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Reisemangel bei Kreuzfahrt wegen Ausfalls eines als Reisehöhepunkt angekündigten Programmpunktes.

Bei einer siebzehntägigen Schiffsreise kann der Ausfall des Höhepunktes der Reise zu einem Minderungsrecht von 20 Prozent führen, nicht jedoch zu einem Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit.

Das hat, wie die Pressestelle des Amtsgerichts (AG) München am 19.09.2014 mitteilte – 40/14 –, das AG München mit Urteil vom 17.12.13 – 182 C 15953/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Kläger bei einem Reiseunternehmen eine Schiffsreise nach Mittelamerika in der Zeit vom 20.2.13 bis 8.3.13 zum Preis von 8123 Euro gebucht, bei der laut Reisebeschreibung als „besonderer Höhepunkt“ am 8. Reisetag die tagsüber stattfindende Durchfahrt des 81,6 Kilometer langen Panamakanals angekündigt worden war.
Da die Einfahrt in den Panamakanal, entgegen der Ankündigung nicht um 06:00 morgens, sondern erst nach 16 Uhr stattfand, so dass der überwiegende Teil der Durchfahrt und insbesondere auch die Durchfahrt des Gatun-Sees im Dunklen geschah, verlangte der Kläger von dem Reiseunternehmen, das wegen des Reisemangels freiwillig nur 400 Euro erstattet hatte, Minderung des Reisepreises und Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit in Höhe von insgesamt 4061,50 Euro, also die Hälfte des Reisepreises.

Das AG München verurteilte das Reiseunternehmen zur Zahlung von weiteren 1224,60 Euro und wies im Übrigen die Klage ab.

Es sah die Schiffsreise als mangelhaft an, weil die Fahrt durch den Panamakanal nicht wie vertraglich vereinbart gänzlich, sondern nur teilweise tagsüber sowie im Übrigen nachts erfolgte und erachte dafür eine Minderungsquote von 20 % für angemessen und ausreichend.
Die Höhe der Minderungsquote begründete das AG damit, dass bei einer Kreuzfahrt die einzelnen Programmpunkte der Reise gewichtet und in ihrer Bedeutung bewertet werden müssen und die Durchfahrt des Panamakanals als einziger Programmpunkt in dem Prospekt als „Highlight“ und als besonderer Höhepunkt der Reise nach Mittelamerika bezeichnet worden war, wodurch dem Reisenden der Eindruck vermittelt wurde, dass die Durchfahrt des Panamakanals als besonderer Höhepunkt der Reise anzusehen ist.

Einen Schadensersatzanspruch wegen vertaner Urlaubszeit sprach das AG dem Kläger nicht zu, weil der Mangel bei der Durchfahrt des Panamakanals die Reise insgesamt nicht erheblich beeinträchtigte. Auch wenn nach der Durchquerung des Panamakanals eine verständliche Verärgerung unter den Reisenden und auch bei dem Kläger bemerkbar war, was naturgemäß mit einer Beeinträchtigung des Urlaubsgenusses verbunden sein kann, wurde mit dem Erleben der Küsten Panamas und Costa Ricas mit kulturellen Hintergründen nämlich weiteres interessantes geboten.

 

Um ihr Messfoto zu vernichten setzen manche Autofahrer sogar die Geschwindigkeitsmessanlage in Brand.

Wer eine Geschwindigkeitsmessanlage in Brand setzt  

bestraft werden können.

Das hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig mit Urteil vom 18.10.2013 – 1 Ss 6/13 – entschieden.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Angeklagte, nachdem er mit seinem Pkw die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten und von einer vom dortigen Landkreis betriebenen stationären Geschwindigkeitsmessanlage geblitzt worden war, den Kasten im oberen Bereich der Messanlage, in dem sich die Kamera und das Messgerät befanden, mit Hilfe eines Stoffstücks in Brand gesetzt und die in dem Kasten eingebauten Teile dadurch so beschädigt, dass eine Reparatur der Teile nicht mehr möglich war.   

