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Bundesgerichtshof entscheidet Streit um „Biomineralwasser“

Die Verwendung der Bezeichnung „Biomineralwasser“ stellt keine irreführende Werbung mit einer Selbstverständlichkeit dar, wenn sich das fragliche Mineralwasser von anderen Mineralwässern dadurch abhebt, dass der Anteil an Rückständen und Schadstoffen besonders niedrig ist. Der Verkehr erwartet von einem unter der Bezeichnung „Biomineralwasser“ vertriebenen Mineralwasser auch nicht, dass es sich um eine staatlich verliehene und überprüfte Zertifizierung handelt.

Das hat der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 13.09.2012 – I ZR 230/11 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatt der Beklagte ein natürliches Mineralwasser angeboten und dieses Wasser als „Biomineralwasser“ bezeichnet und beworben.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hält dies für irreführend. Sie meint, der Verkehr verbinde mit „Biomineralwasser“ Qualitätsmerkmale, die für ein natürliches Mineralwasser bereits gesetzlich vorgeschrieben und daher selbstverständlich seien.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat der von der Zentrale erhobenen Unterlassungsklage stattgegeben.

Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht Nürnberg die Klage hinsichtlich der beanstandeten Verwendung des Begriffs „Biomineralwasser“ abgewiesen.

Der BGH hat das Urteil des Berufungsgerichts bestätigt.
Danach erwartet der Verkehr von einem als „Biomineralwasser“ bezeichneten Mineralwasser, dass es nicht nur unbehandelt und frei von Zusatzstoffen ist, sondern im Hinblick auf Rückstände und Schadstoffe deutlich unterhalb der für natürliche Mineralwässer vorgesehenen Höchstwerte liegt. Mineralwässer, die die gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterschreiten, unterscheiden sich von den Mineralwässern, bei denen der Gehalt an Rückständen und Schadstoffen nahe an diesen Werten liegt. Ob das vom Beklagten vertriebene Mineralwasser diese hohen Reinheitserwartungen erfüllt, stand nicht im Streit.
Der Verkehr erwartet auch nicht, dass die Verwendung von „Bio“ bei Mineralwässern gesetzlichen Vorgaben unterliegt oder staatlich überwacht wird. Der Umstand, dass der Gesetzgeber bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen eine gesetzliche Regelung für die Verwendung von „Bio“ getroffen hat, führt nicht dazu, dass diese Bezeichnung beim Fehlen einer gesetzlichen Regelung nicht verwendet werden darf. Das in der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung bestimmte Gebot, für das vom Beklagten vertriebene Wasser die Verkehrsbezeichnung „natürliches Mineralwasser“ anzugeben, steht der zusätzlichen Bezeichnung als „Biomineralwasser“ ebenso nicht entgegen.

– Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 13.09.2012 –

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Mietrecht – Wer hat Anspruch auf die Mietkaution, wenn der Vermieter die Mietsache veräußert, bevor der Mieter die vereinbarte Kaution erbracht hat.

Gemäß 566 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) tritt der Erwerber einer Mietsache an Stelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.
Mit dem Eigentumsübergang entsteht ein neues Mietverhältnis zwischen dem Erwerber der Mietsache und dem Mieter, allerdings mit dem gleichen Inhalt, mit dem es zuvor mit dem Veräußerer bestanden hat.
Zwar tritt mit dem Eigentumsübergang und dem Entstehen eines neuen Mietvertrags mit dem Erwerber gemäß 566 Abs. 1 BGB hinsichtlich der vertraglichen Ansprüche gegen den Mieter eine Zäsur ein. Die schon vorher entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche bleiben bei dem bisherigen Vermieter und nur die nach dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels fällig werdenden Forderungen stehen dem Erwerber der Mietsache zu.
Eine solche zeitliche Zäsur gilt für einen schon vor Eigentumsübertragung entstandenen und fälligen Anspruch auf Leistung der Kaution nicht. Zweck dieses Anspruchs ist die Sicherung aller Ansprüche des Vermieters während der gesamten Dauer eines Mietvertrags. Dazu gehören auch die Ansprüche des Erwerbers aus dem mit gleichem Inhalt entstandenen Mietvertrag.

