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Wann besteht für Beschäftigte eines Betriebes während einer Feier Unfallversicherungsschutz?

Diese Frage stellt sich immer dann wenn der Unfallversicherungsträger die Feststellung als Arbeitsunfall ablehnt.

An betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen – wie zum Beispiel Betriebsausflügen – Teilnehmende sind als Beschäftigte (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII)) grundsätzlich in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, wenn die Teilnahme allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern offen steht und die Veranstaltung von der Autorität der Betriebsleitung angeordnet bzw. getragen  wird.

Nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht dagegen eine Feier, die die Beschäftigten einer Abteilung und ihr Abteilungsleiter aus eigenem Antrieb außerhalb der Arbeitszeit nur für ihr Team selbst organisieren und deren Kosten sie selbst tragen. Das gilt auch dann, wenn die Unternehmensleitung Kenntnis von der Veranstaltung hat und dieser Feier positiv gegenübersteht. Erleidet ein Beschäftigter während einer solchen Feier einen Unfall handelt es sich bei dem Unfallereignis nicht um einen Arbeitsunfall.
Die gesetzliche Unfallversicherung während der Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung setzt nämlich voraus, dass diese durch die Betriebsleitung oder im Einvernehmen mit der Betriebsleitung als deren eigene Veranstaltung durchgeführt wird.

Das hat das Bundessozialgericht (BSG) – B 2 U 7/13 R – entschieden.

Im Einzelfall empfehlenswert ist die Beratung eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, insbesondere eines Anwalts der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Sozialrecht“ hat.

 

Wenn eine Auskunftei Dritten gegenüber Bonitätsauskünfte erteilt – Mögliche Ansprüche eines Betroffenen?

Verlangt der Betroffene von der Auskunftei die Richtigstellung einer Dritten gegenüber erteilten Bonitätsauskunft setzt dieser Anspruch nach §§ 823 Absatz 1, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 35 Absatz 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) voraus, dass die von der Auskunftei verwendete Auskunft falsch ist.

Solange die Auskunftei zur Speicherung der Daten berechtigt, also die Löschungsfrist des § 35 Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG noch nicht abgelaufen ist, hat ein Betroffener keinen Anspruch Löschung eines zutreffenden Eintrags in der Bonitätsauskunft.

Eine Geldentschädigung wegen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder Schadensersatz wegen eines aufgrund der Bonitätsauskunft verweigerten Kredits kommt nur in Betracht, wenn fehlerhafte oder unzutreffende Informationen erteilt worden sind.
Die Zuerkennung einer Geldentschädigung wegen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht setzt des weiteren voraus, dass ein schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vorliegt.

Darauf hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 03.06.2014 – 12 U 24/14 – hingewiesen.

Im Einzelfall empfehlenswert ist die Beratung eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.

 

Räumungsurteil gegen rauchenden Mieter.

Raucht ein Mieter in seiner Wohnung, stellt dies für sich genommen kein vertragswidriges Verhalten dar, das eine Kündigung rechtfertigen kann.
Mieter dürfen sich in ihrer Wohnung grundsätzlich frei entfalten. Alles was zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört ist gestattet. Allerdings gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Nachbarn und Vermietermüssen müssen sich nicht alles gefallen lassen.

Das Landgericht (LG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 26.06.2014 – 21 S 240/13 – entschieden, dass ein eine Kündigung rechtfertigender schwerwiegender Pflichtverstoß i. S. v. § 573 Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dann vorliegt, wenn ein in einem Mehrfamilienhaus wohnender, kettenrauchender Mieter auch nach mehrfacher erfolgloser Abmahnung durch den Vermieter keine Maßnahmen trifft, um zu verhindern, dass der Zigarettenrauch von seiner Wohnung in den Hausflur zieht und er die Geruchsbelästigung anderer Hausbewohner noch dadurch fördert, dass er seine Wohnung unzureichend lüftet und seine zahlreichen Aschenbecher nicht leert.

Die Berufung des Mieters gegen das vorausgegangene Räumungsurteil des Amtsgerichts Düsseldorf ist damit vom LG Düsseldorf zurückgewiesen worden.