Nach der Entscheidung des 1. Strafsenats des OLG Braunschweig war der Tatbestand der Brandstiftung in diesem Fall deshalb nicht erfüllt, weil § 306 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB voraussetzt, dass die Tathandlung generell als geeignet anzusehen ist, nicht nur den Eigentümer des Tatobjekts zu schädigen, sondern auch sonstige Rechtsgüter zu beeinträchtigen und eine solche generelle Gefahr für sonstige Rechtsgüter durch das in Brand setzen der Geschwindigkeitsmessanlage nicht bestand (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 21.11.2000 – 1 StR 438/00 –).
Da Geschwindigkeitsmessanlagen als bloße Hilfsmittel der Bußgeldbehörde anzusehen und deshalb selbst weder Einrichtung noch Anlage i. S. d. § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB sind, kam auch eine Verurteilung wegen Störung öffentlicher Betriebe nicht Betracht.  
Eine Verurteilung wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung nach § 304 Abs. 1 StGB scheiterte daran, dass eine Geschwindigkeitsmessanlage kein Gegenstand ist, der zum öffentlichen Nutzen aufgestellt ist.
Ebenfalls nicht erfüllt ist der Tatbestand der versuchten Unterdrückung technischer Aufzeichnungen nach § 274 Abs. 1 Var. 2, Abs. 2 StGB, weil die Vereitelung des staatlichen Bußgeldanspruchs kein Nachteil i.S. dieser Vorschrift ist (BGH, Beschluss vom 15.07.2010 – 4 StR 164/10 –). 

Aner auch wenn ein Angeklagter wegen einer solchen Tat nur wegen Sachbeschädigung bestraft wird, wird die Sache dennoch für ihn schon deshalb richtig teuer, weil er

  • neben der Strafe die er zu zahlen oder zu verbüßen haben wird,
  • natürlich auch den verursachten Schaden ersetzen muss

und der betrug in dem vom 1. Strafsenat des OLG Braunschweig entschieden Fall über 40.000 Euro.

 

Schwangerschaft nach Sterilisation.

Für eine nach einer Sterilisation eingetretene, ungewollte Schwangerschaft haftet das behandelnde Krankenhaus nicht, wenn kein Behandlungsfehler festgestellt werden kann und die behandelte Patientin über eine verbleibende Versagerquote zutreffend informiert worden ist.

Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 17.06.2014 – 26 U 112/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war es bei der Klägerin, obwohl sie sich anlässlich der Geburt ihres 2. Kindes im beklagten Krankenhaus hatte sterilisieren lassen, gleichwohl zu einer erneuten, ungewollten Schwangerschaft gekommen.  
Mit der Begründung, die Sterilisation sei fehlerhaft durchgeführt und sie, die Klägerin, über die verbleibende Versagerquote unzureichend aufgeklärt worden, verlangte die Klägerin Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro und einen Unterhaltsschaden von ca. 300 Euro monatlich.

Die Klage blieb deshalb erfolglos, weil

  • ein für die Schwangerschaft ursächlicher Behandlungsfehler nicht mit ausreichender Sicherheit feststellbar war,
  • die Möglichkeit bestand, dass sich die auch bei einer fachgerechten Sterilisation verbleibende Versagerquote in der Schwangerschaft schicksalhaft realisiert hat und
  • die Klägerin auch nicht nachweisen konnte, dass die behandelnden Ärzte des beklagten Krankenhauses gegen die Pflicht zur therapeutischen Aufklärung verstoßen haben, indem sie von ihnen über die verbleibende Versagerquote und die daraus folgende Notwendigkeit weiterer Verhütungsmaßnahmen unzureichend aufgeklärt worden ist.

Die Beweislast für eine Verletzung der Informationspflicht einer erneuten Schwangerschaft hat die Klägerin und dass der Hinweis auf die Versagerquote unterlassen worden ist, stand nicht sicher fest, nachdem der behandelnde Arzt bei seiner Zeugenvernehmung glaubhaft angegeben hatte, die Klägerin mündlich zutreffend auf eine Versagerquote von 4 in 1000 Fällen hingewiesen zu haben.
Nach Auffassung des 26. Zivilsenats des OLG Hamm war dies für die gebotene therapeutische Aufklärung auch ausreichend. Die Patientin wisse dann nämlich, dass das Risiko einer Schwangerschaft in dem genannten Promillebereich fortbestehe und sie ggfls. weitere Verhütungsmaßnahmen ergreifen müsse, wenn sie einen einhundertprozentigen Sicherheitsstandard anstrebe.

 

Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit nach der Strafprozessordnung (StPO).

