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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Bezugnahme auf die vom Verwalter vorzulegende Eigentümerliste ist bei Beschlussanfechtungsklage zulässig.

Werden von einem Miteigentümer mit einer gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten Klage in einer Eigentümerversammlung gefasste Beschlüsse angefochten, so genügt für die nähere Bezeichnung der beklagten Wohnungseigentümer zunächst die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks (§ 44 Abs. 1 S. 1 WEG). Damit wollte der Gesetzgeber die Einhaltung der einmonatigen Anfechtungsfrist (§ 46 Abs. 1 S. 2 WEG) nicht über Gebühr erschweren.
Die Bezeichnung der übrigen Wohnungseigentümer mit Namen und ladungsfähiger Anschrift ist nach § 44 Abs. 1 S. 2 WEG dennoch erforderlich und hat nachfolgend spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu erfolgen, wobei der Kläger , auch stillschweigend, auf eine Liste Bezug nehmen kann, die die Gegenseite vorgelegt hat. Ansonsten liegt ein Zulässigkeitsmangel vor. Dieser Zulässigkeitsmangel kann zwar durch Nachholung im Berufungsrechtszug noch geheilt werden. Die verspätete Vorlage der Liste kann sich aber im Einzelfall gemäß § 97 Abs. 2 ZPO auf die Kostenentscheidung auswirken.

Die Einreichung der Eigentümerliste als Bestandteil der ordnungsgemäßen Klageerhebung (§ 44 Abs. 1 S. 2 WEG) ist zwar Sache des Klägers. Dieser ihm obliegenden Pflicht kann der Kläger jedoch auch dadurch nachkommen, dass er sich auf die durch den Verwalter vorzulegende Liste bezieht oder bei Gericht beantragt, dem Verwalter die Vorlage der Liste aufzugeben. Dann muss das Gericht tätig werden und der Verwaltung die Vorlage der Liste unter Fristsetzung aufgeben. Dies folgt aus § 142 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) analog.
Die Anordnung muss in der Regel ergehen. Ein Ermessensspielraum des Gerichts besteht regelmäßig nicht, weil der Verwalter aufgrund des Verwaltervertrags auch gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer zu der Vorlage verpflichtet ist. Zudem ist er ohnehin im Wege der Beiladung an dem Verfahren zu beteiligen (§ 48 Abs. 1 S. 2 WEG); in der Regel ist er auch Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer (§ 45 Abs. 1 WEG). Aus diesen Gründen bedarf es keiner vorangehenden außergerichtlichen Aufforderung.
Weil es um eine Zulässigkeitsvoraussetzung geht, kann die Anordnung bereits mit Zustellung der Klage erfolgen; § 273 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 Nr. 5 ZPO steht dem nicht entgegen.
Kommt der Verwalter der Anordnung nicht innerhalb der gesetzten Frist nach, ist er dazu mit Ordnungsmitteln anzuhalten (§ 142 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 390 ZPO analog).
Ein solches Versäumnis der Verwaltung wirkt sich nicht zu Lasten des Klägers aus und darf nicht zur Abweisung der Klage als unzulässig führen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 14.12.2012 – V ZR 162/11 – hingewiesen.

 

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Beginn der Verjährungsfrist – Nachweis der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB – Wissenszurechnung.

Gemäß § 199 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

  • der Anspruch entstanden ist (= Nr. 1) und
  • der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (= Nr. 2).

Die für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen hat der Geschädigte nur, wenn ihm außer dessen Name auch die (ladungsfähige) Anschrift bekannt ist. Von der Kenntnis beziehungsweise grob fahrlässigen Unkenntnis der Anschrift ist zwar auszugehen, wenn zur Erlangung der Kenntnis nur eine einfache Anfrage oder ein Telefongespräch erforderlich sind. Letzteres darf aber nicht ohne Rücksicht auf die Lage des Einzelfalls vorausgesetzt, sondern muss vom Tatrichter festgestellt werden.

