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Kfz-Kaskoversicherung – Zur Wirksamkeit von Leistungsausschlussklauseln.

Eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Kfz-Kaskoversicherung, wonach kein Versicherungsschutz besteht für

  • Schäden, die bei der Beteiligung an Fahrtveranstaltungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, einschließlich dazugehöriger Übungsfahrten, und
  • jegliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken, auch wenn es nicht auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt,

und von diesem Leistungsausschluss wiederum Fahrsicherheitstrainings ausnimmt, ist weder überraschend i. S. v. § 305 c Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) noch intransparent i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
Sie benachteiligt den Versicherungsnehmer auch nicht in sonstiger Weise entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 307 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 BGB).

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 15.4.2014 – 12 U 149/13 – in einem Fall entschieden, in dem der Kläger von der beklagten Versicherungsgesellschaft Leistungen aus einer Kraftfahrtversicherung wegen eines Haftpflicht- und Kaskoschadens aufgrund eines Unfallereignisses verlangte, das sich anlässlich seiner Teilnahme an einer Veranstaltung des Deutschen Sportfahrerkreises auf der Nordschleife des Nürburgrings ereignet hatte. 

 

Gegen welche Entscheidungen des Betreuungsgerichts können die in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG genannten Personen – wenn sie am Verfahren beteiligt worden sind – Beschwerde einlegen?

Die Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) erstreckt sich auch auf eine betreuungsgerichtliche Entscheidung, mit der die Entlassung eines Betreuers nach § 1908 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) abgelehnt worden ist.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 07.05.2014 – XII ZB 138/13 – hingewiesen.

Nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG steht unter anderem den Geschwistern des Betroffenen das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung im Interesse des Betroffenen zu, wenn sie im ersten Rechtszug an dem Verfahren beteiligt wurden. Eine ausdrückliche Beschränkung der Beschwerdebefugnis naher Angehöriger auf bestimmte Arten von betreuungsrechtlichen Entscheidungen ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht.
Der enge systematische Zusammenhang der Regelung mit § 303 Abs. 1 FamFG, der die möglichen Verfahrensgegenstände von Entscheidungen bestimmt, in denen eine Beschwerdebefugnis der zuständigen Behörde gegeben ist, deutet jedoch darauf hin, dass sich die Beschwerdebefugnis des in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG genannten Personenkreises auch auf diese Verfahren bezieht. Dafür spricht auch, dass die Beschwerdebefugnis der privilegierten Angehörigen nach § 303 Abs. 2 Nr. 2 FamFG von deren formeller Beteiligung im erstinstanzlichen Verfahren abhängig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30.03.2011 – XII ZB 692/10 –).
Eine Beteiligung naher Angehöriger eines Betroffenen ist nach § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG nur in den betreuungsrechtlichen Verfahren möglich, in denen nach § 274 Abs. 3 Nr. 1 und 2 FamFG die Betreuungsbehörde auf ihren Antrag beteiligt werden muss. Dieser Regelungszusammenhang bewirkt, dass die Beschwerdeberechtigung naher Angehöriger in den betreuungsrechtlichen Verfahren besteht, auf die sich auch das Beteiligungsrecht der Betreuungsbehörde und deren Beschwerdeberechtigung erstreckt. Hierzu zählt das Verfahren über die Entlassung eines Betreuers bei fortbestehender Betreuung nach § 1908 b Abs. 1 BGB, weil es sich hierbei um ein Verfahren über den Bestand einer Betreuerbestellung nach § 274 Abs. 3 Nr. 2 FamFG handelt. Folglich steht den in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG genannten Personen eine Beschwerdeberechtigung zu, wenn ein von ihnen angeregter Betreuerwechsel vom Amtsgericht abgelehnt worden ist.

Die frühere Rechtsprechung des Senats zur Beschwerdebefugnis naher Angehöriger des Betreuten bei der Auswahl des Betreuers, wonach eine Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nur dann bestand, wenn das Betreuungsgericht einen Betreuer aus wichtigem Grund entlassen und einen nahen Angehörigen bei der Auswahl des neuen Betreuers nach § 1897 Abs. 5 BGB übergangen hatte, kann nach der Neuregelung der Beschwerdeberechtigung naher Angehöriger in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG nicht mehr aufrechterhalten werden.
Der Kreis der Entscheidungen, die Gegenstand einer Beschwerde des durch § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG privilegierten Personenkreises sein können, hat durch die Neuregelung in gleichem Umfang eine Erweiterung erfahren wie das Beteiligungs- und Beschwerderecht der Betreuungsbehörde durch die Regelungen in § 303 Abs. 1 FamFG und § 274 Abs. 3 FamFG.
Deshalb erstreckt sich die Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG auch auf eine betreuungsgerichtliche Entscheidung, mit der die Entlassung eines Betreuers nach § 1908 b BGB abgelehnt worden ist.

 

Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eines Kindes durch Bekanntgabe des zwischen ihm und einem bekannten Fernsehmoderator bestehenden Kindschaftsverhältnisses?

