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Voraussetzungen für die Zuweisung einer Ehewohnung aus Gründen des Kindeswohls.

Gemäß § 1361 b Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere Ehegatte die Ehewohnung zur alleinigen Benutzung überlässt, wenn die Ehegatten voneinander getrennt leben oder einer von ihnen getrennt leben will,

  • soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden.
  • Eine unbillige Härte kann gemäß § 1361 b Abs. 1 S. 2 BGB auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist.

Sofern das Kindeswohl durch eine auf dem Verhalten der Eltern beruhende unerträgliche Wohnsituation beeinträchtigt wird, die häusliche Atmosphäre nachhaltig gestört ist und dies zu erheblichen Belastungen der Kinder führt oder diese unter den erheblichen Auseinandersetzungen der Eltern über das normale Maß hinaus leiden, ist die Wohnung dem Elternteil zuzuweisen, der die Kinder vorzugsweise betreut.
Erleben Kinder schwere dauerhafte Spannungen zwischen den Erwachsenen und die Störung der häuslichen Atmosphäre durch Streitigkeiten und rücksichtslosen Umgang miteinander, kann dies zu erheblichen Belastungen eines Kindes führen. Haben die Belange des Kindes somit bei einer Billigkeitsabwägung Vorrang, kommt es grundsätzlich nicht mehr darauf an, welcher Ehegatte die dem Kindeswohl schädliche Situation verursacht hat.

Voraussetzung für eine Zuweisung der Ehewohnung gemäß § 1361 b BGB ist immer, dass es zwischen den Eheleuten Auseinandersetzungen gibt, die über das hinausgehen, was zwischen Ehegatten, die sich getrennt haben, häufig stattfindet. Offene Auseinandersetzungen zwischen den Parteien verbaler oder gar körperlicher Art sind hierbei nicht unbedingt erforderlich. Denn gesundheitliche oder seelische Störungen bei Kindern können nicht nur durch verbale oder tätliche Auseinandersetzungen, sondern auch durch eine spannungsgeladene Atmosphäre, die auch ein erträgliches Nebeneinander der in Trennung lebenden Eltern unter einem Dach nicht mehr möglich macht, ausgelöst werden (OLG Brandenburg, Beschluss vom 10.06.2010 – 9 UF 142/09 –; OLG Hamm, Beschluss vom 25.09.2013 – 2 UF 58/13 –).

Darauf und dass,

hat das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 16.12.2014 – 17 UF142/14 – hingewiesen.

 

Wenn von einer Internet-Suchmaschine Links zu Internetseiten Dritter mit persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten angezeigt werden.

Der Betreiber einer Internet-Suchmaschine ist in unionsrechtskonformer Auslegung der Bestimmungen zur Störerhaftung als mitverantwortlicher Störer gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit Art. 1, 2 Grundgesetz (GG) verpflichtet, einen von der Suchmaschine angezeigten Link zu einer von einem Dritten veröffentlichten Internetseite zu entfernen und durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass der Link nach der Entfernung erneut erscheint, wenn

  • der Inhalt eines Artikels auf der von dem Dritten veröffentlichten Internetseite einen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellt, d. h., die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung ergibt, dass das Schutzinteresse des Betroffenen das schutzwürdige Interesse der Autoren der Internetseite an der Verbreitung des Artikels und der Öffentlichkeit an den darin mitgeteilten Informationen überwiegt und
  • der Betreiber der Internet-Suchmaschine von dem Betroffenen auf den persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalt der Internetseite hingewiesen wurde.

Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist – ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft – nämlich jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt.
Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre. Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte.
Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12 –).

Unterlässt es ein Suchmaschinenbetreiber, nach Hinweis eines Betroffenen auf den rechtswidrigen Inhalt eines Artikels, den bei Eingabe seines Namens in die Suchmaschine als Treffer angezeigten Link zu diesem Artikel auf der Internetseite dauerhaft zu entfernen, ist er verantwortlicher Störer im Sinne des § 1004 BGB.
Die Verantwortlichkeit des Suchmaschinenbetreibers ist in einem solchen Fall im Ergebnis nicht anders zu beurteilen als im Fall der von der Suchmaschine eines Betreibers bei Eingabe eines Suchbegriffs angezeigten ergänzenden Suchvorschläge (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12 –). Die Anzeige einer Ergebnisliste, mit der Informationen und Links in einer bestimmten Reihenfolge zur Verfügung gestellt werden, wird wie die Anzeige von ergänzenden Suchvorschlägen von der Suchmaschine des Betreibers gesteuert. Die Suchmaschine wurde von dem Betreiber entwickelt und dahin programmiert, bei Eingabe von Suchbegriffen Suchergebnisse nach bestimmten Kriterien zu sortieren und in einer bestimmten Reihenfolge anzuzeigen. Für die Ergebnisliste und die angezeigte Reihenfolge ist der Betreiber daher aufgrund der ihm zuzurechnenden Programmierung verantwortlich. Auch eine unionsrechtskonforme Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen über die Störerhaftung gebietet es, dass der Suchmaschinenbetreiber grundsätzlich als verantwortlicher Störer für die von seiner Suchmaschine angezeigten Suchergebnisse mit persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten in Anspruch genommen werden kann. Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr sieht vor, dass betroffene Personen von dem für die Verarbeitung personenbezogener Daten Verantwortlichen grundsätzlich die Berichtigung, Löschung oder Sperrung von Daten, deren Verarbeitung nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie entspricht, verlangen kann. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seiner Entscheidung vom 13.05.2014 – C-131/12 – festgestellt hat, stellt die Erhebung und Bereitstellung von personenbezogenen Daten in Form einer von einer Suchmaschine erstellten Ergebnisliste eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 2 Buchst. b der genannten Richtlinie dar und ist der Betreiber einer Suchmaschine als Verantwortlicher im Sinne von Art. 2 Buchst. d dieser Richtlinie anzusehen. Betroffene Personen können daher im – hier gegebenen – Anwendungsbereich der Richtlinie von dem Suchmaschinenbetreiber nach Maßgabe von Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG zur Wahrung ihrer Rechte verlangen, dass der Suchmaschinenbetreiber von der Ergebnisliste Links zu von Dritten veröffentlichten Internetseiten mit Informationen zu ihrer Person entfernt.

