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Arbeitslosmeldung hat immer persönlich zu erfolgen.

Die Arbeitslosmeldung hat gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) immer persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu erfolgen. Das bedeutet,

  • dass der Meldepflichtige in eigener Person bei der Arbeitsagentur erscheinen muss und
  • das gilt auch dann, wenn der Arbeitslose eine Beschäftigung tatsächlich nicht antritt, sich zuvor aber bei der Arbeitsagentur aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet hat.

Das hat das Sächsische Landessozialgericht (SächsLSG) mit Beschluss vom 17.08.2014 – L 3 AL 1/13 B PKH – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin für eine Klage, mit der sie Arbeitslosengeld I für die Tage nach einer telefonischen Rückmeldung, aber vor der persönlichen Arbeitslosmeldung bei der Agentur für Arbeit ausgezahlt bekommen wollte, Prozesskostenhilfe beantragt.
Sie war zuvor arbeitslos gewesen, hatte sich aber in der Hoffnung, ab dem nächsten Monatsersten eine Beschäftigung anzutreten, bei der Agentur für Arbeit abgemeldet. Als das Beschäftigungsverhältnis wider Erwarten doch nicht zustande kam, hatte sie sich zunächst nur telefonisch bei dem von der Agentur für Arbeit betriebenen Callcenter gemeldet.

Ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe lehnte das SächsLSG ab, weil sich die Klägerin nicht persönlich arbeitslos gemeldet und ihre Klage deshalb auch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.

Das hat die Pressestelle des Sächsischen Landessozialgerichts am 17.11.2014 mitgeteilt.

 

Oberlandesgericht Hamm spricht Patienten 20.000 Euro Schmerzensgeld für nicht gerechtfertigte Bandscheibenersatzoperation zu.

Ein Patient kann von einem Krankenhaus 20.000 Euro Schmerzensgeld verlangen, nachdem er im Krankenhaus

  • ohne ausreichende Aufklärung und
  • ohne ausreichende Indikation nach der neueren Methode des Bandscheibenersatzes operiert worden war.

Das hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 29.09.2014 – 3 U 54/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der in den Jahren 1989 und 2002 jeweils nach Bandscheibenvorfällen erfolgreich operativ behandelte Kläger, nachdem ihm, nach erneut zunehmenden Beschwerden im Januar 2007

  • in dem beklagten Krankenhaus von den behandelnden Ärzte eine Bandscheibenersatzprothese implantiert worden war,

von dem Krankenhaus Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro verlangt, weil er weiterhin an Rückenbeschwerden litt und der Ansicht war, die Operation sei ohne ausreichende Aufklärung durchgeführt worden und zudem nicht indiziert gewesen.

Der 3. Zivilsenat des OLG Hamm gab der Klage statt und sprach dem Kläger u. a. 20.000 Euro Schmerzensgeld zu.

Nach der Entscheidung des 3. Zivilsenats stehen dem Kläger gegen das Krankenhaus sowohl vertragliche Haftungsansprüche aus dem Behandlungsvertrag gemäß §§ 611 i.V.m. 280, 278, 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als auch deliktische Haftungsansprüche gem. §§ 823, 831 BGB zu.

Die Haftung des beklagten Krankenhauses ergibt sich schon daraus, dass es eine ausreichende Aufklärung des Klägers vor der Operation nicht hat nachweisen können, die Operation damit nicht von einer wirksamen Einwilligungserklärung des Klägers gedeckt und somit rechtswidrig war.
Dass der Kläger hinreichend deutlich darüber aufgeklärt worden war, dass es sich bei der gewählten Behandlungsvariante des Einsatzes einer Bandscheibenprothese um ein seinerzeit relativ neues Operationsverfahren handelte, stand nicht fest. Erforderlich gewesen wäre diese Aufklärung schon deshalb, weil nach den Angaben des medizinischen Sachverständigen die Chance, die Beschwerden des Klägers zu lindern, angesichts seiner Vorbelastungen, mit dem Verfahren zum Einsatz einer Bandscheibenprothese deutlich geringer war als mit einer operativen Fusion (Bandscheibenversteifung).
Auf eine hypothetische Einwilligung des Klägers konnte sich das Krankenhaus nicht berufen, da der Kläger plausibel dargelegt hatte, dass er sich im Fall der ordnungsgemäßen Aufklärung über die Operationsmethoden der Implantation eines Bandscheibenersatzes einerseits und einer Fusion andererseits in einem echten Entscheidungskonflikt befunden hätte.