Durch die Bekanntgabe seines Vornamens, seines Alters und des zwischen ihm und einem bekannten Fernsehmoderator bestehenden Kindschaftsverhältnisses wird das Kind in seinem in Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.
Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist allerdings nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
Geht der Streit darum, ob in der Presse das Kindschaftsverhältnis zwischen einem Kind und einem bekannten Fernsehmoderator bekannt gegeben werden darf ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Kindes am Schutz seiner Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.04.2014 – VI ZR 137/13 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall nahm die im Zeitpunkt der Berichterstattung 14 Jahre alte Tochter des Fernsehmoderators Günther J. die Beklagte auf Unterlassung der Bekanntgabe des zu Günther J. bestehenden Kindschaftsverhältnisses in Anspruch.
Im Jahr 2000 wurde die Klägerin von Günther J. und seiner Ehefrau Thea S.-J. als Kind angenommen. Die Klägerin trägt den Familiennamen S. Über das Kindschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und Günther J. wurde bis in das Jahr 2009 in verschiedenen Presseveröffentlichungen unter Angabe des Vornamens der Klägerin, ihres Alters und des Namens ihrer Eltern berichtet.
In der Ausgabe der Zeitschrift „Frau im Spiegel“ vom 08.07.2011 veröffentlichte die Beklagte unter der Überschrift „Gefragt wie ein Popstar“ einen Bericht über einen Auftritt von Günther J. im Rahmen des sogenannten „Zeitcampus“ in der Frankfurter Goethe-Universität.
Darin hieß es unter voller Namensnennung u.a.:
„Zurückhaltender ist er, was sein Privatleben angeht. Er ist mit Diplompädagogin Thea S., 50, verheiratet. Das Paar hat vier Kinder, die leiblichen Töchter Svenja, 22, und Kristin, 18, dazu die Adoptivtöchter Katja, 14, und Mascha, 21.“

Der VI. Zivilsenat des BGH hat die Klage der Tochter von Günther J. abgewiesen.

Der Klägerin steht danach gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) iVm § 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der Bekanntgabe des zwischen ihr und Günther J. bestehenden Kindschaftsverhältnisses zu.

Allerdings wird – wie der VI. Zivilsenat des BGH ausgeführt hat – die Klägerin durch die Bekanntgabe ihres Vornamens, ihres Alters und des zwischen ihr und Günther J. bestehenden Kindschaftsverhältnisses in ihrem in Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.
Betroffenes Schutzgut ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das über den Schutz der Privatsphäre des Einzelnen hinausgeht und ihm die Befugnis gibt, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BGH, Urteile vom 05.11.2013 – VI ZR 304/12 – und vom 23.06.2009 – VI ZR 196/08 –). Allerdings gewährt es dem Einzelnen kein unbeschränktes dingliches Herrschaftsrecht über bestimmte Informationen, sondern findet seine Grenze in den Rechten Dritter – beispielsweise auf Meinungs- und Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK.

Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin ist vorliegend aber nicht rechtswidrig. Das Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit überwiegt das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit nicht.
Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind.
Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BGH, Urteile vom 17.12.2013 – VI ZR 211/12 – und vom 05.11.2013 – VI ZR 304/12 –).

Im Streitfall ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen.

Dabei war zu Gunsten der Klägerin in die Abwägung einzustellen, dass sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung erst 12 Jahre alt war. Kinder bedürfen eines besonderen Schutzes, weil sie sich erst zu eigenverantwortlichen Personen entwickeln müssen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung empfindlicher gestört werden als die von Erwachsenen. Dabei kann eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts eines Kindes nicht nur dann vorliegen, wenn das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt. Eine Beeinträchtigung ist vielmehr schon dann gegeben, wenn Dritte persönlichkeitsbezogene Informationen verbreiten und dies dazu führen kann, dass dem Kind in Zukunft nicht unbefangen begegnet wird oder es sich speziellen Verhaltenserwartungen ausgesetzt sieht (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2013 – VI ZR 304/12 –).

Zu Gunsten der Beklagten fällt dagegen ausschlaggebend ins Gewicht, dass die in der angegriffenen Berichterstattung mitgeteilten Informationen über die Klägerin bereits vor der Veröffentlichung einer breiten Öffentlichkeit bekannt waren und die Sicht auf die Klägerin prägten. In den Jahren 2000, 2001 und 2006 bis 2009 waren nämlich jedenfalls elf Presseberichte in unterschiedlichen – jeweils auflagenstarken und breite Bevölkerungsschichten erreichenden – Medien erschienen, in denen im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über den prominenten Vater der Klägerin ihr Vorname, Alter und das zwischen ihr und Günther J. bestehende Kindschaftsverhältnis mitgeteilt wurden und damit bereits vor der streitgegenständlichen Veröffentlichung einer großen Zahl von Personen bekannt geworden waren, die sie ihrerseits weitergeben konnten.
Die Klägerin hatte dadurch ihre Anonymität vor der angegriffenen Berichterstattung verloren; angesichts der Kürze der zwischen den letzten Vorveröffentlichungen und der angegriffenen Berichterstattung liegenden Zeit hatte sie ihre Anonymität noch nicht wieder erlangt.
Die angegriffene Berichterstattung fügte dem nichts Neues hinzu und hatte damit keinen eigenständigen Verletzungsgehalt.