Es ist allerdings streitig, wann und in welcher Höhe der Anspruch auf Leistung der Kaution auf den Erwerber übergeht.

  • Nach einer Ansicht steht der Anspruch dem Veräußerer auch nach Eigentumsübergang trotz § 566 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) so lange zu, bis seine sämtlichen noch möglichen Forderungen aus dem Mietvertrag befriedigt sind. Erst danach tritt der Erwerber in den dann noch bestehenden Anspruch ein.
  • Nach anderer Ansicht geht der Anspruch auf Leistung der Kaution mit dem Eigentumsübergang in der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Höhe auf den Erwerber über.

 

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 25.07.2012 – XII ZR 22/11 – hingewiesen.

Die Streitfrage hat der BGH nicht entschieden und er musste sie auch nicht entscheiden, weil in dem von ihm zu entscheidenden Fall der Veräußerer unstreitig keinen eigenen Anspruch gegen den Mieter mehr hatte und der Anspruch auf Leistung der Kaution deshalb gemäß § 566 Abs. 1 BGB in vollem Umfang auf den Erwerber übergegangen war.

 

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Mietrecht – Nach Beendigung des Mietverhältnisses können Ansprüche von Mietern schnell verjährt sein.

Ist in einem Mietvertrag eine Regelung über die Ausführung von Schönheitsreparaturen wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam, kann der Mieter, wenn er in Verkennung der Unwirksamkeit dieser Regelung Schönheitsreparaturen selbst durchgeführt hat oder hat durchführen lassen, vom Vermieter Zahlung des hierfür aufgewendeten Betrages fordern.
Hat der Mieter in einem solchen Fall, statt die Schönheitsreparaturen durchzuführen, zur Abgeltung seiner vermeintlichen Renovierungsverpflichtung an den Vermieter einen Abgeltungsbetrag gezahlt, hat er Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Abgeltungsbetrages.
Es bestand nämlich weder für die Durchführung von Schönheitsreparaturen, noch für die Zahlung eines Abgeltungsbetrages ein Rechtsgrund.
Diese Ansprüche des Mieters unterliegen allerdings der kurzen Verjährung nach § 548 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) und verjähren somit in sechs Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 20.06.2012 – VIII ZR 12/12 – hingewiesen.

 

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Augen auf beim Waldspaziergang – Waldbesitzer haftet nicht für waldtypische Gefahren.

Wer im Wald auf einem Forstwirtschaftsweg spazieren geht und von einem, von einem Baum abbrechenden Ast getroffen und verletzt wird, kann von dem Waldbesitzer keinen Schadensersatz verlangen und zwar auch dann nicht, wenn die Gefahr des Astabbruchs von einem geschulten Baumkontrolleur bei einer Sichtkontrolle vom Boden aus schon vor längerer Zeit hätte erkannt werden können.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 02.10.2012 – VI ZR 311/11 – entschieden.

Danach sollen einem Waldbesitzer dadurch keine besonderen Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten erwachsen, dass nach den im Einklang mit § 14 Bundeswaldgesetz (BWaldG) erlassenen landesrechtlichen Vorschriften (vgl. beispielsweise Art. 13 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Waldgesetzes (BayWaldG)) jedermann das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken gestattet ist und der Waldbesitzer dies dulden muss.
Ein Waldbesitzer haftet deshalb nicht für waldtypische Gefahren, sondern nur für solche Gefahren, die im Wald atypisch sind. Dazu zählen insbesondere die Gefahren, die nicht durch die Natur bedingt sind. Die Gefahr eines Astabbruchs ist dagegen grundsätzlich eine waldtypische Gefahr, die nicht deshalb, weil ein geschulter Baumkontrolleur sie erkennen kann, zu einer im Wald atypischen Gefahr wird.

