Blog

Kraftfahrzeug-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung – Besonderheiten dieses Geschäftsmodells.

Bei Kraftfahrzeug-Leasingverträgen mit Kilometerabrechnung handelt es sich um einen besonderen Typus von Leasinggeschäften, bei denen für die gesamte Vertragsdauer, gegebenenfalls aufgeteilt in Zeitabschnitten (Monat, Jahr), eine bestimmte Kilometerleistung des überlassenen Fahrzeugs vereinbart wird.
Auch wenn der Leasingnehmer bei Rückgabe des Fahrzeugs nach Vertragsablauf nicht zum Restwertausgleich verpflichtet ist, zielt der Kraftfahrzeug-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung gleichwohl insgesamt darauf ab, dass der Leasinggeber bei planmäßigem Vertragsablauf die volle Amortisation des zum Erwerb des Fahrzeugs eingesetzten Kapitals einschließlich des kalkulierten Gewinns erlangt.
Der Anspruch des Leasinggebers auf Amortisation seines Anschaffungs- und Finanzierungsaufwands wird im Wege der „Mischkalkulation“ durch die vom Leasingnehmer geschuldeten Zahlungen und durch Verwertung des Leasingfahrzeugs nach Vertragsablauf erreicht, für dessen ordnungsgemäßen Zustand der Leasingnehmer einzustehen hat.

Bei diesem Geschäftsmodell schuldet der Leasingnehmer dem Leasinggeber daher als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung nicht nur die vereinbarten Leasingraten nebst einer etwaigen bei Vertragsbeginn zu entrichtenden Sonderzahlung, sondern auch einen Ausgleich in Geld für gefahrene Mehrkilometer und – zur Kompensation eventueller Schäden oder Mängel am Fahrzeug – Ersatz des Minderwerts des Leasingfahrzeugs bei Rückgabe in nicht vertragsgemäßem Zustand.
Letzteres folgt daraus, dass in Anbetracht der nach der Vertragsgestaltung bezweckten Vollamortisation der Anspruch des Leasinggebers auf Ersatz des Minderwerts bei Rückgabe des Fahrzeugs in vertragswidrigem Zustand dessen Anspruch auf Rückgabe des Fahrzeugs in einem vertragsgerechten Erhaltungszustand gleichzustellen ist. Für den Leasinggeber ist es insoweit unerheblich, ob er das Fahrzeug in einem vertragsgerechten oder in einem schlechteren Zustand zurückerhält, weil der hierdurch verursachte Minderwert durch eine Zahlung des Leasingnehmers in entsprechender Höhe ausgeglichen wird. Damit kommt in diesem Zusammenhang nicht nur dem Zeitwert des zurückgegebenen Leasingfahrzeugs, sondern auch dem vom Leasingnehmer eventuell geschuldeten Minderwertausgleich die leasingtypische Amortisationsfunktion zu.
Aus diesem Grund handelt es sich dabei nicht um einen Ersatzanspruch im Sinne des § 548 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ), sondern um einen von dieser Vorschrift nicht erfassten vertraglichen Erfüllungsanspruch.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 14.11.2012 – VIII ZR 22/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Amtspflichtverletzung eines Beamten – Wann bestehen Schadensersatzansprüche gegen den Staat?

Amtshaftungsansprüche nach § 839 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ), Art. 34 Satz 1 Grundgesetz (GG) setzen die Verletzung einer gerade einem Dritten gegenüber bestehenden Amtspflicht voraus.
Die Regelung in § 839 BGB, Art. 34 GG beruht insoweit auf der Vorstellung eines Drei-Personen-Verhältnisses, an dem der Beamte, sein Dienstherr und der Geschädigte beteiligt sind. Nur die Verletzung solcher Pflichten, die dem Beamten nicht nur seinem Dienstherrn, sondern einem Dritten gegenüber obliegen, begründen eine Ersatzpflicht.
Alle Amtspflichten bestehen zunächst im Interesse des Staates und der Allgemeinheit. Dient eine Pflicht nur dem allgemeinen öffentlichen Wohl oder dem Schutz der öffentlichen Ordnung, scheidet auch bei deren schadensauslösender Verletzung eine Haftung aus. Die Drittgerichtetheit hat damit sowohl haftungsbegründende als auch begrenzende Funktion: begründend, soweit klargestellt wird, gegenüber welchem Geschädigten die Verantwortlichkeit des Staates eintritt, begrenzend, soweit anderen Personen, die nicht zum Kreis der Dritten zählen, ein Anspruch auch dann versagt bleibt, wenn sich das pflichtwidrige Handeln des Amtsträgers für sie nachteilig ausgewirkt hat.