Da der Mieter bereits seit 40 Jahren in der Wohnung lebte wurde ihm eine Räumungsfrist bis zum Jahresende eingeräumt.

Das LG Düsseldorf hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen.

Die Frage, ob durch einen Mieter verursachte Immissionen innerhalb eines Mehrfamilienhauses einen Kündigungsgrund darstellen können, kann bedeutsam sein auch für andere Formen der Geruchsbelästigung, beispielsweise für Belästigungen durch Kochgerüche, wenn diese von einem Mieter nicht über die Fenster seiner Wohnung nach draußen, sondern über die geöffnete Wohnungstür ins Treppenhaus weglüftet werden.

Treten derartige oder vergleichbare Probleme in einem Mehrfamilienhaus zwischen Hausbewohnern untereinander oder Mietern und Vermietern auf, sollte zunächst das Gespräch miteinander gesucht werden.
Führt dieses zu keinem befriedigenden Ergebnis empfiehlt es sich, die Beratung eines Rechtsanwalts, der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Mietrecht“ hat, in Anspruch zu nehmen.

 

Sturz auf regennassen Messingplatten in der Fußgängerzone (Sprottenplatten) von Kiel – Stadt Kiel haftet.

In einem Fall, in dem eine 58 Jahre alte Fußgängerin in der Holstenstraße in Kiel auf einer regennassen sogenannten „Sprottenplatte“ ausgerutscht war und sich den Wadenbeinknochen gebrochen hatte, hat das Landgericht (LG) Kiel mit Urteil vom 01.11.2013 – 13 O 99/12 – die Stadt Kiel zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 2000 € und Schadensersatz verurteilt.

Die von der Stadt Kiel gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg.

Der für Amtshaftungssachen zuständige 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) hat mit Urteil vom 17.06.2014 – 11 U 167/13 – entschieden, dass die beklagte Stadt Kiel vom LG zutreffend wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz verurteilt worden ist.

Entscheidend für die Richter war, dass die Stadt Kiel durch das Einbringen der im Gehweg eingelassenen Messingplatten (sogenannte „Sprottenplatten“) eine potenzielle Sturzgefahr geschaffen hatte, weil von diesen bereits bei einem witterungsbedingt geringen Maß an Feuchtigkeit eine erhöhte Rutschgefahr ausging, die Rutschneigung der Platten sich im Laufe der Zeit aufgrund der zwischenzeitlichen Abnutzung noch erhöht hatte und im Hinblick auf diese Eigenschaft der Sprottenplatten bei Feuchtigkeit die Stadt, die aus einer Reihe von Presseberichten diese Eigenschaften auch kannte, eine gesteigerte Sicherungspflicht traf.
Zwar waren und sind die Platten ohne weiteres sichtbar, doch muss ein Fußgänger sich nach Ansicht der Richter nicht durch eine entsprechende Weggestaltung darauf einstellen, dass er nicht zwangsläufig auf diesen Platten ausrutscht. Auch wird ein Ausweichen nicht immer möglich sein, nachdem die „Holstenstraße“ zu den üblichen Ladenöffnungszeiten von Publikum stark frequentiert wird.

Da die gestürzte Fußgängerin ortskundig, die Sprottenplatte gut erkennbar und ihr durch vorangegangene Berichterstattungen die erhöhte Rutschgefahr bekannt war, traf sie allerdings ein Mitverschulden.

Ein Unfall wie der vorliegende kann sich auch in anderen Städten, die durch ähnliche oder vergleichbare bauliche Maßnahmen potentielle Sturzgefahren geschaffen haben, ereignen. Hat sich ein derartiger Unfall ereignet sollte die Beratung eines Rechtsanwalts in Anspruch genommen werden.

 

Wann wird ein Angeklagter wegen eines nach dem Gesetz strafbaren Versuchs einer Straftat nicht bestraft?

Wegen einer Straftat, die im unbeendeten Versuchsstadium stecken geblieben, also nicht vollendet worden ist, wird nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Strafgesetzbuch (StGB) nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert.