 

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Betriebsbedingt gekündigt? – 3 Maßnahmen welche Sie unbedingt ergreifen sollten!

1. Rasch handeln
Erhält man als Arbeitnehmer eine betriebsbedingte Kündigung, ist rasches Handeln gefragt. Will man gegen die Kündigung vorgehen, muss innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht eingereicht werden.

2. Rat einholen
Dringend zu empfehlen ist eine rechtliche Beratung in Bezug auf die Wirksamkeit der Kündigung. Es gibt immer wieder Fälle, in denen die Kündigung bereits deswegen unwirksam ist, weil gesetzliche Formalitäten missachtet wurden. Das kann den Arbeitsplatz retten!
Das Kündigungsschutzgesetz stellt an die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung aber auch in materieller Hinsicht strenge Anforderungen: Sie ist nur wirksam, wenn sie durch dringende betriebliche Bedürfnisse bedingt ist. Unter 6. haben wir drei typische Urteile aus dem Bereich der betriebsbedingten Kündigung beispielhaft kurz dargestellt.

3. Arbeitsuchend melden
Erhält man eine betriebsbedingte Kündigung, muss man sich innerhalb von drei Tagen nach Erhalt der Kündigung bzw. drei Monate vor dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden. Ansonsten können Leistungen wie der Bezug von Arbeitslosengeld 1 gekürzt werden.

Nach der Kündigung stellen sich viele Fragen. Wir möchten versuchen eininge zu beantworten:

Was kann man mit einer Kündigungsschutzklage erreichen?
Mit der Klage wird die Wirksamkeit der Kündigung überprüft, d.h.: Stellt sich heraus, dass die Kündigung unwirksam war, behält der Kläger seinen Arbeitsplatz. Häufig wird aber auch ein Vergleich vor Gericht geschlossen, der die Zahlung einer Abfindung als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsieht. Als grobe Richtlinie gilt hier: Pro Beschäftigungsjahr wird ½ Bruttomonatsgehalt als Abfindung bezahlt. Hat man also 10 Jahre im Betrieb gearbeitet und 3.000 € verdient, so steht einem eine Abfindung in Höhe von 15.000 € zu.

Was kostet ein Rechtsstreit vor Gericht?
Vor Arbeitsgerichten besteht die Besonderheit, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber unabhängig vom Ausgang der Klage in der 1. Instanz die Kosten jeweils selbst tragen müssen. Im Fall eines Vergleiches entstehen keine Gerichtskosten.
Hat man eine Rechtsschutzversicherung, übernimmt diese die Kosten der Klage. Daneben kann man auch Prozesskostenhilfe beantragen unter der Voraussetzung, dass es einem selber nicht möglich ist, die Klage zu finanzieren.

Drei typische Fälle aus dem Bereich der betriebsbedingten Kündigung

Nach Bundesarbeitsgericht 22.5.2003 – 2 AZR 326/02: Unternehmerische Entscheidung
Den Arbeitsgerichten obliegt es nachzuprüfen
a) ob eine unternehmerische Entscheidung überhaupt getroffen wurde und
b) ob sie sich betrieblich dahingehend auswirkt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist.
Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein. Die Organisationsentscheidung muss aber ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses sein. Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidung sich auf eine nach sachlichen Merkmalen genauer bestimmte Stelle bezieht. Ein allgemeiner Beschluss, Personalkosten zu senken, genügt diesen Anforderungen nicht.

Nach Bundesarbeitsgericht 18.10.2006 – 2 AZR 473/05: Sozialauswahl
Im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmern kündigen, die am wenigsten sozial schutzbedürftig sind.
Nach § 1 Abs. 3 bis 5 KSchG ist grundsätzlich die konkret getroffene Sozialauswahl auf die ausreichende oder grob fehlerhafte Gewichtung der sozialen Kriterien zu überprüfen. Es kommt damit auf einen Vergleich zwischen den Sozialdaten des gekündigten Arbeitnehmers und der Arbeitnehmer an, hinsichtlich derer der gekündigte Arbeitnehmer Fehler bei der Sozialauswahl rügt.

