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Gewalttätiger Mieter muss mit Kündigung rechnen.

Ein gewalttätiger Angriff auf einen Mitbewohner, durch den dieser verletzt wird, rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 569 Abs. 2 BGB.

Das hat das Amtsgericht (AG) mit Urteil vom 18.11.2014 – 425 C 16113/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war

  • im Treppenhaus des Mietshauses des Klägers ein Mieter des Klägers von einem anderen Mieter des Klägers, dem Beklagten, grundlos tätlich angegriffen sowie erheblich verletzt und
  • dem Beklagten daraufhin vom Kläger, unter Hinweis auf den Vorfall sowie darauf, dass aufgrund des Vorfalls auch Mitbewohner Angst vor dem Beklagten hätten, wegen schwerer und nachhaltiger Störung des Hausfriedens fristlos gekündigt worden.

Der nachfolgend von dem Kläger erhobenen Räumungsklage gab das AG München statt.
Es verurteilte den Beklagten, die Wohnung zu räumen und begründete die Entscheidung damit, dass der Beklagte dadurch,

  • dass er Gewalt gegenüber einem Mitmieter angewendet und diesen so sehr verletzt habe, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste,
  • den Hausfrieden so sehr gestört habe, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden könne.

Da der geschädigte Mitmieter angekündigt habe, er werde aus dem Haus ausziehen, sollte sich nicht bis Jahresende eine Lösung gefunden werden und eine weitere Mitbewohnerin angegeben habe, dass sie aufgrund des Vorfalls Angst habe, sich in dem Haus aufzuhalten, und dass sie beabsichtige auszuziehen, sei,

  • auch unter Berücksichtigung, dass es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe,
  • bei Abwägung der Interessen des Vermieters und des beklagten Mieters,

für den Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses auch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 22.05.2015 – 26/15 – mitgeteilt.

 

Wann haftet ein Hundeführer, der aus Gefälligkeit mehrere Hunde gleichzeitig ausführt?

Wer aus Gefälligkeit mehrere Hunde gleichzeitig ausführt („Rudelführen“), hat alle Hunde so zu beaufsichtigen, dass sie fremde Menschen nicht gefährden.
Verletzt der Hundeführer diese Verkehrssicherungspflicht, weil einer der Hunde an einer fremden Person hochspringt und diese verletzt, haftet er auf Schadensersatz.

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 03.02.2015 – 9 U 91/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin Schürfwunden und unter ihrem Auge eine kleinere blutende, nachfolgend unter Narbenbildung verheilte Gesichtsverletzung erlitten, als sie beim Spazierengehen von einem der drei Hunde überraschend angesprungen worden war, die von der Beklagten an der Leine ausgeführt wurden. Der Hund, der die Klägerin angesprungen hatte, gehörte einem Bekannten der Beklagten und war von dieser lediglich aus Gefälligkeit mit ausgeführt worden.  

Der 9. Zivilsenat des OLG Hamm sprach der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro zu und begründete dies damit, dass die Beklagte,

  • weil sie weder Tierhalterin noch Tieraufseherin des Hundes war, der die Verletzungen der Klägerin verursacht hatte, zwar nicht nach §§ 833 Satz 1, 834 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),
  • aber aufgrund der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB hafte.

Wer aus Gefälligkeit Hunde ausführe, müsse, wie der Senat ausführte, die Tiere nämlich so halten, dass von den Hunden keine Gefahr für Leben und/oder Gesundheit von Menschen ausgehe, denen sie beim Ausführen begegneten.

  • Zwar habe die Beklagte der im Landeshundegesetz Nordrhein-Westfalen geregelten Leinenpflicht genügt.
  • Sie habe den Hund aber dennoch nicht so geführt, dass er nicht von sich aus die Klägerin habe anspringen und verletzen können.