Auch ist die Veröffentlichung der bereits bekannten Informationen nicht deshalb rechtswidrig, weil ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht bestehe und Veröffentlichungen über die persönlichen Verhältnisse des Vaters der Klägerin erfolgen könnten, ohne dass der Vorname und das Alter der Klägerin mitgeteilt würden.
Zwar wertet die Veröffentlichung der persönlichen Daten der Klägerin den Artikel über den Auftritt von Günther J. beim Campus-Talk an der Goethe-Universität nur in seinem Unterhaltungswert auf und macht ihn anschaulicher.
Es gehört aber zum Kern der Meinungs- und Medienfreiheit, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses wert halten und was nicht. Dabei können auch unterhaltende Beiträge, etwa über prominente Personen oder über ihren sozialen Kontext, am Schutz der Meinungsfreiheit teilnehmen (vgl. BGH, Urteile vom 22.11.2011 – VI ZR 26/11 –; vom 10.03.2009 – VI ZR 261/07 –; vom 28.10.2008 – VI ZR 307/07 – und vom 14.10.2008 – VI ZR 256/06 –).
Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 332/09 –). 

 

Zivilprozess – Gericht muss auf Änderung der rechtlichen Beurteilung hinweisen.

Erteilt das Gericht einen rechtlichen Hinweis in einer entscheidungserheblichen Frage, so darf es diese Frage im Urteil nicht abweichend von seiner geäußerten Rechtsauffassung entscheiden, ohne die Verfahrensbeteiligten zuvor auf die Änderung der rechtlichen Beurteilung hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 04.05.2011 – XII ZR 86/10 –).
Andernfalls wird das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt.
Art. 103 Abs. 1 GG räumt dem Einzelnen das Recht ein, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können.
Zwar muss ein Verfahrensbeteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag hierauf einstellen.
Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährleistung rechtlichen Gehörs setzt aber voraus, dass ein Verfahrensbeteiligter bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt erkennen kann, auf welche Gesichtspunkte es für die Entscheidung ankommen kann.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 29.04.2014 – VI ZR 530/12 – hingewiesen.

 

Können Adoptiveltern wegen unzureichender Aufklärung über gesundheitliche Risiken bei ihrem Adoptivkind durch das Jugendamt Schadensersatz verlangen?

Das hatte der Amtshaftungssenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main zu entscheiden.

In dem Fall, der vom Amtshaftungssenat des OLG Frankfurt am Main zu entscheiden war, hatten die Kläger 1998 zwei Kleinkinder derselben Kindesmutter adoptiert. Beide Kinder entwickelten sich physisch und psychisch problematisch. Im Jahre 2011 wurde festgestellt, dass beide Kinder am sog. „Fetalen-Alkohol-Syndrom“ (FAS), leiden, einer vorgeburtlich entstandenen Schädigung durch von der schwangeren Mutter aufgenommenen Alkohol. Sie sind heute zu 100 % schwerbehindert und leben in betreuenden Einrichtungen.

Die Adoptiveltern haben – gestützt auf spätere Angaben der Kindesmutter und des leiblichen Vaters – behauptet, die Kindesmutter habe ein Alkoholproblem gehabt und während beider Schwangerschaften Alkohol konsumiert. Dies hätten die beiden beteiligten Jugendamtsmitarbeiterinnen von Anfang an gewusst. Jedenfalls seien so deutliche Anzeichen hierfür vorhanden gewesen, dass das Jugendamt diesem Gesichtspunkt hätte nachgehen müssen.
Die Kläger machten geltend, sie hätten sich wegen der schon damals bestehenden chronischen Erkrankung der Adoptivmutter eine Adoption der Kinder mit Blick auf die bei diesen bestehenden gesundheitlichen Risiken nicht zugetraut, wenn sie von dem Alkoholkonsum der Kindesmutter in der Schwangerschaft gewusst hätten. Dass die Jugendamtsmitarbeiterinnen das Alkoholproblem nicht offenbart hätten, stelle eine Verletzung der Amtspflichten des Jugendamts – und damit der Stadt – in einem Adoptionsverfahren dar.
Die Kläger verlangten Ersatz des für die beiden Kinder aufgewendeten Unterhalts und die Feststellung, dass die Stadt für alle künftigen Schäden einzustehen habe.

Das Landgericht (LG) wies die Klage ab.

Hiergegen richtete sich die Berufung der Kläger.