Nach § 24 Abs. 2 StPO ist die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit dann gerechtfertigt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
Geeignet in diesem Sinne sind nur objektive Gründe bzw. Umstände, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus, bei vernünftiger Betrachtung und Erwägung, auch noch nach Berücksichtigung der dienstlichen Erklärung des Richters, begründete Zweifel an der Unbefangenheit wecken bzw. Anlass zu der Annahme bieten können, der abgelehnte Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könne (Kammergericht (KG) Berlin, 3. Strafsenat, Beschluss vom 10.07.2008 – 1 Ss 354/07 –).

Dass der Richter tatsächlich befangen ist, ist nicht erforderlich. Auch kommt es weder darauf an, ob die Befürchtung des Ablehnenden, der Richter sei ihm gegenüber voreingenommen, begründet ist, noch auf die subjektive Meinung des abgelehnten Richters, ob er befangen sei oder nicht.
Abzustellen ist vielmehr auf den Standpunkt eines vernünftigen Angeklagten, also darauf, ob der Ablehnende  vernünftige Gründe für sein Begehren vorbringen kann, die jedem unbeteiligten Dritten einleuchten.

Rein subjektive unvernünftige Vorstellungen und Erwägungen des Ablehnenden scheiden daher – unabhängig ob der Ablehnende sie tatsächlich hegt oder nur vorschützt, – aus und kommen als Befangenheitsgründe nicht in Betracht.
Grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund stellen auch eine für fehlerhaft erachtete Rechtsansicht des abgelehnten Richters oder eine vermeintlich unzutreffende Entscheidung bzw. Verfahrensverstöße dar, sofern die Fehlerhaftigkeit nicht auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber der ablehnenden Partei beruht und die Grenze der Willkür nicht überschritten wird.
Im Ablehnungsverfahren geht es allein um die Parteilichkeit des Richters und nicht um die Richtigkeit seiner Handlungen und Entscheidungen, deren Überprüfung vor allem den Rechtsmittelgerichten vorbehalten ist.
Vermeintliche Verfahrensverstöße im Rahmen der allgemeinen Prozessleitung, wie sie jedem Richter unterlaufen können, und für fehlerhaft erachtete Entscheidungen lassen dabei nicht per se einen Rückschluss auf eine unsachliche Einstellung des Richters zu.
Die Befangenheitsablehnung ist nämlich kein Instrument zur Fehler- und Verfahrenskontrolle.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn das prozessuale Vorgehen des abgelehnten Richters so grob fehlerhaft ist, dass bei einer verständig urteilenden Partei der Anschein der Voreingenommenheit des Richters gegenüber der ablehnenden Partei entstehen muss.

Aus der Verhandlungsführung kann sich Misstrauen gegen die Unvoreingenommenheit des Richters dann ergeben,

  • wenn der den Angeklagten bedrängt, zur Sache auszusagen oder ein Geständnis abzulegen, oder
  • wenn er den Angeklagten unter Verletzung des richterlichen Verhandlungsstils in unangemessener oder sogar ehrverletzender Weise behandelt.

Nicht gerechtfertigt ist Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters dagegen, wenn der Richter

  • dem Angeklagten in nachdrücklicher Form Vorhalte macht,
  • sich in nach Sachlage noch verständlichen Unmutsäußerungen ergeht („Unmutswallungen“), auf das nach dem gegebenen Sachstand zu erwartende Verfahrensergebnis hinweist,
  • die Bedeutung eines Geständnisses für die Strafzumessung hervorhebt oder,
  • situationsangemessen und auf das Naturell des jeweiligen Angeklagten eingehend, Fragen und Erklärungen mit Nachdruck und in klarer, dem Angeklagten sicher verständlicher Sprache formuliert sowie dabei Worte wählt, mit denen er den jeweiligen Angeklagten wirksam erreicht („individuelle Ansprache“).

Zulässig ist die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit

  • ohne Einschränkung nur bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse
  • , in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters (§ 25 Abs. 1 Satz 1 StPO) und

nach diesem Zeitpunkt nur, wenn

  • die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird,
    • erst später eingetreten oder
    • dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekannt geworden sind (§ 25 Abs. 2 Nr. 1 StPO)
  • und die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO).