Ob der Geschädigte dabei Dritter ist, bestimmt sich danach, ob die Amtspflicht – wenn auch nicht notwendig allein, so doch gegebenenfalls neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke auch – den Sinn hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts muss sich ergeben, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen; darüber hinaus kommt es darauf an, ob in qualifizierter und zugleich individualisierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen. Hierfür ist die unmittelbare Beteiligung am Amtsgeschäft allerdings ebenso wenig notwendige Voraussetzung wie ein Rechtsanspruch des Betroffenen auf die streitgegenständliche Amtshandlung. Allerdings genügt es nicht allein, dass sich die Verletzung der Amtspflicht für den Geschädigten nachteilig ausgewirkt hat. Da im Übrigen eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen ihren Belangen immer als Dritter anzusehen sein muss, ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt sein soll.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 08.11.2012 – III ZR 293/11 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Wenn abgeschlepptes Kraftfahrzeug bei Abschleppvorgang auf Privatgrundstück beschädigt wird – Gefährdungshaftung nach § 7 Straßenverkehrsgesetz (StVG)?

Die Gefährdungshaftung des Kraftfahrzeughalters nach § 7 StVG beschränkt sich nicht auf Unfälle im öffentlichen Straßenverkehr, sondern gilt auch für Unfallereignisse, die sich auf Privatgrundstücken ereignen.
Wird ein mit Seil oder Stange abgeschlepptes Kraftfahrzeugs bei einem Abschleppmanöver auf einem Privatgrundstück beschädigt, ist die Beschädigung „beim Betrieb“ des Schleppfahrzeugs erfolgt, wenn sich dieses in Bewegung befand und durch die Kraft seines Motors angetrieben wurde.
Entsprechendes gilt allerdings auch für das abgeschleppte Kraftfahrzeug, wenn dessen Motor lief und es bei dem Abschleppmanöver gelenkt worden ist. Dann bildet es nämlich eine von dem abschleppenden Fahrzeug gesonderte, eigenständige Gefahrenquelle und ist ebenfalls als „in Betrieb“ befindlich anzusehen.
Die Abwägung der beiderseitigen Haftungsanteile richtet sich in einem solchen Fall gemäß § 17 Abs. 1 bis 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) nach den Umständen, insbesondere danach, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle mit Urteil vom 14.11.2012 – 14 U 70/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Werkwohnung – Werkdienstwohnung oder Werkmietwohnung?

Für die Abgrenzung von Werkdienstwohnungen (§ 576 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )) und Werkmietwohnungen (§ 576 BGB ) kommt es nicht auf die Bezeichnung der Parteien oder deren rechtliche Beurteilung, sondern auf den materiellen Gehalt des Vereinbarten an, der durch Auslegung des Vertrags gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist.
Kennzeichnend für eine Werkmietwohnung ist, dass sie „mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses vermietet” wird. Dabei wird neben dem Dienst- oder Arbeitsvertrag ein Mietvertrag abgeschlossen.
Demgegenüber ist die Werkdienstwohnung unmittelbarer Bestandteil des Dienst- bzw. Arbeitsvertrages und regelmäßig Teil der Vergütung; es liegt kein selbstständiger Mietvertrag vor.

Darauf hat das Landgericht (LG) Berlin mit Beschluss vom 29.11.2012 – 63 T 198/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Fußgängerbereich mit Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ – Wer darf mit einem Fahrzeug reinfahren?

Ist ein Fußgängerbereich durch Zeichen 242.1 und 242.2 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) mit Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ gekennzeichnet, stellt sich die Frage, was unter den Begriff „Lieferverkehr“ zu verstehen ist und wer demzufolge in einem solchen Fall mit seinem Fahrzeug den für andere Verkehrsteilnehmer gesperrten Fußgängerbereich befahren darf und wer nicht.

