Blog

Auch bei einem Sturz während eines auf einer Dienstreise durchgeführten betrieblichen Bowling-Turniers kann es sich um einen Arbeitsunfall handeln

Darauf hat die 6. Kammer des Sozialgerichts (SG) Aachen mit Urteil vom 06.10.2017 – S 6 U 135/16 – hingewiesen und

  • den Unfall eines Angestellten als Arbeitsunfall anerkannt,

der

  • auf Anweisung seines Arbeitgebers an einer mehrtägigen betrieblichen Veranstaltung eines Partnerunternehmens seines Arbeitgebers teilgenommen hatte und
  • im Verlauf eines Bowling-Turniers zwischen sämtlichen Teilnehmern, das fester Programmpunkt der Veranstaltung war,

sich bei einem Sturz seine Schulter ausgerenkt hatte.

Maßgeblich für die Anerkennung als Arbeitsunfall durch die Kammer war, dass

  • die Teilnahme an der Veranstaltung dem verunfallten Versicherten von seinem Arbeitgeber vorgeschrieben worden,
  • das Bowling-Turnier fester Programmpunkt der dem gegenseitigen Austausch mit Mitarbeitern des Partnerunternehmens dienenden Veranstaltung war und

der Versicherte mit der Teilnahme an dem Bowling-Turnier somit in erster Linie eine Nebenpflicht aus seinem Arbeitsverhältnis erfüllt hatte (Quelle: Pressemitteilung des SG Aachen vom 07.12.2017).

Fahren Radfahrer bei Dunkelheit ohne Licht können sie im Falle eines Unfalls (mit)haften

Darauf hat der 14. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg mit Beschluss vom 26.07.2017 – 14 U 208/16 – hingewiesen.

Denn, so der Senat, die Plicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO),

  • währendder Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst erfordern, die vorgeschriebenen Beleuchtungseinrichtungen zu benutzen,

dient nicht nur

  • dem eigenen Schutz des Radfahrers,

sondern ebenfalls

  • demjenigen anderer Verkehrsteilnehmer und
  • der Vorbeugung von Kollisionen.

Auf die Beachtung der Beleuchtungspflicht darf der Verkehr bei Dunkelheit auch vertrauen.

Kommt es wegen eines Verstoßes gegen die Beleuchtungspflicht zu einem Verkehrsunfall, so entfällt die Haftung des ohne Licht fahrenden Radfahrers nicht schon deshalb, weil

  • es an einer Berührung der beteiligten Personen oder Fahrzeuge fehlt oder
  • der Schaden auf einer Fehlreaktion des Unfallgegners beruht, die sich bei objektiver Betrachtung als nicht erforderlich erweist.

Für eine (Mit)Haftung genügt es vielmehr, dass der Verstoß gegen die Beleuchtungspflicht

  • sich unfallursächlich ausgewirkt und
  • das Schadensgeschehen insgesamt mitgeprägt hat,

was auch dann der Fall sein kann, wenn beispielsweise

  • wegen eines aus der Dunkelheit auftauchenden nicht beleuchteten Radfahrers

ein anderer mit Licht fahrender Radfahrer erschrickt und stürzt.

Saarländisches OLG entscheidet: Gemeinde haftet, wenn Geländer auf Wanderweg morsch ist und Wanderer deswegen abstürzt

Weil ihr Ehemann auf einem Wanderweg an einer Steilkante,

  • wegen eines von der Gemeinde aus Baumstämmen und Ästen errichtetes Geländers, das morsch, konstruktiv fehlerhaft und deswegen nicht standsicher war,

8 bis 10 Meter kopfüber in die Tiefe gestürzt war und dabei tödliche Verletzungen erlitten hatte, ist die Gemeinde

  • vom 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts (OLG) im Verfahren 4 U 19/17

verurteilt worden, der Witwe

  • ein Schmerzensgeld von 3.000 EUR zu zahlen und
  • ihr die materiellen Schäden, vor allem die Beerdigungskosten sowie den bisher geltend gemachten Teil des Unterhaltsschadens, in Höhe von insgesamt rund 53.000 € zu ersetzen.

Der Senat sah darin, dass das fehlerhafte Geländer nicht instandgesetzt und die Gefahrenstelle auch nicht anderweitig gesichert war, eine für den Absturz ursächliche Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (Quelle: Pressemitteilung des Saarländischen OLG vom 30.11.2017).

Was Fluggäste wissen sollten, wenn ihr Gepäck nicht mitgeliefert, sondern erst verspätet angeliefert wird

…. also den Zielort nicht rechtzeitig erreicht.

Hat ein Fluggast

  • beispielsweise eine Flugreise nach Malta gebucht und ist sein Gepäck nicht mit angeliefert worden,

hat die Fluggesellschaft dem Fluggast

den Schaden zu ersetzen,

  • der dem Fluggast durch die verspätete Anlieferung des Reisegepäcks entsteht,

außer, die Fluggesellschaft kann nachweisen,

  • dass sie und ihre Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder
  • dass es ihr oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.