Hierzu sei es nicht ausreichend gewesen, wenn die Beklagte – ihrer Einlassung entsprechend – den Hund eng bei sich gehalten habe.
Vielmehr hätte die Beklagte ein Hochspringen des Hundes durch einen hinreichend sicheren Griff von vornherein vermeiden müssen, dies auch deswegen, weil ihr – wie sie selbst eingeräumt habe – bekannt gewesen sei, dass der Hund zum Schmusen schon einmal an Personen hochzuspringen und ihnen die Pfoten auf die Schultern zu legen pflegte.
Dass die Beklagte zugleich zwei weitere Hunde an Leinen geführt habe, entlaste sie nicht.
Eine derartige „Rudelführung“ sei im vorliegenden Fall zwar nicht verboten gewesen, steigere aber das Gefährdungspotential für Dritte und könne deswegen die an den Hundeführer zu stellenden Sorgfaltsanforderungen erhöhen.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 21.05.2015 mitgeteilt.

 

Wenn ein Mitarbeiter gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen hat.

Nach § 12 Abs. 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) hat der Arbeitgeber,

  • wenn Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen,
  • die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen.

Dass ein von dem Benachteiligungsverbot Betroffener einen Anspruch auf Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem anderen, gegen das Benachteiligungsverbot verstoßenden Arbeitnehmer hat, ergibt sich aus dieser Vorschrift nicht ohne Weiteres.
Vielmehr liegt es grundsätzlich im Ermessen des Arbeitgebers, mit welchen Maßnahmen er auf einen Verstoß gegen § 7 AGG reagiert.

  • In der Regel kann ein Arbeitnehmer nicht die Entlassung eines anderen Mitarbeiters verlangen.
  • Allerdings hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die Ausübung rechtsfehlerfreien Ermessens durch den Arbeitgeber.
  • Wenn nach objektiver Betrachtungsweise eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung des Arbeitgebers nur das Ergebnis haben kann, eine bestimmte Maßnahme zu ergreifen, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf deren Durchführung (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 25.10.2007 – 8 AZR 593/06 –).

Ein Fall, in dem eine ermessensfehlerfreie Ermessensausübung nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben könnte, läge beispielsweise dann vor, wenn ein Vorgesetzter seinen Mitarbeiter täuscht, so dass beide auf einer Dienstreise in einem Hotelzimmer übernachten, und ihn dann sexuell missbraucht.

Voraussetzung wäre allerdings, dass

  • nicht nur ein bloßer Verdacht eines solchen sexuellen Missbrauchs besteht,
  • sondern dieser feststeht.  
  • Die Darlegungs- und Beweislast insoweit trägt der betroffene Arbeitnehmer.

Besteht lediglich ein Verdacht,

  • bleibt zwar eine Kündigung wegen des Verdachts sexueller Belästigung oder sexuellen Missbrauchs nach den allgemeinen Grundsätzen zulässig (vgl. etwa BAG, Urteil vom 08.06.2000 – 2 ABR 1/00 –),
  • eine Pflicht zur Entlassung des verdächtigen Arbeitnehmer besteht hingegen dann aber regelmäßig nicht.

Darauf hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts (ArbG) Solingen mit Urteil vom 24.02.2015 – 3 Ca 1356/13 – hingewiesen.

 

Karriere-Treff Jura am 23.06.2015

Am 23.06.2016 wird Rechtsanwalt Ingo-Julian Rösch beim Alumni der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg Fragen zum Berufsbild des Anwalts beantworten. Als Fachanwalt für Versicherungsrecht und als Fachanwalt für Verkehrsrecht wird er etwas zur beruflichen Laufband und der täglichen Arbeit vor Gericht in Nürnberg, Fürth und dem restlichen Mittelfranken erzählen. Wir bedanken uns für die Einladung und freuen uns auf die Veranstaltung. Mehr Informationen unter https://www.fau.de/event/karriere-treff-jura/?