Der Begriff „Lieferverkehr“ im Sinne des Zusatzzeichens nach § 39 Abs. 3 StVO ist gesetzlich nicht definiert. Sein Inhalt ergibt sich aber aus dem Wortsinn und dem gängigen Sprachgebrauch. Danach kann „Lieferverkehr“ als stichwortartige Umschreibung des zur Führung und Aufrechterhaltung eines Geschäfts- oder Gewerbebetriebes erforderlichen geschäftsmäßig – d.h. von Gewerbetreibenden und nicht von Privaten – durchgeführten Transports von Gegenständen, insbesondere Waren, von oder zu Gewerbetreibenden oder Kunden verstanden werden.
Erlaubter „Lieferverkehr“ in einer Fußgängerzone kann also nur von Gewerbetreibenden durchgeführt werden.
Ob die beförderten Gegenstände groß oder schwer sind, ist unerheblich. Auch die geschäftliche Beförderung leichter und damit an sich tragbarer Gegenstände mit Lieferfahrzeugen in die oder aus der Fußgängerzone ist grundsätzlich als „Lieferverkehr“ anzusehen.
Entscheidend ist allein, ob sich der Ort, von oder zu dem geliefert wird und an dem sich die geschäftliche Betätigung demzufolge konkret vollzieht, in der Fußgängerzone befindet. Ein bloßes abkürzendes Durchfahren der Fußgängerzone zum Zwecke der Lieferung an einen außerhalb liegenden Ort gestattet das Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ seinem Normzweck nach nicht.
Ob es sich bei dem Lieferort um ein in der Fußgängerzone befindliches Ladenlokal oder um Werbeanlagen handelt, ist ebenfalls ohne Belang. Auch spielt es keine Rolle, ob dem Gewerbetreibenden – was insbesondere bei leichterem Transportgut und kleineren Fußgängerzonen der Fall sein kann – ein Parken des Lieferfahrzeugs außerhalb der Fußgängerzone und ein Tragen des Transportguts zu dem in der Zone befindlichen Lieferort möglich wäre oder nicht.

Darauf hat das Thüringer Oberlandesgericht – Senat für Bußgeldsachen – mit Beschluss vom 17.07.2012 – 1 Ss Rs 67/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Absturz in Kletterhalle – Wann haftet der Betreiber?

Wer in einer sog. Risikosportart eine Anlage zur Verfügung stellt und dabei auch besondere Risiken schafft, hat eine (künstliche) Kletterwand so zu gestalten und zu erhalten ist, dass von den Benutzern Gefahren, die nicht schon ihrer Natur nach mit der vorgesehenen Betätigung verbunden sind, nach Möglichkeit abgewendet werden.
Die Anlage muss demnach sachgerecht, sowie zweckgerecht konstruiert sein, so dass bei normalem, bestimmungsgemäßen Gebrauch keine durch die Art der Anlage (mit-) verursachten Schäden auftreten können und die mit der Sportausübung an sich verbundene Selbstgefährdung darf nicht durch von der Anlage ausgehende, nicht erkennbare Gefahrenquellen erhöht werden.
Daneben trifft den, der zur Ausübung dieser Risikosportart gewerbsmäßig und damit auch gewinngerichtet Räume und Gerät bereitstellt, auch die Pflicht, die zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um zumindest sich aufdrängende „Standardrisiken“ zu minimieren, insbesondere wenn deren Verwirklichung zu Fehlern führen können, die praktisch unausweislich schwerste Verletzungen oder Todesfälle nach sich ziehen.

Das hat das Landgericht (LG) Hannover mit Urteil vom 16.11.2012 – 14 O 141/09 – entschieden.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Für Skifahrer und Snowboarder – Zur Erinnerung die FIS-Regeln.

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat bereits mit Urteil vom 19.01.2011 – Az.: 20 U 4661/10 – (NJW-Spezial 2011, 107) entschieden, wer als Skifahrer oder Snowboarder auf der Piste gegen eine FIS-Regel nicht einhält, haftet nach einen Skiunfall für den dadurch verursachten Schaden gemäß §§ 823, 249 ff BGB.
Deshalb hier noch einmal die 10 FIS-Regeln:

FIS-Regel Nr. 1: 
Jeder Skifahrer und Snowboarder muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.

FIS-Regel Nr. 2: 
Jeder Skifahrer und Snowboarder muss auf Sicht fahren. Er muss seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen.

FIS-Regel Nr. 3:
 Der von hinten kommende Skifahrer und Snowboarder muss seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer und Snowboarder nicht gefährdet.

FIS-Regel Nr. 4:
 Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder von links, aber immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer oder Snowboarder für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.

FIS-Regel Nr. 5: 
Jeder Skifahrer und Snowboarder, der in eine Abfahrt einfahren, nach einem Halt wieder anfahren oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann.

FIS-Regel Nr. 6:
 Jeder Skifahrer und Snowboarder muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter Skifahrer oder Snowboarder muss eine solche Stelle so schnell wie möglich freimachen.

FIS-Regel Nr. 7: 
Ein Skifahrer oder Snowboarder, der aufsteigt oder zu Fuss absteigt, muss den Rand der Abfahrt benutzen.

FIS-Regel Nr. 8: 
Jeder Skifahrer und Snowboarder muss die Markierung und die Signalisation beachten.

FIS-Regel Nr. 9:
 Bei Unfällen ist jeder Skifahrer und Snowboarder zur Hilfeleistung verpflichtet.

FIS-Regel Nr. 10: 
Jeder Skifahrer und Snowboarder, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Gemeinsamer Geh- und Radweg – Verhalten von Radfahrern gegenüber Fußgängern.