Nach Bundesarbeitsgericht 19.6.2007 – 2 AZR 304/06: Betriebsänderung
Im Kündigungsschutzprozess muss regelmäßig der Arbeitgeber die Tatsachen beweisen, die die Kündigung bedingen (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG). Anders kann es bei Betriebsänderungen (z.B. Stilllegungen, Verlegungen, grundlegenden Änderungen der Organisation) sein: Vereinbaren in einem solchen Fall Arbeitgeber und Betriebsrat einen sog. Interessenausgleich und bezeichnen darin die zu Kündigenden namentlich, so ändert sich nach dem Gesetz (§ 1 Abs. 5 KSchG) die beweisrechtliche Lage zu Gunsten des Arbeitgebers. Es greift eine gesetzliche Vermutung dafür ein, dass die Kündigungen durch betriebliche Erfordernisse bedingt sind, d.h. im Kündigungsschutzprozess muss nicht der Arbeitgeber die Betriebsbedingtheit beweisen, sondern der Arbeitnehmer muss die Vermutung der Betriebsbedingtheit widerlegen. Diese Beweislastverschiebung gilt für Beendigungs –und Änderungskündigungen.

 

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iPhone defekt? – Der Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung.

Apple gibt auf das iPhone 1 Jahr Gewährleistung. Und was ist nach 1 1/2 Jahren? In manchen Medien wird bereits – etwas plakativ – die Frage aufgeworfen ob Apple mit dieser Aussage die Verbraucher täuschen möchte (z.B. BILD-Online – „VORWURF DER EU. Täuscht Apple seine Kunden systematisch?“). Doch wie ist das nun mit Gewährleistung und Garantie?

Gewährleistung ist eine gesetzliche Pflicht. Für die Gewährleistung ist der Verkäufer verantwortlich. Verkäufer ist in der Regel aber nicht Apple sondern der Mobilfunk-/Technikladen bei dem man das Gerät gekauft hat. Die Gewährleistungsfrist beträgt zwei Jahre. Bei gebrauchten Sachen kann die Gewährleistung auf ein Jahr reduziert werden, § 475 Abs. 2 BGB. Gewährleistung besteht für alle Sachmängel. Was ein Sachmangel ist steht in § 434 BGB. Aber Achtung! Der Käufer (!!!) muss beweisen, dass ein Sachmangel – und nicht etwa eine Fehlbedienung oder eine Beschädigung aus anderen Gründen (z.B. Runterfallen) – vorliegt. Der Sachmangel muss auch bereits bei Übergabe de Gerätes vorhanden sein. Innerhalb von sechs Monaten nach dem Kauf wird jedoch vermutet, dass der Mangel bei Übergabe bestand, § 476 BGB. Die Beweislastumkehr gilt jedoch „nur in zeitlicher Hinsicht“ (BGH VIII ZR 329/03, Urt. v. 02.06.2004).

Mann muss daher auch innerhalb der ersten sechs Monate immer beweisen, dass es ein Mangel ist. Der Käufer hat also in der Regel ein Nachweisproblem. Aus eigener Erfahrung: Mein Telefon hatte einen gelblichen Fleck auf dem Display. Zur Telekom eingeschickt und reklamiert. Aussage der Telekom: Das Gerät muss runtergefallen sein. Daher wird Gewährleistung nicht gewährt. Der Nachweis, dass das Telefon einen Sachmangel hat und der Fehler nicht auf einem Sturz basiert dürfte in der Praxis nur mit einem gerichtlichen Gutachten – und auch dann nicht mit absoluter Sicherheit – zu führen sein. Man ist also in vielen Fällen trotz Gewährleistung auf Kulanz der Unternehmen angewiesen.