Da der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit hier nicht in der Entwicklung und Bereitstellung einer Suchmaschine besteht, die bei Eingabe von Suchbegriffen eine Ergebnisliste anzeigt, sondern in dem Unterlassen, keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben, um zu verhindern, dass die von der Ergebnisliste angezeigten Treffer Rechte Dritter verletzen, setzt die Störerhaftung eine Verletzung von Prüfpflichten voraus.
Der Betreiber einer Suchmaschine ist zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, die von seiner Software erstellten Ergebnislisten generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine wenn nicht gar unmöglich machen, so doch unzumutbar erschweren. Den Betreiber einer Internet-Suchmaschine trifft deshalb grundsätzlich erst dann eine Prüfpflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.

Entfernt der Betreiber einer Internet-Suchmaschine den Link zu der Internetseite mit persönlichkeitsrechtsverletzendem Inhalt nach Kenntniserlangung und Ablauf einer angemessenen Prüffrist nicht, kann er dem Betroffenen nach §§ 823 Abs. 1, 249 ff. BGB zum Ersatz aller Schäden verpflichtet sein, die diesem dadurch entstanden sind, dass der Link nicht dauerhaft entfernt worden ist.
Auf die Haftungsbeschränkung des § 10 Satz 1 Telemediengesetz (TMG) kann sich der Suchmaschinenbetreiber in einem solchen Fall nicht berufen, weil er mit der Sortierung und Anzeige von Suchergebnissen in einer bestimmten Reihenfolge eigene Informationen zur Nutzung bereit hält und überdies Kenntnis von der Persönlichkeitsrechtsverletzung erlangt hat.

Das hat das Landgericht (LG) Heidelberg mit Urteil vom 09.12.2014 – 2 O 162/13 – in einem Fall entschieden, in dem der Kläger die Beklagte, die mit Sitz in den USA eine Internet-Suchmaschine betreibt,

  • bei der durch Eingabe von Namen Nutzer über eine angezeigte Trefferliste auf von Dritten ins Internet eingestellte Inhalte Zugriff nehmen können,

auf Entfernung von Links zu einer Internetseite in Anspruch genommen hatte.

Die internationale und örtliche Zuständigkeit des LG Heidelberg ergab sich in diesem Fall aus § 32 Zivilprozessordnung (ZPO), weil

  • diese Bestimmung weit auszulegen ist, auch die Fälle der Störerhaftung und die Haftung aus der Verletzung von Persönlichkeitsrechten umfasst, Begehungsort im Sinne des § 32 ZPO, sowohl der Ort, an dem Täter gehandelt hat, als auch der Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde, der sogenannte Erfolgsort ist, bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts Erfolgsort der Lebensmittelpunkt des Geschädigten ist, der im Streitfall im Bezirk des LG Heidelberg lag und
  • was zur Begründung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Rahmen des § 32 ZPO nach der Rechtsprechung des BGH weiterhin erforderlich ist, die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland aufwiesen (BGH, Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12 –).

Deutsches Recht war anzuwenden, weil

  • zwar nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) Ansprüche aus unerlaubter Handlung grundsätzlich dem Recht des Staates unterliegen, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat,
  • der Verletzte jedoch nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens verlangen kann, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Erfolg eingetreten ist, der Kläger von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hatte und der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort in Deutschland liegt, nachdem hier die Achtung des in Deutschland wohnhaften Klägers gestört bzw. gefährdet ist (BGH, Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12 –).

 

Abmahnung eines Internetanschlussinhabers wegen behaupteter Urheberrechtsverletzung.

Das Amtsgericht (AG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 25.11.2014 – 57 C 1312/14 – die Klage auf Erstattung der Abmahnkosten gegen den Inhaber eines Internetabschlusses abgewiesen, der laut Behauptung des ausschließlich Nutzungs- und Verwertungsberechtigten ein Filmwerk über ein Filesharing-Netzwerk verbreitet haben soll und deswegen mit Abmahnschreiben über den Prozessbevollmächtigten der Klägerin aufgefordert worden war, es zu unterlassen, das Filmwerk der Klägerin im Internet verfügbar zu machen, wie dies am xxxx um xxxx über die IP-Adresse xxxx geschehen sei.

Eine Haftung des beklagten Inhabers des Internetanschlusses aus § 97 Abs. 2 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG)  ergab sich nicht, weil es der Klägerin nicht gelungen war, zu beweisen, dass der Beklagte der Täter der behaupteten Rechtsverletzung war.