Auf einem durch Zeichen 240 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) gekennzeichneten gemeinsamen Geh- und Radweg treffen den Radfahrer höhere Sorgfaltspflichten als den Fußgänger. Diese können ihn zur Herstellung von Blickkontakt, Verständigung und notfalls Schrittgeschwindigkeit zwingen.
Radfahrer habe auf kombinierten Geh- und Radwegen keinen Vorrang, Fußgänger müssen sie aber vorbeifahren lassen. Dabei müssen die Radfahrer jede Gefährdung vermeiden. Fußgänger dürfen den gemeinsamen Fuß- und Radweg auf der ganzen Breite benutzen und dort auch stehenbleiben. Sie brauchen, da dort Radfahrer keinen Vorrang haben, nicht fortwährend nach Radfahrern, die etwa von hinten herankommen könnten, Umschau zu halten. Sie dürfen darauf vertrauen, dass Radfahrer rechtzeitig durch Glockenzeichen auf sich aufmerksam machen, um dann aber ein Passage freizugeben.
Radfahrer haben demnach die Belange der Fußgänger auf solchen Wegen besonders zu berücksichtigen und insbesondere bei unklaren Verkehrslagen gegebenenfalls Schrittgeschwindigkeit zu fahren, um ein sofortiges Anhalten zu ermöglichen. Auf betagte oder unachtsame Fußgänger muss der Radfahrer besondere Rücksicht nehmen; mit Unaufmerksamkeiten oder Schreckreaktionen muss er rechnen.
Für die Geschwindigkeit von Radfahrern gilt zusätzlich § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO. Ein Radfahrer muss innerhalb der übersehbaren Strecke halten können. Dazu gehört auch, dass er damit rechnet, dass aus Eingängen oder Ausfahrten Personen oder Fahrzeuge auf den Gehweg gelangen können.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt mit Urteil vom 09.10.2012 – 22 U 10/11 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Eine unklare Verkehrslage im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO – Wann liegt sie vor?

Eine unklare Verkehrslage, bei der nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) das Überholen unzulässig ist, liegt vor, wenn der Überholende nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf, wenn also die Verkehrslage unübersichtlich bzw. ihre Entwicklung nach objektiven Umständen nicht zu beurteilen ist.

Es kommt hierbei nicht auf das Gefühl des Überholwilligen an. Der Grund für die unklare Lage ist unerheblich. Dass das vorausfahrende Fahrzeug mit deutlich gegenüber der zulässigen Höchstgeschwindigkeit reduzierter Geschwindigkeit fährt, begründet allein allerdings noch nicht die Annahme einer unklaren Verkehrslage.

Bei einer Verlangsamung der Geschwindigkeit des Vorausfahrenden kommt es auf die konkrete Verkehrssituation und die Örtlichkeit an. Wenn diese geeignet sind, Zweifel über die beabsichtigte Fahrweise des Vorausfahrenden aufkommen zu lassen, kommt eine unklare Verkehrslage in Betracht.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) München mit Urteil vom 09.11.2012 – 10 U 1860/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Entziehung der Fahrerlaubnis – Hinderung der Anordnung durch die Fahrerlaubnisbehörde im Verwaltungsverfahren während der Anhängigkeit eines Straf- oder Bußgeldverfahrens?

Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) darf die Fahrerlaubnisbehörde in einem Fahrerlaubnisentziehungsverfahren den Sachverhalt, der Gegenstand eines gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gerichteten Strafverfahrens ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Strafgesetzbuch (StGB ) in Betracht kommt, nicht berücksichtigen, solange das Strafverfahren anhängig ist.
Mit dieser, die Bindung der Fahrerlaubnisbehörde an die in dem Strafverfahren ergehende gerichtliche Entscheidung betreffenden Regelung, sollen bei Vorrangigkeit des Strafverfahrens widersprüchliche Entscheidungen von Fahrerlaubnisbehörden und Gerichten vermieden werden. Der Fahrerlaubnisbehörde fehlt demnach in den in § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG genannten Fällen bis zur Einstellung des Strafverfahrens oder bis zur Rechtskraft der ergehenden Entscheidung die Befugnis, selbst über die Entziehung der Fahrerlaubnis zu befinden.

Ist dagegen wegen desselben Sachverhalts ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, aber noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, ist die Fahrerlaubnisbehörde nach der nur im Verhältnis zu Strafverfahren geltenden Bestimmung des § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG nicht gehindert die Entziehung der Fahrerlaubnis anzuordnen. Eine analoge Anwendung von § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG kommt im Verhältnis zu Ordnungswidrigkeiten nämlich nicht in Betracht.

Darauf hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 08.11.2012 – 3 M 599/12 – hingewiesen.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.