Dabei sind alle Ablehnungsgründe gleichzeitig vorzubringen (§ 25 Abs. 1 Satz 2 StPO) und diese sowie im Fall des § 25 Abs. 2 StPO die Voraussetzungen des rechtzeitigen Vorbringens glaubhaft zu machen (§ 26 Abs. 2 Satz 1 StPO).

Bei der Frage, ob die Ablehnung unverzüglich angebracht wurde (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO), wird von der Rechtsprechung ein strenger Maßstab angelegt. Die Ablehnung muss zwar nicht „sofort“, aber „ohne schuldhaftes Zögern“, das heißt ohne unnötige, nicht durch die Sachlage begründete Verzögerung geltend gemacht werden, wobei durch die Sachlage begründet lediglich die Verzögerung ist, die dadurch entsteht, dass der zur Ablehnung Berechtigte, nachdem er Kenntnis vom Ablehnungsgrund erlangt hat, eine gewisse Zeit zum Überlegen und Abfassen des Gesuchs benötigt.
Für die Rechtzeitigkeit eines Ablehnungsgesuchs kommt es auf die Kenntnis des Angeklagten an. Eine etwaige schuldhafte verspätete Kenntnisnahme dieser Tatsachen durch den Verteidiger wird dem Angeklagten nicht zugerechnet.
Für die Rechtzeitigkeit eines Ablehnungsgesuchs des Nebenklägers kommt es auf die Kenntnis des bevollmächtigten Vertreters an.

Der Beschluss

  • mit dem eine Ablehnung für begründet erklärt wird ist nicht anfechtbar (§ 28 Abs. 1 StPO);
  • durch den einer Ablehnung nicht stattgegeben wird, ist,
    • wenn die Entscheidung einen erkennenden Richter betrifft, nur zusammen mit dem Urteil,
    • ansonsten mit der sofortigen Beschwerde

anfechtbar (§ 28 Abs. 2 StPO). 

 

Wenn die Vorfahrt an einer Kreuzung nicht geregelt ist.

Ist die Vorfahrt an einer Kreuzung nicht besonders geregelt, stellt sich für jeden Verkehrsteilnehmer, der sich dieser Kreuzung nähert, die Verkehrsrechtslage so dar, dass er

  • zwar gegenüber dem von links Kommenden vorfahrtberechtigt,
  • gegenüber Verkehrsteilnehmern von rechts aber wartepflichtig ist.

Um deren Vorfahrt beachten zu können, muss er, wie § 8 Abs. 2 Satz 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vorschreibt, mit mäßiger Geschwindigkeit an die Kreuzung heranfahren und sich darauf einstellen, dass er notfalls rechtzeitig anhalten kann, um die ihm gegenüber Vorfahrtberechtigten durchfahren zu lassen.

  • Das gilt jedenfalls dann, wenn die Örtlichkeit unübersichtlich ist und die kreuzende Straße nach rechts nicht weit genug eingesehen werden kann.

Dann besteht eine von der Rechtsprechung mit „halber Vorfahrt“ (nicht besonders geregelte Vorfahrt an schwer einsehbaren Kreuzungen) bezeichnete Situation, die grundsätzlich auch dem Schutz des von links kommenden Wartepflichtigen gilt (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21.06.1977 – VI ZR 97/76 –; Amtsgericht (AG) Dortmund, Urteil vom 26.06.2013 – 408 C 10880/12 –).

Das bedeutet, kommt es in einem solchen Fall zu einer Kollision trifft den von rechts kommenden Vorfahrtsberechtigten ein Mitverschulden an dem Unfall, wenn er

  • vor dem Einfahren in eine Kreuzung bei der er in die ihm gegenüber bevorrechtigte, von rechts einmündende Straße nicht weit genug einsehen kann,
  • seine Geschwindigkeit nicht soweit ermäßigt, dass er gegebenenfalls seiner Wartepflicht gegenüber etwaigen für ihn von rechts kommenden Verkehrsteilnehmern genügen kann.

Darauf hat die 18. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Hannover mit Urteil vom 05.08.2014 – 18 O 312/12 – hingewiesen.

 

Das heimliche Mithören eines Telefonats.

Lässt Jemand einen anderen heimlich ein Telefongespräch mithören, um ihn als Zeugen für den Inhalt des Gesprächs zu haben, kann er den Inhalt des Telefonats durch den heimlichen Mithörer nicht beweisen. Denn die Zeugenaussage eines solchen heimlichen Mithörers darf vom Gericht nicht verwertet werden.

