen übereinstimmen (§ 71 Abs. 1 Satz 4 BGB ).
Genügt die Anmeldung diesen Erfordernissen nicht, so ist sie vom Amtsgericht – Registergericht – zurückzuweisen (§§ 71 Abs. 2, 60 BGB ).
Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Anmeldung einer Satzungsänderung als Eintragungsantrag in das Vereinsregister auch die geänderten Satzungsbestimmungen im Einzelnen zu bezeichnen hat, ist streitig.

Nach der vom Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg im Beschluss vom 15.08.2012 – 12 W 1474/12 – vertretenen Auffassung besteht eine Pflicht zur (näheren, schlagwortartigen) Bezeichnung der geänderten Satzungsbestimmungen im Rahmen der Anmeldung einer Satzungsänderung zum Vereinsregister nur, wenn und soweit die Satzungsänderung im Vereinsregister gesondert eintragungspflichtige Tatsachen gemäß §§ 71 Abs. 2, 64 BGB (wie Name oder Sitz des Vereins oder Zusammensetzung des Vorstands) betrifft.
Bei einer Satzungsänderung hinsichtlich eines anderen Umstandes darf danach die Eintragung einer Änderung wegen fehlender Bezeichnung der betroffenen Satzungsbestimmungen nicht versagt werden.

 

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Parken auf fremdem Grundstück – Was ist mit überhöhten Abschleppkosten?

Wer sein Fahrzeug unbefugt auf einem fremden Privatgrundstück abstellt,

  • muss nicht nur damit rechnen, dass sein Fahrzeug abgeschleppt wird,
  • sondern auch, dass der Grundstücksbesitzer seine Ansprüche nach § 823 Abs. 2 i. V. m. § 858 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) auf Ersatz der Abschleppkosten an den Abschleppunternehmer abgetreten hat und dieser ihm erst nach Zahlung der Abschleppkosten den Standort seines Fahrzeugs mitteilt.

Dies ist, da dem Abschleppunternehmer nach § 273 Abs. 1 und 2 BGB ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, eine im Grundsatz zulässige und bei Abschleppvorgängen nicht unübliche Rechtsausübung (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.2011 – V ZR 30/11 –).

Was ist aber, wenn der, dessen Fahrzeug abgeschleppt worden ist, die an den Abschleppunternehmer gezahlten Abschleppkosten für überhöht hält. Von wem kann er in einem solchen Fall den überhöhten Teil der Abschleppkosten zurückverlangen? Vom Grundstückseigentümer oder vom Abschleppunternehmer?

Mit Urteil vom 06.07.2012 – V ZR 268/11 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass der, der für das Abschleppen seines Fahrzeugs an den Abschleppunternehmer überhöhte Abschleppkosten gezahlt hat, die Zuvielleistung vom Grundstückseigentümer zurück verlangen kann und muss.
Dem, dessen Fahrzeug abgeschleppt worden ist, steht ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu, soweit der von ihm geleistete Betrag den ersatzfähigen Schaden übersteigt, den der Grundstücksbesitzer durch das unberechtigte Abstellen des Fahrzeugs erlitten hat. Diese bereicherungsrechtliche Rückabwicklung findet statt zum einen zwischen dem Abschleppunternehmer und dem Grundstückseigentümer und zum anderen zwischen diesem und dem, dessen Fahrzeug abgeschleppt worden ist.
Der dessen Fahrzeug abgeschleppt worden ist hat danach, im Fall einer Zuvielleistung an den Abschleppunternehmer einen Bereicherungsanspruch gegen den Grundstückseigentümer und zwar auch dann, wenn dieser seinen Schadensersatzanspruch an den Abschleppunternehmer abgetreten hat.

 

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Fahrverbot – Kann von der Verhängung wegen Zeitablaufs zwischen Tat und Hauptverhandlung abgesehen werden?

Nach § 44 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB ) bzw. § 25 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) kann, unter den in diesen Vorschriften genannten Voraussetzungen, das Gericht, neben einer Verurteilung zu einer Strafe oder Geldbuße, einem Angeklagten bzw. Betroffenen für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen.