Die Frage, ob ein solcher strafbefreiender Rücktritt von einem unbeendeten Versuch einer Straftat vorliegt oder nicht ist oft schwer zu beurteilen und wird auch von Tatgerichten mitunter rechtsfehlerhaft entschieden. Deshalb ist bei solchen in Betracht kommenden Fallgestaltungen die Zuziehung eines sachkundigen Rechtsanwalts als Verteidigers anzuraten. 

Freiwilligkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) vor, wenn der Täter „Herr seiner Entschlüsse“ geblieben ist und die Ausführung seines Verbrechensplans noch für möglich gehalten hat, er also

  • weder durch eine äußere Zwangslage daran gehindert
  • noch durch seelischen Druck unfähig geworden ist,

die Tat zu vollbringen.
Maßgebliche Beurteilungsgrundlage ist insoweit nicht die objektive Sachlage, sondern die Vorstellung des Täters hiervon (vgl. nur Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 22.10.2013 – 5 StR 229/13 –).

Der Annahme von Freiwilligkeit steht es dabei nicht von vornherein entgegen, dass

  • der Anstoß zum Umdenken von außen kommt oder
  • die Abstandnahme von der Tat erst nach dem Einwirken eines Dritten erfolgt.

Entscheidend für die Annahme von Freiwilligkeit ist, dass der Täter die Tatvollendung aus selbstgesetzten Motiven nicht mehr erreichen will (BGH, Beschluss vom 10.07.2013 – 2 StR 289/13 –).

Darauf hat der 2. Strafsenat des BGH mit Beschluss vom 03.04.2014 – 2 StR 643/13 – hingewiesen und das Urteil eines Landgerichts, weil dessen Feststellungen den Ausschluss eines strafbefreienden, freiwilligen Rücktritts des Angeklagten nicht getragen haben, aufgehoben. Die Sache wurde zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen.

 

Unfall mit Güterzug – Schadenersatzanspruch des Autofahrers?

Unfälle stellen meist ein Problem dar. Schon im Straßenverkehr zeigen sich erhebliche Haftungsprobleme. Noch schwieriger kann es werden, wenn es um einen Unfall mit einem Zug geht.

Mit der Frage inwieweit dabei ein Anspruch auf Schadenersatz, insbesondere auch auf Schmerzensgeld besteht, hatte sich nun der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in seinem Urteil vom 19.06.2014 – 1 U 113/13 – zu befassen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger am Morgen des 09.08.2011 versucht mit einem Transporter im Emsland einen mit einem Andreaskreuz (Zeichen 201 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)) gekennzeichneten unbeschrankten Bahnübergang zu überqueren. Dabei kam es zum Unfall zwischen dem Kläger und dem aus 30 Waggons und einer Lok bestehenden Güterzug der Beklagten.

Der Unfall war schwerwiegend. Das klägerische Fahrzeug wurde in dem vom OLG Oldenburg entschiedenen Fall von dem Zug ca. 50 m mitgeschleift. Der Kläger wurde erheblich verletzt und begehrte nun die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 30.000 €. Der Kläger räumte ein Mitverschulden ein und verlangte in der Klage die Erstattung von 40 % des erlittenen Schadens.

In seiner Entscheidung hat der 1. Zivilsenat des OLG Oldenburg jedoch zum Nachteil des Klägers das Urteil des Landgerichts (LG) Osnabrück bestätigt mit dem die Klage auf Schmerzensgeld abgewiesen worden war.

Normalerweise ist es nicht alltäglich, dass ein OLG eine Sache „vor Ort“ an der Unfallstelle verhandelt. Das OLG Oldenburg beraumte einen Ortstermin an um sich ein Bild von der Unfallstelle machen zu können.  In seinem Urteil kam es zu dem Ergebnis, dass der Kläger trotz der grundsätzlichen Gefährdungshaftung der Beklagten (vgl. §§ 1 Abs. 1, 6 Haftpflichtgesetz (HaftPflG)) den Schaden alleine zu tragen hat.