  • Der Beklagte konnte nämlich nachweisen, dass seine Ehefrau und seine beiden, ebenfalls in seinem Haushalt lebenden volljährigen Kinder freien Zugang auf den Internetzugang hatten.

Dadurch war die zunächst bestehende tatsächliche Vermutung, dass der Inhaber eines Internetanschlusses diesen allein nutzt, widerlegt. Weitergehende Feststellungen, insbesondere zum Umfang der zeitlichen Nutzung des Anschlusses, bedurfte es zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung nicht.
Wird ein Internetanschluss nämlich nicht nur vom Anschlussinhaber genutzt, sondern darüber hinaus unbeaufsichtigt von weiteren Personen, spricht – unabhängig von der Frage der Nutzung des Internetanschlusses an einem bestimmten Tag – die Lebenserfahrung nicht mehr dafür, dass lediglich der Anschlussinhaber als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt.

  • Der beklagte Anschlussinhaber hatte ferner vorgetragen, dass Ehefrau und die beiden Kinder seinen PC jeweils täglich 1-2 Stunden nutzen und hierbei neben E-mailverkehr auch Webseiten besuchen und Kommunikation per Facebook betreiben.

Damit war der Beklagte der ihm als Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungspflicht nachgekommen, Umstände vorzutragen, die die ernsthafte Möglichkeit der Täterschaft eines weiteren Mitbenutzers eröffnen.
Denn aus den Angaben zur inhaltlichen und zeitlichen Nutzung des Anschlusses durch Ehefrau und Kinder ergibt sich, dass diese im Rahmen ihrer üblichen Nutzungsdauer zeitlich in der Lage waren, einen Filesharingdienst zu installieren und zu bedienen.
Ferner legt die regelmäßige Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook es auch nahe, dass die Mitbenutzer des Internetanschlusses von ihren Internetkenntnissen her zu einer solchen Installation in der Lage waren, da es sich bei einem Filesharingclient um ein typisches Windowsprogramm handelt.
Weitergehender Vortrag, insbesondere dazu, welche Personen zu den Zeitpunkten der behaupteten Rechtsverletzungen den Anschluss tatsächlich genutzt haben, ist im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht geboten und jedenfalls im familiären Umfeld treffen einen Anschlussinhaber, insbesondere bezüglich einer nachträglichen Feststellung der Person des Täters, auch keine weitergehenden Aufklärungspflichten.
Denn es würde, wie das AG Düsseldorf ausgeführt hat, das Zeugnisverweigerungsrecht und auch den besonderen Schutz des Instituts der Familie ad absurdum führen, wenn den Anschlussinhaber innerhalb seiner Familie eine umfangreiche Recherchepflicht treffen würde, wer als Täter einer Rechtsverletzung in Betracht kommt. Im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 384 Nr. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erscheine es schon zweifelhaft, ob den Anschlussinhaber die Verpflichtung treffe, das positive Ergebnis einer Befragung, nämlich dass ein naher Familienangehöriger die Täterschaft zugegeben habe, mitzuteilen; keinesfalls treffe den Anschlussinhaber jedoch weitergehende Recherchepflichten, wenn einer der Befragung kein Mitnutzer die Rechtsverletzung zugegeben habe.
Im Übrigen sei eine weitergehende Druckausübung auf Familienmitglieder, um der Klägerin einen möglichen neuen Anspruchsgegner zu verschaffen, auch unzumutbar, weswegen die sekundäre Darlegungslast entsprechende Maßnahmen auch nicht fordern kann.

  • Nachdem der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen war, traf die Klägerin nun die volle Beweislast für die Täterschaft des Beklagten.

Dieser Beweis war der Klägerin nicht gelungen, weil,

  • nachdem die Möglichkeit bestand, dass die Mitnutzer die eigene Rechtsverletzung im Hinblick auf eine drohende Inanspruchnahme verleugnen, weder der Umstand, dass keiner von ihnen die Rechtsverletzung eingeräumt hatte, Rückschlüsse auf eine Täterschaft des Beklagten zuließ,
  • noch daraus, dass die von der Klägerin als Zeugen benannten Mitbenutzer von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht aus § 383 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO und ihrem Auskunftsverweigerungsrecht aus § 384 Nr. 1 ZPO Gebrauch gemacht hatten, negativen Schlüsse zum Nachteil des Beklagten gezogen werden durften.

Eine Störerhaftung des Beklagten aus §§ 97 Abs. 1, 97a UrhG auf Erstattung der Abmahnkosten bestand ebenfalls nicht, weil eine solche das Vorhandensein von Überwachungspflichten voraussetzt, die sich jedoch nicht bereits aus der Anschlussinhaberschaft als solches ergeben, sondern nur in dem Umfang bestehen, wie sie sich aus anderen Vorschriften, insbesondere der zivilrechtlichen Aufsichtspflicht, ergeben und solche zivilrechtliche Aufsichts- und Überwachungspflichten und damit auch die Pflicht zur Belehrung hinsichtlich des Verbots von Urheberechtsverletzungen weder gegenüber der Ehefrau, noch gegenüber volljährigen Kindern bestehen.