Bei der „Garantie“ handelt es sich um eine freiwillige „Leistung“ des Herstellers. Der Hersteller bestimmt daher auch die Spielregeln. Eine gesetzliche Pflicht eine Garantie zu geben besteht nicht. Den Hersteller trifft als gesetzliche Pflicht lediglich die Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz. Diese Regelungen umfassen jedoch keine Schäden am Produkt selbst.

 

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Das Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners einer abgetretenen Forderung nach § 410 BGB – Wann ist die Ausübung rechtsmissbräuchlich?

Ist dem Schuldner einer abgetretenen Forderung die Abtretung vom bisherigen Gläubiger nicht nach § 410 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) schriftlich angezeigt worden, ist der Schuldner nach § 410 Abs. 1 Satz 1 BGB dem neuen Gläubiger gegenüber zur Leistung nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde verpflichtet.
Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Schuldnerschutzbestimmung; sie soll den Schuldner einer abgetretenen Forderung vor der Gefahr schützen, an einen Nichtgläubiger zu leisten und ein zweites Mal in Anspruch genommen zu werden. Darüber hinaus gewährt die Vorschrift dem Schuldner das Recht, von dem die Leistung Fordernden, in der Urkunde als neuer Gläubiger Bezeichneten, die Aushändigung zu verlangen. Dabei handelt es sich um keinen Gegenanspruch und darum auch nicht um ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB, sondern ein Leistungsverweigerungsrecht, das der Schuldner dem neuen Gläubiger einredeweise entgegenhalten kann.
Die Rechtsausübung dieses Leistungsverweigerungsrechts ist jedoch dann nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich, wenn ihr kein schutzwürdiges Interesse des Ausübenden zugrunde liegt. Das ist der Fall, wenn eine anderweitige Inanspruchnahme des Schuldners wegen der vom neuen Gläubiger geltend gemachten Forderung, also eine Geltendmachung dieser Forderung durch den bisherigen Gläubiger ausgeschlossen ist.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 23.08.2012 – VII ZR 242/11 – hingewiesen.

Anmerkung hierzu:
Ob die Aushändigung einer Fotokopie der Abtretungsurkunde den Erfordernissen des § 410 BGB genügt ist umstritten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies bisher noch nicht entschieden und diese Frage auch in der obigen Entscheidung offengelassen, den bisherigen Meinungsstand dazu aber dargestellt.

 

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Fahren oder nicht fahren? – Wie berechnet man den Grad der Blutalkoholkonzentration?

Wie errechnet man bei sich aus der Menge des getrunkenen Alkohols die maximal mögliche Blutalkoholkonzentration (BAK) in Promille?

Schritt 1:
Zunächst errechnet man die Gramm Alkohol, die in der getrunkenen Alkoholmenge enthalten sind. Dazu multipliziert man den Alkoholgehalt des Getränks, der auf der Flasche in Volumenprozent (Vol.%) angegeben ist, mit 0,79. Auf diese Weise erhält man die Gramm Alkohol, die in 100 Milliliter des Getränks enthalten sind und kann damit ausrechnen, wie viel Gramm Alkohol in der insgesamt konsumierten Alkoholmenge enthalten waren.

Fallbeispiel hierzu:

  • Getrunken worden sind 2 halbe Liter Bier, 1 viertel Liter Weißwein und 1 einfacher Schnaps.
  • Das getrunkene Bier hatte laut Angabe auf der Flasche 4,8 Vol. %.  4,8 multipliziert mit 0,79 ergibt 3,79.  Das bedeutet, in 100 Milliliter des getrunkenen Biers sind 3,79 Gramm Alkohol enthalten. 1 halber Liter Bier, das sind 500 Milliliter, enthält also 18,95 Gramm Alkohol (= 3,79 Gramm Alkohol multipliziert mit 5) und  2 halbe Liter Bier enthalten somit 37,9 Gramm Alkohol (= 18,95 Gramm Alkohol multipliziert mit 2).
  • Der getrunkene Weißwein hatte laut Angabe auf der Flasche 11 Vol.%.  11 multipliziert mit 0,79 ergibt 8,69.  Das bedeutet, in 100 Milliliter des getrunkenen Weins sind 8,69 Gramm Alkohol enthalten. 1 viertel Liter Wein, das sind 250 Milliliter, enthält also 21,72 Gramm Alkohol (= 8,69 Gramm Alkohol multipliziert mit 2,5).
  • Der getrunkene Schnaps hatte laut Angabe auf der Flasche 40 Vol %.  40 multipliziert mit 0,79 ergibt 31,6.  Das bedeutet, in 100 Milligramm des getrunkenen Schnapses sind 31,6 Gramm Alkohol enthalten. 1 einfacher Schnaps (= 20 Milliliter) enthält also 6,32 Gramm Alkohol (= 31,6 Gramm Alkohol geteilt durch 5).

Insgesamt sind somit 65,94 Gramm Alkohol (= 37,9 Gramm plus 21,72 Gramm plus 6,32 Gramm) getrunken worden.

 

Schritt 2:
Nachdem man die konsumierte Menge Alkohol in Gramm errechnet hat, muss man sein reduziertes Körpergewicht in Kilogramm bestimmen. Dazu wird das Körpergewicht in Kilogramm multipliziert,

  • mit 0,7 wenn man ein Mann ist und
  • mit 0,6, wenn man eine Frau ist.

Fallbeispiel hierzu:
Das reduzierte Körpergewicht beträgt,

  • bei einem 80 Kilogramm schweren Mann 56 Kilogramm (= 80 multipliziert mit 0,7) und
  • bei einer 55 Kilogramm schweren Frau 33 Kilogramm (= 55 multipliziert mit 0,6).

Schritt 3:
Teilt man jetzt die konsumierte Menge Alkohol in Gramm (vgl. Schritt 1) durch das reduzierte Körpergewicht (vgl. Schritt 2), erhält man den sich daraus ergebenden Promillewert (= Widmark-Formel).

Fallbeispiel:
Legt man die obigen Fallbeispielswerte unter Schritt 1 und Schritt 2 zugrunde, ergibt sich bei der konsumierten Alkoholmenge von 65,94 Gramm,

  • für einen 80 Kilogramm schweren Mann ein Wert von 1,17 Promille (= 65,94 Gramm Alkohol geteilt durch das reduzierte Körpergewicht von 56 Kilogramm) und
  • für eine 55 Kilogramm schwere Frau ein Wert von 1,99 Promille (= 65,94 Gramm Alkohol geteilt durch das reduzierte Körpergewicht von 33 Kilogramm).

 

Schritt 4:
Von dem in Schritt 3 ermittelten jeweiligen Promillewert sind nunmehr noch abzuziehen,

  • die Alkoholmenge, die abgebaut wird, bevor sie in den Blutkreislauf gelangt (= das sogenannte Resorptionsdefizit) und
  • der Alkohol, den der Körper seit Beginn der Alkoholaufnahme (= Trinkbeginn) bereits wieder abgebaut hat.

Da diese Werte unterschiedlich hoch sein können – das sogenannte Resorptionsdefizit kann zwischen 10 % und 30 %, der stündliche Alkoholabbau zwischen 0,1 Promille sowie maximal 0,29 Promille betragen – und die individuellen Werte nicht feststellbar sind, muss man sich an dieser Stelle entscheiden, ob man

  • seine theoretisch höchstmögliche BAK oder
  • seine Mindest-BAK

errechnen will.

Will man seine theoretisch höchstmögliche BAK errechnen, muss man von dem unter Schritt 3 ermittelten Promillewert als Resorptionsdefizit 10 % abziehen und als Abbauwert pro Stunde 0,1 Promille von Trinkbeginn an.