Wesentlich war für die Richter, dass der Kläger den Zug hätte erkennen können. Der Kläger hatte selbst eingeräumt, dass ihm bewusst war, dass er vor dem Andreaskreuz hätte anhalten müssen, er aber noch versucht habe den Bahnübergang zu passieren. Dabei missachtete er nach der Auffassung der Richter das Vorfahrtsrecht des Güterzuges.

Ein Verschulden des Zugführers sah der Senat des OLG nicht.
Der Zugführer hatte die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit am Bahnübergang von 25 km/h eingehalten. Er war nicht verpflichtet, die Geschwindigkeit weiter zu reduzieren, da die Bahnstrecke am Unfallort nach den Feststellungen der Richter ausreichend übersichtlich war. Gleichzeitig galt für den Kläger eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 10 km/h.

Zwar hatte der Kläger sich auf Sichtbeeinträchtigungen durch hohe Büsche und Bäume berufen. Dies hat sich im Rahmen des Ortstermins sowie in der Zeugeneinvernahme jedoch nicht bestätigt.

Der Senat berücksichtigte zugunsten der Beklagten auch, dass der Zug ein Pfeifsignal vor dem Überqueren der Unfallstelle gegeben hatte und der Kläger den Bahnübergang gut kannte, da er ihn regelmäßig überquerte.
Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe sich dem Risiko bewusst als „Nervenkitzel“ ausgesetzt, bestätigte sich nicht.

Die Entscheidung zeigt, dass die Frage, wer bei Unfällen mit einem Zug in welchem Umfang haftet, immer schwierig zu beantworten ist. Bei solchen Unfällen empfiehlt es sich daher, die Beratung eines Anwalts, der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ hat, in Anspruch zu nehmen.

 

Die Werbung mit “deutsche Markenkondome“ ist unzulässig, wenn die für die Herstellung der Kondome wesentlichen Fertigungsschritte im Ausland stattfinden.

Werbeaussagen zum Vertrieb von Kondomen als “made in germany“, “deutsche Markenware“ oder “deutsche Markenkondome“ sind irreführend und zu unterlassen, wenn die für die Herstellung der Kondome wesentlichen Fertigungsschritte im Ausland stattgefunden haben.

Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 13.03.2014 – 4 U 121/13 – entschieden und damit die Rechtsprechung seines in einer einstweiligen Verfügungssache am 20.11.2012 gesprochenen Urteils – 4 U 95/12 – bestätigt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall vertritt der klagende Verein die Interessen von Unternehmen, die in Deutschland Kondome herstellen und vertreiben, und wacht über die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs auf dem deutschen Kondommarkt.
Das beklagte Unternehmen betreibt einen Online-Shop für Erotikartikel und bietet hierin auch Kondome einer in Arnstadt ansässigen Firma an. Es bewirbt diese Kondome mit “made in Germany“, als “deutsche Markenware“ und als “deutsche Markenkondome“.

Die Arnstädter Firma bezieht diese Kondome als Rohlinge aus dem Ausland, um sie in ihrem hiesigen Werk ggf. noch zu befeuchten, und im Anschluss daran zu verpacken und zu versiegeln. Zudem unterzieht sie die Kondome einer Qualitätskontrolle im Hinblick auf Dichtigkeit und Reißfestigkeit.

In dem vorangegangenen Rechtsstreit 4 U 95/12 hatte der 4. Zivilsenat des OLG Hamm der Arnstädter Firma bereits untersagt, ihre so hergestellten Kondome mit “KONDOME – made in Germany“ zu bewerben.