Der Amtshaftungssenat des OLG Frankfurt am Main hat, nach Vernehmung der Kindesmutter, der beiden Jugendamtsmitarbeiterinnen und des leiblichen Vaters als Zeugen, die Berufung der Kläger mit Urteil vom 21.05.2014 – 1 U 305/12 – mit der Begründung zurückgewiesen, nach der Beweisaufnahme spreche zwar alles dafür, dass die Kindesmutter während der beiden Schwangerschaften Alkohol zu sich genommen habe, das Gericht könne aber durch die Beweisaufnahme nicht die Überzeugung gewinnen, dass die beiden Jugendamtsmitarbeiterinnen dies wussten oder hinreichend sichere Anzeichen hierfür hatten.
Da die Kläger die Beweislast für ihre Behauptung trügen, die Jugendamtsmitarbeiterinnen hätten den Alkoholkonsum gekannt, diesen Beweis aber nicht hätten führen können, sei ein Schadensersatzanspruch gegen die beklagte Stadt nicht gegeben.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main am 22.05.2014 mitgeteilt.

Die Begründung des Urteils spricht dafür, dass den Klägern, hätten sie den ihnen obliegenden Beweis führen können, vom OLG ein Schadensersatzanspruch gegen die beklagte Stadt zuerkannt worden wäre.
Letztlich blieb dies aber offen.

 

Zur Verkehrssicherungspflicht des Bauunternehmers im Obergeschoss eines Rohbaus in Zeiten der Arbeitsruhe – Wann haftet der Bauunternehmer?

Weder das mit der Erstellung des Rohbaus beauftragte Unternehmen noch der Bauleiter haften für Personenschäden, die auf fehlenden Sicherungsvorkehrungen in solchen Gebäudeteilen beruhen, mit deren Betreten nicht gerechnet werden musste.
Dies gilt auch bei Unfällen des Bauherrn, dem das Aufsuchen des Rohbaus als Grundstückseigentümer erlaubt ist.
In das Obergeschoss eines Rohbaus ohne Innentreppen ist in Zeiten der Arbeitsruhe kein Verkehr eröffnet, den der Bauunternehmer sichern müsste.

Das hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz mit Urteil vom 05.03.2014 – 5 U 1090/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der zum Unfallzeitpunkt 29 Jahre alte Kläger Schadensersatz-  und insbesondere Schmerzensgeldansprüche wegen eines Unfalls geltend gemacht, der sich bei der Errichtung seines Einfamilienhauses ereignet hatte.
Zur Durchführung von Dachdeckerarbeiten war der Rohbau im Außenbereich eingerüstet, Innenarbeiten standen nicht an, Treppen waren nicht vorhanden.  Am Unfalltag ruhten die Arbeiten, der Leiteraufstieg zur ersten Gerüstebene war entfernt.
Nachdem der Kläger sich über das Außengerüst Zutritt zum Obergeschoss des Rohbaus verschafft hatte, stürzte er von dort durch die nicht gesicherten Öffnungen der Treppenschächte bis auf die Kellerbodenplatte des Hauses. Er zog sich schwerste Kopfverletzungen zu, ist nicht mehr in der Lage sich mitzuteilen und steht unter Betreuung.

Seine Klage gegen das mit der Erstellung des Rohbaus beauftragte Unternehmen und den vor Ort verantwortlichen Bauleiter wies das Landgericht (LG) wegen des weit überwiegenden Eigenverschuldens des Klägers ab.

Die Berufung des Klägers hat der zuständige 5. Zivilsenat des OLG Koblenz zurückgewiesen.

Ein vertraglicher (§§ 276, 280 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )) oder deliktischer Schadensersatzanspruch (§ 823 BGB) steht dem Kläger danach nicht zu.
Es fehlt an einer haftungsrelevanten Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagten.
Sowohl für eine vertragliche als auch für eine deliktische Haftung der Beklagten wäre erforderlich, dass sie bei der Baustellensicherung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen  hätten (§ 276 Abs. 2 Satz 1 BGB).  Das war mit Blickrichtung auf den Kläger hinsichtlich der fehlenden Absicherung der Treppenöffnung im Obergeschoss am Unfalltag nicht der Fall.
Entscheidend sei, dass die Beklagten am Unfalltag keinen Zugang in das Obergeschoss eröffnet oder geduldet hätten und somit auch keine Maßnahmen zur Sicherung schuldeten.
Ebenso wenig waren – bei fehlender Verkehrseröffnung – Sicherungsmaßnahmen im Obergeschoss deshalb geboten, weil die Beklagten mit dem Zutritt Unbefugter, erst recht jedoch Befugter rechnen und gegen deren Schädigung Vorkehrungen treffen mussten. 

Zwar sei es dem Kläger als umfassend sachberechtigtem Grundstückseigentümer (§ 903 BGB) selbstverständlich erlaubt gewesen, den dort errichteten Rohbau aufzusuchen.
Dass der Kläger den Rohbau auch im Obergeschoss betreten durfte, besagt aber nicht, dass die Beklagten nunmehr den ausschließlich vom Anspruchsteller selbst eröffneten Verkehr dorthin zu sichern hatten.   
Maßgeblich ist, dass der Zugang zum Obergeschoss nach der am Unfalltag bestehenden konkreten Zweckwidmung jedermann verwehrt war.
Die Arbeiten ruhten an dem Tag. Damit gab es am Unfalltag niemanden, der im nicht ohne weiteres zugänglichen Obergeschoss des Schutzes bedurfte,  weshalb sich auch nicht sagen lässt, die Beklagten hätten an dieser Stelle die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet.
Hatten die Beklagten nach alledem am Unfalltag keinen Verkehr im Obergeschoss eröffnet, bedurfte es auch keiner Maßnahmen zu seiner Sicherung.