Berechnungsbeispiel hierzu:
Legt man die im Schritt 3 ermittelten Promillewerte zugrunde (1,17 Promille bei dem Mann und 1,99 Promille bei der Frau) und lag der Trinkbeginn 3 Stunden zurück, ergäbe dies,

  • bei dem Mann, ausgehend von 1,17 Promille, abzüglich des Resorptionsdefizits von 10 % hiervon (= 0,11 Promille) zunächst ein Wert von 1,06 Promille (= 1,17 Promille abzüglich 0,11 Promille) und abzüglich eines Mindestabbauwertes von stündlich 0,1 Promille ab Trinkbeginn (= 0,3 Promille für die 3 Stunden) letztlich eine theoretisch höchstmögliche BAK von 0,76 Promille.
  • bei der Frau, ausgehend von 1,99 Promille, abzüglich des Resorptionsdefizits von 10 % hiervon (= 0,19 Promille) zunächst ein Wert von 1,80 Promille (= 1,99 Promille abzüglich 0,19 Promille) und abzüglich eines Mindestabbauwertes von stündlich 0,1 Promille ab Trinkbeginn (= 0,3 Promille für die 3 Stunden) letztlich eine theoretisch höchstmögliche BAK von 1,50 Promille.

Will man dagegen seine Mindest-BAK errechnen, muss man von dem unter Schritt 3 ermittelten Promillewert als Resorptionsdefizit 30 % abziehen und als Abbauwert pro Stunde 0,2 Promille von Trinkbeginn an sowie als einmaligen Sicherheitszuschlag (nochmals) 0,2 Promille.

Berechnungsbeispiel hierzu:
Legt man die im Schritt 3 ermittelten Promillewerte zugrunde (1,17 Promille bei dem Mann und 1,99 Promille bei der Frau) und lag der Trinkbeginn 3 Stunden zurück, ergäbe dies,

  • bei dem Mann, ausgehend von 1,17 Promille, abzüglich des Resorptionsdefizits von 30 % hiervon (= 0,35 Promille) zunächst ein Wert von 0,82 Promille (= 1,17 Promille abzüglich 0,35 Promille) sowie abzüglich eines Abbauwertes von stündlich 0,2 Promille ab Trinkbeginn (= 0,6 Promille für die 3 Stunden) ein Wert von 0,22 Promille und abzüglich eines einmaligen Sicherheitszuschlages von 0,2 Promille hiervon, eine Mindest-BAK von 0,02 Promille.
  • bei der Frau, ausgehend von 1,99 Promille, abzüglich des Resorptionsdefizits von 30 % hiervon (= 0,59 Promille) zunächst ein Wert von 1,40 Promille (= 1,99 Promille abzüglich 0,59 Promille) sowie abzüglich eines Abbauwertes von stündlich 0,2 Promille ab Trinkbeginn (= 0,6 Promille für die 3 Stunden) ein Wert von 0,80 Promille und abzüglich eines einmaligen Sicherheitszuschlages von 0,2 Promille hiervon, eine Mindest-BAK von 0,60 Promille.

Das Ergebnis des Fallbeispiels zeigt:

  • Die BAK eines 80 Kilogramm schweren Mann, der 2 halbe Liter Bier, 1 viertel Liter Weißwein und 1 einfachen Schnaps getrunken hat, beträgt 3 Stunden nach Trinkbeginn noch mindestens 0,02 Promille, kann aber auch noch 0,76 Promille betragen.
  • Die BAK einer 55 Kilogramm schweren Frau, die dieselbe Menge Alkohol getrunken hat, beträgt 3 Stunden nach Trinkbeginn dagegen noch mindestens 0,60 Promille und kann auch noch 1,50 Promille betragen.

Link zum Promillerechner der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung:
http://www.kenn-dein-limit.de/selbst-tests/promillerechner/

 

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Pkw-Unfall – Kollision zwischen Geradeausfahrer und Linksabbieger – Wer haftet wann?