Ein solches Fahrverbot ist als Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer vorgesehen, um den Täter vor einem Rückfall zu warnen und ihm ein Gefühl für den zeitweisen Verlust des Führerscheins und den Verzicht auf die aktive Teilnahme am Straßenverkehr zu vermitteln. Diese Warnungs- und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot – auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter – aber nur dann erfüllen, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Eine Fahrverbotsverhängung, die sich nach allgemeinen Strafzumessungserwägungen richtet, kommt nach einhelliger Ansicht jedenfalls für sehr lange zurückliegende Taten nicht mehr in Betracht.
Liegen zwischen der Tat und der letzten tatrichterlichen Hauptverhandlung mehr als zwei Jahre kann das Fahrverbot gewöhnlich seinen spezialpräventiven Charakter nicht mehr entfalten.
Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn besonderen Umstände für die Annahme vorliegen, dass zu einer nach wie vor erforderlichen erzieherischen Einwirkung auf den Angeklagten bzw. Betroffenen die Verhängung eines Fahrverbots neben der Hauptstrafe unbedingt erforderlich ist oder der erhebliche Zeitablauf zwischen Tat und Verhängung des Fahrverbots dem Angeklagten bzw. Betroffenen in vorwerfbarer Weise anzulasten ist.
Dabei ist das Ausschöpfen von Rechtsmitteln und anderen strafprozessualen Rechten durch einen Angeklagten bzw. Betroffenen in der Regel nicht als unlauter anzusehen.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Beschluss vom 24.07.2012 – III-2 RVs 37/12 – hingewiesen.

Beachte aber:
Ist es zu einem weiteren verkehrswidrigen Verhalten in der Zwischenzeit gekommen, kann dies ein besonderer Umstand für die Annahme sein, dass zur erzieherischen Einwirkung auf den Angeklagten bzw. Betroffenen die Verhängung eines Fahrverbots neben der Hauptstrafe nach wie vor unbedingt erforderlich ist.

 

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Kündigungsrecht des Vermieters, wenn die Wohnung für berufliche Zwecke benötigt wird.

In seinem Urteil vom 26.09.2012 – VIII ZR 330/11 – hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage befasst, ob die Absicht des Vermieters, die Mietwohnung zu rein beruflichen Zwecken zu nutzen, ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses darstellen kann.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Kläger seinen beklagten Wohnungsmietern gekündigt und dies damit begründet, dass seine Ehefrau beabsichtige, ihre Anwaltskanzlei in die von den Beklagten gemietete Wohnung zu verlegen.

Die Beklagten widersprachen der Kündigung und machten Härtegründe geltend.

Das Amtsgericht hat die Räumungsklage des Klägers abgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Landgericht zurückgewiesen.

Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision des Klägers hatte Erfolg.

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass auch dann, wenn der Vermieter die vermietete Wohnung ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit oder die eines Familienangehörigen nutzen will, ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) vorliegen kann. Dieses ist aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gesetzlich geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken. Das gilt umso mehr, wenn sich – wie hier nach dem Vortrag des Klägers revisionsrechtlich zu unterstellen ist – die selbst genutzte Wohnung des Vermieters und die vermietete Wohnung in demselben Haus befinden.

Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, da dieses zu den für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung maßgeblichen Umständen keine Feststellungen getroffen und nicht geprüft hat, ob Härtegründe nach § 574 BGB vorliegen.

– Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 26.09.2012 –

 

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Auslagenpauschale – Ist eine generelle Zuerkennung in einem Schadensfall möglich, ohne dass die getätigten Aufwendungen dargelegt werden?

Verlangt ein Geschädigter nach einem Schadensfall als Ersatz für die im Zusammenhang mit der Schadensabwicklung entstandenen Aufwendungen eine Auslagenpauschale gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ), kann der Richter die Höhe dieses Schadensersatzanspruchs nach § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) schätzen.
Für die Schadensschätzung nach dieser Vorschrift benötigt er als Ausgangssituation aber greifbare Tatsachen, die der Geschädigte im Regelfall im Einzelnen darlegen und beweisen muss. Eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens, auch in Form der Schätzung eines „Mindestschadens“, lässt § 287 ZPO grundsätzlich nicht zu. Festgestellt sein muss, welche Telefonate, Briefwechsel oder Fahrtkosten die Abwicklung des Schadens erfordert hat.

Soweit hinsichtlich solcher Kosten bei der Abwicklung von Verkehrsunfällen regelmäßig von näherem Vortrag abgesehen wird und die Rechtsprechung dem Geschädigten eine Auslagenpauschale zuerkennt, auch wenn Anknüpfungstatsachen hierfür im konkreten Einzelfall nicht dargetan sind, ist dies dem Umstand geschuldet, dass es sich bei der Regulierung von Verkehrsunfällen um ein Massengeschäft handelt, bei dem dem Gesichtspunkt der Praktikabilität besonderes Gewicht zukommt.

Eine generelle Anerkennung einer solchen Pauschale für sämtliche Schadensfälle ohne nähere Darlegung der getätigten Aufwendungen – etwa auch im Rahmen der vertraglichen Haftung – gibt es in der Rechtsprechung nicht und ist angesichts der unterschiedlichen Abläufe bei der jeweiligen Schadensabwicklung auch nicht gerechtfertigt.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 08.05.2012 – VI ZR 37/11 – hingewiesen.

 

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Berufssport – Wenn bei einem Bundesligaspiel ein Spieler durch eine Aktion seines Gegenspielers verletzt wird.

Kann ein Berufsspieler, der bei einem Bundesligaspiel durch eine Aktion eines Berufsspielers der gegnerischen Mannschaft schwerer verletzt wird, nicht beweisen, dass der Schädiger bei seiner Aktion den Eintritt ernsthafter Verletzungsfolgen in Kauf genommen hat, steht ihm gegen den Schädiger kein unmittelbarer Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) zu.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 27.09.2012 – 4 U 256/11 – entschieden.

Danach kommt das Haftungsprivileg der gesetzlichen Unfallversicherung auch im Berufssport zur Anwendung und in einem solchen Fall ist die unmittelbare Haftung des Schädigers gegenüber dem Verletzten nach §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 3 Alt. 3 SBG VII (Siebtes Buch Sozialgesetzbuch) auf Vorsatz beschränkt.
Denn bei der Spielverletzung handelt es sich, weil diese in unmittelbaren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Berufssportler steht, um einen Arbeitsunfall i. S. des § 8 SGB VII, der sich ereignet hat, als Verletzter und Schädiger anlässlich ihres Wettkampfs auf einer gemeinsamen Betriebsstätte tätig waren.

 

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Abgeflogen – Beförderung von Fluggästen auf Anschlussflug auch ohne Gepäck

Fluggäste müssen auf einem Anschlussflug auch dann mitgenommen werden, wenn das Reisegepäck erst mit einem späteren Flug transportiert werden kann.

In dem vom Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 28.08.2012 – X ZR 128/11 – entschiedenem Fall hatte der Kläger von dem beklagten Luftfahrtunternehmen aus eigenem und abgetretenem Recht seiner acht Mitreisenden die Leistung einer Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) in Höhe von jeweils 600,– Euro wegen Nichtbeförderung sowie Ersatz der Mehraufwendungen für Unterkunft und Verpflegung verlangt, die wegen der erst am Folgetag möglichen Beförderung entstanden waren.

Die Reisenden hatten über ein Reisebüro eine Flugpauschalreise nach Curaçao gebucht. Der Hinflug von München über Amsterdam nach Curaçao am 7. Februar 2009 sollte von der Beklagten durchgeführt werden. Die Reisenden erhielten bereits bei der Abfertigung in München die Bordkarten für den Anschlussflug. Die Ankunft des Zubringerflugs in Amsterdam war für 11.15 Uhr vorgesehen. Der Weiterflug sollte um 12.05 Uhr erfolgen. Tatsächlich kam der Zubringerflug erst um 11.35 Uhr an. Die Reisenden trafen zwar noch innerhalb der Einstiegszeit am Flugsteig des Anschlussfluges ein. Ihnen wurde jedoch die Mitnahme verweigert, weil ihr Gepäck noch nicht in das Flugzeug nach Curaçao umgeladen sei. Die Reisenden wurden daher erst am Folgetag gegen 14.00 Uhr nach Curaçao geflogen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers war erfolglos geblieben.

Der unter anderem für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat des BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben, die Beklagte zu einer Ausgleichszahlung von 600 € je Reisenden verurteilt und im Übrigen die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Nach der Entscheidung des BGH war es, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, für die Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung ausreichend, dass die Reisenden mit ihrem Reisegepäck schon beim Abflug des Zubringerfluges rechtzeitig für beide Flüge abgefertigt wurden. Bei einer solchen Verfahrensweise ist es nicht mehr erforderlich, dass die Reisenden 45 Minuten vor Abflug des Anschlussfluges noch einmal einchecken oder bis dahin auch nur ihre Bereitschaft für den Weiterflug zeigen. Es reicht aus, dass sie sich wie im Streitfall noch vor dem Ende des Einstiegsvorgangs am Flugsteig einfinden, um das Flugzeug zu besteigen. In diesem Falle kann der Weiterflug auch nicht aus dem Grunde verweigert werden, dass ihr Fluggepäck nicht auf demselben Flug mit befördert werden kann. Gemäß Nr. 5.3 des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 vom 11. März 2008 stellt der vom jeweiligen Reisenden unbegleitete Transport von Reisegepäck nur dann ein Sicherheitsrisiko dar, wenn der Reisende darauf Einfluss nehmen konnte. Dies ist nicht der Fall, wenn wie im Streitfall nur die Reisenden den Anschlussflug noch erreichen konnten, das bereits durchgecheckte Reisegepäck aber nicht.

Hinsichtlich der weiteren geltend gemachten Ansprüche fehlt es an hinreichenden Feststellungen durch das Berufungsgericht, weshalb insoweit der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen wurde.

 

Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11. Februar 2004 – Fluggastrechteverordnung

Artikel 2 –Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck …
j) „Nichtbeförderung“ die Weigerung, Fluggäste zu befördern, obwohl sie sich unter den in Artikel 3 Absatz 2 genannten Bedingungen am Flugsteig eingefunden haben, sofern keine vertretbaren Gründe für die Nichtbeförderung gegeben sind, z. B. im Zusammenhang mit der Gesundheit oder der allgemeinen oder betrieblichen Sicherheit oder unzureichenden Reiseunterlagen;

Artikel 3 – Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten; …
(2) Absatz 1 gilt unter der Bedingung, dass die Fluggäste
a) über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen und – außer im Fall einer Annullierung gemäß Artikel 5 – sich – wie vorgegeben und zu der zuvor schriftlich (einschließlich auf elektronischem Wege) von dem Luftfahrtunternehmen, dem Reiseunternehmen oder einem zugelassenen Reisevermittler angegebenen Zeit zur Abfertigung einfinden oder, falls keine Zeit angegeben wurde, – spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einfinden oder
b) von einem Luftfahrtunternehmen oder Reiseunternehmen von einem Flug, für den sie eine Buchung besaßen, auf einen anderen Flug verlegt wurden, ungeachtet des Grundes hierfür. …

Artikel 4 – Nichtbeförderung

(3) Wird Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigert, so erbringt das ausführende Luftfahrtunternehmen diesen unverzüglich die Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 und die Unterstützungsleistungen gemäß den Artikeln 8 und 9.

Artikel 7 – Ausgleichsanspruch
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen. …

Artikel 9 – Anspruch auf Betreuungsleistungen
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so sind Fluggästen folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
b)Hotelunterbringung, falls – ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder – ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist, …

VERORDNUNG (EG) Nr. 300/2008 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 11. März 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002

ANHANG I

5.3. Zuordnung von aufgegebenem Gepäck
1. Jedes aufgegebene Gepäckstück ist als begleitet oder unbegleitet zu kennzeichnen.
2. Unbegleitetes aufgegebenes Gepäck wird nicht befördert, es sei denn, das Gepäckstück wurde vom Fluggast aus Gründen, auf die er keinen Einfluss hat, getrennt oder es wurde geeigneten Sicherheitskontrollen unterzogen.

– Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 28.08.2012 –

 

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