Da derjenige, der die Einrede der Verjährung erhebt, die Darlegungs- und Beweislast für die den Beginn und den Ablauf der Verjährung maßgeblichen Umstände trägt, ist er grundsätzlich auch gehalten, zum Vorliegen aller subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorzutragen; erst auf Grund eines solchen Vortrags obliegt es dann dem Anspruchsinhaber, seinerseits an der Aufklärung mitzuwirken und etwa darzulegen, was er zur Ermittlung der erforderlichen Tatsachen unternommen hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es hinsichtlich der Kenntnis der für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebenden Umstände grundsätzlich auf die Person des Anspruchsinhabers selbst an.
Allerdings muss sich der Anspruchsinhaber das Wissen eines Dritten entsprechend § 166 Abs. 1 BGB und mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB ) dann als eigenes Wissen zurechnen lassen, wenn er den Dritten mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, insbesondere ihm im Zusammenhang mit der Verfolgung des Anspruchs die Kenntnisnahme von bestimmten Tatsachen oder die Vornahme der erforderlichen Tatsachenfeststellungen übertragen hat; in diesen Fällen ist der Dritte als „Wissensvertreter“ des Anspruchsinhabers zu behandeln.
Die hierauf gegründete Zurechnung umfasst nicht nur das positive Wissen des Wissensvertreters, sondern auch seine leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis.
Diese Grundsätze erfahren keine Ausnahme, wenn und soweit es um die Zurechnung der Kenntnis (oder einer grob fahrlässigen Unkenntnis) des Ehegatten des Anspruchsinhabers geht.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 13.12.2012 – III ZR 298/11 – hingewiesen.

 

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Ordnungswidrigkeitenverfahren – Einsichtsrecht des Verteidigers in die Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgerätes.

Der Verteidiger hat im Rahmen eines Bußgeldverfahrens, das eine Geschwindigkeitsüberschreitung zum Gegenstand hat, das Recht auf Akteneinsicht in alle Unterlagen, die auch dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt werden.
Dies folgt schon aus dem Gesichtspunkt der Gewährleistung eines fairen Verfahrens (Art. 6 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)), der Stellung des Rechtsanwaltes als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)) und dem Grundsatz der Aktenvollständigkeit (vgl. Landgericht (LG) Ellwangen, Beschluss vom 14.12.2009 – 1 Qs 166/09 –).
Nur wenn dem Verteidiger alle Unterlagen zur Verfügung stehen, die auch dem Sachverständigen zugänglich sind, ist es ihm möglich, das Sachverständigengutachten auf seine Richtigkeit zu überprüfen.
Darüber hinaus wäre ohne Akteneinsicht im geschilderten Umfang zwischen Betroffenem und der Ermittlungsbehörde keine Waffengleichheit gegeben, wenn die Ermittlungsbehörde einen Wissensvorsprung dadurch erlangt, dass sie maßgebliche Unterlagen zurückhält und dem Betroffenen deren Kenntnisnahme verweigert. Es ist nicht ausreichend, den Verteidiger auf allgemein zugängliche Sekundärliteratur zu verweisen, in denen die Funktions- und Bedienweise von Geschwindigkeitsmessgeräten erklärt wird.

Darauf und dass durch eine nicht vollständig gewährte Akteneinsicht das Recht des Betroffenen auf Verteidigung in unzulässiger Weise beschränkt wird (§ 338 Nr. 8 Strafprozessordnung (StPO)), hat das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg mit Beschluss vom 05.11.2012 – 2 Ss (Bz) 100/12 – hingewiesen.

 

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Versicherungsrecht – Zur Haftung des Vermieters für von ihm fahrlässig verursachte Brandschäden des Mieters.

Einem Geschäftsversicherungsvertrag zwischen einem Versicherer und einem Mieter von gewerblich genutzten Räumen, durch den dieser seine Geschäftseinrichtung und seinen Betriebsunterbrechungsschaden u. a. gegen Feuer versichert hat, kann ein Regressverzicht des Versicherers für die Fälle, in denen der Vermieter einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat, nicht entnommen werden.
Der Versicherer kann in einem solchen Fall den regulierten Schaden des Mieters, gemäß § 86 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) aus übergegangenem Recht, von dem Vermieter ersetzt verlangen.
Auch dann, wenn ein Mieter sich im Mietvertrag zum Abschluss einer solchen Geschäftsversicherung verpflichtet hatte, sind Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter auf Schadensersatz wegen leicht fahrlässig verursachter Brandschäden nicht durch einen stillschweigenden mietvertraglichen Haftungsverzicht ausgeschlossen. Daraus, dass der Mieter sich verpflichtet, auf seine Kosten seine Geschäftseinrichtung und seinen Betriebsunterbrechungsschaden zu versichern, folgt ein solcher Haftungsverzicht nicht. Die Versicherung dient der Absicherung des wirtschaftlichen Risikos des Mieters. Darauf ist auch das Interesse des Vermieters gerichtet, der als Vermieter daran interessiert ist, dass sein Mieter durch eine Beschädigung bzw. Zerstörung seiner Einrichtungsgegenstände nicht insolvent wird.
Die (neuere) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der ein von dem Vermieter abgeschlossener Gebäudeversicherungsvertrag ergänzend dahin ausgelegt werden kann, dass er einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers zugunsten des Mieters für die Fälle enthält, in denen ein Mieter einen Brandschaden durch nur einfache Fahrlässigkeit verursacht hat (BGH, Beschluss vom 12.12.2001 – XII ZR 153/99 –), kann auf einen vom Mieter abgeschlossenen Geschäftsversicherungsvertrag nicht übertragen werden. Diese Rechtsprechung beruht darauf, dass dem Vermieter für den Versicherer erkennbar daran gelegen ist, den Mieter in den Schutz des Gebäudeversicherungsvertrags einzubeziehen. Der Vermieter hat ein Interesse daran, dass der Mieter, auf den er in der Regel die Kosten der Versicherung abwälzt, in seiner Erwartung, er sei bei fahrlässiger Schadensverursachung durch die Versicherung geschützt, nicht enttäuscht wird.
Ein solches für den Versicherer erkennbares Interesse des Mieters daran, den Vermieter vor einem Regress wegen eines von diesem leicht fahrlässig verursachten Schadens zu schützen, besteht bei einer Versicherung nicht, deren versicherte Gegenstände in keinem Bezug zu dem Vermieter stehen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 12.12.2012 – XII ZR 6/12 – hingewiesen.

 

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Versicherungsrecht – Wann ist ein Schaden „beim Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden?

Nach § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ist der Halter verpflichtet, wenn bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

Voraussetzung für diese Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters ist, dass der Schaden „bei dem Betrieb“ des Kraftfahrzeugs entstanden ist. Die Verwirklichung dieser Anspruchsvoraussetzung bereitet Schwierigkeiten, wenn sich das schadensverursachende Kraftfahrzeug weder in einem maschinentechnischen Sinne noch nach den Kriterien der verkehrstechnischen Auffassung (vgl. hierzu Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 09.01.1959 – VI ZR 202/57) in Betrieb befand, also wenn beispielsweise ein in einer Werkstatt abgestelltes Kraftfahrzeug, dessen Motor nicht läuft, in Brand gerät und dadurch ein dort befindliches anderes Fahrzeug beschädigt wird. Denn die während des Betriebs des Kraftfahrzeugs im öffentlichen Verkehrsraum geschaffene Gefahr dauert dann, da das Kraftfahrzeug in einer Werkstatt abgestellt war, nicht mehr an und das Kraftfahrzeug war somit auch in verkehrstechnischer Hinsicht nicht (mehr) in Betrieb.
Entstanden ist der Schaden „bei dem Betrieb“ des Kraftfahrzeugs in einem solchen Fall nur dann, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem die Gefahr begründenden Umstand und der Verkehrsverwendung des Kraftfahrzeugs besteht. Ein solcher von dem Geschädigten darzulegender und nachzuweisender Zusammenhang besteht dann, wenn gerade die Transport- und Fortbewegungsfunktion des Kraftfahrzeugs dem Schadensereignis seine prägende, charakteristische Eigenart verleiht.
Zu denken ist an Fallkonstellationen, in denen etwa die Betriebswärme des Kraftfahrzeugs nach dem Abstellen in einer Garage zu einem Brandereignis führt (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 15.06.2010 – I-1 U 105/09 –).
Nicht hinreichend ist es indessen, wenn sich im Schadensereignis lediglich die Sachgefahr realisiert, wie sie jeder komplexen Maschine innewohnt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.09.2010 – 1 U 6/10 –:im dort entschiedenen Fall geriet ein Fahrzeug aus ungeklärter Ursache in Brand, nachdem es bereits mehrere Tage in einer Reparaturwerkstatt abgestellt gewesen war; vgl. auch BGH, Urteil vom 27.11.2007 – VI ZR 210/06 –).