Ungeachtet der fehlenden Verkehrseröffnung im Obergeschoss mussten die Beklagten auch nicht aus sonstigen Gründen damit rechnen, dass jemand das Obergeschoss – aus welchen Gründen auch immer – aufsuchen würde und für diesen Fall Sicherungsvorkehrungen treffen.
Angesichts der häufigen Diebstähle von Baumaterial aus Roh- und Neubauten war zwar zu erwägen, dass Straftäter im Obergeschoss nach Stehlenswertem suchen würden. Dieser durchaus naheliegenden Gefahr war man jedoch dadurch begegnet, dass man die Gerüstleiter zwischen dem Erdboden und der ersten Gerüstebene entfernt hatte.
Mithin konnte man auf die erste Gerüstebene und von dort auf die darüber liegende Ebene und in das Obergeschoss nur gelangen, indem man an den senkrechten Gerüststangen emporkletterte.
Mit etwas derart Ungewöhnlichem mussten die Beklagten aber nicht rechnen und demzufolge auch keine Sicherungsvorkehrungen für den Fall treffen, dass jemand gleichwohl auf diesem Weg in das Obergeschoss gelangte. 

Ob die Haftungsfrage anders zu beurteilen wäre, wenn der Kläger aus dem von außen für jedermann und damit auch für neugierige Passanten und sogar für unternehmungslustige Kinder frei zugänglichen Erdgeschoss durch die auch hier nicht gesicherte Treppenöffnung in den Keller gestürzt wäre, stand nicht zur Entscheidung an.

Der Kläger hat das Urteil mit der Revision angefochten.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Koblenz am 23.05.2014 mitgeteilt.

 

Geschlechtsangleichung und Vornamensänderung nach dem Transsexuellengesetz – Wie erfolgt in einem solchen Fall die nachträgliche Veränderung eines abgeschlossenen Eintrags im Handelsregister?

Die von der Geschäftsführerin einer GmbH vor der Geschlechtsangleichung geführten männlichen Vornamen dürfen aus dem Handelsregister ersichtlich sein.
Die nach der Geschlechtsangleichung geführten weiblichen Vornamen werden als eine Änderung im Handelsregister eingetragen, ohne dass die vorherige Eintragung der männlichen Vornamen gelöscht wird.

Das hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Beschluss vom 17.04.2014 – 2 W 25/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war die Beteiligte Geschäftsführerin einer GmbH. Sie wurde in einem männlichen Körper geboren und trug zunächst den männlichen Vornamen „AB“. Weil sie sich seit langer Zeit dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlte, erreichte sie im Verfahren nach dem Transsexuellengesetz (TSG), dass durch gerichtlichen Beschluss ihre Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht ausgesprochen wurde und sie die weiblichen Vornamen „CD“ erhielt.
Das Standesamt stellte darauf hin eine neue Geburtsurkunde aus.

Die Geschäftsführerin beantragte dann, ihren Namenswechsel im Handelsregister einzutragen.
Das Registergericht trug mit Datum vom Dezember 2012 im Handelsregister als „Änderung“ den jetzigen Namen (Vor- und Nachname) einschließlich Geburtsdatum und Wohnort ein.

Die Betroffene verlangte daraufhin, dass die frühere Eintragung des männlichen Vornamens vollständig aus dem Register gelöscht werde.
Sie führte zur Begründung an, dass mit der derzeitigen Form der Eintragung bei Dritten entweder die unzutreffende Vermutung aufkomme, dass ein Geschäftsführerwechsel stattgefunden habe, oder es könne der Schluss auf die durchgeführte Geschlechtsangleichung gezogen werden. Beides benachteilige sie. Ein Geschäftsführerwechsel werde im Geschäftsverkehr teilweise negativ bewertet. Bei Offenlegung der Geschlechtsangleichung bestehe die Gefahr, dass sie in ihrer Intimsphäre bloß gestellt werde.

Nach der Entscheidung des 2. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen OLG besteht auf diese von der Geschäftsführerin beantragte Änderung des Registereintrages kein Anspruch.