Rechtsanwältin Daniela Göring

Seit 01.05.2015 wird unser Anwaltsteam in Nürnberg durch Rechtsanwältin Daniela Göring noch weiter verstärkt. Wir freuen uns auf die erfolgreiche Zusammenarbeit. Als Rechtsanwältin in Nürnberg soll sich Kollegin Göring unter anderem auch mit Arbeitsrecht, Steurrecht und der Vertretung von Versicherungern befassen. Rechtsanwältin Göring soll möglichst bald mit den Kursen Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Steuerrecht beginnen.

Wenn ein Speerwurfkampfrichter während eines Speerwurfwettkampfes durch einen Speerwurf tödlich verletzt wird.

Wird ein Speerwurfkampfrichter während eines Speerwurfwettkampfes durch einen Speerwurf tödlich verletzt, hat seine Witwe keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das hat die 1. Kammer des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf mit Urteil vom 17.03.2015 – S 1 U 163/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die gesetzliche Unfallversicherung die Anerkennung des Unfalls des 74-jährigen Ehemanns der Klägerin als Arbeitsunfall abgelehnt. Dieser war

  • lizenzierter Kampfrichter für Wettkämpfe der Leichtathletik und
  • während eines Speerwurfwettkampfs, als er, während der Speer sich noch in der Luft befand, auf die Stelle zuging, an der er den Aufprall innerhalb des Zielsektors vermutete, von dem Speer getroffen und tödlich verletzt worden.

Die gegen den ablehnenden Bescheid erhobene Klage der Witwe des tödlich Verunfallten, von der geltend gemacht worden war,

  • ihr Ehemann sei zwar nicht abhängig beschäftigt gewesen,
  • jedoch als Kampfrichter wie ein Beschäftigter vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst,

wies die 1. Kammer des SG Düsseldorf ab.
Ihre Entscheidung begründete die Kammer damit, dass das streitgegenständliche Unglück nicht zu den von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützten Sachverhalten gehöre.
Ein Arbeitsunfall scheide aus,

  • da der Ehemann der Klägerin weder in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden,
  • noch im öffentlichen Auftrag gehandelt habe und
  • auch kein freiwillig versichertes Mitglied der Unfallversicherung gewesen sei.
  • Er sei auch kein sogenannter „Wie-Beschäftigter“ – also einem Beschäftigten gleichzustellen – gewesen.

Denn zum einen sei er ehrenamtlich als Kampfrichter tätig gewesen und habe lediglich eine geringe Aufwandsentschädigung erhalten.
Zum anderen gebe es keine Berufsgruppe professionalisierter Kampfrichter bei Leichtathletiksportfesten.
Es habe dem Ehemann der Klägerin freigestanden, an bestimmten Wettkämpfen teilzunehmen oder nicht.
Auch die besondere Gefährlichkeit der Tätigkeit begründe keinen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.
Letztlich entspringe die ehrenamtliche Tätigkeit der Liebe zum Sport und ähnele als Freizeitbeschäftigung keineswegs einem Beschäftigungsverhältnis.

Das hat die Pressestelle des Sozialgerichts Düsseldorf am 20.05.2015 mitgeteilt.

 

Wenn von einem Arbeitnehmer in angemieteten Räumen seines Arbeitgebers fahrlässig ein Brandschaden verursacht worden ist.

Der Gebäudeversicherer, der für die Kosten der Schadensbeseitigung nach einem Brand aufgekommen ist,

  • kann keinen Rückgriff gegen den Arbeitnehmer eines in dem Gebäude ansässigen gewerblichen Mieters nehmen,
  • auch wenn dieser den Brand fahrlässig verursacht hat.

Darauf hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Urteil vom 19.03.2015 – 16 U 58/14 – hingewiesen und

  • eine entsprechende Zahlungsklage des Gebäudeversicherers mit der Begründung abgewiesen,
  • dass der Arbeitnehmer in den zwischen Versicherer und Gebäudeeigentümer schlüssig (konkludent) vereinbarten Regressverzicht einbezogen ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Gebäudeversicherer,

  • nachdem in den an einen Gewerbetreibenden vermieteten Räumen eines Gebäudes aufgrund eines fahrlässigen Verhaltens eines Arbeitnehmers des Mieters ein Brand ausgebrochen war,

von dem Arbeitnehmer die Erstattung der aufgewendeten Kosten für die Brandschadensbeseitigung verlangt.