Haftet die Fluggesellschaft für den dem Fluggast entstandenen Verzögerungsschaden, hat der Fluggast,

  • innerhalb der in Art. 22 Abs. 1 MÜ festgelegten Höchstgrenzen,

Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen in Geld,

  • die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Fluggastes für zweckmäßig und erforderlich halten durfte,
  • wobei § 254 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend anzuwenden ist.

Danach besteht,

  • wenn die Fluggesellschaft mitteilt, dass das Gepäck am Folgetag eintreffen,
  • es am späten Morgen des Folgetags dann auch angeliefert wird und
  • für den Fluggast somit absehbar war, dass er keinen längeren Zeitraum würde überbrücken müssen,

ohne Darlegung besonderer subjektiver Umstände, konkreter Ersatzbedarf für die Nacht und den Folgetag,

  • so dass die Fluggesellschaft in einem solchen Fall die Aufwendungen für einen Satz Kleidung,
    • d.h. einen Satz neuer Unter- und Oberbekleidung sowie Wäsche für die Nacht und einen Tag und
  • eine Basisausstattung mit Kosmetika schuldet.

Begnügen muss sich ein Fluggast dabei,

  • auch wenn er üblicherweise Kleidungsmarken aus dem Luxussegment bevorzugt,

mit der Anschaffung von mittelwertiger (Ersatz)Kleidung, weil

  • ein wirtschaftlich denkender Mensch, der davon ausgeht, lediglich einen Tag überbrücken zu müssen, sich damit zufrieden geben würde.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 01.06.2017 – 30 C 570/17 – hingewiesen.

Wichtig zu wissen für gesetzlich Versicherte, die eine Beinprothesenversorgung benötigen

Mit Urteil vom 09.11.2017 – L 1 KR 211/15 – hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) darauf hingewiesen, dass gesetzlich Versicherte, die eine Beinprothesenversorgung benötigen, Anspruch auf Versorgung

  • mit einem Genium-Kniegelenk
  • anstelle mit einem C-Leg-Beinprothesensystem

haben können, wenn

  • ihnen das kostenaufwändigere Genium-Kniegelenk einen wesentlichen Gebrauchsvorteil im Vergleich zur kostengünstigeren Alternative eines C-Leg-Beinprothesensystem bieten kann,
    • wie insbesondere beim Übersteigen von Hindernissen, beim Stehen auf schrägem Untergrund sowie beim Treppensteigen und Rückwärtsgehen im Wechselschritt,
  • den sie aufgrund ihrer körperlicher und geistigen Voraussetzungen auch tatsächlich nutzen können

und im Fall eines 82-jährigen Versicherten,

  • der nach einem Unfall den Verlust seines linken Unterschenkels im Kniegelenk erlitten hatte und
  • mit dem Genium-Kniegelenk einen höheren Mobilitätsgrad erreichte als dem C-Leg-Beinprothesensystem,

entschieden, dass die Krankenkasse,

  • die der Ansicht war, das Beinprothesensystem (C-Leg) für 28.000 Euro sei ausreichend,

ihm das knapp 46.000 Euro teure Genium-Kniegelenk zahlen muss.

Begründet hat das LSG dies damit, dass der Anspruch auf Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich – wenn also das Hilfsmittel dem unmittelbaren Ersatz des fehlenden Körperteils und dessen ausgefallener Funktion dient – bei Prothesen grundsätzlich jede Innovation umfasst, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (Quelle: JURIS Das Rechtsportal, Aktuelles juris Nachrichten).

Erleidet ein Badegast bei einem Badeunfall in einem Frei- oder Hallenbad einen Gesundheitsschaden

…. haftet der Badbetreiber, wenn

  • die mit der Aufsicht im Bad betrauten Personen schuldhaft ihre Überwachungs- und Rettungspflichten verletzt haben und
  • diese Pflichtverletzung ursächlich für die bei dem Badegast eingetretenen Gesundheitsschäden war.

Eine Verletzung der Badeaufsichtspflicht liegt vor, wenn

  • der Badebetrieb und damit auch das Geschehen im Wasser nicht fortlaufend beobachtet sowie mit regelmäßigen Kontrollblicken daraufhin überwacht worden ist, ob Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten,
  • der Beobachtungsort von den mit der Aufsicht betrauten Personen dazu nicht so gewählt worden ist, dass der gesamte Schwimm- und Sprungbereich überwacht werden kann bzw. die hierzu erforderlichen Standortwechsel nicht vorgenommen worden sind oder
  • in Notfällen nicht für rasche und wirksame Hilfeleistung gesorgt worden ist.

Ob bei Vorliegen einer solchen Pflichtverletzung

  • diese auch ursächlich für den Gesundheitsschaden eines Badegastes war,

hängt davon ab,

  • wie lange es bei pflichtgemäßem Verhalten der mit der Badeaufsicht beauftragten Personen gedauert hätte,
    • die Notlage des Badegastes zu erkennen sowie
    • diesen zu retten und
  • ob, wenn die Rettung des Badegastes in dieser Zeit erfolgt wäre,
    • die bei dem Badegast eingetretenen Gesundheitsschäden vermieden worden wären.

