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Lebensversicherung – Wann erwirbt ein vom Versicherungsnehmer als Bezugsberechtigter Bezeichneter den Anspruch auf die Versicherungsleistung?

Bezeichnet der Versicherungsnehmer eines Lebensversicherungsvertrages gegenüber dem Versicherer einen Dritten als Bezugsberechtigten, kommt zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer ein Vertrag zugunsten Dritter nach §§ 328, 331 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) zustande, der ein unmittelbares Recht des Dritten gegenüber dem Versicherer begründet.
Der Dritte muss dabei noch nicht konkret bezeichnet sein; es genügt, dass er bestimmbar ist.
Auch kann der Rechtserwerb des Dritten unter Bedingungen gestellt werden, mit der Folge, dass er sich erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung vollzieht oder bei Eintritt der auflösenden Bedingung endet. Je nach Vorliegen der Bedingung kann dies dazu führen, dass die Person des begünstigten Dritten wechselt. Dies ist im Hinblick auf die Vertragsfreiheit unbedenklich, sofern die Bestimmung des Begünstigten der ablaufenden Zeit überlassen, aber durch ein sachliches Merkmal gesichert ist.

Im Fall einer widerruflichen Bezeichnung erlangt der Bezugsberechtigte die Rechte aus dem Versicherungsvertrag erst mit dem Ableben der versicherten Person; bis dahin hat er noch keine gesicherte Rechtsstellung, sondern lediglich eine tatsächliche Aussicht auf den Erwerb des Rechts.

Bezeichnet der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung hingegen einen Dritten unwiderruflich als Bezugsberechtigten, erwirbt der Dritte den Anspruch auf die Versicherungsleistung regelmäßig sofort.
Bestimmt der Versicherungsnehmer, dass dem Dritten nur im Todesfall die Versicherungsleistung unwiderruflich zugewendet werden und die Erlebensfallleistung ihm, dem Versicherungsnehmer, zustehen soll, erwirbt der begünstigte Dritte die Rechte aus dem Versicherungsvertrag ebenfalls regelmäßig sofort, allerdings unter der auflösenden Bedingung, dass der Versicherte den Ablauf der Versicherung erlebt, während der Rechtserwerb des Versicherungsnehmers entsprechend aufschiebend bedingt ist. Bei einem solchen gespaltenen Bezugsrecht mit unwiderruflicher Begünstigung eines Dritten mit der Todesfallleistung, bleibt der Versicherungsnehmer zur Kündigung des Versicherungsvertrages berechtigt. Der dann bestehende Anspruch auf den Rückkaufwert steht in einem solchen Fall aber dann grundsätzlich dem Dritten zu.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 27.09.2012 – IX ZR 15/12 – hingewiesen.

 

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Mietrecht – Trennung vom Ehepartner Grund für Eigenbedarfskündigung?

Ein Mietvertrag kann nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) wegen Eigenbedarfs gekündigt werden, wenn sich der Vermieter, der bisher mit seiner Ehefrau in einer anderen Wohnung zusammenlebte, von seiner Ehefrau trennen und deshalb selbst in seine vermietete Eigentumswohnung einziehen möchte.
Angegeben werden muss in der Kündigungserklärung in einem solchen Fall vom Vermieter, in welcher Wohnung er bislang lebt, dass er dort mit seiner Ehefrau zusammenlebt und dass man sich entschlossen habe, sich aufgrund von Beziehungsproblemen zu trennen, sowie dass er in seine an den Mieter vermietete Wohnung einziehen wolle. Der Zweck des Begründungszwanges nach § 573 Abs. 3 S. 1 BGB, nämlich dem Mieter zum frühest möglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu ermöglichen und ihn so in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen, ist damit erfüllt.
Der Entschluss, sich zu trennen und die häusliche Gemeinschaft zumindest vorläufig aufzuheben, muss allerdings, was der Vermieter gegebenenfalls zu beweisen hat, ernsthaft bestehen und auch schon bei Ausspruch der Kündigung bestanden haben.
Nicht erforderlich ist, dass die Ehegatten eine Trennung im familienrechtlichen Sinne innerhalb ihrer bisherigen Ehewohnung (§ 1567 Abs. 1 S. 2 BGB ) bereits vollzogen haben oder dass sie definitiv die Scheidung beabsichtigen.