Der 4. Zivilsenat des OLG Hamm hat nun die Beklagte verurteilt, die Werbung mit “made in Germany“ wie auch die Bezeichnung der Kondome als “deutsche Markenware“ bzw. “deutsche Markenkondome“ zu unterlassen.
Jede dieser Werbeaussagen sei irreführend i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Denn es werde der Eindruck erweckt, die Kondome seien in Deutschland hergestellt worden. Damit erwarte der Verbraucher, dass alle wesentlichen Fertigungsschritte, zumindest jedoch der maßgebliche Herstellungsvorgang, bei dem die Ware ihre bestimmenden Eigenschaften erhalte, in Deutschland stattgefunden habe.
Diese Erwartung erweise sich bei den bereits im Ausland vorgefertigten Kondomen der Arnstädter Firma als falsch. Denn die in Deutschland vorgenommene Einsiegelung und Verpackung sowie die Qualitätskontrolle hätten mit dem eigentlichen Fertigungsprozess nichts mehr zu tun.
Selbst mit der vorherigen Befeuchtung eines Teils der Kondome in Deutschland werde lediglich eine Alternative zum Endprodukt hergestellt.
Dass der Produktionsprozess den Anforderungen des Gesetzes über Medizinprodukte genüge, beseitige den in Frage stehenden Wettbewerbsvorwurf nicht.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 25.06.2014 mitgeteilt.

 

Werbungskosten – Reparaturaufwendungen infolge der Falschbetankung eines PKW auf der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind nicht als Werbungskosten abziehbar.

Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 20.03.2014 – VI R 29/13 – entschieden, dass auch außergewöhnliche Kosten, wie die Kosten einer Falschbetankung, durch die Entfernungspauschale abgegolten sind.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der abhängig beschäftigte Kläger im Jahr 2009 auf dem Weg von seinem Wohnort zur Arbeitsstelle an der Tankstelle irrtümlich Benzin anstatt Diesel getankt.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung beantragte er neben der Entfernungspauschale (0,30 € für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte; jetzt: erste Tätigkeitsstätte) den Abzug der durch die Falschbetankung verursachten Reparaturaufwendungen in Höhe von ca. 4.200 €.

Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug.

Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen erhobenen Klage mit der Begründung statt, die Entfernungspauschale greife für außergewöhnliche Aufwendungen nicht ein.

Der BFH hob die Vorentscheidung des FG auf.
Er hat entschieden, dass die Reparaturaufwendungen nicht als Werbungskosten neben der Entfernungspauschale abziehbar sind, da auch außergewöhnliche Aufwendungen durch die Entfernungspauschale abgegolten sind. Dies folge aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes („sämtliche Aufwendungen“), aus der Systematik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Denn die Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale zum Veranlagungszeitraum 2001 habe neben umwelt- und verkehrspolitischen Erwägungen auch und vor allem der Steuervereinfachung gedient. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Auffassung hat der BFH nicht gesehen.

Das hat die Pressestelle des Bundesfinanzhofs am 25.06.2014 – Nr. 46 – mitgeteilt.

 

Der Benutzer einer bevorrechtigten Straße – Wie lange ist er gegenüber Verkehrsteilnehmern, die auf einer einmündenden oder die Vorfahrtsstraße kreuzenden nicht bevorrechtigten Straße herankommen, vorfahrtsberechtigt?

Der Benutzer einer bevorrechtigten Straße ist gegenüber Verkehrsteilnehmern, die auf einer einmündenden oder die Vorfahrtsstraße kreuzenden nicht bevorrechtigten Straße herankommen, so lange vorfahrtsberechtigt, bis er die Vorfahrtsstraße mit der ganzen Länge seines Fahrzeugs verlassen hat.

Das hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 27.05.2014 – VI ZR 279/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall stritten die Parteien um Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall am 25. August 2009 zwischen einem Bus und einem Pkw.
Die Klägerin ist Halterin und Eigentümerin des Busses, der vom Drittwiderbeklagten gefahren wurde. Der Beklagte zu 1 ist Fahrer und Halter des bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw.
Zum Unfallzeitpunkt befuhr der Drittwiderbeklagte mit dem Bus die vorfahrtsberechtigte T.-Straße.
Der Beklagte zu1 befuhr die untergeordnete S.-Straße und wollte an der Einmündung zur T.-Straße in diese nach links abbiegen (Zeichen 205 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)).
Aus Sicht des Drittwiderbeklagten befindet sich unmittelbar nach der S.-Straße parallel zur vorfahrtsberechtigten T.-Straße eine Bushaltestelle. Um diese anzufahren, überfuhr der Drittwiderbeklagte mit dem Bus etwas die seinen Fahrstreifen begrenzende unterbrochene Linie zur S.-Straße. Dabei kam es zur Kollision mit dem an die Vorfahrtsstraße heranfahrenden Pkw des Beklagten zu 1.

Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht auf Grund einer Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) eine volle Haftung der Beklagten angenommen und eine (Mit-)Haftung der Klägerin verneint, wobei es maßgeblich auf die vorliegende schuldhafte Vorfahrtsverletzung des Beklagten zu 1 abgestellt und die einfache Betriebsgefahr des Busses hat zurücktreten lassen.

Das ist vom BGH nicht beanstandet worden.

Danach war der Bus hier vorfahrtsberechtigt, auch wenn er die als Fahrbahnbegrenzung dienende unterbrochene Linie überfuhr, um die Haltestelle zu erreichen.

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO hat an Kreuzungen und einer Einmündung Vorfahrt, wer von rechts kommt. Das gilt nicht, wenn die Vorfahrt – wie hier durch das Zeichen 205 – besonders geregelt ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVO).
Wer die Vorfahrt zu beachten hat, muss rechtzeitig durch sein Fahrverhalten, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit, erkennen lassen, dass er warten wird. Er darf nur weiterfahren, wenn er übersehen kann, dass er den, der die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert (§ 8 Abs. 2 Satz 1, 2 StVO).
Die gesetzliche Vorfahrtsregelung soll den zügigen Verkehr auf bevorrechtigten Straßen gewährleisten und damit durch klare und sichere Verkehrsregeln auch der Sicherheit des Straßenverkehrs dienen.

  • Das Vorfahrtsrecht erstreckt sich auf die gesamte Fläche der Kreuzung oder des Einmündungsbereichs.
  • Der Vorfahrtsbereich wird bei rechtwinklig einmündenden Straßen und bei rechtwinkligen Straßenkreuzungen von den Fluchtlinien der Fahrbahnen beider Straßen gebildet.
  • Bei einer trichterförmig erweiterten Einmündung erstreckt sich die Vorfahrt nicht nur auf das durch die Fluchtlinie der Fahrbahnen beider Seiten gebildete Einmündungsviereck, sondern umfasst auch die ganze bis zu den Endpunkten des Trichters erweiterte bevorrechtigte Fahrbahn.
  • Danach hat der Fahrer, der dem Verlauf einer nach links abknickenden Vorfahrtsstraße nicht folgt, sondern geradeaus weiterfährt, in dem gesamten Kreuzungsbereich die Vorfahrt gegenüber dem von rechts kommenden Verkehr. Eine Markierung des Verlaufs des bevorrechtigten Straßenzugs auf der Kreuzung durch eine rechtsseitig verlaufende bogenförmige unterbrochene weiße Linie ändert nichts am Umfang der Vorfahrtsberechtigung. Vielmehr beschränkt sich die Bedeutung der Markierung darauf, den Verkehrsteilnehmern zur Erleichterung der Orientierung den Verlauf des bevorrechtigten Straßenzuges anzuzeigen.
  • Der Benutzer einer bevorrechtigten Straße ist gegenüber den Verkehrsteilnehmern, die auf einer einmündenden oder die Vorfahrtsstraße kreuzenden nicht bevorrechtigten Straße herankommen, auch dann vorfahrtsberechtigt, wenn er in diese Straße einbiegt, und zwar so lange, bis er die Vorfahrtsstraße mit der ganzen Länge seines Fahrzeugs verlassen hat.

Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Kollision zu einem Zeitpunkt erfolgt, als der drittwiderbeklagte Busfahrer vorfahrtsberechtigt und der Beklagte zu 1 wartepflichtig war.

Der Bus näherte sich unstreitig auf der vorfahrtsberechtigten Straße und war im Begriff, diese zu verlassen, um die kurz hinter der Einmündung der nachgeordneten Straße befindliche Bushaltestelle anzufahren. Er hatte die Vorfahrtsstraße zum Zeitpunkt der Kollision noch nicht mit der ganzen Länge verlassen, vielmehr befand sich der überwiegende Teil des Busses noch auf dieser. Demgemäß musste der Beklagte zu 1 bei der Annäherung an die Einmündung die Vorfahrt des Busfahrers beachten und durfte diesen weder gefährden noch wesentlich behindern (§ 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 StVO).