Vergleiche hierzu auch die Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH), der entschieden hat,

mit Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 –,

  • dass der Inhaber eines Internetanschlusses grundsätzlich nicht als Störer auf Unterlassung haftet, wenn volljährige Familienangehörige den ihnen zur Nutzung überlassenen Anschluss für Rechtsverletzungen missbrauchen und er erst, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Missbrauch hat, die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss;
  • dass, wenn über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wird, eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet wird, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde;
  • dass, wenn über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wird, der Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast trägt, der er dadurch entspricht, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, wobei der Anschlussinhaber insoweit im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet ist;

mit Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 –,

  • dass Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch genügen, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten,
  • dass eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, grundsätzlich nicht besteht und
  • Eltern zu derartigen Maßnahmen erst verpflichtet sind, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt;

sowie mit Urteil vom 12.05.2010 – I ZR 121/08 –,

  • dass den Inhaber eines Internetanschlusses, von dem aus ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne Zustimmung des Berechtigten öffentlich zugänglich gemacht worden ist, eine sekundäre Darlegungslast trifft, wenn er geltend macht, nicht er, sondern ein Dritter habe die Rechtsverletzung begangen und
  • dass der Inhaber eines WLAN-Anschlusses, der es unterlässt, die im Kaufzeitpunkt des WLAN-Routers marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend anzuwenden, als Störer auf Unterlassung haftet, wenn Dritte diesen Anschluss missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte Musiktitel in Internettauschbörsen einzustellen.

 

Ameisensäure im Leder einer Couch, darf das sein?

Wer eine Ledercouch kauft muss damit rechnen, dass in dem Leder Ameisensäure enthalten ist. Denn der Einsatz von Ameisensäure bei der Verarbeitung von Leder ist,

  • obwohl die Ausdünstungen von Ameisensäure als geruchsstörend empfunden werden und bei empfindlichen Personen eine reizende Wirkung auf Augen, Atemwege und Haut haben können,

weit verbreitet und anerkannt. Der Stoff sorgt für eine einheitliche Gerbung der Tierhaut und hilft dabei, Farbstoffe zu fixieren. Aus diesem Grund ist ein gewisser Wert von Ameisensäure auch üblich.

Erwarten kann der Käufer eines Lederprodukts allerdings, dass,

  • auch wenn es in der Lederproduktion keine Grenzwerte für Ameisensäure gibt,

der Hersteller unter solchen Bedingungen produziert, die das Risiko einer Gesundheitsgefährdung dem Stand der Technik entsprechend gering halten.

Nach dieser Vorschrift ist eine Sache nur frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Darauf hat das Landgericht (LG) Stuttgart mit Urteil vom 15.12.2014 – 27 O 324/13 – hingewiesen und

  • in einem Fall, in dem bei einer Ledercouchgarnitur der Gehalt der Ameisensäure weit über den üblichen Werten lag und der Käufer über einen unangenehmen Geruch sowie Ausdünstungen der Couch und Kopfschmerzen sowie entzündete Augen klagte, den Rücktritt vom Kaufvertrag gemäß § 437 Nr. 2 BGB in Verbindung mit §§ 434, 323 BGB für berechtigt erachtet,
  • mit der Rechtsfolge, dass die empfangenen Leistungen Zug um Zug zurück zu gewähren waren, wobei der Käufer sich die gezogenen Nutzungen bzw. Gebrauchsvorteile, ausgehend bei einer Ledercouchgarnitur von einer zehnjährigen Nutzungsdauer, jedoch anrechnen lassen musste (§ 346 Absatz 1 BGB i.V.m. § 348 BGB).

Nach dieser Entscheidung des LG Stuttgart kann ein Sachmangel somit

  • nicht nur vorliegen, wenn von der Kaufsache eine Gesundheitsgefahr ausgeht, mit der der Käufer im Allgemeinen nicht rechnen muss,
  • sondern auch, wenn zwar der Einsatz einer gesundheitsgefährdenden Substanz in der Produktion weit verbreitet ist, ihr Gehalt jedoch ein Vielfaches über den üblicherweise gemessenen Werten liegt und daraus die Schlussfolgerung gezogen werden kann, dass die Kaufsache nicht dem Stand der Technik entsprechend unter schonendem Einsatz des Gefahrenstoffes hergestellt wurde.

 

Wer ist für die Sicherheit auf einer Baustelle verantwortlich, wenn ein Architekt mit der örtlichen Bauüberwachung beauftragt ist?

Einen mit der örtlichen Bauaufsicht, Bauleitung oder Bauüberwachung beauftragten Architekten trifft die Pflicht,

  • nicht nur seinen Auftraggeber
  • sondern auch Dritte, die sich befugt auf der Baustelle aufhalten,

vor Schäden zu bewahren, die im Zusammenhang mit der Errichtung des Bauwerks entstehen können.