Das hat, wie die Pressestelle des Amtsgerichts (AG) München am 29.08.2014 – 37/14 – mitteilte, das AG München mit Urteil vom 10.07.14 – 222 C 1187/14 – entschieden.

Das heimliche Mithören eines Telefonats verletzt nach dieser Entscheidung den Gesprächspartner in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und ist, wenn damit der alleinige Zweck verfolgt wird, ein Beweismittel zu bekommen, grundsätzlich auch nicht gerechtfertigt. Gerechtfertigt kann ein heimliches Mithören nur dann sein, wenn dadurch höherrangige Interessen gewahrt werden sollen.

Dieses Urteil des AG München entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Mit Urteil vom 17.02.2010 – VIII ZR 70/07 – hat der BGH darauf hingewiesen, dass die Aussage eines Zeugen über den Inhalt eines Telefongesprächs, das er ohne Wissen des Gesprächspartners mitgehört hat, nicht verwertet werden darf.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt in der Erhebung und Verwertung der Aussage eines Zeugen, der ein Telefonat ohne Einwilligung des Gesprächspartners mitgehört hat, nämlich ein Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Recht des Gesprächspartners am gesprochenen Wort, für den es einer dem Rang des grundrechtlichen Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Rechnung tragenden Rechtfertigung bedarf (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.10.2002 – 1 BvR 1611/96 – 1 BvR 805/98 –; ebenso BGH, Urteil vom 18.02.2003 – XI ZR 165/02 –).

  • Dabei reicht das allgemeine Interesse an einer funktionstüchtigen Straf- und Zivilrechtspflege nicht aus, um im Rahmen der erforderlichen Abwägung von einem gleichen oder höheren Gewicht ausgehen zu können, als es dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zukommt.
  • Vielmehr müssen weitere Aspekte hinzutreten, die ergeben, dass das Interesse an der Beweiserhebung trotz der Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung schutzwürdig ist.

Das Bundesverfassungsgericht und die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verweisen insoweit auf notwehrähnliche Situationen wie die Anfertigung heimlicher Tonbandaufnahmen zur Feststellung der Identität eines anonymen Anrufers oder zur Feststellung erpresserischer Drohungen oder den Fall eines auf andere Weise nicht abwehrbaren Angriffs auf die berufliche Existenz (so BGH, Urteil vom 17.02.2010 – VIII ZR 70/07 –).

 

Unerwünschte Werbung muss man nicht dulden.

Wem von einer Firma oder einem Unternehmen Webeprospekte oder Kataloge zugesendet werden, kann sich,

  • wenn er der Firma bzw. dem Unternehmen schriftlich ausdrücklich mitgeteilt hat, dass er künftig die Zusendung von Webematerial nicht mehr wünscht und
  • er trotzdem weiterhin Werbeprosekte bzw. Kataloge erhält,

mit einer Unterlassungsklage gegen die weitere künftige Zusendung von Werbematerial wehren.

Das hat, wie die Pressestelle des Amtsgerichts (AG) Augsburg am 23.06.2014 – Nr. 13/14 –  mitgeteilte, das AG Augsburg entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte die Klägerin bei der beklagten Buchhandlung zwar zunächst Waren bestellt, dieser dann schriftlich mitgeteilt, künftig die Zusendung von Werbematerialen nicht mehr zu wünschen, danach aber wieder einen Katalog der Buchhandlung in ihrem Briefkasten gefunden.

Das AG Augsburg hat der von der Klägerin erhobenen Unterlassungsklage stattgegeben.

Danach beeinträchtigt unverlangt zugesandte Werbung den Adressaten in seinem Persönlichkeitsrecht und seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Da das Sichten und Aussortieren unerbetener Werbekataloge für den Empfänger mit zusätzlichem Arbeitsaufwand verbunden ist, ist schon bei einer einmaligen unerwünschten Briefkastenwerbung eine unzumutbare Belästigung gegeben. 

 

Wenn ein Mietauto nach Ablauf der vertraglichen Mietzeit weiter genutzt wird.