Nach der Entscheidung des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen OLG kann der klagende Gebäudeversicherer seine Regressansprüche gegenüber dem Arbeitnehmer deswegen nicht durchsetzen, weil zu dessen Gunsten ein Regressverzicht greift.
Zwar stehe fest, dass der Brandschaden auf ein fahrlässiges Verhalten des Arbeitnehmers zurückgehe.
Aus der ergänzenden Auslegung des zwischen dem Gebäudeeigentümer und dem klagenden Versicherer bestehenden Gebäudeversicherungsvertrages ergebe sich jedoch, dass dieser einen Regressverzicht

Hierzu gehöre der beklagte Arbeitnehmer, bei dem das Näheverhältnis arbeitsrechtlich vermittelt wurde. Dieser habe sich im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeiten in den Räumen, die von ihrem Arbeitgeber angemietet waren, befunden.

Das hat die Pressestelle des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts am 19.05.2015 – 6/2015 – mitgeteilt.

Hinweis:
Zur Haftung des Vermieters für von ihm fahrlässig verursachte Brandschäden an Sachen des Mieters vgl. Urteil des BGH vom 12.12.2012 – XII ZR 6/12 –.

 

Wenn Pferd beim Beschlagen Hufschmied verletzt.

Ein beim Beschlagen von dem Pferd verletzter Hufschmied kann den Tierhalter ungekürzt aus der Tierhalterhaftung in Anspruch nehmen.

Das hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 22.04.2015 – 14 U 19/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Kläger, ein erfahrener Hufschmied, im Auftrag des beklagten Pferdehalters, dessen seinerzeit 13-jährigen Wallach beschlagen, war bei der Ausführung der Arbeiten, wie die Beweisaufnahme ergab, von dem Pferd getreten worden und hatte sich hierdurch eine schwere Verletzung seines rechten Fußgelenks und oberen Sprunggelenks zugezogen, die in der Folgezeit mehrfach operativ behandelt werden musste und die den seit dem Unfall arbeitsunfähigen Kläger auch heute noch in seiner Bewegung einschränkt.

Seine Klage, mit der der Kläger von dem Beklagten Schadensersatz verlangte, u.a. 50.000 Euro materiellen Schaden, 30.000 Euro Schmerzensgeld und eine monatliche Rente von 1.400 Euro, hatte in vollem Umfang Erfolg.

Dem Kläger stehe – so der 14. Zivilsenat des OLG Hamm – gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch zu, der nicht durch einen Mitverschuldensanteil zu kürzen sei.
Der Beklagte hafte als Tierhalter nach § 833 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), weil

  • der Kläger nachgewiesen habe, von dem Wallach getreten worden zu sein und sich hierdurch seine komplexen Verletzungen zugezogen,
  • also in dem Unfallgeschehen sich eine von dem Wallach ausgehende “Tiergefahr“ verwirklicht habe.

Wegen Handelns des Klägers beim Beschlagen des Wallachs “auf eigene Gefahr“ sei die Tierhalterhaftung nicht ausgeschlossen.
Dieser Rechtsgedanke greife nicht bereits allein deshalb ein, weil ein vom Tierhalter beauftragter Hufschmied ein Pferd beschlage. Beim Beschlagen setze sich ein Hufschmied zwar einer erhöhten Tiergefahr aus, dies aber auf der Grundlage eines Beschlagvertrages, der den Tierhalter regelmäßig nicht von seiner gesetzlichen Haftung entbinde.
Anhaltspunkte für ein mit dem Beschlagen des Wallachs verbundenes erhöhtes Risiko habe der Kläger, wie der Senat ausführte, nicht gehabt. Er habe den zuvor als brav und gutmütig eingeschätzten Wallach bereits seit mehreren Jahren regelmäßig alle sechs bis acht Wochen beschlagen.