  • Im Regelfall braucht der Architekt allerdings nur diejenigen Verkehrssicherungspflichten zu beachten, die dem Bauherrn als dem mittelbaren Veranlasser der aus der Bauausführung fließenden Gefahren obliegen; ihn treffen im Allgemeinen nur sog. sekundäre Verkehrssicherungspflichten.
  • Primär verkehrssicherungspflichtig ist der Unternehmer. Er hat für die Sicherheit der Baustelle zu sorgen. Die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften, die die im konkreten Fall zu beachtenden Sorgfaltspflichten durch Bestimmungen über Sicherheitsmaßnahmen konkretisieren (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 13.03.2001 – VI ZR 142/00 –), wenden sich nur an ihn. Sie sollen die Versicherten vor den typischen Gefährdungen des jeweiligen Gewerbes schützen (vgl. BGH, Urteile vom 30.01.2001 – VI ZR 49/00 –; vom 08.01.2002 – VI ZR 364/00 –). Diesen Zweck können sie nur erfüllen, wenn sie von dem Unternehmer zu beachten sind, der die Versicherten beschäftigt.
  • Unmittelbar selbst verkehrssicherungspflichtig wird der mit der örtlichen Bauaufsicht, Bauleitung oder Bauüberwachung beauftragte Architekt aber dann,
    • wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Unternehmer in dieser Hinsicht nicht genügend sachkundig oder zuverlässig ist,
    • wenn er Gefahrenquellen erkannt hat oder
    • wenn er diese bei gewissenhafter Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2007 – VI ZR 178/05 –).

Er ist dann verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer zu verhindern.

Demzufolge aktualisiert sich die dem Architekten obliegende sekundäre Verkehrssicherungspflicht in dem Moment, in dem er davon Kenntnis erlangt, dass sich die Baustelle in einem nicht verkehrssicheren Zustand befindet.
Seine Verkehrssicherungspflicht besteht ab diesem Zeitpunkt neben und unabhängig von der Verpflichtung des Bauunternehmers, der die Gefahrenquelle geschaffen hat.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 18.11.2014 – VI ZR 47/13 – hingewiesen.

 

Was man beim Kauf eines Oldtimers wissen und beachten muss.

Ob und inwieweit sich aus der Modellbezeichnung eines Oldtimers im Kaufvertrag (hier: „Jaguar XK 150 S Roadster“) eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • hinsichtlich des technischen Zustands oder
  • hinsichtlich des Vorhandenseins bestimmter historischer Fahrzeugteile

ergibt, richtet sich nach den üblichen Erwartungen von Kaufinteressenten auf dem Oldtimermarkt.
Bei einem restaurierten Oldtimer ist das Vorhandensein des Originalmotors – wenn nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist – in der Regel keine Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist, und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Soweit die Originalität der Fahrzeugteile eines Oldtimers nicht Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung ist, besteht keine Pflicht des Verkäufers, den Käufer vor Abschluss des Vertrages – ungefragt – über nachträgliche technische Veränderungen an dem Fahrzeug aufzuklären.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 20.11.2014 – 9 U 234/12 – hingewiesen in einem Fall hingewiesen, in dem der Kläger vom Kauf eines als „Jaguar XK 150 S Roadster“, Baujahr 1958, bezeichneten Oldtimers zurücktreten wollte, weil das Fahrzeug nicht mehr mit dem ursprünglichen 3,4-l und 250 PS leisteten Motor ausgestattet, sondern dieser später durch einen 3,8-l und etwa 265 PS leistenden Motor ersetzt worden war.

Nach der Entscheidung des OLG Karlsruhe hatte der Kläger keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß §§ 434, 437 Ziff. 2, 346 BGB, weil der erworbene Oldtimer nicht mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB war.

Ein Mangel lag danach deshalb nicht vor, weil das Fahrzeug der in der Bezeichnung „Jaguar XK 150 S Roadster“ enthaltenen Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) entsprach. Es lag auch kein „aliud“ im Sinne von § 434 Abs. 3 BGB vor. Die Bezeichnung „Jaguar XK 150 S Roadster“ bedeutet nämlich, dass das verkaufte Fahrzeug zu einer bestimmten Modellbaureihe des Herstellers Jaguar gehört. Diese Beschreibung war zutreffend. Denn das vom Kläger erworbene Fahrzeug war tatsächlich im Jahr 1958 von Jaguar als „Jaguar XK 150 S Roadster“ hergestellt und verkauft worden.
Der spätere Einbau eines anderen Motors änderte nichts an der Zugehörigkeit des Fahrzeugs zu einer bestimmten Baureihe und an der Richtigkeit der Modellbezeichnung. Denn bei dem später eingebauten Motor handelte es sich auch um eine S-Version und das Vorhandensein des Originalmotors ist bei einem Oldtimer, wenn insoweit nichts ausdrückliches vereinbart ist, in der Regel keine Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist, und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 BGB).

Wie das OLG Karlsruhe ausführte, sind maßgebend dafür, ob und inwieweit ein Käufer ohne zusätzliche Vereinbarungen allein aus dem Begriff „Oldtimer“ Schlüsse ziehen darf, in welchem Umfang der Originalzustand erhalten ist, die Verhältnissen, die auf dem Oldtimermarkt üblich sind.
Dabei ist davon auszugehen, dass der Begriff „Oldtimer“ im Hinblick auf den Zustand des betreffenden älteren Fahrzeugs unscharf gebraucht wird. Es gibt keine Regel, dass ein Oldtimer üblicherweise in bestimmtem Umfang nur aus Originalteilen bestehen dürfte. Vielmehr zeigt die Praxis, dass Oldtimer sehr oft in mehr oder weniger großem Umfang technische Veränderungen gegenüber dem Originalzustand aufweisen. Das kann technische Gründe haben (wenn Originalteile nicht mehr zu beschaffen sind), wirtschaftliche Gründe (wenn eine Beschaffung von Originalersatzteilen deutlich teurer wäre) oder es kann um technische Verbesserungen gehen, wenn beispielsweise der Fahrkomfort oder die Leistung gegenüber dem Originalzustand verbessert werden soll (vgl. hierzu den Artikel „Oldtimer“ auf Wikipedia).
Das bedeutet, dass ein Käufer beim Erwerb eines „Oldtimers“ oder eines „Original-Oldtimers“ generell nicht ohne Weiteres erwarten kann, dass das Fahrzeug mit dem Originalzustand zum Zeitpunkt der Herstellung übereinstimmt.
Das gilt vor allem dann, wenn ein Kaufinteressent weiß, dass ein Oldtimer restauriert worden ist. Denn bei einer Restaurierung werden aus den oben angegebenen Gründen sehr oft in unterschiedlichem Umfang Teile verwendet, die nicht mit den Original-Teilen identisch sind. Daher muss ein Käufer, der Wert auf den Originalzustand eines Oldtimers legt, im Kaufvertrag für eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB sorgen.