Abgesehen davon, wäre die Klage auch deshalb erfolgreich gewesen, weil nach den Feststellungen des 3. Zivilsenats die Operation im speziellen Fall des Klägers nicht ohne vorherige Testinfiltration hätte durchgeführt werden dürfen und somit ein Behandlungsfehler vorlag. Ohne vorherige Testinfiltration war die Operation nach den Angaben des Sachverständigen beim Kläger nämlich nicht indiziert. Denn eine Testinfiltration hätte Aufschluss über den ungewissen Erfolg eines eingesetzten Bandscheibenimplantats bringen können. So wäre festgestellt worden, inwieweit beim Kläger eine – mit der gewählten Operationsmethode nicht erfolgreich zu behandelnde – Facettengelenksarthrose schmerzverursachend war.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 19.11.2014 mitgeteilt.

 

Mindestentgelt in der Pflegebranche ist auch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu zahlen.

Das Mindestentgelt nach § 2 der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) vom 15.07.2010 ist nicht nur für Vollarbeit, sondern auch

  • für Arbeitsbereitschaft und
  • Bereitschaftsdienst

zu zahlen.

Das hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12 – entschieden.

Das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist, wie der Senat ausgeführt hat, „je Stunde“ festgelegt und knüpft damit an die vergütungspflichtige Arbeitszeit an. Dazu gehören nicht nur die Vollarbeit, sondern auch die Arbeitsbereitschaft und der Bereitschaftsdienst. Während beider müsse sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um im Bedarfsfalle unverzüglich die Arbeit aufzunehmen.
Zwar könne dafür ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit bestimmt werden. Von dieser Möglichkeit hat der Verordnungsgeber im Bereich der Pflege aber keinen Gebrauch gemacht. Deshalb seien arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die für Bereitschaftsdienst in der Pflege ein geringeres als das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV vorsehen, unwirksam.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 19.11.2014 – Nr. 63/14 – mitgeteilt.

 

Wenn der Mieter in seiner Wohnung leicht fahrlässig einen Brand verursacht.

Ein Mieter, der in seiner Wohnung leicht fahrlässig einen Brand verursacht hat, kann,

  • wenn der Schaden durch eine Wohngebäudeversicherung abgedeckt ist, deren Kosten auf ihn umgelegt sind,
  • die Beseitigung des Brandschadens vom Vermieter verlangen und gegebenenfalls die Miete mindern.

Darauf hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 19.11.2014 – VIII ZR 191/13 – in einem Fall hingewiesen, in dem

  • die 12-jährige Tochter des Mieters durch leicht fahrlässiges Verhalten in der Mietwohnung ein Brand verursacht hatte und
  • vom Vermieter sowohl eine Inanspruchnahme ihrer Gebäudeversicherung – deren Kosten nach dem Mietvertrag anteilig auf den Kläger umgelegt werden – als auch die Beseitigung des Brandschadens abgelehnt worden war

Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH (vgl. u. a. BGH, Beschluss vom 21.01.2014 – VIII ZR 48/13 –) galt, dass ein Mieter erwarten darf, als Gegenleistung für die (anteilig) von ihm getragenen Versicherungsprämien im Schadensfall einen Nutzen von der Versicherung zu haben.

  • Deshalb ist ein Rückgriff des Versicherers auf den Mieter nach ständiger Rechtsprechung des BGH durch einen stillschweigenden Regressverzicht ausgeschlossen, wenn der Vermieter die Wohngebäudeversicherung in Anspruch nimmt, so dass der Mieter im Ergebnis so steht, als hätte er die Versicherung selbst abgeschlossen.
  • Der Vermieter hat dagegen im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, anstelle der Versicherung den Mieter in Anspruch zu nehmen.
    Vielmehr ist der Vermieter aufgrund dieser Interessenlage regelmäßig verpflichtet, auf die Versicherung zurückzugreifen oder gegenüber dem Mieter auf Schadensersatz zu verzichten.

In Fortentwicklung dieser Rechtsprechung hat der VIII. Zivilsenat des BGH nunmehr entschieden, dass der Mieter in einem derartigen Fall vom Vermieter

  • auch die Beseitigung der Brandschäden verlangen und
  • gegebenenfalls die Miete mindern kann.

Den Vermieter trifft nach § 535 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Pflicht, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten.
Diese Pflicht entfällt zwar grundsätzlich, wenn der Mieter den Schaden selbst schuldhaft verursacht hat.
Dies gilt nach der vorliegenden Entscheidung des VIII. Zivilsenats aber nicht, wenn – wie hier – eine für den Schaden eintrittspflichtige Wohngebäudeversicherung besteht, deren Kosten auf den Mieter umgelegt worden sind.
In diesem Fall ist der Vermieter grundsätzlich gehalten,

  • die Versicherung in Anspruch zu nehmen und
  • den Schaden zu beseitigen.

Denn der Mieter kann auch in dieser Konstellation erwarten, dass ihm seine Aufwendungen für die Wohngebäudeversicherung im Schadensfall zu Gute kommen.

Offen lies der Senat, ob der Vermieter ausnahmsweise nicht auf die Inanspruchnahme der Versicherung verwiesen werden kann, wenn damit eine erhebliche Erhöhung der Versicherungsprämien verbunden wäre, denn es fehlte insoweit an einem konkreten Vortrag des Vermieters hinsichtlich einer zu erwartenden Beitragserhöhung.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshof am 19.11.2014 – Nr. 170/2014 – mitgeteilt.

 

Wenn nach einer zulässigen Verdachtsberichterstattung der Verdacht gegen den Betroffenen ausgeräumt wurde und die Rufbeeinträchtigung fortwirkt?

Nach einer Verdachtsberichterstattung in einem Presseorgan,

  • die zum Veröffentlichungszeitpunkt zulässig war,

kann der davon Betroffene,

  • wenn der Verdacht später ausgeräumt wird und die Rufbeeinträchtigung fortwirkt,

von dem Herausgeber des Presseorgans

  • nicht die Richtigstellung der ursprünglichen Berichterstattung,
  • sondern nur die nachträgliche Mitteilung (Nachtrag) verlangen, dass nach Klärung des Sachverhalts der berichtete Verdacht nicht mehr aufrechterhalten werde.

Darauf hat der unter anderem für den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 18.11.2014 – VI ZR 76/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger, nach einer ihn betreffenden Verdachtsberichtung in einem von der Beklagten verlegten Nachrichtenmagazin, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung rechtmäßig war, deren Richtigstellung mit der Begründung verlangt, dass der Verdacht gegen ihn zwischenzeitlich ausgeräumt worden sei. 

Das Oberlandesgericht (OLG), das nach einer Beweisaufnahme davon überzeugt war, dass der ursprüngliche Verdacht unberechtigt war, verurteilte die Beklagte antragsgemäß dazu, in ihrem Nachrichtenmagazin unter der Überschrift „Richtigstellung“ eine Erklärung zu veröffentlichen, wonach sie den Verdacht nicht aufrechterhalte.

Auf die Revision der Beklagten hat der VI. Zivilsenat des BGH das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen.

Zwar komme, wie des VI. Zivilsenat des BGH ausgeführt hat, auch im Fall einer im Veröffentlichungszeitpunkt zulässigen Verdachtsberichterstattung ein Berichtigungsanspruch des Betroffenen grundsätzlich in Betracht, wenn – wie im Streitfall – der Tatverdacht später ausgeräumt wird und die Rufbeeinträchtigung fortdauert.
Jedoch ergebe die gebotene Abwägung

dass das Presseorgan nicht verpflichtet werden könne,

  • sich nach einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung
  • selbst ins Unrecht zu setzen.

Deshalb könne der Betroffene bei späterer Ausräumung des Verdachts und Fortwirkung der Beeinträchtigung von dem Presseorgan nicht die Richtigstellung der ursprünglichen Berichterstattung, sondern nur die nachträgliche Mitteilung (Nachtrag) verlangen, dass nach Klärung des Sachverhalts der berichtete Verdacht nicht mehr aufrechterhalten werde.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 18.11.2014 – Nr. 168/2014 – mitgeteilt.

 

Keine Prozesskostenhilfe für Eigentümer einer selbst bewohnten Immobilie?

Ein vom Antragsteller selbst bewohntes Hausgrundstück mit mehr als einer angemessenen Wohnfläche ist kein Schonvermögen und muss zur Finanzierung von Prozesskosten eingesetzt werden.

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 10.10.2014 – 9 W 34/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Antragstellerin, die gemeinsam  mit ihrer Tochter eine in ihrem hälftigen Miteigentum stehende, unbelastete Doppelhaushälfte mit einer Wohnfläche von 100 m² bewohnt, Prozesskostenhilfe beantragt für eine Schadensersatzklage in Höhe von ca. 10.000 Euro gegen den Antragsgegner, von dem in ihrer Wohnung Mobiliar fahrlässig in Brand gesetzt worden war.

Der 9. Zivilsenat des OLG Hamm hat Prozesskostenhilfe versagt und zur Begründung ausgeführt, dass die Antragstellerin sich die zur Prozessführung notwendigen finanziellen Mittel durch Verwertung ihres Miteigentumsanteils an dem Hausgrundstück selbst beschaffen kann.
Das Hausgrundstück sei – auch wenn es von der Antragstellerin gemeinsam mit ihrer Tochter selbst bewohnt werde – nicht als sogenanntes Schonvermögen nach § 115 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Nr. 8 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) geschützt. Denn das von ihr selbst und ihrer Tochter bewohnte Haus übersteige unter den gegebenen Umständen den angemessenen Wohnbedarf und könne demzufolge bei der Prozesskostenhilfeentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben.

Die Angemessenheit einer Wohnungsgröße sei nach den Vorschriften über die soziale Wohnraumförderung zu beurteilen. Aus diesen ergebe sich für Nordrhein-Westfalen, dass

  • in der Regel für eine alleinstehende Person eine Wohnungsgröße von 50 m² Wohnfläche,
  • für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen zwei Wohnräume oder 65 m² Wohnfläche und für jede weitere haushaltsangehörige Person ein weiterer Raum oder weitere 15 m² Wohnfläche

angemessen seien,

  • wobei eine Überschreitung um bis zu 5 m² Wohnfläche, da geringfügig, noch hinzunehmen sei.

Nach diesen Maßstäben sei eine Wohnung von bis zu 70 m² für die Antragstellerin und ihre Tochter angemessen und die von ihr bewohnte Doppelhaushälfte mit 100 m² mithin nicht mehr angemessen.
Die Antragstellerin müsse für die Prozesskosten daher grundsätzlich ein Darlehen gegen die Bestellung eines Grundpfandrechts aufnehmen.
Grundvermögen, das nicht unter das Schonvermögen fällt, sei nämlich uneingeschränkt einzusetzen. Es müsse belastet oder verwertet werden. Jedenfalls sei bei Grundvermögen, das nicht Schonvermögen ist, eine Belastung durch Kreditaufnahme zumutbar.
Die Antragstellerin müsse deshalb, die sich bei streitiger Durchführung des Verfahrens auf ca. 2600 € belaufenden Prozesskosten gegebenenfalls mit einem Darlehen finanzieren.
Dafür, dass sie einen Kredit in dieser Höhe auch unter dinglicher Absicherung nicht erlangen kann, gab es vorliegend keine Anhaltspunkte. 

 

Wenn Arbeitnehmer mit ihrer Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis unzufrieden sind.

Bescheinigt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala,

  • die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“.
  • Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen.

Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden.

Darauf hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 18.11.2014 – 9 AZR 584/13 – hingewiesen.

Danach kommt es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an.

  • Ansatzpunkt ist vielmehr die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala.
  • Begehrt der Arbeitnehmer eine Benotung im oberen Bereich der Skala, muss er darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist.

Soweit nach vorhandenen Studien fast 90 % der untersuchten Zeugnisse die Schlussnoten „gut“ oder „sehr gut“ aufweisen sollen, wird dadurch nach Auffassung des Neunten Senats  nicht belegt, dass neun von zehn Arbeitnehmern auch tatsächlich gute oder sehr gute Leistungen erbringen, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen eingegangen sind, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprechen.
Im Übrigen richte sich der Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 Satz 3 Gewerbeordnung (GewO) auf ein inhaltlich „wahres“ Zeugnis. Das umfasse auch die Schlussnote. Auch müsse ein Zeugnis nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.

Der Neunte Senat hat den seiner Entscheidung zugrunde liegenden Fall, in dem die Parteien darüber streiten,

  • ob die beklagte Arbeitgeberin die Leistungen ihrer klagenden, ehemaligen Angestellten zu Recht mit „zur vollen Zufriedenheit“ bewerten hat, oder,
  • wie die Klägerin meint, mit „stets zur vollen Zufriedenheit“ hätte bewerten müssen,

zur Prüfung,

  • ob die von der Klägerin vorgetragenen Leistungen eine Beurteilung im oberen Bereich der Zufriedenheitsskala rechtfertigen und ob die Beklagte hiergegen beachtliche Einwände vorbringt,

an das Landesarbeitsgericht (LAG) zurückverwiesen.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 18.11.2014 – Nr. 61/14 – mitgeteilt.

 

Auch wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur um 6 km/h überschreitet muss zahlen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat mit Beschluss vom 26.06.2014 den Antrag eines Richters auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil eines Amtsgerichts (AG) Freiburg im Breisgau verworfen, das gegen ihn wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung um 6 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften, in einem Bereich, in dem eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h galt, eine Geldbuße in Höhe von 15 Euro verhängt hatte.
Der betroffene Richter war der Ansicht nicht fahrlässig gehandelt zu haben. Denn um die Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h einhalten zu können, hätte er drei- bis viermal pro Minute auf den Tacho schauen, infolgedessen blind fahren müssen und, wenn er genau im Moment eines eventuellen Verkehrsunfalls auf den Tacho geschaut hätte, ihm dann hätte vorgeworfen werden können, nicht auf die Straße geschaut zu haben.

Das OLG Karlsruhe folgte dieser Argumentation nicht.
Es vertrat vielmehr der Ansicht, dass ein Autofahrer sich so zu verhalten habe, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten wird. Der Fahrer müsse hierzu seine Geschwindigkeit regelmäßig durch einen Blick auf den Tacho kontrollieren und wenn ihm dies kurzfristig – etwa aufgrund der aktuellen Verkehrssituation – nicht möglich sei, gegebenenfalls seine Geschwindigkeit so reduzieren, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten wird.
Überschreitet ein Autofahrer in einem Fall in dem er nicht auf den Tacho blicken kann die zulässige Höchstgeschwindigkeit, begründet dies einen Fahrlässigkeitsvorwurf ebenso wie z. B. auch im Falle der Teilnahme am Straßenverkehr mit einem defekten Tacho. Denn einem Autofahrer obliege in derartigen Situationen in jedem Fall eine gesteigerte Sorgfaltspflicht.

Der Betroffene muss jetzt, neben der verhängten Geldbuße, die Gerichtskosten für zwei Instanzen und ein Sachverständigengutachten tragen, das das Amtsgericht eingeholt hatte.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau mitgeteilt. 

 

Wenn im Betreuungsverfahren ein Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger bestellt wird.

Nach § 277 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) erhält ein Verfahrenspfleger Ersatz seiner Aufwendungen nach § 1835 Abs. 1 bis 2 BGB sowie gemäß § 277 Abs. 2 Satz 2 FamFG neben den Aufwendungen nach Absatz 1 eine Vergütung in entsprechender Anwendung der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 und 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG), wenn die Verfahrenspflegschaft ausnahmsweise berufsmäßig geführt wird.

Auf § 1835 Abs. 3 BGB, wonach als Aufwendungen auch solche Dienste des Vormunds oder des Gegenvormunds gelten, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören, verweist § 277 FamFG zwar nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) ist diese Vorschrift jedoch auf den anwaltlichen Verfahrenspfleger anzuwenden. Dieser kann daher eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) beanspruchen, soweit er im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein juristischer Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (BGH, Beschlüsse vom 23.07.2014 – XII ZB 111/14 –; vom 27.06.2012 – XII ZB 685/11 – und vom 17.11.2010 – XII ZB 244/10 –).

  • Hat das Amtsgericht (AG) bereits bei der Bestellung des Verfahrenspflegers die Feststellung getroffen, dass der Verfahrenspfleger eine anwaltsspezifische Tätigkeit ausübt, ist diese Feststellung für das Vergütungsfestsetzungsverfahren bindend (BGH, Beschlüsse vom 12.09.2012 – XII ZB 543/11 – und vom 17.11.2010 – XII ZB 244/10 –).
  • Andernfalls ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren auf entsprechenden Antrag des Verfahrenspflegers anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob dieser im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hatte, für die ein juristischer Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (BGH, Beschlüsse vom 23.07.2014 – XII ZB 111/14 –; vom 27.06.2012 – XII ZB 685/11 – und vom 17.11.2010 – XII ZB 244/10 –).

Die Frage, unter welchen Umständen ein Verfahrenspfleger im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zu bewilligen ist, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters.
Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat, von ihm Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt wurden und er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 26.10.2011 – XII ZB 312/11 – zur Betreuervergütung).

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 24.09.2014 – XII ZB 444/13 – hingewiesen und in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall,

  • in dem ein Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger u. a. zur Wahrnehmung der Interessen der Betroffenen in einem Verfahren bestellt worden war, das die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Veräußerung von Grundbesitz der Betroffenen zum Gegenstand hatte,

die tatrichterliche Würdigung, dass die Führung der Verfahrenspflegschaft von solchen Verrichtungen geprägt war, die typische anwaltliche Tätigkeiten darstellen, nicht beanstandet. 

 

Wenn laut Kaufvertrag ein Gebrauchtwagen „reparierte Blechschäden“ hatte.

Wird ein gebrauchter Pkw von privat an privat verkauft und enthält der Kaufvertrag neben dem Ausschluss der Sachmängelgewährleistung, die Abrede „Sondervereinbarung: Reparierte Blechschäden rechts“, stellt dies eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar. Denn sie beschreibt eine Eigenschaft der Kaufsache und konkretisiert die Pflichten des Verkäufers in einer genau bestimmten Hinsicht auf eine Sollbeschaffenheit.

Unter „Blechschäden“ zu verstehen sind nach dem in einen solchen Fall maßgeblichen Empfängerhorizont Schäden,

  • die, bezogen auf das Gesamtfahrzeug sozusagen an der Oberfläche bleiben und
  • eine Betroffenheit grundlegender Fahrzeugstrukturen weder beim Schadenseintritt noch im Zuge von dessen Behebung bewirken.

Der weitere Hinweis in der Beschaffenheitsvereinbarung, der Schaden sei repariert, kann nur dahin verstanden werden,

  • dass eine ordnungsgemäße Reparatur stattgefunden hat.

Das bedeutet,

  • hat bei dem Pkw tatsächlich lediglich ein reparierter Blechschaden in diesem Sinne vorgelegen,

dann war er frei von Sachmängeln, weil dann die tatsächliche Beschaffenheit der vereinbarten Sollbeschaffenheit entsprochen hat, § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Stellt sich dagegen heraus,

  • dass das Fahrzeug nicht nur mit einem solchen bloßen Blechschaden behaftet war, also ein darüber hinausgehender Schaden vorgelegen hat, oder
  • keine ordnungsgemäße Reparatur erfolgt ist,

war das Fahrzeug nicht frei von Sachmängeln, weil seine tatsächliche Beschaffenheit der vereinbarten Beschaffenheit dann nicht entsprochen hat, § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Auf den Ausschluss der Sachmängelhaftung kann sich der Verkäufer in diesem Fall nicht berufen. Denn, falls in einem Kaufvertrag zugleich eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache und ein pauschaler Ausschluss der Sachmängelhaftung vereinbart sind, sind diese vertragliche Regelungen im Wege einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung dahin zu verstehen, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern nur für Mängel gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB gelten soll (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 29.11.2006 – VIII ZR 92/06 –; Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 13.03.2013 – 7 U 3602/11 –.

Darauf hat der 3. Zivilsenat des OLG Düsseldorf  mit Urteil vom 30.10.2014 – 3 U 10/13 – hingewiesen.