Darauf hat das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) mit Urteil vom 17.01.2013 – 4 U 201/11 – hingewiesen.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Notfallmaßnahmen einzelner Wohnungseigentümer.

Nach § 21 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind.
Dieser gesetzlich geregelte Fall der Notgeschäftsgeschäftsführung setzt voraus, dass ein Schadenseintritt zeitlich so nahe bevorsteht, dass ein verständiger Wohnungseigentümer nicht zuvor den Verwalter einschalten kann. Damit scheidet die Annahme einer Notgeschäftsführung immer dann aus, wenn der Verwalter oder gar die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits eingeschaltet waren und insbesondere dann, wenn bereits ein Beschluss über die Durchführung bestimmter Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft gefasst wurde.

Wird ein entsprechender Beschluss nachfolgend nicht umgesetzt, macht das die erforderliche Maßnahme nicht automatisch zu einer Notmaßnahme im Sinne des § 21 Abs. 2 WEG. Vielmehr ist der Verwalter einerseits gehalten, entsprechende Beschlüsse umgehend umzusetzen, die einzelnen Eigentümer ihrerseits können den Verwalter hierauf – notfalls gerichtlich – in Anspruch nehmen.

Darauf hat das Landgericht Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 08.08.2012 – 14 S 3797/12 WEG – hingewiesen.

 

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Bundesjagdgesetz (BJagdG) – Zur Zwangsmitgliedschaft von Grundstückseigentümern in Jagdgenossenschaft.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR, Große Kammer) hat mit Urteil vom 26.06.2012 – 9300/07 – entschieden, dass die im deutschen Bundesjagdgesetz (BJagdG) von Gesetzes wegen vorgesehene automatische Mitgliedschaft bestimmter Grundstückseigentümer in einer Jagdgenossenschaft (vgl. § 8 ff. BJagdG) und ihre Verpflichtung, das Jagdausübungsrecht und damit auch die Anwesenheit von Personen mit Jagdgewehren und -hunden auf ihren Grundstücken zu dulden, für die Grundstückseigentümer, die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, eine Einschränkung der freien Ausübung des Rechts, ihr Eigentum zu nutzen, ist und Art. 1 Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt.
Mit Blick auf diese Rechtsprechung und weil danach davon auszugehen sei, dass die Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft und ihre Folgen gegen das Grundgesetz und die EMRK verstoßen, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH München) mit Beschluss vom 30.01.2013 – 19 AE 12.2123 – in einem Verfahren, zugunsten eines auf Befreiung von der Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft und auf Einschränkung der Jagd auf seinem Grundstück klagenden Eigentümers, durch einstweilige Regelungsanordnung nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entschieden, dass die Vorschriften betreffend die Rechte und Pflichten, die sich aus der Wahrnehmung von Grundeigentümerbefugnissen und des Jagdausübungsrechts durch die Jagdgenossenschaft und aus der diesbezüglichen Mitgliedschaft des Grundstückseigentümers für die Beteiligten ergeben, hinsichtlich des Klägers und seines Grundstücks vorläufig nicht anzuwenden sind und die Vorschriften über die Wildfolge nur in bestimmten Fällen.
In seinem Beschluss hat der VGH aber auch darauf hingewiesen, dass, falls die Jagdbehörden Jagdmaßnahmen ausschließlich im Allgemeininteresse anordnen und durchsetzen wollten, so um überhöhte Wildbestände zu reduzieren, der VGH dies durch eine entsprechende Abänderung seiner einstweiligen Anordnung ermöglichen werde.

Die Hauptsacheentscheidung des VGH München in diesem Verfahren bleibt abzuwarten.

 

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Strafrecht – Haftbefehl – Voraussetzungen für den Haftgrund der Fluchtgefahr und der Verdunkelungsgefahr.

Nach § 112 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) darf Untersuchungshaft gegen einen Beschuldigten nur angeordnet werden, wenn

  • ein dringender Tatverdacht gegen ihn besteht,
  • ein Haftgrund vorliegt und
  • die Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht außer Verhältnis steht.

Haftgründe (vgl. hierzu §§ 112 Abs. 2, Abs. 3, 112a StPO) sind u. a. auch Fluchtgefahr und Verdunkelungsgefahr.

Der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO liegt vor, wenn bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalles eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Annahme spricht, der Beschuldigte werde sich zumindest für eine gewisse Zeit dem Strafverfahren – einschließlich der Strafvollstreckung – entziehen, als für die Erwartung, er werde sich dem Verfahren zur Verfügung halten.
Allein die Straferwartung bietet für den Haftgrund der Fluchtgefahr dann keine ausreichende Grundlage, wenn ein Beschuldigter in Deutschland lebt, hier sozial verwurzelt und berufstätig ist, er sich bisher durchgängig unter seiner Meldeanschrift aufgehalten hat und es Anhaltspunkte dafür, dass er sich ins Ausland absetzen oder in Deutschland untertauchen könnte, nicht gibt.

Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 3b StPO liegt vor, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen ein Verhalten des Beschuldigten festzustellen ist, das den dringenden Verdacht begründen könnte, er werde auf Zeugen oder Sachverständige unlauter einwirken, um deren Aussageverhalten zu beeinflussen und wenn deshalb die Gefahr droht, dass die Ermittlung der Wahrheit erschwert wird.
Eine entsprechende Absicht eines Beschuldigten allein, durch eine unlautere Einwirkung auf einen Zeugen die Beweislage zu seinen Gunsten prozessordnungswidrig zu beeinflussen, genügt für den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass die potentielle Verdunkelungshandlung auch objektiv (noch) geeignet ist, die Ermittlung der Wahrheit zu erschweren.
Daran fehlt es, wenn die Beweise in einer Weise gesichert sind, dass der Beschuldigte die Wahrheitsermittlung nicht mehr mit Erfolg behindern kann, also wenn beispielsweise hinsichtlich der Taten bereits ein für glaubhaft erachtetes richterliches Geständnis des Beschuldigten vorliegt, der Beweiswert einer potentiell gefährdeten Zeugenaussage deshalb nicht mehr ernstlich in Frage gestellt werden kann, weil diese richterlich protokolliert worden ist und der Inhalt somit durch den Richter bezeugt werden kann sowie konkrete Anhaltspunkte für die Annahme fehlen, der Beschuldigte könnte eine geschädigte Belastungszeugin dazu bewegen, ein Verlöbnis vorzutäuschen, um ein Zeugnisverweigerungsrecht geltend zu machen und hierdurch die Verwertbarkeit der bisherigen Aussagen zu verhindern.

Darauf hat das Kammergericht (KG) Berlin mit Beschluss vom 11.07.2012 – 4 Ws 73/12 – hingewiesen.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Vereinbarung dass Wohnungsveräußerung der Zustimmung bedarf – Sinn und Zweck?

Gemäß § 12 Abs. 1 WEG kann, als Inhalt des Sondereigentums vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer, zur Veräußerung seines Wohnungseigentums, der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf.
Eine solche Vereinbarung dient dem Schutz der Wohnungseigentümer gegen den Eintritt unerwünschter Personen in die Wohnungseigentümergemeinschaft. Durch das Erfordernis der Zustimmung sollen sich die übrigen Wohnungseigentümer dagegen schützen können, dass Wohnungseigentum in die Hand eines persönlich oder finanziell unzuverlässigen Erwerbers gerät. Solange in einem solchen Fall die erforderliche Zustimmung nicht erteilt worden ist, ist eine Veräußerung nach § 12 Abs. 3 WEG unwirksam.
Ist dem Verwalter in der Gemeinschaftsordnung die Befugnis zur Zustimmung zu einer Veräußerung nach § 12 Abs. 1 WEG übertragen worden, nimmt er bei seiner Entscheidung kein eigenes Recht wahr, sondern wird grundsätzlich als Treuhänder und mittelbarer Stellvertreter der Wohnungseigentümer tätig. Der Verwalter hat dann bei der ihm übertragenen Entscheidung die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer wahrzunehmen.
Die Verwaltungsbefugnis der Wohnungseigentümer wird allerdings dadurch, dass die Zustimmungskompetenz in der Gemeinschaftsordnung auf den Verwalter übertragen worden ist, nicht verdrängt. Die Wohnungseigentümer können jederzeit – auch ohne eine Vorlage des Verwalters oder des betroffenen Wohnungseigentümers – dessen Zustimmungsbefugnis an sich ziehen und über die Erteilung der Zustimmung entscheiden.
Zuständiges Organ für solche Entscheidungen ist die Eigentümerversammlung, die mit Mehrheit an Stelle des Verwalters über die an sich diesem übertragene Verwaltungsangelegenheit beschließt.
Ein Beschluss, mit dem die Zustimmung erteilt wird, ist – gem. § 10 Abs. 4 S. 1 WEG auch für Sonderrechtsnachfolger – bindend und von dem Grundbuchamt zu beachten.
Nichts anderes gilt für die Zustimmung des Verwalters zur Veräußerung.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 11.10.2012 – V ZB 2/12 – hingewiesen.

 

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„Montagsauto“ – Wann ist ein gekauftes Neufahrzeug als sogenanntes „Montagsauto“ einzustufen?

Unter welchen Voraussetzungen bei einem gehäuften Auftreten von Mängeln ein sogenanntes „Montagsauto“ vorliegt, bei dem eine (weitere) Fristsetzung zur Nacherfüllung für den Käufer gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) entbehrlich oder nach § 440 S. 1 Alt. 3 BGB unzumutbar und der Käufer demzufolge gemäß § 323 Abs. 1 BGB i. V. m. § 437 Nr. 2 BGB zum (sofortigen) Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt ist, unterliegt der wertenden Betrachtung durch den Tatrichter.
Ob ein Neufahrzeug im Hinblick auf die Art, das Ausmaß und die Bedeutung der aufgetretenen Mängel als sogenanntes „Montagsauto“ anzusehen ist, beurteilt sich dabei danach, ob der bisherige Geschehensablauf aus Sicht eines verständigen Käufers die Befürchtung rechtfertigt, es handle sich um ein Fahrzeug, das wegen seiner auf herstellungsbedingten Qualitätsmängeln beruhenden Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft ist und auch zukünftig nicht frei von herstellungsbedingten Mängeln sein wird.
Handelt es sich dagegen bei der weitaus überwiegenden Anzahl der beanstandeten Mängel um bloße Bagatellprobleme, die nicht die technische Funktionstüchtigkeit des Fahrzeugs, sondern dessen Optik und Ausstattung betreffen und denen lediglich „Lästigkeitswert“ beigemessen werden kann, wird das Fahrzeug nicht als sogenanntes „Montagsauto“ zu qualifizieren und demzufolge auch eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht entbehrlich sein.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 23.01.2013 – VIII ZR 140/12 – entschieden.

 

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