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Was Fahrzeugeigentümer, die die unfallbedingt anfallenden Reparaturkosten gegenüber dem Schädiger fiktiv abrechnen wollen, wissen

…. und beachten sollten.

Der Eigentümer eines bei einem Verkehrsunfall beschädigten Pkws kann grundsätzlich vom Schädiger,

  • sofern die (weiteren) Voraussetzungen hierfür vorliegen.

als Schadensersatz verlangen,

  • entweder die tatsächlich angefallenen 
  • oder die ausweislich eines Sachverständigengutachtens erforderlichen (fiktiven) 

Reparaturkosten, wobei, wenn der Geschädigte die fiktive Schadensberechnung wählt, er dabei 

  • die von dem Sachverständigen nach den Preisen einer Fachwerkstatt geschätzten Reparaturkosten auch dann ansetzen kann, wenn 
    • die Reparatur von einer „freien“ Werkstatt, 
    • von Schwarzarbeitern, 
    • vom Geschädigten selbst oder 
    • überhaupt nicht ausgeführt worden sein sollte,

der Schädiger ihn jedoch auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder „freien“ Fachwerkstatt verweisen kann, wenn er 

  • darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und 
  • der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen (dazu wann Unzumutbarkeit vorliegen kann und wann nicht vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 07.02.2017 – VI ZR 182/16 –).

Hat der Geschädigte seinen Kraftfahrzeugsachschaden allerdings 

  • sach- und fachgerecht in dem Umfang reparieren lassen, den der eingeschaltete Sachverständige für notwendig gehalten hat und 
  • unterschreiten die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten,

so beläuft sich,

  • weil Geschädigte ansonsten an dem Schadensfall verdienen würde, was dem Verbot widerspräche, sich durch Schadensersatz zu bereichern,  

auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung 

  • der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag (§ 249 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) 

auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten und hat der Geschädigte keinen Anspruch auf Zahlung 

  • des vom Sachverständigen angesetzten Nettobetrags zuzüglich der tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer, 
  • soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten Bruttoreparaturkosten übersteigt. 

Darauf und dass aufgrund dessen eine Klage des Geschädigten, 

  • mit der er Ersatz der ausweislich eines Sachverständigengutachtens erforderlichen (fiktiven) Reparaturkosten geltend gemacht und 

in der er selbst dargelegt hatte, die Möglichkeit einer 

  • vollständigen und fachgerechten, 
  • aber preiswerteren 

Reparatur wahrgenommen zu haben, 

  • unschlüssig

ist, ist vom VI. Zivilsenat des BGH 

hingewiesen worden.

Offen geblieben ist aber die Frage, ob ein Geschädigter, der 

  • seinen Kraftfahrzeugsachschaden sach- und fachgerecht in dem vom Sachverständigen festgestellten Umfang hat reparieren lassen, 

wenn 

  • er auf Gutachtenbasis abrechnet und
  • die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten unterschreiten.

im Schadensersatzprozess 

  • den tatsächlichen Aufwand darlegen muss

Diese Frage ist im Hinblick darauf, dass nach der Entscheidung des BGH (s.o.) ein Geschädigter in einem solchen Fall auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung 

  • keinen Anspruch 

hat auf Zahlung des vom Sachverständigen angesetzten Nettobetrags zuzüglich der tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer, 

  • soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten Bruttoreparaturkosten übersteigt, 

jedenfalls dann zu bejahen, wenn 

  • die Reparatur bereits vor Klageerhebung durchgeführt wurde, 

da der Geschädigte ansonsten

  • sich nicht nur über tatsächliche Umstände nicht nach § 138 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) vollständig erklären,
  • sondern auch den objektiven Tatbestand des versuchten Betruges (§ 263 Abs. 1 und 2 Strafgesetzbuch (StGB)) verwirklichen würde.