Auch sei der Schadensersatzanspruch nicht aufgrund eines Mitverschuldens des Klägers zu kürzen. Aus seiner Unfallschilderung ergebe sich kein Mitverschulden.
Ein anderer Geschehensablauf, bei dem der Kläger dem Pferd etwa Schmerzen zugefügt und es so zum Hochsteigen veranlasst habe, sei nicht bewiesen.
Das Beschlagen eines Pferdes stelle auch keinen typischen Geschehensablauf dar, bei dem allein schon aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung aus einer Reaktion eines Pferdes auf ein bestimmtes Verhalten des Hufschmieds geschlossen werden könne.
Schließlich habe der Kläger den Wallach beim Beschlagen auch nicht als Tierhüter in seine Obhut übernommen.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 19.05.2015 mitgeteilt.

 

Kürzung des Erholungsurlaubs wegen Elternzeit in jedem Fall?

Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub wegen Elternzeit nicht mehr kürzen.
Die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG),

  • wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht,
  • für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann,

setzt voraus,

  • dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht.

Daran fehlt es, wenn

  • das Arbeitsverhältnis beendet ist und
  • der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat.

Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist nach der neueren Rechtsprechung

  • nämlich nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs,
  • sondern ein reiner Geldanspruch,

der seine Entstehung zwar urlaubsrechtlichen Vorschriften verdankt, der aber, wenn er entstanden ist,

  • jedoch einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers bildet und
  • sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber unterscheidet.

Darauf hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 19.05.2015 – 9 AZR 725/13 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem sich die bei dem Beklagten beschäftigte Klägerin, der im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zustanden, nach der Geburt ihres Sohnes im Dezember 2010, ab Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15.05.2012 in Elternzeit befunden

und der Beklagte im September 2012 die Kürzung des Erholungsurlaubs der Klägerin wegen der Elternzeit erklärt hatte,

  • nachdem zuvor von der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 24.05.2012 die Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012 verlangt worden war.

Da hier das Arbeitsverhältnis am 15.05.2012 beendet war, konnte, wie der Neunte Senat des BAG entschied, der Beklagte mit seiner Kürzungserklärung im September 2012 den Anspruch der Klägerin auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr verringern.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 19.05.2015 – Nr. 31/15 – mitgeteilt.

 

Wenn ein Patient nach einer Operation behauptet, dass eine Indikation für die Operation nicht vorgelegen habe.

Grundsätzlich liegt ein Behandlungsfehler dann vor, wenn eine vom Arzt gewählte Therapie bereits nicht indiziert ist.
Im Übrigen ist es im Regelfall Sache des Arztes, die Behandlungsmethode auszuwählen.
Bei mehreren medizinisch

  • gleichermaßen indizierten und üblichen Behandlungsmethoden, die unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen haben,
  • also beim Bestehen einer echten Wahlmöglichkeit für den Patienten,

muss es allerdings dem Patienten nach entsprechender vollständiger ärztlicher Belehrung überlassen bleiben, zu bestimmen,

  • auf welchem Weg die Behandlung erfolgen soll und
  • auf welches Risiko er sich einlassen will,

anderenfalls ist insoweit ein Aufklärungsfehler anzunehmen,

  • für den der Arzt ebenso wie für einen Behandlungsfehler haftet. 

War aber beispielsweise eine Operation indiziert, weil

  • weitere konservative Möglichkeiten
  • einem operativen Eingriff nicht gleichwertig waren,

ist dem Arzt dagegen eine fehlerhafte Aufklärung unter diesem Gesichtspunkt nicht vorzuwerfen.
Vielmehr käme ein Aufklärungsfehler in einem solchen Fall nur dann in Betracht, wenn verschiedene

  • gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden
  • mit unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bestanden hätten.