Das hat das Landgericht (LG) Heidelberg mit Urteil vom 14.12.2012 – 5 S 42/12 – entschieden.

 

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Wenn Schüler durch das Verhalten von Mitschülern verletzt werden – Sind Schüler dann untereinander zum Ersatz des Personenschadens verpflichtet?

Schüler sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 b Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) gesetzlich unfallversichert. Für ihre Haftung untereinander gilt deshalb nach § 106 Abs. 1 SGB VII die Regelung der §§ 104, 105 SGB VII entsprechend.
Gemäß § 105 Abs. 1 SGB VII sind Schüler untereinander zum Ersatz des Personenschadens, den sie sich gegenseitig zufügen, nicht verpflichtet, wenn

  • die Verletzungshandlung (Versicherungsfall) durch eine schulbezogene Tätigkeit verursacht wird,
  • die Verletzungshandlung nicht vorsätzlich erfolgt und
  • kein Wegeunfall i. S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII vorliegt.

Eine Schulbezogenheit ist dann zu bejahen, wenn die Verletzungshandlung auf der typischen Gefährdung aus dem engen schulischen Kontakt beruht und somit ein innerer Bezug zum Schulbetrieb gegeben ist. Dies liegt vor, wenn eine Situation feststellbar ist, in der sich schulspezifische, gefährdende Verhaltensweisen einzustellen pflegen, nämlich Raufereien und Neckereien, die geprägt sind durch übermütiges, bedenkenloses Verhalten, Verlust des Verantwortungsgefühls im Rahmen einer Gruppe oder durch Imponiergehabe.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz mit Urteil vom 03.12.2012 – 12 U 1473/11 – hingewiesen.

 

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Erbrecht – Wann ist ein privatschriftliches Testament wegen fehlender Unterschrift unwirksam?

Nach §§ 2247 Abs. 1 und 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) bedarf das eigenhändig geschriebene Testament der Unterschrift des Erblassers. Wesensmerkmal der Unterschrift ist, dass sie „Unterschrift” ist, d.h. den Text, auf den sie sich zu beziehen hat, abdecken kann.
Bei Fehlen der Unterschrift ist das Testament formnichtig gemäß § 125 S. 1 BGB.
Ergänzungen oder Änderungen einer ursprünglich formgerecht getroffenen letztwilligen Verfügung, die sich auf einem besonderen Blatt befinden, bedürfen einer erneuten Unterzeichnung durch den Erblasser. Inhaltliche Verknüpfungen der Anordnungen allein können das Formerfordernis – anders als bei nachträglichen Verfügungen auf demselben Blatt oder Bogen nicht ersetzen.
Sind die eigenhändigen Nachträge nach der Testamentserrichtung oder auf einem besonderen Blatt hergestellt und enthalten sie eine weitere letztwillige Verfügung, bedürfen die Nachträge der nochmaligen Unterzeichnung durch den Erblasser, es sei denn, es handelt sich lediglich um Klarstellungen oder Berichtigungen von Schreibfehlern.
Sind die Anlagen oder Zusätze vor oder bei der Testamentserrichtung hergestellt, ist eine gesonderte Unterzeichnung nicht erforderlich, wenn sich der Zusammenhang aus dem Inhalt der Urkunde unzweideutig ergibt und eine Verwechslung nicht möglich ist.
Besteht ein Testament aus mehreren nicht untrennbar miteinander verbundenen Blättern, die erkennbar in engerem Zusammenhang stehen und eine einheitliche Willenserklärung enthalten, genügt eine Unterschrift auf dem letzten Blatt, wenn die Zusammengehörigkeit der einzelnen Blätter erkennbar ist, etwa auf Grund Nummerierung mit Seitenzahlen, eines fortlaufenden Textes oder des Schreibmaterials.
Der Erblasser kann das von ihm als früheres Testament Niedergeschriebene ganz oder zum Teil zum Bestandteil eines neuen Testaments machen; aus der Gesamturkunde muss hervorgehen, dass die einzelnen Blätter ein einziges untrennbares Ganzes sein sollen, somit eine einheitliche Willenserklärung enthalten. Dabei ist die zeitliche Reihenfolge der einzelnen Bestandteile des Testaments ohne Bedeutung. Das Gesetz verlangt keine Einheit der Errichtungshandlung.
Stehen jedoch einzelne lose Blätter in keinem inneren Zusammenhang und ist nur ein Blatt unterschrieben, so stellt nur dieses ein wirksames Testament dar, während die nicht unterschriebenen Blätter keine gültigen Testamente sind. So ist beispielsweise die Verbindung der Einlageblätter in einem Ringbuch mit Mechanismus zum Öffnen deshalb nicht ausreichend, um die einzelnen Blätter als einheitliche letztwillige Verfügung anzusehen.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Beschluss vom 19.09.2012 – I-15 W 420/11 – hingewiesen.