An einer Kreuzung mit Wechsellichtzeichenanlage (Ampel) und einem grünen Pfeil links dahinter, der anzeigt, dass der Gegenverkehr durch Rotlicht angehalten ist und dass Linksabbieger die Kreuzung in Richtung des grünen Pfeils ungehindert befahren und räumen können (vgl. § 37 Abs. 2 Nr. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO)), kommt es zu einer Kollision zwischen einem Geradeausfahrer und einem Linksabbieger. Wer haftet in einem solchen Fall wann?

Auch hier gilt, darauf hat das Kammergericht (KG) Berlin mit Urteil vom 12.07.2012 – 22 U 322/11 – hingewiesen, dass bei Abwägung der Mitverursachungs- bzw. Mitverschuldensanteile nach §§ 17, 9 Straßenverkehrsgesetz (StVG), 254 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) nur unstreitige, zugestandene oder bewiesene Tatsachen zu Grunde zu legen sind und die Parteien im Bestreitensfall jeweils die Mitverursachung sowie das Verschulden der Gegenseite zu beweisen haben.

So hat der Geradeausfahrer zu beweisen, dass der grüne Räumpfeil (§ 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO) nicht aufleuchtete und daher ein Verstoß gegen § 9 Abs. 3 StVO vorliegt, während der Linksabbieger den Rotlichtverstoß des Geradeausfahrers (§ 37 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StVO) zu beweisen hat.

Bleiben sowohl ein Rotlichtverstoß des Geradeausfahrers als auch das Fahren vor Aufleuchten des grünen Räumpfeils für den entgegenkommenden Linksabbieger offen, ist also die Ampelschaltung für beide Beteiligte jeweils nicht festzustellen, kommt eine hälftige Schadensteilung in Betracht.

Steht fest, dass der grüne Räumpfeil noch nicht geschaltet war und der Linksabbieger gegen § 9 Abs. 3 StVO verstieß, während ein Rotlichtverstoß des Geradeausfahrers nicht bewiesen ist, haftet der Abbieger allein, weil ein Verschulden des Geradeausfahrers nicht in die Abwägung einzubeziehen ist.
Ist dagegen ein Rotlichtverstoß bewiesen, während nicht feststeht, ob der grüne Räumpfeil bereits leuchtete, haftet der Geradeausfahrer allein, weil ein Verschulden des Linksabbiegers, das in die Abwägung einbezogen werden könnte, fehlt.

 

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Neubeginn der Verjährung durch Anerkenntnis – Wann liegt ein solches Anerkenntnis vor?

Nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) beginnt die Verjährung erneut, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt.

Ein Anerkenntnis im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn sich aus dem tatsächlichen Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger klar und unzweideutig ergibt, dass dem Schuldner das Bestehen der Schuld bewusst ist und angesichts dessen der Gläubiger darauf vertrauen darf, dass sich der Schuldner nicht auf den Ablauf der Verjährung berufen wird. Der Schuldner muss dabei sein Wissen, zu etwas verpflichtet zu sein, klar zum Ausdruck bringen, wobei allerdings auch ein eindeutiges schlüssiges Verhalten genügen kann.
Ob in der Vornahme von nicht nur unwesentlichen Nachbesserungsarbeiten ein Anerkenntnis der Gewährleistungspflicht des Auftragsnehmers liegt, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei, ob der Auftragnehmer aus der Sicht des Auftraggebers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits, sondern in dem Bewusstsein handelt, zur Nachbesserung verpflichtet zu sein.
Nimmt ein Unternehmer auf Aufforderung des Bestellers eine Mängelbeseitigung vor, bringt er dabei jedoch deutlich zum Ausdruck, dass er nach seiner Auffassung nicht zur Mängelbeseitigung verpflichtet ist, liegt ein Anerkenntnis des Anspruchs auf Mängelbeseitigung nicht vor.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 23.08.2012 – VII ZR 155/10 – hingewiesen.

 

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