Ist ein Patient über einen medizinischen Eingriff nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden,

  • ist die Einwilligung des Patienten in die Behandlung nicht wirksam;
  • zugleich stellt der Eingriff eine Verletzung des Behandlungsvertrages und eine rechtswidrige Körperverletzung dar.

Der Patient ist vor Durchführung eines Eingriffs über die mit diesem verbundenen Risiken aufzuklären, um unter Wahrung seiner Entscheidungsfreiheit wirksam in den Eingriff einwilligen zu können.

  • Die Aufklärung hat den Patienten einen zutreffenden allgemeinen Eindruck von der Schwere des Eingriffs und der Art der Belastung zu vermitteln, die sich für seine körperliche Integrität und seine Lebensführung aus dem Eingriff ergeben können.

Im Rahmen der Aufklärung ist auch das Risiko zu erörtern,

Nicht erforderlich ist die exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken, es genügt eine Aufklärung „im Großen und Ganzen“ über Chancen und Risiken der Behandlung (BGH, Urteil vom 14.03.2006 – VI ZR 279/04 –).

Für die ärztliche Hinweispflicht auf ein bestimmtes Risiko ist dabei

  • nicht der statistische Grad der Risikodichte entscheidend;
  • maßgebend ist vielmehr, ob das Risiko sich im Fall der Verwirklichung für die Lebensführung des Patienten als schwer belastend darstellt und trotz seiner Seltenheit für den Eingriff spezifisch und für den Laien überraschend ist (BGH, Urteile vom 15.02.2000 – VI ZR 48/99 – und vom 10.10.2006 – VI ZR 74/05 –).

Darlegungs- und beweispflichtig für eine richtige und vollständige Aufklärung ist der behandelnde Arzt.
Dabei sind an den Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung des Patienten keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen zu stellen, zumal das vertrauensvolle Gespräch zur Aufklärung zwischen Arzt und Patienten möglichst von bürokratischem Formalismus frei bleiben soll; ist daher ein Beweis für die ständige Praxis einer gewissenhaften Aufklärung erbracht, sollte dem Arzt im Zweifelsfall geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist.

Beruft sich ein Arzt, der seine Aufklärungspflicht verletzt hat, darauf, dass der Eingriff aufgrund einer hypothetischen Einwilligung des Patienten gerechtfertigt gewesen wäre,

  • hat der Patient glaubhaft zu machen,

dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem echten Entscheidungskonflikt befunden hätte,

An die Darlegungspflicht des Patienten sind dabei keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, es genügt, wenn er einsichtig macht, dass ihn die ordnungsgemäße Aufklärung über das Für und Wider des ärztlichen Eingriffs ernsthaft vor die Frage gestellt hätte, ob er diesem zustimmen sollte.
Maßgeblich ist dabei,

  • in welcher persönlichen Entscheidungssituation der Patient bei ordnungsgemäßer und vollständiger Aufklärung gestanden hätte und
  • ob ihn die Aufklärung ernsthaft vor die Frage gestellt hätte,

ob er seine Einwilligung erteilen solle oder nicht (Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg, Urteil vom 30.03.2005 – 5 U 66/03 –).
Dabei sind bei einem nicht zwingend erforderlichen Eingriff besonders strenge Anforderungen zu stellen.
Keinesfalls darf der Tatrichter seine eigene Beurteilung des Konflikts an die Stelle derjenigen des Patienten setzen (BGH, Urteil vom 01.02.2005 – VI ZR 174/03 –).
Kann der Patient

  • schließlich seinen Entscheidungskonflikt plausibel machen,

ist es Sache des Arztes, zu beweisen,

  • dass gleichwohl eine Einwilligung zu der vorgenommenen Behandlung erteilt worden wäre.

Darauf hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Urteil vom 30.04.2015 – 12 U 165/13 – hingewiesen.