Der Fall zeigt, dass es durchaus empfehlenswert sein kann, sich, am besten schon vor einem Kauf, von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen, der sich mit Oldtimerrecht beschäftigt. 

 

Voraussetzung für Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung.

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Kassel hat mit Urteil vom 04.12.2014 – 1 K 143/14 KS – eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h aufgehoben, die aufgrund der Petition eines Anwohners, wegen übermäßigen Durchgangsverkehrs durch Verkehrszeichen auf der L 3149 in Neuental im Ortsteil Gilsa angeordnet worden war.

Nach dieser Entscheidung dürfen Beschränkungen des Verkehrs nach § 45 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) nur dort angeordnet werden, wo dies aufgrund besonderer Umstände zwingend geboten ist. Insbesondere dürfen Beschränkungen des fließenden Verkehrs nur wegen der besonderen örtlichen Verhältnisse (Streckenführung, Ausbauzustand, witterungsbedingte Einflüsse) i.S.e. Gefahrenlage angeordnet werden.

Das VG erachtete diese gesetzlichen Voraussetzungen nicht für gegeben, weil nach den Feststellungen der Kammer die Ortsdurchfahrt von Gilsa, ausgehend von einer Verkehrszählung, keine übermäßige Verkehrsbelastung – speziell durch Lastkraftwagen – aufwies. Auch eine Gefährdung von Fußgängern war aufgrund deren geringen Aufkommens insbesondere im Hinblick auf Schüler auszuschließen. Eine besondere Unfallhäufigkeit und somit Unfallträchtigkeit vermochte das Gericht ausgehend von lediglich sieben Unfällen – davon zwei unter Alkoholeinfluss und einer mit einem Haustier – zwischen den Jahren 2006 und 2012 ebenfalls nicht feststellen.

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Kassel am 22.12.2014 – Nr. 4/2014 – mitgeteilt.

Aber Achtung:
Auch wenn von der Straßenverkehrsbehörde aufgestellte Vorschriftzeichen rechtwidrig sein sollten oder sind, müssen sie, solange sie nicht aufgehoben worden sind, beachtet und befolgt werden. Darauf hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf mit Beschluss vom 07.11.2014 – 2 RBs 115/14 – hingewiesen.

 

Wenn ein Mieter in der Mietwohnung einen Brand verursacht.

Hat ein Vermieter

  • eine Wohngebäudeversicherung abgeschlossen,
  • deren Kosten vom Mieter getragen werden, und
  • verursacht der Mieter leicht fahrlässig einen von dieser Versicherung umfassten Wohnungsbrand,

so trifft den Vermieter in der Regel die mietvertragliche Pflicht, wegen des Brandschadens nicht den Mieter, sondern die Versicherung in Anspruch zu nehmen.
Zudem hat der Vermieter in einem solchen Fall aufgrund seiner Pflicht zur Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand (§ 535 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) den Brandschaden grundsätzlich auch dann zu beseitigen, wenn er von einer Inanspruchnahme der Wohngebäudeversicherung absieht.

Das hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 19.11.2014 – VIII ZR 191/13 – entschieden.

Danach hat gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB der Vermieter die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten.
Grundsätzlich obliegen somit ihm die Instandhaltung und die Instandsetzung des Mietobjekts (BGH, Urteil vom 06.04.2005 – XII ZR 158/01 –).

Entsteht während der Mietzeit ein Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB – wie beispielsweise in Gestalt eines Brandschadens -, schuldet der Vermieter dessen Beseitigung im Rahmen seiner Erfüllungspflicht gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB unabhängig davon, ob die Mangelursache in seinem eigenen oder im Gefahrenbereich des Mieters zu suchen ist (BGH, Urteil vom 28.05.2008 – VIII ZR 271/07 –).

Die Pflicht des Vermieters zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands entfällt jedoch, soweit der Mieter den Mangel der Mietsache zu vertreten hat (BGH, Urteil vom 28.05.2008 – VIII ZR 271/07 –). In diesem Fall steht dem Vermieter vielmehr bei einer Beschädigung der Mietsache ein Anspruch auf Schadensersatz – nach Wahl des Vermieters in Form der Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder des Geldersatzes (§ 249 Abs. 2 BGB) – gegen den Mieter zu.

Nicht zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist ein Mieter nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung allerdings dann, wenn

  • dem Mieter hinsichtlich des Brandschadens (allenfalls) einfache Fahrlässigkeit zur Last fällt und
  • der Vermieter eine für den Schaden eintrittspflichtige Wohngebäudeversicherung abgeschlossen hat,  
  • deren Kosten (anteilig) vom Mieter getragen werden.

Vielmehr steht dem Mieter in diesem Fall ein Anspruch auf Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands der Mietsache zu.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Mieter, der einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat, (regelmäßig) vor einem Rückgriff des Gebäudeversicherers (§ 86 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)) in der Weise geschützt, dass eine durch die Interessen der Vertragsparteien gerechtfertigte ergänzende Auslegung des Gebäudeversicherungsvertrages einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers für die Fälle ergibt, in denen der Wohnungsmieter einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat (BGH, Urteile vom 08.11.2000 – IV ZR 298/99 –; vom 03.11.2004 – VIII ZR 28/04 –; vom 13.09.2006 – IV ZR 273/05 –; vom 10.11.2006 – V ZR 62/06 – [betr. Wohnungseigentümer]; vom 20.12.2006 – VIII ZR 67/06 –; vom 27.01.2010 – IV ZR 129/09 –; vom 10.05.2011 – VI ZR 196/10 –; BGH, Beschlüsse vom 12.12.2001 – XII ZR 153/99 –; vom 15.11.2011 – II ZR 304/09 –; vom 21.01.2014 – VIII ZR 48/13 –).
Der Mieter steht hierdurch im Ergebnis nicht anders da, als wenn er selbst eine Versicherung abgeschlossen hätte (BGH, Urteil vom 03.11.2004 – VIII ZR 28/04 –).

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Mieter eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat und diese für den Brandschaden ebenfalls eintrittspflichtig wäre (BGH, Urteile vom 08.11.2000 – IV ZR 298/99 –; vom 20.12.2006 – VIII ZR 67/06 –; vom 13.09.2006 – IV ZR 273/05 –).

Die vorbezeichnete sogenannte versicherungsrechtliche Lösung schützt den Mieter allerdings nur, wenn der Vermieter/Versicherungsnehmer die Versicherung tatsächlich in Anspruch nimmt.

  • Verzichtet der Vermieter darauf und fordert er unmittelbar Schadensersatz vom Mieter, wird dieser in seiner Erwartung enttäuscht, als Gegenleistung für die von ihm (anteilig) übernommenen Versicherungskosten im Schadensfall einen Nutzen von der Gebäudeversicherung zu haben.
  • Der Vermieter hat dagegen insoweit, als er durch die Versicherung geschützt ist, im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, den Schadensausgleich durch den Mieter zu suchen, obwohl dieser bereits durch die Zahlung der Versicherungsprämie zur Deckung des Schadens beigetragen hat.

Aus dieser Interessenlage folgt die mietvertragliche Pflicht des Vermieters, die Versicherung in Anspruch zu nehmen (oder auf Schadensersatz zu verzichten), wenn

  • ein Versicherungsfall vorliegt,
  • ein Regress des Versicherers gegen den Mieter ausgeschlossen ist, was der Fall ist, wenn dem Mieter lediglich einfache Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann und
  • der Vermieter nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich durch den Mieter hat, wofür das mit jeder Inanspruchnahme einer Gebäudeversicherung einhergehende generelle Risiko einer Beitragserhöhung jedoch nicht genügt.

Verletzt der Vermieter diese Pflicht, steht dem Mieter seinerseits ein Schadensersatzanspruch zu, den er dem Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen seiner Obhutspflichtverletzung gemäß § 242 BGB („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) entgegen halten kann (BGH, Urteil vom 03.11.2004 – VIII ZR 28/04 –; BGH, Beschluss vom 21.01.2014 – VIII ZR 48/13 –).
Der Vermieter ist demzufolge in einem solchen Fall mietvertraglich verpflichtet, seinen Wohngebäudeversicherer und nicht den Mieter auf Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen.

Ist der Vermieter verpflichtet die Wohngebäudeversicherung zur Schadensbeseitigung in Anspruch zu nehmen und tut er dies nicht, kann er auch keinen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB gegen den Mieter geltend machen.
In einem solchen Fall

  • verbleibt es demzufolge, auch wenn er von einer Inanspruchnahme der Wohngebäudeversicherung absieht, bei der dem Vermieter obliegenden Erhaltungspflicht nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB und
  • sind somit die Voraussetzungen einer Mietminderung gegeben.

 

Bundesgerichtshof erkennt kalifornische Gerichtsentscheidung zur Leihmutterschaft an.

Das Urteil eines kalifornischen Gerichts, wonach die sog. Wunscheltern eines von einer Leihmutter geborenen Kindes auch dessen rechtliche Eltern sind, ist in Deutschland anzuerkennen.

Das hat der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 10.12.2014 – XII ZB 463/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall

  • war von den beteiligten Lebenspartnern mit einer Frau in Kalifornien ein Leihmutterschaftsvertrag abgeschlossen,  
  • entsprechend der Vereinbarung mittels einer Samenspende eines der Lebenspartner unter Verwendung einer Eizellspende das betroffene Kind gezeugt sowie
  • von der Leihmutter ausgetragen und
  • von dem samenspendenden Lebenspartner mit Zustimmung der Leihmutter vor dem deutschen Generalkonsulat in San Francisco die Vaterschaft bereits vor der Geburt anerkannt worden.

Das nachfolgend

  • auf Antrag der Lebenspartner ergangene Urteil des kalifornischen Superior Court, das ihnen die Elternstellung des von der Leihmutter zu gebärenden Kindes und der Leihmutter keine Elternstellung zuwies,

ist nach der Entscheidung des XII. Zivilsenats des BGH

  • in Deutschland anzuerkennen, mit der Folge, dass die Lebenspartner rechtliche Eltern des Kindes und als solche auch im Geburtenregister einzutragen sind.

Wie der Senat ausführte,

Zwar weiche die Feststellung des kalifornischen Gerichts, dass die beiden Lebenspartner die Eltern des Kindes sind, teilweise von der deutschen Gesetzeslage ab.
Nach deutschem Recht, das die Durchführung einer Leihmutterschaft im Inland verbietet (vgl. Gesetz zum Schutz von Embryonen – ESchG), wären nämlich 

  • der Lebenspartner, der die Vaterschaft anerkannt hat, der rechtliche Vater des Kindes und
  • die Leihmutter, die das Kind geboren hat, die rechtliche Mutter (§ 1591 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),
  • während der Lebenspartner des rechtlichen Vaters nur durch eine Stiefkindadoption in die rechtliche Elternstellung gelangen könnte.

Hierin liegt nach Auffassung des XII. Zivilsenats des BGH aber noch keine Abweichung von solcher Tragweite, als dass durch sie der ordre public verletzt wäre.

  • Denn bei der Beurteilung seien neben dem vorwiegend generalpräventiv wirkenden Verbot der Leihmutterschaft und der darauf beruhenden gesetzlichen Regelung zur Mutterschaft vor allem auch die Grund- und Menschenrechte des Kindes und der Leihmutter zu berücksichtigen.
  • Demzufolge müsse bei der Frage, ob ein ordre public-Verstoß vorliegt, das sowohl vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EuGH) hervorgehobene Recht des Kindes, unter bestimmten Umständen ein rechtliches Eltern-Kind-Verhältnis begründen zu können, beachtet werden.

Würde die Anerkennung der Auslandsentscheidung verweigert, so würde zum Nachteil des Kindes ein sogenanntes hinkendes Verwandtschaftsverhältnis entstehen. Dem Kind wäre zwar nach deutschem Recht die Leihmutter als rechtliche Mutter zugeordnet. In deren Heimatstaat sind rechtliche Eltern entsprechend der kalifornischen Entscheidung aber ausschließlich die Wunscheltern. Dem entspricht die Tatsache, dass die Leihmutter, wenn keine ernsthaften Zweifel an der Freiwilligkeit ihrer Entscheidung bestehen, im Unterschied zu den Wunscheltern keine rechtliche Elternverantwortung für das Kind übernehmen will.
Indem die ausländische Entscheidung die Elternstellung bei dieser Sachlage den Wunscheltern zuweist, weicht sie jedenfalls dann,

  • wenn ein Wunschelternteil – im Unterschied zur Leihmutter – mit dem Kind genetisch verwandt ist,

nicht in einem solchen Maß von der deutschen Rechtslage ab, dass ihre Anerkennung untragbar wäre.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 19.12.2014 – Nr. 191/2014 – mitgeteilt.

 

Kann ein Arbeitgeber der gutgläubig gegen einen Arbeitnehmer eine Strafanzeige erstattet, verpflichtet sein diesem die Anwaltskosten zu erstatten?

Ein Arbeitgeber, der Strafanzeige gegen seinen Arbeitnehmer erstattet hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sein, die Kosten für dessen anwaltliche Vertretung zu übernehmen.

Darauf hat das Arbeitsgericht (ArbG) Köln mit Urteil vom 18.12.2014 – 11 Ca 3817/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war von der beklagten Arbeitgeberin, die ein Werttransportunternehmen betreibt, gegen einen zwischenzeitlich ausgeschiedenen Arbeitnehmer, ohne diesen vorher zu der Sache zu befragen, Strafanzeige erstattet worden, nachdem der Verbleib eines Geldscheins eines Kunden nicht mehr nachvollzogen werden konnte, den, wie sich nach Aufklärung des Sachverhalts durch die Staatsanwaltschaft herausstellte, der Arbeitnehmer zur Überprüfung seiner Echtheit der Polizei übergeben und nach Rückerhalt in einer Filiale der Arbeitgeberin abgegeben hatte, was allerdings nicht quittiert worden war.

Der Klage des Arbeitnehmers gegen die Arbeitgeberin, auf Erstattung der Kosten für den Rechtsanwalt, den er mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt hatte, gab das ArbG statt.

Danach darf zwar jemand, der gutgläubig eine Anzeige erstattet, nicht mit dem Risiko eines Schadensersatzanspruches belegt werden, wenn sich der Verdacht später nicht bestätige. Dieser Grundsatz, den das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil aus dem Jahr 1985 aufgestellt hat, gelte, wie das ArbG Köln ausführte, im Arbeitsverhältnis jedoch nicht uneingeschränkt. Denn im Arbeitsverhältnis bestünden besondere Fürsorgepflichten, nach denen die eine Partei der anderen nicht grundlos Nachteile zufügen dürfe.
Im konkreten Fall hätte die Arbeitgeberin den Kläger vor Erstattung der Anzeige befragen und den Sachverhalt auf diese Weise ggf. aufklären müssen.

Das hat die Pressestelle des Arbeitsgerichts Köln am 18.12.2014 – 8/2014 – mitgeteilt.