Eine Ersatzpflicht des Drittwiderbeklagten sei mangels Verschuldens ausgeschlossen (§ 18 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Dieser musste, um im normalen Fahrverlauf ohne besonders starke Brems- oder Lenkbewegungen die Haltestelle zu erreichen, die unterbrochene Linie überfahren. Er fuhr mit geringer Geschwindigkeit. Auch wenn davon auszugehen ist, dass er das Fahrzeug des Beklagten zu 1 wahrgenommen hat, durfte er grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 1 rechtzeitig anhalten würde.
Dieser hatte selbst vorgetragen, dass er im Begriff war anzuhalten, und fuhr gemäß dem Sachverständigengutachten mit nur noch sehr geringer Geschwindigkeit. Es lagen mithin keine Umstände vor, aufgrund derer der Drittwiderbeklagte hätte erkennen können und müssen, dass der Beklagte zu 1 sein Vorfahrtsrecht missachten würde.
Andererseits war für den Beklagten zu 1 zu erkennen, dass sich der Bus näherte und möglicherweise die Bushaltestelle anfahren würde. Dies war für ihn bei der erforderlichen Aufmerksamkeit erkennbar, weil – wie bei trichterförmigen Einmündungen üblich – die Vorfahrtsstraße für den Beklagten zu 1 in beide Richtungen deutlich einsehbar war.

Der BGH hat auch nicht beanstandet, dass das Berufungsgericht bei der Abwägung nur von einer einfachen Betriebsgefahr des Busses ausgegangen ist.
Zwar können – im Hinblick auf die Wucht des Zusammenstoßes und die Schwere der Unfallfolgen – für die Betriebsgefahr auch Fahrzeuggröße, Fahrzeugart oder Gewicht des Fahrzeugs maßgebend sein mit der Folge, dass die Betriebsgefahr der größeren Masse in der Regel größer ist.
Ein Umstand muss aber erwiesenermaßen ursächlich für den Schaden geworden sein, sonst bleibt er außer Ansatz (vgl. BGH, Urteil vom 21.11.2006 – VI ZR 115/05 –).
Zwar hat der Bus eine erheblich größere Masse als der vom Beklagten zu 1 gefahrene Pkw. Dies hat sich aber im Streitfall nicht ausgewirkt. Der Bus ist zum Zeitpunkt der Kollision nur mit einer geringen Geschwindigkeit gefahren. Nicht er, sondern der Beklagte zu 1 ist in ihn hineingefahren. Dabei hat sich die Masse des Busses, welche grundsätzlich zu einem längeren Bremsweg führt, nicht ausgewirkt. 

 

Beweis des ersten Anscheins – Bei der Feststellung von Ursachen für Leitungswasserschäden in Wohnungen anlässlich von Trockenestrich- und Parkettverlegearbeiten.

Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist, was grundsätzlich auch bei der Feststellung von Ursachen für Leitungswasserschäden in Wohnungen anlässlich von Trockenestrich- und Parkettverlegearbeiten in Betracht kommen kann.

Darauf hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 10.04.2014 – VII ZR 254/13 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall nahm der klagende Versicherer den Beklagten auf Schadensersatz aus einem Werkvertrag zwischen diesem und seinem Versicherungsnehmer auf Grund eines Wasserschadens aus übergegangenem Recht in Anspruch.
Der Beklagte hatte im Wohnzimmer des Anwesens des Versicherungsnehmers am 15.10.2008 eine Unterkonstruktion für einen Parkettfußböden und Trockenestrichelemente eingebaut und anschließend die Baustelle verlassen.
Am 17.10.2008 verlegte er das Parkett. Vier Tage später hatte der Versicherungsnehmer aufsteigende Feuchtigkeit an den Wänden des Wohnzimmers festgestellt.
Ursächlich hierfür war ein in den Trockenestrich geschlagener Stahlnagel, der ein direkt unter dem Trockenestrich verlaufendes, wasserführendes Heizungsrohr beschädigt hatte.
Die Klägerin regulierte den Schaden in Höhe der Klageforderung.

Das Amtsgericht (AG) gab der Klage statt.

Auf die Berufung des Beklagten wies das Berufungsgericht die Klage ab, weil es den Vollbeweis einer schadensursächlichen Pflichtverletzung des Beklagten als durch die Klägerin nicht erbracht ansah und der Meinung war, dass für die Klägerin kein Beweis des ersten Anscheins streite, weil dies voraussetzen würde, dass der Gläubiger bei der Abwicklung des Vertrages geschädigt worden sei. Hier stünde jedoch gerade nicht fest, dass der Nagel eingeschlagen wurde, während die Mitarbeiter des Beklagten Trockenestrichelemente verlegten. Denn die Mitarbeiter des Beklagten, die am Objekt vom 14. bis zum 20.10.2008 gearbeitet hätten, seien in der Zeit vom Nachmittag des 15.10.2008 bis zum 17.10.2008 nicht vor Ort gewesen. In dieser Zeit seien die Arbeitsräume aber für im Haus befindliche Personen frei zugänglich gewesen. Aufgrund dieser zeitlichen Zäsur sei der unmittelbare Zusammenhang zwischen werkvertraglicher Ausführungstätigkeit und Entstehung des Schadens nicht mehr gegeben. Es sei nicht auszuschließen, dass in dieser Zwischenzeit von einer anderen Person der Nagel in die Trockenestrichplatte geschlagen worden sei.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Klägerin ihre Ansprüche weiter verfolgte, führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, weil dieses, wie der VII. Zivilsenat des BGH ausführte, die Grundsätze des Anscheinsbeweises verkannt hat.

Danach greift der Beweis des ersten Anscheins bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (BGH, Urteile vom 19.01.2010 – VI ZR 33/09 – und vom 01.10.2013 – VI ZR 409/12 –).
Dieser Schluss setzt eine Typizität des Geschehensablaufs voraus, was in diesem Zusammenhang allerdings nur bedeutet, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass die Wahrscheinlichkeit eines solchen Falles sehr groß ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.01.2010 – VI ZR 33/09 –).

Das Berufungsgericht habe nicht erwogen, ob es eine solche Typizität des Geschehensablaufes im vorliegenden Fall gibt.
Es hat nicht überprüft, ob Estrich- und Parkettleger abgebrochene oder lose Teile einer Trockenestrichplatte üblicherweise mit Nägeln oder in vergleichbarer Art im Boden fixieren, bevor sie auf ihnen das Parkett verlegen.
In diesem Fall würde ein Beweis des ersten Anscheins dafür sprechen, dass der Nagel von den Mitarbeitern des Beklagten eingeschlagen wurde.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises im Werkvertragsrecht nicht in dem Sinne beschränkt, dass der Gläubiger „bei Abwicklung des Vertrages geschädigt“ worden sein und diese Voraussetzung sodann in den Fällen verneint werden müsse, in denen der Schaden nicht „in Ausführung der Tätigkeit“ entstanden sei, was bedeute, dass der Anscheinsbeweis immer dann ausscheide, wenn nicht feststehe, dass sich das schädigende Ereignis während der werkvertraglichen Arbeiten ereignet habe und eine zeitliche Zäsur zwischen den Ausführungsarbeiten und dem Schadenseintritt liege.

Im Gegenteil ist der Zweck der Rechtsfigur des Anscheinsbeweises gerade die Überwindung der Beweisschwierigkeiten im Ursachenzusammenhang, wenn sich nicht völlig ausschließen lässt, dass auch andere als die vom Gläubiger genannten, nach typischem Geschehensablauf wahrscheinlichen Ursachen für die Schadensverursachung in Betracht kommen.
Seine Anwendung ist durch zeitliche Zäsuren von mehreren Tagen oder sogar Wochen nicht gehindert.