 

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Wenn einziger Zeuge eines Verkehrsunfalls der Beifahrer des einen Unfallbeteiligten ist – Anforderung an die Würdigung dieser Aussage.

Ob durch die Aussage eines einzelnen Zeugen, der dazu noch Beifahrer ist, die Überzeugung des Richters von der Richtigkeit seiner Aussage erreicht wird, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls.
Aufgabe des Beweises ist, die größtmögliche Übereinstimmung zwischen dem vom Gericht beurteilten und dem wahren Sachverhalt zu gewährleisten. Nach § 286 Zivilprozessordnung (ZPO) muss das Gericht eine persönliche Gewissheit davon gewinnen, dass das zu beweisende Ereignis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, die vernünftige Zweifel ausschließt, so geschehen ist.
Auch wenn sich ein Zeuge ganz sicher ist, Fehler in der Wahrnehmung des Zeugen bei der Vernehmung nicht erkennbar sind, die Aussage auch sonst keine Anhaltspunkte zeigt, die für eine Beeinflussung des Zeugen durch andere Faktoren sprechen könnten und der Zeuge offensichtlich auch einen glaubwürdigen Eindruck gemacht hat, reicht dies allein nicht aus, um die Voraussetzungen zu erfüllen, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Würdigung von Zeugenaussagen gefordert werden.
Wie die Wahrnehmungspsychologie durch zahlreiche Experimente herausgefunden hat, gibt es von der Wahrnehmung eines Sachverhalts bis hin zur Wiedergabe der Erinnerung viele Fehlermöglichkeiten, die zu einer Veränderung des erinnerten Geschehens führen und in weiten Teilen kognitiv nicht beeinflussbar sind.
Dies beginnt bei einfachen Wahrnehmungsfehlern, die daraus resultieren, dass jeder Mensch nur einen Bruchteil von dem wahrnimmt, was an Informationen auf ihn einströmt, und die Auswahl der wahrzunehmenden Signale völlig unbewusst nach individuellen Kriterien erfolgt.
Im Langzeitgedächtnis wird wiederum nur ein geringer Prozentsatz dessen gespeichert und bleibt während der Erinnerung auch nicht unverändert.
Spätere Ereignisse oder auch Assoziationen und Neubewertungen haben starken Einfluss auf den erinnerten Sachverhalt, ohne dass dies durch die Person bemerkt wird.
Gerade bei schnell ablaufenden Vorgängen, deren Grundmuster, wie beim Verkehrsunfall bestimmte Fahrsituationen, häufig erlebt werden, gibt es zahlreiche Fehlerquellen, die der Vernehmungsperson regelmäßig nicht bewusst sind. Dies haben auch Experimente mit Richtern bewiesen (Kirchhoff MDR 2001, 661).
Deshalb kann auch bei noch so wahrheitsliebenden und objektiven Zeugen – wie z. B. auch Polizeibeamten – nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass der bekundete Sachverhalt mit der Realität übereinstimmt. Auch ist die Sicherheit der Aussage kein ausreichender Indikator dafür, dass ihr Inhalt objektiv richtig ist. Es ist deshalb erforderlich, in erster Linie Anhaltspunkte zu finden, die dafür sprechen, dass die Auskunftsperson die Wahrheit sagt.
Dabei nimmt man zunächst an, die Aussage sei unwahr (sog. Nullhypothese). Diese Annahme überprüft man anhand verschiedener Hypothesen. Ergibt sich, dass die Unwahrhypothese mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen, und es gilt die Alternativhypothese, dass es sich um eine wahre Aussage handelt.
Dies bedeutet, dass jede Zeugenaussage solange als unzuverlässig gilt, als die Nullhypothese nicht eindeutig widerlegt ist.
Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man bei der Bewertung von Aussagen von einer neutralen Anfangswahrscheinlichkeit für deren Zuverlässigkeit ausgeht und sodann überprüft, ob anhand von Qualitätsmerkmalen, sog. Realkennzeichen oder Realitätskriterien, eine (ausreichend) hohe Wahrscheinlichkeit für die Zuverlässigkeit der Aussage erreicht werden kann.
Als Realitätskriterien gelten beispielsweise der Detailreichtum einer Aussage, die Schilderung von Komplikationen, deliktstypische Einzelheiten, individuelle Prägung, Schilderung von gefühlsmäßigen Reaktionen; psychische Folgewirkungen, Verflechtung der Angaben mit anderen Geschehnissen und das Nichtsteuerungskriterium (inhaltlich und chronologisch nicht geordnete, sprunghafte Wiedergabe; vgl. zu allem die ausführlichen Darstellungen bei BGH, Urteil vom 30.07.1999 – 1 StR 618/98 –).
Nicht verkannt dabei wird, dass es gerade im Bereich des Verkehrsunfalls viele Vorgänge gibt, bei denen eine Zeugenaussage von vornherein wenig inhaltliche Realitätskriterien aufweisen kann, weil der Ablauf sehr schnell ist und häufig auch keine besondere emotionale Beteiligung des Zeugen vorhanden ist.
Auch in diesem Bereich gilt aber das beschriebene Beweismaß des § 286 ZPO, wonach grundsätzlich von der Nullhypothese auszugehen ist und valide Realitätskriterien vorliegen müssen. Andernfalls wäre gerade in diesem Bereich das Risiko einer Beeinflussung durch Wahrnehmungsfehler ganz erheblich.
Dabei muss ein Zeuge in einem solchen Fall nicht bewusst falsch ausgesagt, sondern kann subjektiv die Wahrheit gesagt haben.
Fehlurteile aufgrund unrichtiger Zeugenaussagen sind empirisch erwiesen keine Seltenheit. Um dies zu vermeiden, führt das Fehlen ausreichend vorhandener Realitätskriterien dazu, dass die notwendige richterliche Überzeugung nicht gewonnen werden kann und deshalb der Beweis nicht geführt ist, obwohl sich der Unfall objektiv entsprechend dem bekundeten Vortrag abgespielt haben mag.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. mit Urteil vom 09.10.2012 – 22 U 109/11 – hingewiesen.