Ausgangspunkt für die Beurteilung ist danach die gesetzliche Regelung über das Offenbarungsverbot in Bezug auf die geänderten Vornamen in § 5 Abs. 1 TSG. Nach rechtskräftiger Namensänderung dürfen die zur Zeit der Entscheidung geführten Vornamen ohne Zustimmung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin nicht offenbart oder ausgeforscht werden, wenn nicht besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird.
Das Offenbarungsverbot trägt dem aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) folgenden Recht der Beteiligten auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung. Dieses Recht darf nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden, wobei die Einschränkung nicht weiter gehen darf, als es zum Schutze öffentlicher Interessen unerlässlich ist. Dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung kommt gerade im Anwendungsbereich des Transsexuellengesetzes eine hohe Bedeutung zu. Die Frage der Geschlechtszugehörigkeit eines Menschen betrifft nämlich seinen Sexualbereich und damit seine Intimsphäre.
Die Intimsphäre der Beteiligten ist auch betroffen, wenn durch das Registergericht die Möglichkeit der Einsichtnahme in das Handelsregister mit seinem derzeitigen Inhalt gewährt wird und damit jeder Dritte nach § 9 Abs. 1 S. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) die Information erhalten kann, dass Geschäftsführer der Betroffenen zuvor Herr AB X. gewesen sei. Auch wenn es für den unbefangenen Betrachter näher liegen wird, von einem Geschäftsführerwechsel als von der Durchführung einer Geschlechtsangleichung auszugehen, liegt darin eine Offenbarung der früher geführten Vornamen der Geschäftsführerin durch staatliche Stellen. Die von der Beteiligten beanstandete Information wird zwar nicht im jeweiligen aktuellen Auszug aus dem Handelsregister aufgeführt, ist aber aus dem chronologischen Auszug zu entnehmen, der zum gleichen Preis wie ein aktueller Auszug (derzeit 4,50 €) und ohne Probleme erhältlich ist.
Insoweit ist der Fall grundlegend anders gelagert als in Bezug auf die Frage, ob die Vornamensänderung noch durch die Meldebehörde gespeichert werden darf und der Betroffene ausreichend dadurch geschützt ist, dass die Offenbarung durch eine Auskunftssperre verhindert wird.
Eine derartige Auskunftssperre kommt im Registerverfahren nicht in Betracht, weil das Handelsregister nicht mit dem Melderegister vergleichbar ist und seine Aufgaben ohne die Einsichtsmöglichkeit nicht mehr erfüllen könnte. Im Übrigen würde eine Auskunftssperre der Beteiligten nicht zu verbessertem Persönlichkeitsschutz verhelfen, sondern aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Maßnahme erst Recht Neugier wecken und zudem die geschäftliche Betätigung der Betroffenen erschweren. Der Beteiligten ist gerade daran gelegen, dass überhaupt keine Auffälligkeit in Bezug auf ihre Person auf den ersten Blick zu erkennen ist.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eines Menschen, der eine Geschlechtsangleichung hat vornehmen lassen, ist jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht schrankenlos gewährleistet.
Dem hat der Gesetzgeber bereits mit der Regelung in § 5 Abs. 1 TSG Rechnung getragen, wonach das Verbot der Erteilung von Informationen über den früher geführten Vornamen nur mit dem einschränkenden Zusatz besteht: „…, es sei denn, dass besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird“.

Die von der Beteiligten begehrte – nachträgliche und für den Nutzer gerade nicht transparente – Änderung einer bereits abgeschlossenen Eintragung steht im Widerspruch zu dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse aller anderen Teilnehmer am Rechtsverkehr, dass die Richtigkeit und Vollständigkeit des Handelsregisters stets gewährleistet ist.
Dies gilt auch bei solchen Eintragungen, die – wie die nach § 39 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) vorzunehmende Anmeldung von Änderungen in den Personen der Geschäftsführer – nur deklaratorisch und nicht konstitutiv wirken.
Das Register ist jetzt richtig, indem nur noch die weiblichen Vornamen der Beteiligten zum aktuellen Inhalt gehören, und war es auch mit den früheren männlichen Vornamen, die im chronologischen Auszug noch erkennbar sind.

Im Ergebnis überwiegt das öffentliche Interesse daran, die Richtigkeit und Vollständigkeit des Handelsregisters zu gewährleisten, gegenüber dem Recht der Beteiligten auf vollständigen Schutz ihrer informationellen Selbstbestimmung.

In Fällen, in denen eine im Handelsregister eingetragene natürliche Person im Verfahren nach dem TSG einen anderen Vornamen annimmt, führt das zwar dazu, dass ein Außenstehender aus der Eintragung des neuen Vornamens zutreffende Schlüsse ziehen und sich zumindest denken kann, dass eine Geschlechtsangleichung stattgefunden habe. Dies ist aber im Einzelfall hinzunehmen.

Das Registergericht ist gehalten, bei der Gestaltung der Eintragung Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person zu nehmen und nicht etwa in einem Übergangstext nach § 16a der Verordnung über die Einrichtung und Führung des Handelsregisters (HRV) ausdrücklich auf eine „Namensänderung nach dem TSG“ hinzuweisen oder den Beschluss über die Geschlechtsangleichung in den einsehbaren Registerordner zu verschieben. Von derartigen vermeidbaren Belastungen hat das Registergericht bei der Änderungseintragung auch abgesehen. Einen noch weiter gehenden Schutz durch eine Änderung der erstmaligen Eintragung im Register des Amtsgerichts, welche nicht als Änderung zu erkennen ist, kann die Beteiligte dagegen nicht erreichen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe zugelassen. Die Rechtsbeschwerde ist durch die Beteiligte eingelegt worden.