Wegen unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs macht sich nach § 248b Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar, wer ein Kraftfahrzeug oder ein Fahrrad gegen den Willen des Berechtigten in Gebrauch nimmt.
Unter dem Gebrauch eines Fahrzeugs ist dabei dessen vorübergehende Nutzung – seinem bestimmungsgemäßen Zweck entsprechend – als Fortbewegungsmittel zu verstehen.

  • Erforderlich bei der unbefugten Ingebrauchnahme eines Kraftfahrzeugs ist damit das Ingangsetzen des Fahrzeugs zur selbständigen Fahrt.
  • Die bloße Inbetriebnahme durch Anlassen des Motors genügt hierzu nicht.

Ein Gewahrsamsbruch ist regelmäßig nicht erforderlich, weshalb dem Ingebrauchnehmen das unbefugte Ingebrauchhalten gleichstellt ist. Es ist daher ausreichend, wenn – wie bei der Benutzung eines Mietwagens nach Ablauf der Mietzeit – die Berechtigung des Täters nachträglich wegfällt und er die Sache somit als „Nicht-mehr-Berechtigter“ (weiter) nutzt.

Wird somit ein Mietfahrzeug nach Ablauf der vertraglichen Mietzeit nicht mehr als Fortbewegungsmittel genutzt, sondern beispielsweise lediglich nur noch weiter als Schlafplatz, stellt dies mangels Fortbewegung des Fahrzeugs kein Ingebrauchnehmen im Sinne des § 248b StGB dar.
In einem solchen Fall würde ein Ingebrauchnehmen des Fahrzeugs erst dann wieder vorliegen, wenn es nach Ablauf der Mietzeit auf das Gelände der Autovermietung zurückgebracht und dort abgestellt wird.
Die Ingebrauchnahme eines Fahrzeugs durch einen an sich Unberechtigten allein zum Zwecke der Rückführung an den Berechtigten ist aber regelmäßig von dessen mutmaßlichen Willen gedeckt und daher nicht tatbestandsmäßig im Sinne des § 248b Abs. 1 StGB.

Darauf hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 24.06.2014 – 2 StR 73/14 – hingewiesen.

 

Anordnungen nach dem Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen (GewSchG).

Zwingende Voraussetzung für eine Gewaltschutzanordnung nach dem GewSchG ist die konkrete Feststellung (bzw. im Verfahren einstweiliger Anordnung die Glaubhaftmachung) eines der in den §§ 1 und 2 GewSchG geregelten qualifizierten Fälle, also für den Erlass einer Gewaltschutzanordnung nach § 1 GewSchG,

  • dass eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit des Antragstellers widerrechtlich verletzt hat (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG; vgl. hierzu Oberlandesgericht (OLG) Celle, Beschluss vom 19.03.2012 – 10 UF 9/12 –) oder
  • eine Person dem Antragsteller mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich gedroht hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 GewSchG) oder
  • eine Person widerrechtlich und vorsätzlich
    • in die Wohnung des Antragstellers oder dessen befriedetes Besitztum eindringt (§ 1 Abs. 2 Nr. 2a GewSchG; vgl. hierzu OLG Celle, Beschluss vom 19.03.2012 – 10 UF 9/12 –) oder
    • den Antragsteller dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihm gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder ihn unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt, wobei eine unzumutbare Belästigung dann nicht vorliegt, wenn die Handlung der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient (§ 1 Abs. 2 Nr. 2b GewSchG).

Ist das Vorliegen einer dieser Fälle positiv festgestellt, rechtfertigt dies dann alle „zur Abwehr weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen“, wobei § 1 Abs. 1 Satz 3 GewSchG einzelne mögliche Maßnahmen benennt, jedoch keine abschließende Aufzählung enthält („insbesondere“).

Die Auswahl einzelner Unterlassungsverpflichten ist nur von deren Geeignetheit und Erforderlichkeit zur Abwehr einer Gefährdung der geschützten Rechtsgüter abhängig. Sie setzt dagegen nicht voraus, dass eine Wiederholungs- oder Begehungsgefahr gerade hinsichtlich der untersagten Verhaltensweise festgestellt ist.

Darauf hat das OLG Celle, Senat für Familiensachen, mit Beschluss vom 21.08.2014 – 10 UF 183/14 – hingewiesen.

 

Wer Beschuldigter einer Straftat oder Betroffener einer Ordnungswidrigkeit ist muss belehrt werden.