 

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Verjährung – Keine Hemmung durch negative Feststellungsklage.

Die Verjährung eines Anspruchs wird weder durch eine vom Schuldner gegen den Gläubiger erhobene negative Feststellungsklage, noch durch die Verteidigung des Gläubigers hiergegen, gehemmt.
Denn die in den §§ 203, 204 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) enthaltenen Hemmungstatbestände verlangen, dass der Gläubiger aktiv seinen Anspruch verfolgt, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 15.08.2012 – XII ZR 86/11 – hingewiesen.

 

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Strafrecht – eingeschränkte oder verminderte Unrechtseinsicht gibt es nicht.

Eine verminderte Einsichtsfähigkeit ist strafrechtlich erst dann von Bedeutung, wenn sie das Fehlen der Einsicht zur Folge hat.
Der Täter, der trotz erheblich verminderter Einsichtsfähigkeit im konkreten Fall die Einsicht in das Unrecht seiner Tat gehabt hat, ist – sofern nicht seine Steuerungsfähigkeit erheblich i. S. v. § 21 Strafgesetzbuch (StGB ) eingeschränkt war – voll schuldfähig.
Eine eingeschränkte oder verminderte Unrechtseinsicht gibt es nicht.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 25.07.2012 – 1 StR 332/12 – hingewiesen.

Fehlte einem Täter die Einsicht in das Unrecht seiner Tat aus einem in § 20 StGB genannten Grund, gilt Folgendes:

  • Fehlte dem Täter die Einsicht in das Unrecht seiner Tat, kann § 21 StGB nur angewendet werden, wenn ihm das vorzuwerfen ist.
  • Kann ein solcher Vorwurf nicht erhoben werden, greift § 20 StGB ein mit der Folge, dass er nicht schuldig gesprochen werden kann (BGH, Beschluss vom 21.04.2005 – 2 StR 124/05 –).

 

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Ordnungswidrigkeitenverfahren – Wann muss das Gericht einen Betroffenen vom persönlichen Erscheinen entbinden?

Nach § 73 Abs. 2 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) entbindet das Gericht den Betroffenen auf seinen Antrag von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung, wenn er sich zur Sache geäußert oder erklärt hat, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werde, und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist.

Die Entscheidung ist nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt. Der Betroffene muss entbunden werden, wenn die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 OWiG vorliegen.
Geht es beispielsweise in dem Verfahren um die Identifizierung des Betroffenen als Fahrer und hat der Betroffene entweder selbst oder durch seinen schriftlich bevollmächtigten Verteidiger mit Vertretungsmacht eingeräumt, der Fahrer gewesen zu sein, und unter Bestreiten des Verstoßes erklärt, dass er keine weiteren Angaben zur Sache machen werde, ist damit keine weitere Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts durch ihn zu erwarten.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf mit Beschluss vom 21.08.2012 – IV-1 RBs 121/12 – hingewiesen.

 

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Die Lückenfallrechtsprechung – Zum Vorbeifahren an einer Fahrzeugschlange.

Der Grundsatz, wonach der bevorrechtigte fließende Verkehr auf die Beachtung seines Vorrangs gemäß § 8 Straßenverkehrsordnung (StVO) vertrauen darf, ist durch die sogenannte Lückenfallrechtsprechung eingeschränkt.
Danach muss, wer bei dichtem Verkehr an einer zum Stehen gekommenen oder sich langsam fortbewegenden Fahrzeugkolonne vorbeifährt, bei erkennbaren Verkehrslücken in Höhe von Kreuzungen und Einmündungen trotz seiner Vorfahrt seine Fahrweise so einrichten, dass er auch vor unvorsichtig aus der Lücke herausfahrenden Fahrzeugen rechtzeitig abhalten kann. Er darf sich der Lücke daher nur mit gespannter Aufmerksamkeit und unter Beachtung einer Geschwindigkeit nähern, die ihm notfalls ein sofortiges Anhalten ermöglicht. Ein Kraftfahrer, der diese Sorgfaltspflicht nicht beachtet, verstößt gegen § 1 Abs. 2 StVO.
Umstritten ist, ob dieser Grundsatz auch im Anwendungsbereich des § 10 StVO, also beispielsweise für Tankstellenausfahrten gilt.

Darauf hat das Landgericht (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 16.11.2012 – 13 S 117/12 – hingewiesen.

 

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Einfahren von Tankstellengelände in die Fahrbahn – Sorgfaltspflichten.

Wer von einem Tankstellengelände in die Fahrbahn einfahren will, hat die Sorgfaltspflichten des § 10 Straßenverkehrsordnung (StVO) zu beachten.
Er hat sich danach so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, d. h. er schuldet die Anwendung äußerster Sorgfalt, die so lange andauert, bis sich der Einfahrende endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat.
Dabei spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine schuldhafte Unfallverursachung durch den Einfahrenden, wenn es im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Einfahren in die Fahrbahn zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr kommt.
Dieser Anscheinsbeweis kann nur nachgewiesene Umstände entkräftet werden, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt, bei dem ein Verschulden des Einfahrenden zu verneinen wäre. Das könnte beispielsweise der Nachweis sein, dass der Unfallgegner genügend Zeit hatte, um sich bei entsprechender Aufmerksamkeit auf das Verhalten des Herausfahrenden einzustellen oder dass er infolge überhöhter Geschwindigkeit außerstande war, unfallverhütend zu reagieren (§ 3 Abs. 1 StVO).

Das hat das Landgericht (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 16.11.2012 – 13 S 117/12 – entschieden.

 

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