Das hat die Pressesprecherin des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts am 23.05.2014 – Nr. 8/2014 – mitgeteilt.

 

Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – Ausschlussfrist für die Geltendmachung kann durch „demnächst“ zugestellte Klage gewahrt werden.

Die nach § 15 Abs. 4 Satz 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erforderliche Schriftform zur Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen (§ 15 Abs. 1 und 2 AGG) kann auch durch eine Klage gewahrt werden. Dabei findet § 167 Zivilprozessordnung (ZPO) Anwendung. Es genügt der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage „demnächst“ zugestellt wird.

Das hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 22.05.2014 – 8 AZR 662/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall betrieb die Beklagte Hallenbäder und Freibäder.
Die Klägerin ist wegen einer Erkrankung an multipler Sklerose (MS) mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 schwerbehindert. Nach dreijähriger Ausbildung zur Fachangestellten für Bäderbetriebe bewarb sie sich um eine entsprechende Stelle bei der Beklagten, die ihr einen befristeten Arbeitsvertrag als Elternzeitvertretung in Aussicht stellte. Anlässlich einer Besichtigung des zukünftigen Arbeitsplatzes teilte die Klägerin ihre Behinderung mit. Die Beklagte zog daraufhin das Vertragsangebot zurück. Wegen der Behinderung sei die Klägerin nicht in der Lage, die Tätigkeit auszuüben.

Die Klägerin erhob ohne gesonderte außergerichtliche Geltendmachung Klage auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG, die der Beklagten einen Tag nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG zugestellt wurde.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt und sprach der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 90,40 Euro sowie eine Entschädigung in Höhe von 4.500,00 Euro zu.

Das Landesarbeitsgericht wies die Klage wegen Nichteinhaltung der Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ab.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des BAG Erfolg.

Der Senat hat zu Gunsten der Klägerin eine Rückwirkung der Zustellung nach § 167 ZPO angenommen. Dafür hat er sich einer geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 17.07.2008 – I ZR 109/05 –) angeschlossen.
Danach ist § 167 ZPO grundsätzlich auch anwendbar, wenn durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, die auch durch außergerichtliche Geltendmachung gewahrt werden könnte. Nur in Sonderfällen kommt die Rückwirkungsregelung nicht zur Anwendung. Im Fall des § 15 Abs. 4 AGG ist keine solche Ausnahme gegeben.

An seiner früher als obiter dictum geäußerten gegenteiligen Auffassung (BAG, Urteil vom 21.06.2012 – 8 AZR 188/11 –) hält der Achte Senat des BAG nicht fest.
Die Sache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 22.05.2014 – Nr. 25/14 – mitgeteilt.

 

Web-Verzeichnisse

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Nach Beendigung einer Liebesbeziehung – Vom früheren Partner kann verlangt werden, dass er intime Aufnahmen löscht, die ihm während der Beziehung überlassen worden sind.

Die während einer Beziehung im Einvernehmen erfolgte Fertigung von Lichtbildern und Filmaufnahmen stellt keinen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person dar. Die Einwilligung hat auch zum Inhalt, dass der Andere die Aufnahmen im Besitz hat und über sie verfügt.
Der Widerruf des Einverständnisses ist aber nicht ausgeschlossen, wenn aufgrund veränderter Umstände dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Betroffenen Vorrang vor dem Umstand zu gewähren ist, dass sie der Anfertigung der Aufnahmen zu irgend einem Zeitpunkt zugestimmt hat. Das ist nach Beendigung der Beziehung der Fall, wenn es sich um intime und damit den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts betreffende Aufnahmen handelt.
Der Anspruch auf Löschung digitaler Fotografien und Videoaufnahmen ist auf diesen Bereich beschränkt.

Das hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz mit Urteil vom 20.05.2014 – 3 U 1288/13 – im Rahmen eines Berufungsverfahrens entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatten die Parteien in der Vergangenheit eine Beziehung. Der Beklagte, der von Beruf Fotograf ist, erstellte während dieser Zeit zahlreiche Bildaufnahmen von der Klägerin, auf denen diese unbekleidet und teilweise bekleidet sowie vor, während und nach dem Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten zu sehen ist. Teilweise hat die Klägerin intime Fotos selbst erstellt und dem Beklagten in digitalisierter Form überlassen. Zudem besitzt der Beklagte Lichtbilder von der Klägerin, die sie bei alltäglichen Handlungen ohne intimen Bezug zeigen.

Den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch, es zu unterlassen, die Aufnahmen Dritten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, hat der Beklagte anerkannt.

Darüber hinaus ist von der Klägerin beantragt worden, den Beklagten zu verurteilen, die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke von die Klägerin zeigenden Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen vollständig zu löschen.