Das Oberlandesgericht (OLG) München, 

übersieht dies und dass deswegen ein Geschädigter, wenn er den Kraftfahrzeugsachschaden bereits 

  • sach- und fachgerecht in dem vom Sachverständigen festgestellten Umfang 

hat reparieren lassen, den Schaden 

  • nur noch konkret und 
  • nicht mehr fiktiv 

abrechnen kann.

BayObLG entscheidet, dass durch die Ablehnung eines Antrags auf Beiziehung der Rohmessdaten einer Geschwindigkeitsmessung

…. zur Bußgeldakte, das Recht eines Betroffenen auf ein 

  • faires Verfahren 

verletzt sein kann und erweitert dadurch die Verteidigungsmöglichkeiten von Betroffenen im Bußgeldverfahren.

Mit Beschluss vom 04.01.2021 – 202 ObOWi 1532/20 – hat das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) München in einem Bußgeldverfahren, in dem 

  • dem Betroffenen eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen wurde und 

der Verteidiger des Betroffenen, um von einem von ihm zu beauftragenden Sachverständigen die Richtigkeit der Messung,

  • die von der Polizei mit einem gültig geeichten digitalen Geschwindigkeitsüberwachungsgerät des Typs ‚PoliScanSpeed M1 erfolgt war,

überprüfen zu lassen, beantragt hatte, ihm die 

  • sog. Rohmessdaten der konkreten Einzelmessung

zu Verfügung zu stellen, entschieden, dass aus dem 

  • Recht auf ein faires Verfahren 

sich ein Anspruch des Betroffenen auf Zugang 

  • zu nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, 
  • aber bei der Verfolgungsbehörde vorhandener und zum Zwecke der Ermittlungen entstandener bestimmter Informationen, 
    • hier der sog. Rohmessdaten einer Geschwindigkeitsmessung im Straßenverkehr, 

ergibt, wenn 

  • der Betroffene rechtzeitig geltend macht, er wolle sich selbst und eigenständig Gewissheit darüber verschaffen, dass sich aus den dem Gericht nicht vorgelegten Inhalten keine seiner Entlastung dienenden Tatsachen ergeben 

und 

  • die begehrten Informationen 
    • zum einen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Ordnungswidrigkeitenvorwurf stehen und 
    • zum anderen erkennbar eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen.

Das BayObLG folgt damit dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG), das mit 

entschieden hat, dass im Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung Betroffene bzw. ihre Verteidiger,

  • zur Ermöglichung einer eigenständigen Überprüfung des Messvorgangs, um – ggf. – bei Anhaltspunkten für die Fehlerhaftigkeit des Messergebnisses die Annahme des standardisierten Messverfahrens erschüttern zu können,

 ein Recht auf Zugang zu Informationen, unter anderem 

  • der Lebensakte des verwendeten Messgeräts, 
  • dem Eichschein und 
  • den sogenannten Rohmessdaten in unverschlüsselter Form, 

auch dann haben, 

  • wenn diese nicht Teil der Bußgeldakte sind, 

der Betroffene bzw. sein Verteidiger 

  • sie aber verständiger Weise für die Beurteilung des Ordnungswidrigkeitenvorwurfs für bedeutsam halten darf und 
  • der Zugang zu diesen Informationen im Bußgeldverfahren rechtzeitig gegenüber der Bußgeldstelle und ggf. mit Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) geltend gemacht wird.

Für Betroffene bzw. ihre Verteidiger bedeutet das:
Sie können, sollte das Amtsgericht (AG) ihren rechtzeitig gestellten Antrag, die Rohmessdaten der erfolgten Geschwindigkeitsmessung zur Überprüfung der Richtigkeit der Messung zur Verfügung zu stellen, ablehnen, 

  • im Falle einer Verurteilung Rechtbeschwerde gegen das Urteil einlegen und mit der Verfahrensrüge beanstanden, dass 
    • durch die Ablehnung des Antrags gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen und
    • die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt im Sinne von § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 338 Nr. 8 Strafprozessordnung (StPO) durch den Beschluss des AG unzulässig beschränkt wurde,
      • mit der Folge, dass das Urteil aufgehoben und die Sache nur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen wird,

bzw., wenn die Rohmessdaten zur Verfügung gestellt werden, 

  • das Messergebnis eigenständig überprüfen lassen und 
  • sollten sich dabei Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Messung ergeben, 
    • diese ermittelten Anhaltspunkte dem AG darlegen und so, 
    • die ansonsten bei standardisierten Messverfahren ohne konkrete Anhaltspunkte für Messfehler im Regelfall nicht gegebene Amtsermittlungspflicht des AG auslösen,
      • mit der Folge, dass das AG die Richtigkeit der Messung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens überprüfen bzw. einen darauf gerichteten Beweisantrag nachkommen muss.  

LArbG Nürnberg entscheidet: Bietet ein Arbeitgeber in einer Stellenanzeige Mitarbeit in einem jungen, hochmotivierten Team an,

…. lässt dies, 

  • bei Ablehnung eines älteren Stellenbewerbers, 

eine Benachteiligung wegen seines Alters vermuten (vgl. §§ 22, 1, 3 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), 

  • mit der Folge, dass der Arbeitgeber nach § 15 AGG schadensersatz- und/oder entschädigungspflichtig sein kann.

Mit Urteil vom 27.05.2020 – 2 Sa 1/20 – hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Nürnberg in einem Fall, in dem es, 

  • im Begleittext einer von einem Arbeitgeber online geschalteten Stellenanzeige, 

unter der Überschrift 

  • „Wir bieten Ihnen“ 

hieß,

  • „zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem jungen, hochmotivierten Team ….“ 

eine Diskriminierung wegen des Alters gesehen und einem 61-Jährigen, dessen 18-seitige Bewerbung auf die Stelle von dem Arbeitgeber 

  • mit der Begründung, sich für andere Bewerber entschieden zu haben, die das spezielle Anforderungsprofil noch besser erfüllten,

abgelehnt worden war, nach § 15 Abs. 2 AGG einen Entschädigungsanspruch 

  • in Höhe von zwei Monatsgehältern 

zuerkannt.

Danach bewirkt die Formulierung in einer Stellenausschreibung, wonach dem/der Bewerber/in eine

  • zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem jungen, hochmotivierten Team

geboten wird, eine 

  • unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG, 

wenn der Arbeitgeber nicht ausreichende Tatsachen 

  • vortragen und ggf. auch beweisen 

kann, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere Gründe als das 

  • Alter

des 61-Jährigen für seine 

  • Nichteinstellung

ausschlaggebend waren.

Der Hinweis in der Stellenausschreibung, dass eine 

  • zukunftsorientierte Mitarbeit in einem „jungen hochmotivierten Team“ 

geboten wird, vermittle nämlich, so das LArbG, potentiellen Stellenbewerbern/innen die Botschaft, 

  • dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb hochmotiviert sind 

und könne aus der Sicht eines objektiven Empfängers zudem regelmäßig nur so verstanden werden, 

  • dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin sucht, der/die in das Team passt, weil er/sie ebenso jung und hochmotiviert ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams. 

Was Hinterbliebene, die einen verstorbenen Angehörigen in einem Ruhewald bestatten lassen, über die Gestaltungsmöglichkeit

…. der Urnengrabstätte dort wissen sollten.

Mit Urteil vom 05.01.2021 – 11 K 4427/19 – hat die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Karlsruhe in einem Fall, in dem eine Ehefrau ihren verstorbenen Ehemann in einem Ruhewald,  

  • bei dem es sich nach der Friedhofssatzung um einen naturnah bewirtschafteten Wald handelte, 
  • in dem die Aschen der Verstorbenen unter anderem an einzelnen Bäumen zugeordneten Belegungsplätzen beigesetzt werden,

hatte bestatten lassen und laut dem von ihr abgeschlossenen Belegungsvertrag 

  • der Urnenbelegungsplatz naturbelassener Waldboden bleiben sowie 
  • Grabschmuck in jeglicher Form unzulässig sein sollte,

entschieden, dass der Betreiber des Ruhewaldes 

  • aufgrund seines Hausrechtes 

berechtigt ist, jegliche Dekoration, 

  • also auch einzelne Blumen sowie bestimmte natürliche, im heimischen Wald vorkommende Materialien, 

von den Urnengrabstellen zu entfernen.

Denn der Betreiber des Ruhewaldes sei, so die Kammer, 

  • weder nach der Friedhofssatzung, 
    • aus der Folge, dass Veränderungen des Waldbodens und Grabpflege im herkömmlichen Sinne ausgeschlossen seien,  
  • noch nach dem geschlossenen Belegungsvertrag, 
    • in dem ebenfalls klar formuliert gewesen sei, dass Grabschmuck in jeglicher Form unzulässig sei,

gehalten, Grabschmuck jeglicher Art zu dulden und selbst dann,

  • wenn der Ruhewaldbetreiber die Friedhofssatzung zunächst nicht immer konsequent durchgesetzt haben sollte, 

sei er aufgrund dessen nicht zur Duldung von Dekorationen auf unabsehbare Zeit verpflichtet (Quelle: Pressemitteilung des VG Karlsruhe).

Was Arbeitnehmer wissen sollten, wenn der Arbeitgeber wegen der Corona-Pandemie das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung

…. während der Arbeitszeit anordnet.

Mit Urteil vom 16.12.2020 – 4 Ga 18/20 – hat das Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg in einem Fall, in dem ein Arbeitgeber das 

  • Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung 

für Besucher und Beschäftigte angeordnet hatte und ein Arbeitnehmer mit Hilfe eines vorgelegten ärztlichen Attestes, 

  • das ihn ohne Angabe von Gründen von der Pflicht zum Tragen von Gesichtsvisieren jeglicher Art befreite, 

erreichen wollte, dass ihm die 

  • Beschäftigung ohne Gesichtsbedeckung 

gestattet wird, den Antrag des Arbeitnehmers 

  • auf Erlass einer entsprechenden einstweilige Verfügung 

nicht stattgegeben, sondern abgelehnt. 

Danach können Arbeitgeber wegen des Gesundheits- und Infektionsschutzes aller Mitarbeiter, 

  • der Vorrang hat vor dem Interesse eines Arbeitnehmers an einer Beschäftigung ohne Gesichtsvisier oder Mund-Nase-Abdeckung,

das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung während der Arbeitszeit anordnen und muss ein Arbeitnehmer,

  • der mit Hilfe eines ärztlichen Attestes von dem Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung befreit werden will, 

ein Attest vorlegen, das 

  • konkrete und nachvollziehbare 

Angaben enthält, warum eine solche Bedeckung von ihm nicht getragen werden kann (Quelle: Pressemitteilung des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen).

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entscheidet: Krankenkasse muss die Kosten für eine Oberarmstraffung übernehmen

Mit Urteil vom 17.11.2020 – L 16 KR 143/18 – hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen entschieden, dass die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ausnahmsweise die 

  • Kosten für eine beidseitige Oberarmstraffung 

übernehmen muss, wenn 

  • eine entstellende Wirkung des Erscheinungsbildes vorliegt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, wollte eine stark übergewichtig 58-jährige Frau, 

  • nachdem sie nach einer Schlauchmagenoperation bereits ca. 50 kg Gewicht verloren hatte und 
  • eine Fettverteilungsstörung mit massivem Hautüberschuss im Bereich der Oberarme verblieben war,

sich die Oberarme straffen lassen.

Das LSG bewertete den Zustand der Oberarme 

  • zwar nicht als Krankheit im medizinischen Sinne, aber 

als entstellend,  

  • d.h. als eine körperliche Auffälligkeit solcher Ausprägung, die 
    • schon bei flüchtiger Bewegung in alltäglichen Situationen quasi im Vorbeigehen bemerkbar ist und 
    • regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt,

sah deswegen ausnahmsweise eine Operationsindikation in Form einer sogenannten Entstellung als gegeben und somit die 

  • Straffungsoperation

als Kassenleistung an.

Ein gerichtlicher Augenschein hatte nämlich ergeben, dass

  • eine massive Asymmetrie des Erscheinungsbildes von Ober- und Unterarm vorlag, 
  • trotz unauffälliger, weitgeschnittener und lockerer Alltagskleidung 
    • die Kleidung im Bereich der Oberarme sehr eng anlag, 
    • während sie sich im Bereich der Unterarme wie eine „Fahne im Wind“ bewegte 

und

Fahranfänger sollten wissen, dass eine Teilnahme an einem Aufbauseminar auch nach Ablauf der Probezeit

…. (noch) angeordnet werden kann.

Mit Urteil vom 14.12.2020 – 4 K 612/20.KO – hat das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz darauf hingewiesen, dass die 

  • Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar für Fahranfänger 

nach Ablauf der Probezeit 

  • jedenfalls

dann noch angeordnet werden kann, wenn 

  • zwischen der Anordnung und dem Verkehrsverstoß, der Anlass für die Anordnung war, ein Zeitraum von nicht mehr als zwei Jahren liegt und
  • noch keine Tilgungsreife hinsichtlich der Anlasstat im Fahreignungsregister eingetreten ist 

und dass eine 

  • zwischenzeitliche beanstandungsfreie Teilnahme am Straßenverkehr 

die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht hindert.  

Begründet hat das VG dies damit, dass 

  • § 2a Abs. 2 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) 

die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar nach Ablauf der Probezeit ausdrücklich zulässt und somit die Anordnung auch dann noch zulässig sei, wenn 

  • seit der letzten Zuwiderhandlung eine längere beanstandungsfreie Zeit 

verstrichen ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem ein 

  • Fahranfänger noch während seiner Probezeit 

zweimal die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften überschritten hatte, 

  • einmal im April 2018 um 24 km/h sowie 
  • ein weiteres Mal im November 2018 um 49 km/h, 

er deswegen jeweils mit Bußgeldern und der Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister geahndet und 

  • nach Ablauf der Probezeit im Herbst 2019 

von der zuständige Fahrerlaubnisbehörde 

  • Anfang 2020 

die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet worden war, hat das VG,

  • trotz des Umstandes, dass es seit der letzten Geschwindigkeitsüberschreitung zu keinen Beanstandungen mehr gekommen war,   

die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar für rechtmäßig erachtet (Quelle: Pressemitteilung des VG Koblenz).

Schleswig-Holsteinisches OLG entscheidet: Kein Schadensersatz für Radfahrer nach Sturz auf Streugut(resten)

Mit Beschluss vom 10.09.2020 – 7 U 25/19 – hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) die Klage einer Radfahrerin abgewiesen, die, weil sie 

  • im März, an einem Tag bei normaler Witterung, ohne Frost, 

beim Abbiegen auf den dort auf der Straße noch vorhandenen Rückständen eines Splitt-Salz-Gemisches,

  • das die Gemeinde, als noch Frost herrschte, pflichtgemäß eingesetzt, aber nicht beseitigt hatte, 

gestürzt war, sich dabei einen Bruch der Hand zugezogen hatte und von der Gemeinde 

  • wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

Schadensersatz und Schmerzensgeld wollte.

Das OLG sah darin, 

  • dass die Streugutreste nach der Verwendung nicht gleich beseitigt worden waren, 

keinen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht und begründete dies damit, dass, 

  • insbesondere als Streugut aufgebrachtes Splitt-Salz-Gemisch, 

nach dem einmaligen Einsatz noch nicht verbraucht sei, sondern auch dazu dient, präventiv die 

  • Gefahren

zu mindern, die von künftigen 

  • auch im März noch zu erwartenden 

Schneefällen und/oder Eisbildungen ausgehen.

BGH entscheidet: Wohnungsmieter haben Recht auf Einsicht auch in die einer Betriebskostenabrechnung

…. zugrundeliegenden Zahlungsbelege und bis dahin ein Leistungsverweigerungsrecht.

Mit Urteil vom 09.12.2020 – VIII ZR 118/19 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem ein Wohnungsvermieter von seinem Mieter eine Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung begehrt und diesem auf sein Verlangen hin zwar Einsicht 

  • in die der Abrechnung zugrundeliegenden Rechnungsbelege gewährt, 

aber die darüber hinaus verlangte Einsichtnahme 

  • in die entsprechenden Zahlungsbelege abgelehnt 

hatte, entschieden, dass das Recht des Mieters auf Einsicht in die Belege einer Betriebskostenabrechnung sich 

  • neben den Rechnungen
  • auch auf die dazugehörigen Zahlungsbelege 

über die in der Abrechnung auf die Mieter umgelegten Betriebskosten erstreckt und einem Mieter gegenüber dem auf eine Betriebskostenabrechnung gestützten Zahlungsverlangen des Vermieters ein 

  • aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) folgendes (temporäres) Leistungsverweigerungsrecht 

zusteht, solange ihm eine nach § 259 Abs. 1 BGB berechtigterweise begehrte Belegeinsicht nicht gewährt worden ist.

Begründet hat der Senat dies damit, dass sich das allgemeine Kontrollinteresse des Mieters darauf erstreckt, 

  • ob der Vermieter die in die Abrechnung eingestellten Leistungen Dritter seinerseits auch so (vollständig) bezahlt hat, 

weil, wenn

  • das nicht der Fall ist bzw.
  • der Vermieter keine Zahlungsbelege vorlegen kann, 

dies für den Mieter zumindest Anlass sein kann, 

  • für Nachfragen oder 
  • zur Erhebung von Einwendungen gegen einzelne Kostenpositionen. 

Hausbesitzer sollten wissen, wann eine an der Hauswand installierte Überwachungskamera das Persönlichkeitsrecht

…. des Nachbarn verletzen und diesem deshalb ein Anspruch aus § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB auf Unterlassung und Entfernung der Kamera zustehen kann. 

Mit Urteil vom 16.12.2020 – 2 S 195/19 – hat das Landgericht (LG) Frankenthal in einem Fall, in dem zwischen Nachbarn seit vielen Jahren ein erbitterter Nachbarstreit bestand und einer der beiden,

  • weil er u.a. das unbefugte Betreten seines Grundstücks befürchtete, 

an der Giebelwand seines Hauses eine Videokamera montiert hatte und der andere dies,

  • da er unzulässige Einblicke in sein Grundstück und eine Verletzung seiner Privatsphäre befürchtete,

nicht akzeptieren wollte, entschieden, dass die Videokamera (wieder) entfernt werden muss.

Eine Überwachung durch eine Kamera bzw. Videoanlage ist danach zulässig nur, 

  • wenn sie auf das eigene Grundstück beschränkt ist

und unzulässig

  • wegen Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechts des Nachbarn 

nicht nur dann, 

  • wenn sie tatsächlich Einsicht in das Grundstück der Nachbarn ermöglicht,

sondern bei zerstrittenen Nachbarn auch dann, wenn 

  • eine Videoanlage zwar (noch) nicht auch auf das Nachbargrundstück ausgerichtet ist,
  • es ohne großen Aufwand aber möglich ist, den Blickwinkel der Videoanlage in Richtung des Nachbargrundstücks zu lenken und
  • der Nachbar eine Überwachung objektiv ernsthaft befürchten muss („Überwachungsdruck“).

Vgl. auch die Entscheidungen

sowie