Dass eine Verletzung der Badeaufsichtspflicht vorgelegen hat und diese ursächlich für die bei ihm eingetretene Gesundheitsschäden war, muss grundsätzlich der Badegast beweisen.

  • Ist der Pflichtenverstoß der mit der Badeaufsicht beauftragten Personen allerdings als grob fahrlässig zu bewerten, geht es zu Lasten des Badbetreibers, wenn sich die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Gesundheitsschäden nicht beweisen lässt (Beweislastumkehr).

Darauf hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 23.11.2017 – III ZR 60/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 28.11.2017 – Nr. 189/2017 –).

Ermöglicht ein Elternteil entgegen einer geschlossenen Umgangsvereinbarung den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil nicht

…. kann dies die Verhängung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, zur Folge haben.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 29.09.2017 – 4 WF 151/17 – hingewiesen.

Will der Elternteil, dem vorgeworfen wird, den Umgang mit dem anderen Elternteil nicht ermöglicht zu haben,

  • sich erfolgreich gegen die Verhängung eines Ordnungsgeldes wehren,

reicht hierzu die Behauptung, das Kind habe nicht zum Umgang mit dem anderen Elternteil gehen wollen, nicht aus.

Kammergericht entscheidet, in welchen Bereichen ein Gehweg bei winterlichen Verhältnissen geräumt bzw. bestreut werden muss

Mit Urteil vom 07.11.2017 – 4 U 113/15 – hat das Kammergericht (KG) in Berlin darauf hingewiesen, dass Gehwege

  • nur auf einem mittigen (ausreichend breiten) Streifen geräumt bzw. mit abstumpfenden Mitteln bestreut werden müssen,

sofern sich nicht aus den Umständen des Einzelfalles etwas Anderes ergibt, was dann der Fall sein kann, wenn

  • sich am Rand des Bürgersteiges Notrufsäulen, Parkscheinautomaten oder sonstige Einrichtungen befinden, die es erfordern, einen Streifen an der Bordsteinkante zu streuen oder
  • auch auf anderen Bereichen des Gehwegs ein hohes Fußgängeraufkommen herrscht.

Demzufolge muss, wer als Fußgänger

  • bei Glatteis auf einem Gehweg

stürzt, sich dabei verletzt und deswegen Ansprüche auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld geltend machen möchte,

Wichtig zu wissen für alle, die mehrere Versicherungen für dieselbe Gefahr abgeschlossen haben

…. beispielsweise zwei Hausratversicherungen bei verschiedenen Versicherungen.

Mit Beschluss vom 21.08.2017 – 5 U 18/17 – hat der 5. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg darauf hingewiesen, dass, wenn Jemand zwei Versicherungen für dieselbe Gefahr abgeschlossen hat („Mehrfachversicherung“),

  • er beim Eintritt eines Versicherungsfalles immer nur seinen tatsächlich entstandenen Schaden ersetzt verlangen, also nicht zweimal kassieren kann und

beide Verträge dann nichtig sind und der Versicherte gar kein Geld erhält (§ 78 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz – VVG), wenn sie

  • in betrügerischer Absicht, um mehrfach abzurechnen zu können, abgeschlossen worden sind.

Übrigens:
In den Verdacht geraten, sich in betrügerischer Absicht mehrfach bei verschiedenen Versicherungen versichert zu haben, kann ein Versicherungsnehmer u.a. dann,

  • wenn von ihm beispielsweise bei Abschluss einer zweiten Hausratversicherung die Frage, ob er bereits eine andere Hausratversicherung hat, (bewusst wahrheitswidrig) verneint wird oder

wenn nach Eintritt eines Versicherungsfalles der Schaden mehreren Versicherungen gemeldet und in den Schadensmeldungen jeweils angegeben wird, nicht anderweitig versichert zu sein (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 21.11.2017 – Nr. 57/2017 –).

Auch bei einem Unfall während eines Spaziergangs kann ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallkasse bestehen

Mit Urteil vom 20.06.2017 – S 6 U 545/14 – hat die 6. Kammer des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf entschieden,

  • dass ein Arbeitsunfall vorliegt,

wenn ein zum Kreis der gesetzlich Unfallversicherten gehörender

  • während einer u.a. auch der Gewichtsreduzierung dienenden stationären Rehabilitation (Reha),
  • um seiner Verpflichtung zur aktiven Mitarbeit bei der Gewichtsreduzierung nachzukommen,

an einem therapiefreien Sonntag einen Spaziergang unternimmt und dabei,

  • beispielsweise beim Überqueren eines Fußgängerüberwegs auf dem Weg zum Kurplatz,

einen Verkehrsunfall erleidet.

Der Unfall eines gesetzlich Versicherten während einer Rehabilitation ist danach als Arbeitsunfall anzuerkennen, wenn

  • er von seinem Standpunkt aus der Auffassung sein durfte, die Tätigkeit sei geeignet, der stationären Behandlung zu dienen und
  • die Tätigkeit zudem auch objektiv kurgerecht ist,

weil dann innerer Zusammenhang mit der Rehabilitationsmaßnahme besteht (Quelle: Pressemitteilung des SG Düsseldorf vom 10.10.2017).