Das Landgericht (LG) hat den Beklagten in erster Instanz unter Abweisung des weitergehenden Löschungsantrages verurteilt, die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke von die die Klägerin zeigenden Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen, auf denen die Klägerin in unbekleidetem Zustand, in teilweise unbekleidetem Zustand, soweit der Intimbereich der Klägerin (Brust und/oder Geschlechtsteil) zu sehen sei, lediglich ganz oder teilweise nur mit Unterwäsche bekleidet vor / während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr, abgebildet ist, vollständig zu löschen.

Der Beklagte hat gegen die teilweise Verurteilung zur Löschung Berufung eingelegt, die Klägerin ihrerseits gegen die Ablehnung einer vollständigen Löschung.

Der zuständige 3. Zivilsenat des OLG Koblenz hat die Entscheidung des LG im vollen Umfang bestätigt.

Ein  Anspruch der Klägerin auf Löschung dieser Aufnahmen ergebe sich zwar nicht aus § 6 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Denn das BDSG sei auf einen Streitfall, der einen rein privaten Sachverhalt betreffe, nicht anwendbar. Dies folge aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG und § 27 BDSG, wonach das BDSG nicht einschlägig ist bei Daten „ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten“. Dies sei vorliegend der Fall, da die Aufnahmen unstreitig nicht zur Veröffentlichung und Verbreitung bestimmt seien.

Ein Anspruch der Klägerin auf Löschung folge auch nicht aus § 37 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG). Danach unterliegen die widerrechtlich hergestellten, verbreiteten oder vorgeführten Exemplare und die zur widerrechtlichen Vervielfältigung oder Vorführung ausschließlich bestimmten Vorrichtungen der Vernichtung.
Die hier in Rede stehenden Lichtbilder und Vervielfältigungsstücke seien nicht widerrechtlich hergestellt worden, da die Klägerin mit der Erstellung der Lichtbilder durch den Beklagten einverstanden gewesen sei und darüber hinaus diesem von ihr selbst gefertigte Aufnahmen mit intimen Charakter zur Verfügung gestellt habe.

In dem vom LG bezeichneten Umfang bestehe aber ein Anspruch auf Löschung nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog.

Die im Streit stehenden Aufnahmen seinen mit Einverständnis der Klägerin erstellt worden. Die Erstellung der Lichtbilder und Filmaufnahmen sowie der damit einhergehende Besitz des Beklagten stellten damit zunächst keinen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin, das auch das Recht am eigenen Bild umfasse, dar. Die Einwilligung zur Herstellung von Bildnissen habe zugleich die Einwilligung zum Inhalt, dass ein anderer die Bildnisse des Betroffenen in Besitz habe und über sie verfüge (Landgericht (LG) Oldenburg, Beschluss vom 24.04.1988 – 5 S 1656/87 –).

Soweit es sich um intime Aufnahmen handele, sei die Einwilligung jedoch zeitlich auf die Dauer der zwischen den Parteien bestehenden Beziehung beschränkt worden.

Abgesehen davon könne die Einwilligung aber auch widerrufen werden, wenn die Bedeutung des Persönlichkeitsrechts dies gebiete, wie z. B. bei Vorliegen veränderter Umstände, die auf einer gewandelten inneren Einstellung beruhen, so dass dem Betroffenen nicht mehr zumutbar sei, an der einmal abgegebenen Einwilligung festgehalten zu werden (LG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2010 – 12 O 309/10 –).

Sei eine Beziehung beendet, sei das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitende Interesse an der Löschung intimer Aufnahmen höher zu bewerten als das auf seinem Eigentumsrecht begründete Recht des früheren Partners an der Existenz der Aufnahmen.

Da es sich um Bild- und Filmaufnahmen für den privaten Bereich gehandelt habe, werde auch das berufliche Tätigkeitsfeld des Beklagten nicht beeinträchtigt.

Die vollständige Löschung könne hingegen bei einer Abwägung der Persönlichkeitsrechte der Klägerin mit den Eigentumsrechten auf Seiten des Beklagten nicht beansprucht werden.

Anders als intime Aufnahmen tangierten Lichtbilder, die die Klägerin in bekleidetem Zustand in Alltags- oder Urlaubssituationen zeigen, das allgemeine Persönlichkeitsrecht in einem geringeren Maße und seien weniger geeignet, das Ansehen der Klägerin gegenüber Dritten zu beeinträchtigen. Es sei allgemein üblich, dass etwa bei Feiern, Festen und in Urlauben Fotos von Personen in deren Einverständnis gemacht werden und mit diesem Einverständnis zugleich das Recht eingeräumt wird, diese Fotos auf Dauer besitzen und nutzen zu dürfen.

Auch müsse in Bezug auf Aufnahmen, die sie in Alltagssituationen zeigen, die Klägerin sich insoweit auch an der einmal erteilten Einwilligung zur Erstellung der Fotos und der  Nutzung durch den Beklagten festhalten lassen.

Der Senat hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen.