Blog

Keine Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld durch Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung, mit der der Arbeitgeber aufgrund des höheren Stundenlohnes nach dem Mindestlohngesetz bisher gezahltes Urlaubs- und Weihnachtsgeld streichen will, ist unwirksam.

Darauf hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Berlin-Brandenburg mit Urteilen vom 02.10.2015 – 9 Sa 570/15, 9 Sa 569/15, 9 Sa 591/15 sowie 9 Sa 1727/15 – hingewiesen und in vier Fällen,

  • in denen in Arbeitsverträgen neben dem Stundenlohn eine von der Betriebszugehörigkeit abhängige Sonderzahlung zum Jahresende in Höhe eines halben Monatsentgelts, teilweise mit Kürzungsmöglichkeit im Falle von Krankheitszeiten, sowie ein zusätzliches Urlaubsgeld für die Zeit gewährten Urlaubs vereinbart war und
  • diese Leistungen durch eine Änderungskündigungen gestrichen und stattdessen Stundenlöhne in Höhe des Mindestlohns bzw. geringfügig darüber gezahlt werden sollten,

 

entschieden, dass die Änderungskündigen unwirksam sind.

Seine Entscheidung begründete das LArbG Berlin-Brandenburg damit,

  • dass es sich jedenfalls bei dem zusätzlichen Urlaubsgeld sowie abhängig von der Vertragsgestaltung auch bei der Sonderzuwendung, um Leistungen handelte, die nicht im engeren Sinne der Bezahlung der Arbeitsleistung dienen, sondern um eine zusätzliche Prämie,
  • diese Leistungen nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden können, sondern den Beschäftigten zusätzlich zustehen und
  • eine Änderungskündigung zwecks Streichung dieser Leistungen voraussetze, dass andernfalls der Fortbestand des Betriebes mit den vorhandenen Arbeitsplätzen gefährdet sei, was nicht habe festgestellt werden können.

 

Das hat die Pressestelle des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg am 08.10.2015 – Nr. 32/2015 – mitgeteilt.

 

Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit nach § 62 FamFG in einer Unterbringungssache

Für die Feststellung nach § 62 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ist kein Raum,

  • wenn das Vorliegen des Rechtsfehlers noch vor Eintritt der Erledigung jedenfalls inzident festgestellt worden ist,
  • was auch dann zu bejahen ist, wenn das Beschwerdegericht einen Verfahrensfehler erkannt und geheilt hat.

 

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 02.09.2015 – XII ZB 226/15 – hingewiesen.

Wie der Senat ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 62 Abs. 1 FamFG dem Umstand Rechnung getragen, dass im Einzelfall trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels ein Bedürfnis nach einer gerichtlichen Entscheidung fortbestehen kann, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage besonders geschützt ist.

  • Gerade in Fällen schwerwiegender Grundrechtseingriffe oder konkret zu erwartender Wiederholung (§ 62 Abs. 2 FamFG) soll die Klärung von Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit einer gerichtlichen Entscheidung nicht daran scheitern,
  • dass das für die Rechtsverfolgung grundsätzlich erforderliche Rechtsschutzinteresse wegen Erledigung, etwa zeitlichem Ablauf einer Genehmigung, entfallen ist.

 

Die Regelung des § 62 Abs. 1 FamFG eröffnet dem Betroffenen mithin die Möglichkeit,

  • eine gerichtliche Feststellung der Rechtslage zu erhalten,
  • obwohl in der Hauptsache selbst – aufgrund der Erledigung – keine Regelung mehr möglich ist.

 

Demnach ist für die Feststellung nach § 62 Abs. 1 FamFG dann kein Raum, wenn das Vorliegen des Rechtsfehlers noch vor Eintritt der Erledigung jedenfalls inzident festgestellt worden ist, was auch dann zu bejahen ist, wenn das Beschwerdegericht einen Verfahrensfehler erkannt und geheilt hat. 

 

Fahreignungsbegutachtung bei Alkoholproblematik

Nach § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 46 Abs. 1 und 3 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zwingend und ohne Ermessensbetätigung zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.
Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen.

  • Ermächtigt § 46 Abs. 1 FeV zur Entziehung der Fahrerlaubnis somit erst, wenn die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen ist,
  • enthält § 46 Abs. 3 FeV im Vorfeld dieser Entscheidung und mit einer niedrigeren Eingriffsschwelle die Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur weiteren Aufklärung des Bestehens dieser Eignung.

 

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV).

  • Wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV).

 

Ein Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens

  • formell und materiell rechtmäßig,
  • insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist bzw. war (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 05.07.2001 – 3 C 13.01 –; vom 09.06.2005 – 3 C 25.04 – und vom 10.12.2013 – 10 S 2397/12 –).

 

Darauf und dass bei den von der Fahrerlaubnisbehörde heranzuziehenden Rechtsgrundlagen für die Fahreignungsbegutachtung je nach Fallgestaltung zu differenzieren ist, hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg mit Beschluss vom 08.09.2015 – 10 S 1667/15 – hingewiesen.

  • Danach kommt, wenn die Fahreignungsbegutachtung dazu dient, abzuklären, ob eine Person überhaupt alkoholabhängig ist, die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage von § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV in Betracht (Anschluss an Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 24.08.2010 – 11 CS 10.1139 –). Denn die Diagnose von Alkoholabhängigkeit erfordert nur die Feststellung von in der Gegenwart bzw. in der Vergangenheit liegenden Tatsachen, ohne dass es einer Prognose des künftigen Verhaltens des Probanden bedarf (vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 09.12.2014 – 11 CS 14.1868 –).
  • Ist dagegen über die Frage der (Wieder)Erlangung der Fahreignung nach vorausgegangener Alkoholabhängigkeit zu befinden und soll durch die Begutachtung festgestellt werden, ob eine in der Vergangenheit alkoholabhängige Person die Fahreignung deshalb wiedererlangt hat, weil sie (jedenfalls) jetzt nicht mehr alkoholabhängig ist, ist Rechtsgrundlage für die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e 2. Alt. FeV.

 

Wenn sich ein zivilrechtliches Unterbringungsverfahren während des Beschwerdeverfahrens in der Hauptsache erledigt

Der Anspruch auf ein faires Verfahren gebietet es, einen anwaltlich nicht vertretenen Betroffenen eines zivilrechtlichen Unterbringungsverfahrens

 

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 02.09.2015 – XII ZB 138/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem die Erledigung der zivilrechtlichen Unterbringung durch Zeitablauf bereits zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung eingetreten war, so dass der Betroffene schon im Beschwerdeverfahren einen Antrag nach § 62 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) hätte stellen müssen, weil damit die Beschwerde mit dem Ziel der Aufhebung der amtsgerichtlichen Unterbringungsgenehmigungsentscheidung unzulässig geworden war,

 

entschieden,

  • dass das Fehlen des erforderlichen Feststellungsantrags dem Beschwerdezurückweisungsbeschluss dann nicht die Rechtswidrigkeit nimmt, wenn das Beschwerdegericht es versäumt hat, einen anwaltlich nicht vertretenen Betroffenen auf die Möglichkeit hinzuweisen, seinen Antrag umzustellen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringungsanordnung.

 

Muss das Berufungsgericht einen erstinstanzlich vernommenen Zeugen erneut vernehmen?

Grundsätzlich steht es im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es Zeugen, die in der Vorinstanz bereits vernommen worden sind, nach § 398 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erneut vernimmt.

 

So ist eine erneute Vernehmung nach ständiger Rechtsprechung des BGH unter anderem dann geboten,

  • wenn das Berufungsgericht der Aussage eine andere Tragweite, ein anderes Gewicht oder eine vom Wortsinn abweichende Auslegung geben will oder
  • wenn es die protokollierten Angaben des Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält (BGH, Beschluss vom 21.06.2011 – II ZR 103/10 –).

 

Allerdings ist es dem Berufungsgericht nicht grundsätzlich verwehrt, die Aussage eines erstinstanzlich gehörten Zeugen ohne wiederholte Vernehmung entgegen der Würdigung des Erstrichters für die Beweisführung als nicht ausreichend zu erachten.

  • Dies setzt jedoch voraus, dass keine Zweifel über die Vollständigkeit und Richtigkeit der protokollierten Aussage bestehen.
     

Demgegenüber ist eine erneute Vernehmung geboten,

  • wenn das Berufungsgericht die protokollierte Aussage anders verstehen will als die Richter der Vorinstanz, und
    • zwar insbesondere dann, wenn die Aussage des Zeugen widersprüchlich oder mehrdeutig ist und
    • es für die Auffassung des Erstrichters nicht an jedem Anhaltspunkt in der protokollierten Aussage fehlt (BGH, Urteil vom 22.05.2002 – VIII ZR 337/00 –).

 

Beachtet das Berufungsgericht diese Grundsätze nicht verletzt es den Anspruch der Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18.04.2013 – V ZR 231/12 – und vom 14.07.2009 – VIII ZR 3/09 –).

Darauf hat der V. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 22.07.2015 – V ZR 245/14 – hingewiesen. 

 

Wegen Körperverletzung auf dem Oktoberfest in den Knast

Weil ein 24-jähriger, einschlägig vorbestrafter und unter Bewährung stehender Münchner 2014 auf dem Oktoberfest, nach dem Konsum von zwei Maß Bier,

  • einem anderen, nach einem Wortwechsel, mit der Faust mehrmals gegen Kopf und Körper geschlagen sowie mindestens einmal mit dem Fuß gegen den Bauch getreten und ihm dann noch eine Kopfnuss gegeben hatte, wodurch der Geschädigte schmerzhafte Prellungen am Gesichtsschädel, am linken Oberarm sowie an der Lendenwirbelsäule erlitt,
  • verurteilte ihn das Amtsgericht (AG) München am 01.07.2015 – 1026 Ds 458 Js 224035/14 jug – wegen Körperverletzung nach §   Strafgesetzbuch (StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten ohne Bewährung.

 

Bei der Bemessung der Strafe wertete das AG zu Gunsten des Angeklagten, dass er aufgrund des Alkoholkonsums enthemmt war und sich bei seinem Opfer entschuldigt hatte.
Straferschwerend fiel ins Gewicht, dass der Angeklagte im Jahr 2012 schon einmal wegen einer gefährlichen Körperverletzung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe verurteilt worden war, er trotz dieser Vorstrafe nichts unternommen hat, um gegen seine Aggressionen anzugehen und er aus „nichtigem Anlass“ zugeschlagen hatte.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 05.10.2015 – 63/15 – mitgeteilt.

Hinweis:
Aufgrund dieser Verurteilung wird der 24-Jährige nicht nur die 10 Monate Freiheitsstrafe verbüßen müssen. Er muss darüber hinaus damit rechnen, dass die ihm 2012 bewilligte Bewährung widerrufen wird und er dann auch die Jugendstrafe verbüßen muss, zu der er damals verurteilt worden ist.

 

Wenn Fotos ohne Namensnennung des Fotografen ins Internet gestellt werden

Wer eine Fotografie eines anderen nutzt, indem er sie ins Internet einstellt, muss grundsätzlich auch den Fotografen nennen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 24.06.2015 – 142 C 11428/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem ein Profi-Fotograf für ein Honorar von knapp 1000 Euro von einem Hotel im Auftrag von dessen Geschäftsführer 19 Fotografien gemacht,

  • der Geschäftsführer nachfolgend davon 13 auf der Webseite des Hotels sowie auf sechs Hotelportalseiten im Internet verwendet hatte,
  • ohne den Namen des Fotografen zu nennen und

 

von dem Fotografen daraufhin die Unterlassung sowie Schadensersatz verlangt und nachdem das Hotel lediglich auf seiner Internetseite den Fotografenhinweis ergänzte, aber die Zahlung von Schadensersatz ablehnte, Klage auf Schadensersatz erhoben hatte.

Das AG verurteilte das Hotel zur Zahlung von 655,96 Euro an den Fotografen und begründete die Verurteilung damit, dass das Hotel dadurch, dass es die Fotos auf der eigenen Internetseite öffentlich zugänglich gemacht hatte, gegen das Namensnennungsrecht des Fotografen verstoßen hat.

  • Das Recht zu bestimmen, ob die Fotos mit seiner Namensnennung zu versehen sind oder nicht, steht nämlich nach § 13 des Gesetzes über die Urheberrechte und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz-UrhG) allein dem Fotografen zu und
  • auf dieses Recht hatte der Fotograf bei dem Vertragsschluss mit dem Hotel weder verzichtet, da die Einräumung der „unbeschränkten Nutzungsrechte“ einen solchen Verzicht nicht beinhaltet,
  • noch hatte das Hotel eine abweichende Übung in der Branche von dem Namensnennungsrecht nachweisen können.

 

Daher hätte das Hotel prüfen und sich erkundigen müssen, ob die Bilder ohne Nennung des Fotografen benutzt werden dürfen.

Die Höhe des dem Fotografen durch die Nutzung der Fotografien ohne seine Namensnennung entstandenen Schadens bestimmte das Gericht, indem es von dem vereinbarten Honorar für die Nutzung der 19 Bilder ausging und den davon auf die 13 Bilder entfallenden Teilbetrag ansetzte.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München – 62/15 – mitgeteilt.

 

Beschaffenheitsvereinbarung beim Gebrauchtwagenverkauf

Preist der Verkäufer eines gebrauchten Pkws in einer Verkaufsanzeige an, dass das angebotene Fahrzeug über eine Standheizung verfüge und erklärt er auf mehrfache Nachfragen des Käufers, ob die Standheizung funktioniere, dass er die Standheizung vor zwei bis drei Wochen ausprobiert habe, sie da funktioniert habe und das Fahrzeug seitdem nicht mehr bewegt worden sei,

  • ist nicht mehr nur von einer bloßen Wissenserklärung auszugehen,
  • sondern davon, dass die Parteien hinsichtlich der Funktionsfähigkeit der Standheizung eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) getroffen haben.

 

Darauf hat das Landgericht (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 14.08.2015 – 10 S 174/14 – hingewiesen.

Wie das LG Saarbrücken weiter ausgeführt hat, muss, wenn, wie im obigen Fall hinsichtlich der Standheizung eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt, der Verkäufer für Fehler der Standheizung auch dann einstehen, wenn der Kaufvertrag einen pauschalen Haftungsausschluss enthält.
Denn ist eine bestimmte Beschaffenheit gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB und daneben ein pauschaler Haftungsausschluss für Sachmängel vereinbart, ist letzterer regelmäßig dahin auszulegen, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann, § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 29.11.2006 – VIII ZR 92/06 – und vom 19.12.2012 – VIII ZR 117/12 –).

Vereinbart ist eine Beschaffenheit übrigens, wenn der Inhalt des Kaufvertrags von vornherein oder nachträglich die Pflicht des Verkäufers bestimmt, die gekaufte Sache in dem Zustand zu übereignen und zu übergeben, wie ihre Beschaffenheit im Vertrag festgelegt ist. Hierbei genügt – im Gegensatz zu der gem. § 459 Abs. 2 BGB a.F. erforderlichen Zusicherung – eine vom Vertragsinhalt erfasste Beschreibung der Beschaffenheit der Sache.

  • Es ist daher möglich, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung schon durch konkludentes Handeln zustande kommt, z.B. aus den Anforderungen des Käufers an den Gegenstand, denen der Verkäufer zustimmt (BGH, Urteil vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12 –).
  • Nicht ausreichend hingegen ist eine einseitig gebliebene Vorstellung des Käufers, auch wenn sie dem Verkäufer bekannt ist.
  • Erforderlich ist eine zustimmende Reaktion des Verkäufers (BGH, Urteil vom 20.05.2009 – VIII ZR 191/07 –).

 

Bewilligung von Zahlungserleichterungen bei Geldstrafe auch noch nach Beginn der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe?

Ist ein Angeklagter rechtskräftig zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt und nachfolgend von der Staatsanwaltschaft die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet worden, ist die Bewilligung von Zahlungserleichterungen (Ratenzahlung) durch die Vollstreckungsbehörde

  • auch nach Beginn der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe jedenfalls dann (noch) möglich,
  • wenn bereits zuvor die Vollstreckungsbehörde eine solche von Amts wegen hätte vornehmen müssen.

 

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Beschluss vom 30.9.2015 – 2 Ws 472/15 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem ein Angeklagter rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 60 EUR verurteilt,
  • nachfolgend von der Staatsanwaltschaft, weil die beim zuständigen Vollstreckungsgericht eingeholte Auskunft ergeben hatte, dass der Verurteilte ein Vermögensverzeichnis abgegeben hatte, lediglich Arbeitslosengeld II in Höhe von 652 EUR monatlich bezog sowie kein nennenswertes Vermögen besaß, die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet worden war und
  • der Verurteilte während der Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe bei der Staatsanwaltschaft, unter Hinweis darauf, dass er Grundsicherung beziehe, die Bewilligung von Ratenzahlung in Höhe von 50 EUR monatlich sowie die Aussetzung des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe beantragt hatte,

 

dem Verurteilten gestattet, die Geldstrafe in monatlichen Raten von 50 EUR zu zahlen und nachdem mit der Bewilligung dieser Zahlungserleichterung die Voraussetzungen für eine Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe – hier Uneinbringlichkeit der Geldforderung (§§ 459c Abs. 2, 459e Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO)) – nicht mehr vorlagen, gleichzeitig auch dessen sofortige Freilassung angeordnet.

Seine Entscheidung begründet hat das OLG Karlsruhe damit, 

  • dass Entscheidungen über Zahlungserleichterungen nach § 42 Strafgesetzbuch (StGB) nach Rechtskraft der Grundentscheidung von der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde von Amts wegen zu treffen sind (§ 459a Abs. 1 StPO) und keinen Antrag des Verurteilten voraussetzen,
  • die Staatsanwaltschaft folglich hier aufgrund des ihr vorliegenden Vermögensverzeichnisses des Verurteilten vor Anordnung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe die Bewilligung von Zahlungserleichterungen hätte prüfen müssen und
  • wenn dies fälschlicherweise unterblieben ist, die eingeleitete Vollstreckung nicht zur Folge haben kann, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht mehr nachgeholt werden kann.

 

Wer haftet, wenn bei einer Treibjagd einem Dritten ein Schaden entsteht?

Die Veranstalter einer Treibjagd sind dafür verantwortlich, dass Dritte nicht durch jagdtypische Gefahren zu Schaden kommen.

  • Sie müssen sich vor Beginn der Treibjagd darüber vergewissern, ob sich in dem zu durchjagenden Bereich Nutztiere befinden, die durch Schüsse oder durchstöbernde Hunde gefährdet werden könnten.
  • Zumindest sind sie verpflichtet, die betroffenen Landwirte von der Treibjagd zu unterrichten, damit diese Vorkehrungen zum Schutz der Tiere treffen können.

 

Unterlassen Veranstalter einer Treibjagd solche Sicherungsmaßnahmen, hafteten sie auch für die Schäden, die durch das Einfangen flüchtender Nutztiere entstehen.

Darauf hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Urteil vom 05.12.2013 – 14 U 80/13 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem während einer Treibjagd in unmittelbarer Nähe des landwirtschaftlichen Anwesens des Klägers, ein von einem an der Treibjagd teilnehmenden Jagdgast geführter Jagdhund auf die Weide des Landwirts gelaufen war, drei dort grasende Rinder derart in Panik versetzt hatte, dass sie den Zaun durchbrochen hatten und
  • der Landwirt beim Wiedereinfangen der Rinder gestürzt war und sich dabei einen komplizierten Bruch der rechten Hand zugezogen hatte,

 

die Schadensersatzansprüche des Landwirts gegen die Veranstalter der Treibjagd für gerechtfertigt erklärt.

Das, sowie dass diese Entscheidung des OLG Oldenburg vom 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 18.08.2015 – VI ZR 4/14 – bestätigt worden ist und das Landgericht (LG) Osnabrück nunmehr noch über die Höhe des dem Landwirt zustehenden Schmerzensgeldes und Schadensersatzes zu entscheiden hat, hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Oldenburg am 05.10.2015 mitgeteilt.