Nach §§ 136 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 163a Abs. 4 Strafprozessordnung (StPO) ggf. i. V. m. § 46 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) ist bei der ersten Vernehmung eines Beschuldigten

  • dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und
  • der Beschuldigte darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen.

Der diesen Vorschriften zugrunde liegende Beschuldigtenbegriff vereinigt subjektive und objektive Elemente. Die Beschuldigteneigenschaft

  • setzt – subjektiv – den Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörde voraus,
  • der sich – objektiv – in einem Willensakt manifestiert.

Wird gegen eine Person

  • ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet,

liegt darin ein solcher Willensakt.

Andernfalls beurteilt sich dessen Vorliegen danach,

  • wie sich das Verhalten des ermittelnden Beamten nach außen, insbesondere in der Wahrnehmung des davon Betroffenen

darstellt.

Dabei ist zwischen verschiedenen Ermittlungshandlungen wie folgt zu differenzieren:

Strafprozessuale

  • Eingriffsmaßnahmen, die nur gegenüber einem Beschuldigten zulässig sind,

sind Handlungen, die ohne weiteres auf den Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörde schließen lassen.

Aber auch

  • Eingriffsmaßnahmen, die an einen Tatverdacht anknüpfen,

begründen grundsätzlich die Beschuldigteneigenschaft des von der Maßnahme betroffenen Verdächtigen, weil sie regelmäßig darauf abzielen, gegen diesen wegen einer Straftat strafrechtlich vorzugehen.
So liegt die Beschuldigtenstellung eines Verdächtigen auf der Hand, wenn eine Durchsuchung nach § 102 StPO dazu dient, für seine Überführung geeignete Beweismittel zu gewinnen.

Anders liegt es bei Vernehmungen.

Bereits aus §§ 55, 60 Nr. 2 StPO ergibt sich, dass im Strafverfahren auch ein Verdächtiger im Einzelfall als Zeuge vernommen werden darf, ohne dass er über die Beschuldigtenrechte belehrt werden muss.

Der Vernehmende darf dabei

  • auch die Verdachtslage weiter abklären.

Da er mithin nicht gehindert ist, den Vernommenen mit dem Tatverdacht zu konfrontieren, sind hierauf zielende Vorhalte und Fragen nicht zwingend ein hinreichender Beleg dafür, dass der Vernehmende dem Vernommenen als Beschuldigten gegenübertritt.

Der Verfolgungswille kann sich jedoch

  • aus dem Ziel, der Gestaltung und den Begleitumständen der Befragung

ergeben, wenn z. B. eine – aus der Sicht des Vernommenen zu beurteilende – Gesamtschau aller relevanten Umstände ergibt, dass die Vernehmung vornehmlich dazu diente, den Vernommenen, von dessen mutmaßlicher Täterschaft sich der Vernehmungsbeamte überzeugt zeigte, zu überführen oder neue Ermittlungsansätze gegen ihn zu gewinnen oder ein Geständnis von ihm zu erlangen.

Ergibt sich die Beschuldigteneigenschaft

  • nicht aus einem Willensakt der Strafverfolgungsbehörden,

kann – abhängig von der objektiven Stärke des Tatverdachts – unter dem Gesichtspunkt der Umgehung der Beschuldigtenrechte gleichwohl ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO vorliegen.
Ob die Strafverfolgungsbehörde einen solchen Grad des Verdachts auf eine strafbare Handlung für gegeben hält, dass sie einen Verdächtigen als Beschuldigten vernimmt, unterliegt ihrer pflichtgemäßen Beurteilung.
Im Rahmen der gebotenen sorgfältigen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls kommt es dabei darauf an, inwieweit der Tatverdacht

  • auf hinreichend gesicherten Erkenntnissen hinsichtlich Tat und Täter oder
  • lediglich auf kriminalistischer Erfahrung

beruht.
Falls sich der Tatverdacht jedoch so verdichtet, dass die vernommene Person ernstlich als Täter der untersuchten Straftat in Betracht kommt, ist es verfahrensfehlerhaft, wenn dennoch nicht zur Beschuldigtenvernehmung übergegangen wird (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 25.02.2004 – 4 StR 475/03 –).

Darauf hat der 1. Strafsenat des BGH mit Urteil vom 03.07.2007 – 1 StR 3/07 – hingewiesen.